Wie macht man Flex-Federn?

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Thom

Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von Thom » 27.06.2017 20:25

Krazy Kat hat geschrieben:... werden nun peu á peu von Flexenthusiasten gekillt.
Ja, einen Füller, der ca. 100 Jahre gehalten hat, so zu ruinieren, würde ich als persönliche Blamage erachten.

V.G.
Thomas

Thom

Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von Thom » 27.06.2017 20:31

Krazy Kat hat geschrieben:
Thom hat geschrieben:... deshalb habe ich ja oben Martin gefragt. Er ist schon eine gute Quelle.
Na ja klar, mit Federhaltern..
Er kann das mit allem, es muss auch nicht unbedingt ein Schreibgerät sein. Und wenn Du das seit 4 Jahren machst ...
er macht das seit 40. :wink:

Thom

Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von Thom » 27.06.2017 22:07

Weil ich in dieser Sache klar Partei für die alten Füller ergreife, habe ich hier mal zwei von Martins Fotos rausgesucht, die den Sachverhalt etwas genauer zeigen:

Bild
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pejole
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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von pejole » 27.06.2017 23:54

Hier mal das beste Beispiel wie man auf schnellstem Wege die recht Federbacke ruiniert. Die Dame versucht Schwellzug mit Federhaltung auf 11 Uhr, richtiger wäre die Spitze auf 1 Uhr durch Drehung des Handgelenks zu setzten um somit beide Federbacken gleich zu belasten. Besonders bei dem - t - sieht man wie ungleich die Federbacken belastet werden, wie die rechte hochsteht. Tut mir in der Seele weh den armen Füller da arbeiten zu sehen. In einem der rechten Beiträge kann man ja lesen dass die Dame selber schreibt dass die Feder springt, dass da irgendwas nicht stimmen kann.

https://www.instagram.com/p/BFemnEMRW3v ... rvulescu09

Als ich meinen ersten Workshop in Copperplate besuchte bekamen wir von der Leiterin Brause 66 Federn die in diesen klitzekleinen
Federhalter passen, keiner hatte Erfahrungen in Handhaltung usw, es waren nur entsetzliche Kratzgeräusche zu hören die dann nach und nach etwas weniger wurden. Ich habe alleine an diesem Nachmittag 5 Federn verschlissen durch nicht korrekte Handhaltung, jeweils die recht Federbacke brach ab, kein Problem, einfach eine neue genommen, allerdings wenn die Feder frisch betankt war kam dazu noch ein schöner Tintenklecks aufs Papier. Nach einiger Zeit hatte ich den Dreh raus mit der Handhaltung und keine Feder ging mehr zu Bruch, dafür konnte ich mir dann aber abends nach der stundenlangen Handgelenkverdreherei kaum noch die Nase kratzen.
Folglich habe ich mir sofort einen Obliquepenholder zugelegt und größere Federn wie jetzt die bekannten Nikko G und andere welche auch nicht so ein zickiges Schreibverhalten zeigen wie die Brause 66 die eigentlich als Zeichenfeder gedacht ist.

Trotzdem habe ich mir mit der Flexerei einen alten Geha 790 und auch den Ackerman ruiniert, wohl etwas übertrieben mit dem Flex.

Ich schreibe mit alten flexiblen Füllern nur gelegentlich in Copperplate, dann aber echt mit gedrehtem Handgelenk so dass die Feder auf 1 Uhr zeigt. So lässt sich dann wie in dem Link mit dem Omas Lucens 1936 schon ein fetter Schwellzug schreiben.

https://www.instagram.com/p/8d9ExSpE4-/ ... =marlsresp

Für Copperplate tendiere ich trotzdem nur zur Spitzfeder mit Obliquepenholder, damit lässt sich immer noch am besten diese Schrift schreiben und die korrekte Schräge einhalten, Kurrent mit den weniger ausgeprägtn Schwellzügen schreibe ich allerding auch liebend gerne mit Füller, das Papier dann aber gut um 40 bis 45° obere Kante nach links gedreht .

Gruß, Martin

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JulieParadise
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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von JulieParadise » 28.06.2017 10:15

Die simpelste Lösung ist, das Papier immer entsprechend der Neigung der Schrift soweit zu drehen, dass die Abstriche eben doch wieder in einer Linie mit dem Federschlitz gezogen werden. Dann kann man schreiben, was man möchte, in welchem Winkel auch immer. Ist halt Gewohnheitssache.
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Thom

Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von Thom » 28.06.2017 14:26

Ja, man kann dann halt nicht mehr "parallel zur Tischkante" schreiben. Ich will ja aber so eine Diskussion, damit das nicht einfach überlesen wird.

V.G.
Thomas

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ddss
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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von ddss » 28.06.2017 16:25

Frodo hat geschrieben:Ich habe mal das key word "nib" eingegeben, es ergab 330 Ergebnisse, das wird wohl für die nächste Zeit reichen.
Danke für den Link. Mit den Fundstellen komme ich in der Tat durch den Winter :) .
Thom hat geschrieben:Ich will ja aber so eine Diskussion, damit das nicht einfach überlesen wird.
Deine Hinweise und die Diskussion halte ich in der Tat auch für sehr wichtig. Ich persönlich will ja gar nicht Flex-Schreiben und es (eigentlich) auch nicht lernen (sondern suche eher eine Flex-Feder zum "Normalschreiben", weil es mir einfach langweilig ist, immer weiter Füller zu kaufen, die genau so schreiben wie ein Dutzend anderer Füller, die ich schon habe).

Trotzdem kann man nie wissen, ob ich nicht doch einmal in einem "Anfall von Übermut" mit dem "Flexen" anfange. Ohne Deine Hinweise hätte ich mir dann unter Umständen sehr schnell eine historische Feder ruiniert (einem "Flex-Laien" drängt sich die ungewöhnliche Haltung ja nicht gerade auf).

Viele Grüße

Michael

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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von pejole » 28.06.2017 23:08

JulieParadise hat geschrieben:
Die simpelste Lösung ist, das Papier immer entsprechend der Neigung der Schrift soweit zu drehen, dass die Abstriche eben doch wieder in einer Linie mit dem Federschlitz gezogen werden. Dann kann man schreiben, was man möchte, in welchem Winkel auch immer. Ist halt Gewohnheitssache.
Ja und nein, ja, wenn du das Papier nach links drehst wird die Schrift umso schräger, nein, die Haltung des Füllers verändert sich dadurch ja nicht, du schreibst immer noch mit Füllerhaltung auf 11 oder was weiß ich wieviel Uhr.


Im Foto habe ich anstatt einer Spitzfeder weil hier ja mehr von Füllern die Rede ist den Noodlers Creaper mal auf kurz vor 12 gesetzt und die Feder gespreizt, wenn du jetzt den Schwellzug vom l machen willst
wird die Feder ziemlich schräg und leicht quer runtergezogen, die linke Federbacke läuft normal und die rechte steht höher und in einem anderen Winkel und hüpft und springt dann.

Das sieht man daran dass ich um das mal erkennbarer zu machen vorher mit einer Spitzfeder geschrieben habe und diese auf 12 Uhr
gesetzt den Schwellzug gemacht, man sieht an der rechten Seite des Schwellzugers die Kanten die vom Hüpfen der Feder herrühren.

Wer ganz sensible Fingerspitzen hat kann auch fühlen dass wenn man die Feder nicht der Schrift angepasst führt die Kratzer besser fühlbar sind als bei korrekt geführter Feder.
P1040128.JPG
In nächsten Foto habe ich den Noodlers mit der Spitze auf 1 Uhr gesetzt, wenn ich jetzt den Schwellzug runterziehe sieht man ganz gut dass beide Federbacken einfach parallel laufen müssen und somit fallen auch die Kanten an der rechten Seite weg.Allerdings sieht man hier noch welche, ist das gleiche l wie im anderen Foto. Die Kratzer in der Schleife des l stammen von der falschen Federhaltung, bin da zweimal drüber gegangen, noch zweimal und ich wäre wohl durchs Papier gewesen.
P1040129.JPG
Wohlgemerkt, das gilt alles für mehr oder weniger extreme Schwellzüge in der Schräglage der Copperplate um einfach die Feder ob von Füller oder Spitzfeder zu schonen. Für normales Schreiben mit alten Füllern mit flexiblen Federn mit Linienvariation und Kurrent gilt das weniger, die Belastung der Feder ist hier erheblich weniger ausgeprägt. Ich denke mal da braucht man sich um Füller und Feder keine Sorgen zu machen.

Gruß, Martin

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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von pejole » 28.06.2017 23:23

Im Video wird nochmals gezeigt wie das Papier bei Copperplate liegen soll und wie die Feder/Füller zu führen ist.

https://www.iampeth.com/video/engrosser ... -and-paper

Thom

Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von Thom » 29.06.2017 15:05

So, schätze, Problem erkannt, dann schauen wir mal noch bei Leigh Reyes vorbei (die könnte zur Not
aber auch mit dem anderen Ende vom Füller schreiben). https://www.youtube.com/watch?v=m4c85HVgMpc

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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von NicolausPiscator » 03.07.2017 17:28

Uff! So viel Wissen... Etappenweise habe ich mich hier bei Euch durchgelesen! Ganz schön spannend und, wenn es an das Ausprobieren geht, reiner Nervenkitzel. Ich werde mir für Flexexperimente dann doch erst einmal noch ein paar Tauchfederchen kaufen und aus reiner Neugierde und Forschergeist den Obliquepenholder.

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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von NicolausPiscator » 03.07.2017 17:29

Danke nochmals, Michael, für den Lektürehinweis!

Thom

Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von Thom » 03.07.2017 17:35

Nils, das ist auch gar keine schlechte Idee, weil Du mit den Spitzfedern nämlich den m.M. wichtigsten Teil bei der Flexerei schulst:
die Fingerchen.

Viele Grüße
Thomas

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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von pejole » 03.07.2017 23:27

NicolausPiscator hat geschrieben:Uff! So viel Wissen... Etappenweise habe ich mich hier bei Euch durchgelesen! Ganz schön spannend und, wenn es an das Ausprobieren geht, reiner Nervenkitzel. Ich werde mir für Flexexperimente dann doch erst einmal noch ein paar Tauchfederchen kaufen und aus reiner Neugierde und Forschergeist den Obliquepenholder.
Hallo Nils,

besorge dir für deine Experimente einen Obliquepenholder wie Thom ihn in seinem Shop anbietet, das sind die besten, einer wie der andere gearbeitet, die handgedrechselten sehen zwar schöner aus, aber die Federeinsätze haben manchmal Unterschiede von Bruchteilen von mm beim Einarbeiten erhalten und das wirkt sich sofort aufs Schreiben aus da die Feder mal mehr mal weniger flach in dem Halter steckt, nicht viel, aber man bemerkt die Unterschiede, für Experimente vielleicht nicht gravierend, aber trotz mehrerer handgedrechselter Halter greife ich doch immer lieber zu diesem Plastikhalter. Du wirst vielleicht ein oder zwei Tage brauchen bis du dich an den Halter gewöhnt hast, danach solltest du keine Probleme mehr mit dem Ding haben. Und vergiss nicht die Federn vor Gebrauch zu entölen, sprich kurz abzuflämmen, so mache ich es jedenfalls, 1 bis 2 Sekunden in einer Flamme bewegen, mittendrin, nicht oben, da ist die Hitze höher.

Und einen sensiblen Zeigefinger wünsche ich dir, der ist meistverantwortlich für den Flex.

Gruß, Martin

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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von NicolausPiscator » 04.07.2017 11:21

Danke für Deinen Hinweis, lieber Martin!

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