Wie macht man Flex-Federn?

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ddss
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Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von ddss »

Hallo zusammen,

ich komme bei der Themen-Frage mit google nicht mehr weiter. Trotzdem würde mich doch sehr interessieren, was ein "Feder-Meister" beachten müsste, bekäme er den Auftrag, eine "echte" Flex-Feder zu bauen. Ich hatte eigentlich geglaubt, bereits das Ausgangsmaterial müsste anders sein (d.h. bei einer 585er-Gold-Feder haben die verbleibenden 41,5 % bei einer harten Feder eine andere Materialzusammensetzung als bei einer flexiblen Feder). Dem scheint aber nicht so zu sein: Richard Binder schreibt (http://www.richardspens.com/ref/ttp/disaster.htm), einige wenige erfahrene Federmeister könnten auch aus einer modernen starren Feder eine Flex-Feder machen. Also scheint es nicht am Material zu liegen. Auf der anderen Seite kann ich aber zwischen der Feder meines kürzlich restaurierten FC Osmia 663 (mit flexibler Feder, 14K) und der Feder meines MB 244.G (ohne Flex, 14K) auch optisch keinen gewaltigen Unterschied erkennen. Er muss aber da sein: Beim Osmia lagen die Federschenkel um den Bruchteil eines Millimeters nicht mehr ganz genau auf einer Linie. Bei einer starren Feder hätte ich das mit einem Handgriff erledigen können. Anders beim Osmia: Ich hatte hinterher Schweißperlen auf der Stirn und musste eine solche Gewalt aufwenden, bei der ich eigentlich gedacht hätte, dass sie eine Feder nicht überlebt.

Wie bekommt man es technisch hin, dass eine Flex-Feder bei einer Gewalteinwirkung, die eine starre Feder auf Dauer verbiegt, keinerlei Schaden nimmt und wieder in ihre Ausgangsform zurückkehrt?

Viele Grüße

Michael
agathon
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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von agathon »

Michael,
ich kenne zwar nicht die Antwort, aber Dady Thema interessiert mich sehr. Ich kann die Erfahrung beisteuern, dass ich sowohl harte, als auch weiche flexible Federn habe. Daran kann es Ali nicht, wie Du meiner Erfahrung nach zutreffend schreibst, nicht liegen.

Grüße

agathon
Thom

Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von Thom »

Unterschiedliche Materialien, eben auch -legierungen, haben schon unterschiedliche Elastizitätseigenschaften. Aber um das allgemeingültig zu beantworten, muß man einfach sagen, es hängt sowohl von der Legierung wie auch der Bearbeitung ab. Hier habe ich z.B. mal eine Brause Schülerfeder geglüht und dann langsam über der Flamme abkühlen lassen.
So richtig flexibel ist die jetzt nicht mehr.
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V.G.
Thomas
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Mahlekolben
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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von Mahlekolben »

Huh - die ist aber mehr verbrannt, als geglüht worden.

Wahrscheinlich hast Du Dich an das Thema "Vergüten" herantasten wollen, ein Vorgang der durch Hitze zunächst härtet (Härten), dann gewünschte Eigenschaften herstellt (Anlassen).

Hier ein Wikipedia-Einstieg:

https://de.wikipedia.org/wiki/Verg%C3%B ... arbeitung)

Ein Rundstab ist leichter zu glühen. Bei diesen Federn, wo ohnehin wenig Material vorhanden ist, wird es gerade an der Spitze schwer, die Richtige Menge Wärme zu dosieren.

Etwas tiefer, leider in Englisch, doch gut nachvollziehbar kann ich das hier und Folgende empfehlen:

https://www.youtube.com/watch?v=hw4Rl0uG7ok
Viele Grüße

Michael
Thom

Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von Thom »

Mahlekolben, ich habe einen Berufsabschluss als Werkzeugmacher und Technologie studiert, ich muss mich nicht rantasten. Die Feder war aber schon in Benutzung, da hat's die Tinte verkohlt. :)

V.G.
Thomas
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Mahlekolben
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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von Mahlekolben »

Oh - na, dann kann ich ja bei Dir in die Lehre gehen!

Spannend genug ist's allemal!
Viele Grüße

Michael
Thom

Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von Thom »

Ja, ich frage mich allerdings schon, wieviele Nibmaster tatsächlich aus einer unflexiblen Feder eine "echte" Flexfeder machen könnten. Nicht nur ein bisschen dünner schleifen.

V.G.
Thomas
Thom

Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von Thom »

Mahlekolben, ich will mal nochwas ergänzen, wir hatten im N.C.-Thread mal überlegt, ob es eine Möglichkeit wäre, die Federn aufzukohlen, also mit Kohlenstoff anzureichern, und dann neu zu härten. Aber, ob der Aufwand und das mögliche Ergebnis in einem brauchbaren Verhältnis stehen, zu gleich eine entsprechende Feder verwenden ... Keine Ahnung.
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ddss
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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von ddss »

Hallo zusammen,

zunächst einmal bedanke ich mich für die interessanten Antworten.

@Thomas:

Es reicht in der Tat nicht, die Feder ein "bisschen dünner" zu schleifen. Das war witziger Weise einer der Gründe für meine Anfrage. Ich konnte mir irgendwann nicht mehr verkneifen, eine "semiflex" JoWo-Feder von fpnibs.com zu kaufen, und kann daher eine der kürzesten Feder-Rezensionen des Forums schreiben:

"Nochmals kaufen werde ich sie nicht, hergeben möchte ich sei aber auch nicht."

Die Feder ist (sehr) problematisch. Es ist im Grunde schon nicht richtig, sie als "semiflex" zu bezeichnen, selbst "pseudoflex" wäre falsch. Die JoWo hat mit einer Flex-Feder nur gemeinsam, dass beide Linienvariationen erzeugen können. Das gelingt der modifizierten JoWo aber ausschließlich durch eine Verschlankung der Federschenkel, verbunden mit einer hierdurch bedingten größeren Nachgiebigkeit, und darin liegt das Problem: Die JoWo hat nur einen sehr kleinen "Grenzbereich"; ein bisschen Druck zu viel und die Feder ist verbogen. Ich habe auch einen Bericht über eine JoWo-Feder, die von John Mottishaw modifiziert wurde, gefunden (https://www.youtube.com/watch?v=EPkGVE9U4Y4); der Rezensent hat die gleichen Erfahrungen gemacht wie ich.

Für eine echte Flex muss es also noch einen anderen "Trick" geben. Die Idee mit der Wärmebehandlung scheint mir vielversprechend. Leider habe ich in diesem Bereich überhaupt keine Ahnung.

Viele Grüße

Michael
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Mahlekolben
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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von Mahlekolben »

Thom hat geschrieben:Mahlekolben, ich will mal nochwas ergänzen, wir hatten im N.C.-Thread mal überlegt, ob es eine Möglichkeit wäre, die Federn aufzukohlen, also mit Kohlenstoff anzureichern, und dann neu zu härten. Aber, ob der Aufwand und das mögliche Ergebnis in einem brauchbaren Verhältnis stehen, zu gleich eine entsprechende Feder verwenden ... Keine Ahnung.
Wird dann nicht das Korn zu grob? Und dann nur außen eine dünne Schicht... Ich glaube, das wäre kontraproduktiv.

Bei üblichem Stahl wird wohl schleifen und runterpolieren nötig sein, evtl. kann man durch ein paar Kerben Bewegung in die Federn bekommen.

Wird denn sonst richtiger Federstahl genutzt?
Viele Grüße

Michael
Thom

Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von Thom »

Die Eindringtiefe wird bei einer Feder vielleicht noch gehen, das passiert ja von oben und unten und die ganze Feder ist ja nur eine "dünne Schicht". Beim einfachen dünnerschleifen reduziert man nur die nötige Kraft, aber wie Michael schon schreibt, die Feder verbiegt sich dann halt einfach plastisch. Und beim weiterhinten verjüngen, die typische Noodlers-Rumflexerei, nimmt man mehr Segmente in die Flexerei mit rein. Also, man kann die Feder zwar nicht um 3mm verbiegen, aber gleichzeitig 3mal 1mm.
Bei den günstigen flexiblen Tauchfedern ist es schon "klassischer" Federstahl, also ein härtbarer Kohlenstoffstahl. Die Edelstahl Reservoire Federn hier sind einmal ein Chromstahl (ein "Messer"), da geht's noch halbwegs und ein Chromnickelstahl (eine "Gabel"), da sieht's schon schlechter aus.
Bild
V.G.
Thomas
thobie
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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von thobie »

Ich persönlich glaube nicht, dass es wirklich am Material liegt. Ich habe hier eine OBB in 585 aus einem Pelikan 400. Die hat richtig Flex (ist noch eine Feder ohne Word-Bild-Marke). Allerdings schreibe ich nicht ganz so gern mit dieser Feder. Man muss mit dem Flex halt umgehen können. Im Vergleich dazu ist die OBB aus dem 400nn rigide. Die hat praktisch keinen Flex. Nehmen wir die Feder aus dem M800 und dem M1000. Beide Federn sind aus 750er Gold. Die aus dem M800 ist völlig rigide, die aus dem M1000 super elastisch. Der wesentliche Unterschied ist m.E. die Federgeometrie. Das hat halt auch weitergehende Konsequenzen. Die Feder im M800 wird man kaum dadurch zerstören dass man zu stark beim Schreiben aufdrückt. Die ist einfach ein Nagel. Die Feder im M1000 kriegt man durch zuviel Druck zerstört. Was das Material angeht: Wenn wir ganz andere Materialien nutzen, dann ist es vermutlich einfacher, flexible Federn herzustellen. Ich könnte mir vorstellen, dass es einfacher ist, aus einem hochwertigen Federstahl eine flexible Feder herzustellen, jedenfalls im Vergleich zu irgend einer Goldlegierung. Denn Gold wird heute eigentlich nur aus Prestigegründen benutzt. Früher sah das wohl anders aus. Man hatte noch keine Stähle, die nicht rosteten. Und wenn dann eine saure Tinte dazu kommt, dann gab es halt wohl auch mal Rost.
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Mahlekolben
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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von Mahlekolben »

Thom hat geschrieben:Die Eindringtiefe wird bei einer Feder vielleicht noch gehen, das passiert ja von oben und unten und die ganze Feder ist ja nur eine "dünne Schicht". Beim einfachen ...
Vielen Dank für Deine Erklärungen!

(Irgendwie funktionieren die weiteren Smileys nicht...)
Viele Grüße

Michael
Thom

Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von Thom »

Wenn ich's nur durch mech. Bearbeitung probieren würde, dann würde ich die Materialdicke verringern, das wird bei gleicher Biegung die Verformung in den "Außenfasern" vielleicht etwas verringern und möglichst viel von der Federlänge zum Flexen verwenden. Es macht aber schon einen Unterschied, ob das abgeschliffen oder kaltgewalzt wird. Und da Geometrie schon angesprochen wurde, wenn die Feder nicht nur weicher schreiben sondern einen Schwellzug machen soll, muß die schon nach außen flexen, nur nach oben ist man auch noch nicht weiter.

Viele Grüße
Thomas
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Krazy Kat
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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von Krazy Kat »

Leider habe ich keine Antwort auf die Frage.
Einige meiner besten Flexfedern sind französische Stahlfedern aus den 40ern.
Sowas kriegt heute anscheinend niemand mehr hin.
Thou art so like a fountain penne my love; Mine eyes gaze rapt upon thy flexy tines. Thy nibbe is smoother far than silk'n glove. And naught may match the boldeness of thy lynes.
W.S.
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