Statt Schreibkorn eingedrehte Federspitze

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hotap

Statt Schreibkorn eingedrehte Federspitze

Beitrag von hotap »

Hallo ihr (hoffentlich) Allwissenden.

Statt eines Iridiumkorn an der Federspitze, habe ich gestern gesehen, dass wir stattdessen eine Feder mit gebogener Spitze haben.
Siehe Foto und Erklärung darunter.

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Am Wochenende habe ich (nicht nur) für Monika einen älteren, defekten Füller wieder gangbar gemacht, indem ich einige Ersatzteile ausgetauscht und statt einer grässlichen Stahlfeder eine 14KT Gold Plated Feder eingebaut habe. Hat alles tadellos funktioniert, nur Monika sagte mir bei ihrer Schreibprobe, dass die Feder wohl irgendwie hakeln würde. Unter der Lupe haben wir dann gesehen, dass diese Feder kein Schreibkorn besitzt, sondern an der Spitze einfach nur gerollt oder gebogen ist. Schreibt aber vorzüglich.
Habt ihr so eine Feder schon mal gesehen, oder wisst ihr, was es damit auf sich hat? In meinem Büchern habe ich zwar viel über Federbreiten gefunden. Aber nix über eine „gerollte“ Feder.

Hier noch etwas zur Vorgeschichte meiner Reparatur(en). Hoffentlich wird’s kein Roman. :oops:

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Seit 2 oder 3 Jahren besitze ich diese namenlosen Füller, die ich mal preiswert über ein Auktionshaus erstanden habe. Teilweise funktionieren diese, teilweise ist der Kolben bzw. Kork kaputt, teilweise ließ sich der Schaft nicht aus der Kappe herausdrehen. Am schlimmsten waren /sind aber die Stahlfedern (teilweise mit Herzloch), die so etwas von kratzig und „beim-schreiben-Papier-kaputtmachen“ waren/sind, das alsbald die Füller – unter unbekannt – in die entsprechenden Mappen kamen.
Bei einem dieser Füller tat es mir richtig leid, das er nicht dicht war und ich ihn deshalb nicht benutzen konnte, denn neben dem schönen blauen Aussehen hat er auch noch ein rautenförmiges Muster auf dem Tintenfenster.

Durch die Information, dass überlegt wurde/wird (Dirk B. hat hier schon mal kurz darauf hingewiesen) mal ein Reparaturwochenende zu veranstalten und in meinem Gehirn der Gedanke reifte, ich könne ja vielleicht aus 6 defekten Füllern mal 2 oder 3 funktionierende hinbekommen, habe ich am Wochenende etwas gebastelt. Da die Füller wohl alle aus einer Form produziert worden, konnte ich das Innenleben, Kappenenden oder nur die Gewindestange etc. einiger kaputter in andere einbauen. Und oh Wunder, es hat, teilweise mit Wasserbad, gut funktioniert. Na ja, es sind auch zwei ganz kaputt gegangen. Ca. 1,20m freier Fall auf Küchenfliesen ist diesen nicht gut bekommen.
Angefangen habe ich mit oben erwähnten blauen (rautenförmiges Tintenfensterdekor) Füller. Kolbenstange und Spindel aus einem anderen genommen, statt der grässlichen Stahlfeder habe ich eine vergoldete Feder aus irgendeinem meiner Ersatzteilfüller eingebaut. Auch hier alles tadellos.
Mutig geworden, habe ich dann den zweiten Füller (für Monika) in Angriff genommen. Ergebnis, siehe oben.

Eine Frage habe ich jetzt allerdings noch.
Die Clips (Foto siehe oben) bei allen diesen Füllern sehen gleich aus. Dreiecke, deren Spitzen in die anderen Dreiecke weisen. Ich glaube nicht, dass anhand dieses Muster, die Füller irgendeinem Hersteller zugeordnet werden können. Oder?

Hier noch ein Bild einer dieser gräßlichen Herzlochstahlfedern, die in einem dieser Füller eingebaut war.
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Uff, ist ja doch kein Roman geworden. :wink:

Schöne Grüße
Günter
M. Richter
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Beitrag von M. Richter »

Statt eines Iridiumkorn an der Federspitze, habe ich gestern gesehen, dass wir stattdessen eine Feder mit gebogener Spitze haben.
Hallo Günter,

das war früher bei preisgünstigeren Federn üblich; in irgendeinem Füllerbuch habe ich auch schon darüber gelesen. So hat man sich einfach das teuere und schwierig zu verarbeitende Iridium/Rhutenium für das Schreibkorn gespart.

Diese Federn sind wahrscheinlich nicht mehr so bekannt, da diese (mitsamt den dazugehörigen Füllern) häufig nicht als "sammelwürdig" eingestuft werden.

Viel Spaß mit dem Füller

Michael
yoda
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Beitrag von yoda »

Hallo Günter
Aktuell gibt es einen Füllhalter von Herlitz, der in Supermärkten verkauft wird, der ebenfalls kein Schreibkorn hat.
Ein Vorteil, der neben der Materialersparniss zumindest bei diesen aktuellen Federn auch noch anfällt ist der, daß das Aufschweißen der Korns entfällt und Feder und Spitze in einem Arbeitsgang in Form gebogen werden können.
Wenn im Hause Bock solche Federn gemacht werden wackelt der halbe Bau :)
H. Bock hat dafür eigens eine Maschine gebaut, die das sehr schnell und genau macht.

Aber die Schreibeigenschaften sind mit einem geschliffenen Korn zumindest in dieser Version nicht vergleichbar.

Gruß
Hugo
hotap

Beitrag von hotap »

Hallo Michael,
hallo Hugo,

schon mal vielen Dank für eure Antworten. Was es nicht alles gibt :!:
yoda hat geschrieben: Aktuell gibt es einen Füllhalter von Herlitz, der in Supermärkten verkauft wird, der ebenfalls kein Schreibkorn hat.
Nein, das ist definitiv keine Feder von einem Herltz :P . Die habe ich aus einem älteren Kolbenschaft herausgenommen.

Nun, wir finden, dass es sich hiermit prima schreiben lässt.
Hier mal ne Schreibprobe.
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Schönen Gruß
Günter
Frodo
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Beitrag von Frodo »

yoda hat geschrieben: Wenn im Hause Bock solche Federn gemacht werden wackelt der halbe Bau :)
Hallo Hugo, ich versteh nicht ganz, lachen die da alle? oder warum sonst.

@ Günter: Die Füller sind von der Firma Wende, die, wenn mich nicht alles täuscht, in München war. Das Material ist Galalith und vermutlich ist eine riesige charge aus minderwertigem Rohstoff hergestellt worden. Diese äußerlich sehr schön aussehenden Kolbenfüller wurden recht häufig als größeres ungebrauchtes Konvolut angeboten, sind aber durch Nachtrocknungs- oder Wärmeeinwirkung teilweise irreparabel verzogen. Die Qualität der Federn ist wirklich zum Weinen, obwohl die Federschmieden auch immer Stahlfedern ohne Korn mit hervorragenden Schreibeigenschaften hergestellt hatten.
Gruss Frodo
Michael
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Beitrag von Michael »

Hallo Forumsteilnehmer,
Das Material ist Galalith und vermutlich ist eine riesige charge aus minderwertigem Rohstoff hergestellt worden.
Galalith soll doch unbeständig gegen Wasser sein und deshalb nicht mit Tinte in Kontakt kommen (so die Basisinfo u.A. auf "collectiblestars").
:book: :?:

Wenn es sich bei Günters Füllern um Kolbenfüllhalter handelt, haben diese dann praktisch nur ein außen liegendes "Galalith-Overlay" ?

Eine Frage auch insoweit an Günter: Haben sich die Füllhalter denn irgendwie wasserempfindlich gezeigt?

MfG

Michael
Frodo
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Beitrag von Frodo »

Hallo Michael
Das Tintenvolumen dieses Kolbenfüllers umfasst nur das sichtbare Tintenfenster, aus vermutlich Plexiglas, welches zwischen dem Griffteil und dem Schaft eingeklebt ist. Der Kolbenhub des Korkens endet am oberen Rand des Fensters sodass das Galalith nicht mit Tinte benetzt ist. Wallrafens info, dass Füller aus Galalith prinzipiell keine Kolbenfüller sind, sollte hier etwas relativiert werden.
Gruss, Frodo
absia
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Beitrag von absia »

Sachmal Frodo,

wo hast du eigentlich immer diese ganzen Infos her? Du schreibst nicht viele Artikel, aber (fast) immer tolle Dinger! Pardon, gehört nicht hierher, aber das musste ich mal loswerden. Vielleicht solltest du mal ein Buch schreiben: "Der Herr der Klinge" (sprich: Feder) oder sowas Ähnliches! Ich melde mich gleich an zur Subskription! Kostenpunkt: nebensächlich, - aber bitte auch mindestens drei Bände, ja?

Hochachtungsvoll
Peter

PS: Pardon, Michael, das gilt natürlich auch für dich - ich meine den "Richter" -, aber dich kenne ich ja schon lange. Vielleicht solltet ihr euch zusammentun wegen des Buchprojekts!? Das wär' ein Knüller!?
"Du bist, wie du schreibst!" (Alfons Lüke)
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Tenryu
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Beitrag von Tenryu »

@ Günter: Gehe ich recht in der Annahme, daß die abgebildete Herzloch-Stahlfeder kein Schreibkorn hat? Für mich sieht es so aus, als sei die Spitze nur eingedellt, um auf der Unterseite eine Rundung hinzubekommen. Daß so etwas kratzt ist kein Wunder, weil beim Aufspreizen der Schenkel nur eine dünne Metallkante auf das Papier drückt. Solche Formen findet man normalerweise bei billigen Steckfedern.

Das Einrollen der Spitze ist natürlich nur für wenig gebrauchte Federn eine, wenn auch durchaus praktische, Lösung. Wenn sich die Feder abnützt, kann man sie wegwerfen, weil sie dann entsetzlich kratzt und das Papier aufreißt. Andererseits dürfte man damit, grob geschätzt, ohne weiteres gute 2000 Seiten schreiben können.
Michael
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Beitrag von Michael »

@ Frodo

Vielen Dank für die interessanten ergänzenden Informationen und Deine schnelle Anwort.

MfG

Michael
hotap

Beitrag von hotap »

Auch Euch
Frodo, Michael, Peter und Daniel vielen Dank für eure Beiträge.

Meine Güte, habe ich es hier mit klugen Leuten zu tun!! :D

Dann versuche ich mal auf eure Beiträge etwas zu antworten.

Fange ich mal mit Frodo an.
Ja, er hat recht. Der Korkkolben endet am oberen (Plastik)Sichtfenster, also da, wo der Schaft anfängt. Und der Schaft lässt/ließ sich vom Tintenfenster abdrehen. Verzogen hatten sich diese, meine Galalithfüller nicht, bevor ich mit meinen Umbau- bzw. Reparaturarbeiten anfing.

Und damit bin ich schon bei Michaels Frage.
Ja. Eine Kappe habe ich zulange im Wasser gelassen und war baff erstaunt als ich auf einmal irgendetwas gummiartiges, weiches in der Hand hielt. (ähnlich wie, wenn normaler Uhukleber ausläuft und wir dann den nicht ganz getrockneten Kleber inne Finger nehmen)
Hier Beweisfotos. Nicht von meiner „Baffigkeit“, sondern der weichen, deformierten Kappe.

Bild

Doch Daniel, diese schrecklichen Stahlnägel, ähhh –federn, besitzen alle ein Schreibkorn.
absia hat geschrieben: Vielleicht solltest du mal ein Buch schreiben: "Der Herr der Klinge" (sprich: Feder) oder sowas Ähnliches! Ich melde mich gleich an zur Subskription! Kostenpunkt: nebensächlich, - aber bitte auch mindestens drei Bände, ja?
Hochachtungsvoll
Peter
PS: Pardon, Michael, das gilt natürlich auch für dich - ich meine den "Richter" -, aber dich kenne ich ja schon lange. Vielleicht solltet ihr euch zusammentun wegen des Buchprojekts!? Das wär' ein Knüller!?
Hi Peter,
dann gehört aber unbedingt unser Dortmund-Michael dazu. Mit seinen vielen ausführlichen Berichten über Z.B. Eisengallushaltige Tinte und seiner Tests der Lichtbeständigkeit in Notizbüchern.

Das wäre dann das - für uns - perfekte Triumvirat. (Oh weh. Hoffentlich fühlt sich jetzt keiner übergangen)

Schönen Gruß
Günter
werner
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Beitrag von werner »

Frodo hat geschrieben: @ Günter: Die Füller sind von der Firma Wende, die, wenn mich nicht alles täuscht, in München war. Das Material ist Galalith und vermutlich ist eine riesige charge aus minderwertigem Rohstoff hergestellt worden. Diese äußerlich sehr schön aussehenden Kolbenfüller wurden recht häufig als größeres ungebrauchtes Konvolut angeboten, sind aber durch Nachtrocknungs- oder Wärmeeinwirkung teilweise irreparabel verzogen. Die Qualität der Federn ist wirklich zum Weinen, obwohl die Federschmieden auch immer Stahlfedern ohne Korn mit hervorragenden Schreibeigenschaften hergestellt hatten.
Gruss Frodo
Hallo zusammen,

meines Wissens war die Firma Wende in Wendelstein bei Nürnberg angesiedelt. Wenn ich mich richtig erinnere hat die Firma in den 70-er Jahren die Produktion eingestellt. Es ist richtig, dass von den farbigen aber auch von den einfarbig schwarzen noch eine große Anzahl Schreibgeräte aus Restbeständen auf dem Markt (Flohmärkten) zu finden sind.

Viele Grüße
Werner
yoda
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Beitrag von yoda »

Frodo hat geschrieben: Hallo Hugo, ich versteh nicht ganz, lachen die da alle? oder warum sonst.
Hallo Frodo
Nein, es ist eine Presse mit zwei großen Gewichten. So eine ähnliche Technik gibt es auch zumMünzprägen. Durch die Drehung wird die Stanzform nach unten geschwungen und rummst auf die Feder. Dann dreht sich das Teil wieder und die Stanzform geht hoch, wirft die Feder aus und lässt die nächste in die Form fallen. Dann ist der Wendel auch schon am oberen Totpunkt und wendet erneut um wieder nach unten zu fahren und ----- Rumms. Die nächste Feder ist fertig. Diese Presse, die erzeugt solche Schläge. Die Frau, die an der Maschine sitzt und die Rohlinge in den Zuführer legt hat da keinen wirklichen Spaß.

Das hatte ich damit gemeint.

Gruß
Hugo
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Tenryu
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Beitrag von Tenryu »

Wenn ich mich recht entsinne, wird Galalit aus Kasein und Formaldehyd hergestellt. Man kann es ganz leicht selber herstellen: das Kasein kann man mit verdünnter Schwefelsäure (oder Essigsäure) aus Magermilch ausfällen, anschließend wird es getrocknet, pulversisiert und mit Wasser zu einer knet- und formbaren Paste angerührt. Die ausgeformten Teile läßt man dann längere Zeit in 30%iger Formaldehydlösung aushärten. (Vorsicht: Formaldehyd ist gesundheitsschädlich!)
Ob man daraus auch Füllhalterschäfte basteln kann weiß ich nicht. Ich vermute, daß industriell hergestelltes Galalit neben Farben noch Zusatzstoffe enthält, die seine Stabilität und Verarbeitbarkeit verbessern.
hotap

Beitrag von hotap »

Tenryu hat geschrieben: Wenn ich mich recht entsinne, wird Galalit aus Kasein und Formaldehyd hergestellt.
.....
.....
(Vorsicht: Formaldehyd ist gesundheitsschädlich!)
Hallo zusammen,

selbiges hat unser Dortmund-Michael (huiii, hoffentlich wird’s kein Neck- oder Spitzname, oder beides :roll: ) schon bei unserem heutigen Mittagstelefonat geäußert.

Meine Antwort?
Formaldehyd und Füller? Oioioioioioioi, da schmeissen wir aber am besten alle unsere alten Füller in den Müll. Soll sich doch die Müllkippe damit rumärgern. :x
Nein, keine Bange. :oops: War nur Spaß. :D

Alles Gute
Günter :clown:
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