Stahlfeder - Füllhalter "einschreiben"?

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audace
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Stahlfeder - Füllhalter "einschreiben"?

Beitrag von audace »

Hallo zusammen,

auch auf die Gefahr hin, dass diese Frage schon mal irgendwo behandelt wurde (die Suche führte nur zu einem Ergebnis) meine Frage:

Kann / muss man einen Füllhalter mit Stahlfeder (überhaupt) "einschreiben"?

Seit gestern besitze ich durch einen "zufälligen Zufall" (andere Umschriebung für "spontane sehr günstige Gelegenheit") einen Pelikan PURA mit M-Feder. Ganz im Gegensatz zu meinem Pelikan Epoch, ebenfalls mit M-Feder, schreibt dieser PURA sehr perfekt und wird so mein ständiger Begleiter sein (erhalten mit original-passendem Alu-Präsentations-Etui aus und einen PURA-Ornament KS hatte ich schon).

Danke für eure Informationen!

Schöne Grüße, audace :)

Schöne Grüße, Audace

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Tenryu
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Re: Stahlfeder - Füllhalter "einschreiben"?

Beitrag von Tenryu »

Hallo!
Ich denke, wirklich einschreiben muß man moderne Federn nicht mehr.
Aber alle neuen Federn haben produktionsbedingt unterschiedlich harte Kanten am Schlitz und auch die Oberfläche des Schreibkorns ist noch etwas rauh (im mikroskopischen Maßstab betrachtet).
Mit der Zeit schleift sich das beim Schreiben noch etwas ab und die Feder wird dadurch glatter und gleitet besser.

Das alles hängt sehr von der jeweiligen Feder ab. Manche sind von Anfang an sehr glatt und schreiben weich, andere kratzen noch etwas. Bei letzteren merkt man den Unterschied nach dem "Einschreiben" deutlicher.

Auch der Tintenfluß kann sich mit der Zeit etwas ändern, bedingt dadurch, daß allfällige Reste von Maschinenöl aus der Produktion verschwinden und der Tintenleiter sich mit Resten von alter Tinte allmählich zusetzt.
Und nicht zuletzt gewöhnt sich auch die Hand mit der Zeit an ein Schreibgerät.

Alle diese verschiedenen Faktoren führen dazu, daß ein Füllhalter sich nach einiger Zeit etwas anders anfühlt, als ein nagelneuer.

Stahlfedern verhalten sich übrigens nicht anders als Goldfedern. Auch Goldfedern haben heutzutage ein Schreibkorn aus Iridiumlegierungen. Und die Elastizität hängt mehr von der Form und Materialstärke ab, als vom Metall selbst.
Ich habe diesbezüglich keine besonderen Unterschiede zwischen Stahl- und Goldfedern desselben Herstellers feststellen können.
Bei antiken Federn sieht es freilich anders aus.
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audace
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Re: Stahlfeder - Füllhalter "einschreiben"?

Beitrag von audace »

Hallo

und großes Dankeschön erst mal an dieser Stelle für die umfangreiche Antwort.
Bei meinen Pelikan-Füllhaltern bemerke ich schon - für meine Begriffe - recht deutliche Unterschiede, weniger bei den Goldfedern (M400 und M605), aber um so mehr bei den Stahlfedern (alle M-Feder: M205, Epoch und PURA).
Der Epoch (P361) ist extrem hart, der M205 im Vergleich dazu "etwas" weicher und jetzt der PURA deutlich 'gen weich ...

audace

Schöne Grüße, Audace

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Tenryu
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Re: Stahlfeder - Füllhalter "einschreiben"?

Beitrag von Tenryu »

Epoch, Pura und M20x haben alle unterschiedliche Federtypen.

Die Epoch- und M20x -Federn gibt es allerdings sowohl aus Stahl wie auch aus Gold. Insofern müßtest du schon zwei gleiche Federtypen miteinander vergleichen.

Die Epoch-Feder ist deshalb so hart, weil ihre Schenkel verhältnismäßig kurz sind und die Feder eine stärkere Wölbung aufweist. Das macht sie sehr steif und unflexibel im Vergleich zu den anderen Modellen, die flacher und somit biegsamer ausfallen.

Ich besitze den Epoch P360 mit Stahlfeder und den P364 mit 18ct. Goldfeder, und ich finde daß beide etwa gleich hart sind.

Ob Gold oder Stahl ist m.E. eher eine Frage der Optik als der Schreibqualität.

Bei meinem M405 sieht die einfarbige Stahlfeder sogar besser aus als die zweifarbige Goldfeder. Und von den Schreibeigenschaften ist sie nahezu perfekt für mich.
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audace
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Re: Stahlfeder - Füllhalter "einschreiben"?

Beitrag von audace »

Der Epoch, der PURA und auch der M205 verfügen alle über eine Stahlfeder; einen Vergleich zur Goldfeder würde ich auch nicht anstellen wollen.
Die mir bekannten Pelikane mit Goldfeder schreiben allesamt weicher als Stahlfeder-Modelle generell.
Ein mit den Eigenschaften einer Goldfeder vergleichbares Schreibgefühl vermittelt mir ehestens ein Waterman Expert II Smart, aber ansonsten ...

:)

Schöne Grüße, Audace

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Tombstone
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Re: Stahlfeder - Füllhalter "einschreiben"?

Beitrag von Tombstone »

Im Zusammenhang mit meinem neuen M1000 bin ich über das "einschreiben" gestolpert - da nutze ich dann doch mal diesen bestehenden Thread:

Wie lange kann man eine "Einschreibezeit" denn ansetzen?

Da ich mich jetzt erst seit kurzem bewusst mit dem Thema "schönes Schreiben" beschäftige, ist mir diesbezüglich früher nie etwas aufgefallen. Nun habe ich mir zwischen den Feiertagen einen neuen Kolbenfüller gegönnt, mit dem ich nun seit 2 Wochen intensiver schreiben. Die erste Kolbenfüllung geht gerade zur Neige, und ich behaupte einfach, dass die Feder inzwischen wesentlich weicher schreibt, der Tintenfluss viel homogener ist und sich der ganze Füller irgendwie "stimmiger" anfühlt. Es handelt sich um eine Stahlfeder von Lindauer in B.

Kann das sein, geht das in den bereich "Gefühle" oder ist das wirklich normal so?

Über Erfahrungen würde ich mich sehr freuen...
Ciao - Peter

Handle stets so, dass die anderen sich wundern, warum sie Dir noch keine reingehauen haben...
Niagara Falls

Re: Stahlfeder - Füllhalter "einschreiben"?

Beitrag von Niagara Falls »

Gefühl.
Wer eine der härtesten Metallegierungen der Welt nach so kurzer Zeit "einschreibt", ohne Schleifpapier zu verwenden, hat einmal München - Hamburg und zurück als Strecke geschrieben.
Das Schreibkorn durch normales Schreiben einschleifen zu wollen ist eine Sage...zumindest dauert das in etwa 50 Jahre oder mehr...

Gruß Günther
werner
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Re: Stahlfeder - Füllhalter "einschreiben"?

Beitrag von werner »

Hallo zusammen,

die sogenannte "Einschreibzeit" ist meiner bescheidenen Meinung nach die Zeit die der Schreiber braucht um Feder, Hand, Schreibgerät und Kopf in Einklang zu bringen. Ja, um das "Gefühl" dass einem der Füller samt Feder "in Fleisch und Blut" übergeganten ist.

Viele Grüße
Werner
Leserlichkeit ist die Höflichkeit der Handschrift. (Friedrich Dürrenmatt)
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Andi36
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Re: Stahlfeder - Füllhalter "einschreiben"?

Beitrag von Andi36 »

Ich sehe es wie Günther und Werner,

das Einschreiben des Füllers gehört in das Reich der Sagen aber diese werden, wie man weiß, von Generation zu Generation übermittelt - und so sterben die Drachen, Zauberer und Hexen nicht aus... :wink:

Die Tatsachen, dass sich der Füllhalter/die Feder im Laufe der Zeit hin an die Schreibhaltung seines Besitzers anpasst würde ich eher als "Verschleiß", denn als "Einschreiben" bezeichnen und es passiert unglaublich langsam - München-Hamburg wird nicht reichen...

Man muss wohl ein Leben lang ein- und denselben Füllhalter schreiben, um es zu bemerkten

Im wesentlichen passieren zwei Dinge:
  1. Das Runde Schreibkorn flacht ab
  2. Rotiert man den Füller beim Schreiben, verschieben sich die Federbeine bleibend gegeneinander (ungleich hoch)
Wer alte Füllhalter sammelt, dem kommen solche Füller ab und zu unter (früher hat man mehr geschrieben, u.U. war der Füller das Arbeitswerkzeug und es war auch keine Seltenheit, dass jemand sein Schreibgerät ein Leben lang benutzt hat), aber sie sind im gleichen Maße abgegriffen, wie die Feder verschlissen ist, und einfach nicht mehr schön.

Andreas
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Tombstone
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Re: Stahlfeder - Füllhalter "einschreiben"?

Beitrag von Tombstone »

Ok, dass an der Spitze der Feder kein wirkliches "Einlaufen" eintreten wird, habe ich verstanden - ist auf Grund des Materials auch verständlich, ansonsten könnte man den Füller ja nach einem Jahr wegwerfen.

Allerdings schwöre ich Stein und Bein, dass der Tintenfluß wirklich homgener geworden ist, d.h. er hakt nicht mehr, er kratzt nicht mehr, das Schriftbild ist schön gleichmäßig.

Ich werde die Tage mal ein bißchen zwischen den Füllern wechseln, um zu sehen, ob der Grund wirklich aus einer Gewöhnung an den Füller kommt. Das wäre dann allerdings sehr interessant - kenne ich sonst nur von Autos... im Van rase ich weniger als im Coupe...
Ciao - Peter

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Barbara HH
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Re: Stahlfeder - Füllhalter "einschreiben"?

Beitrag von Barbara HH »

Hallo,

ich glaube auch, dass bei Federn mit Iridium-Korn im normalen Gebrauch fast kein Einschreiben mehr möglich ist. Eher eine Gewöhnung der Hand an den Stift.

Als Philosophiestudentin habe ich es jedoch tatsächlich geschafft, mit einer B-Feder von Sheaffer so unglaublich viel zu schreiben, dass das Schreibkorn tatsächlich nach ca 2-3 Jahren seitlich minimal abgeschliffen war - durch jahrelange konsequente Fehlhaltung hatte die Feder tatsächlich einen mini-oblique Schliff bekommen. Allerdings hab' ich damals wirklich abartig viel geschrieben, Hamburg-München und zurück ist nix dagegen. Damals hatte ich auch gelegentlich Sehnenscheidenentzündung und vor allem einen regelrechten Buckel auf dem vorderen Glied des Mittelfingers vom vielen Schreiben (heute ist da immer noch eine leichte Hornhauterhöhung, aber nicht mehr als 1mm).

Und ich kann mich daran erinnern, dass ich als Grundschülerin mal ganz traurig war, als ich einen neuen Füller brauchte (der vorige hatte feine Risse im Schaft und hat geleckt). Der alte hatte sich ebenfalls an meine Handhaltung und Schrift gewohnt und die Feder hatte einen leichten links-oblique Schliff bekommen. Ulkigerweise kann ich mich daran erinnern, wie ich meiner Mutter gezeigt habe, dass der neue Füller aber nicht so gut wäre wie der alte, weil die Feder vorne ganz gerade sei, und meine Mutter hat mich getröstet und meinte, mit der Zeit würde die neue Feder dann auch so werden. Das war in den frühen 70er Jahren. Ob die neue Feder sich dann wirklich jemals eingeschrieben hat, weiss ich nicht mehr, aber spätestens im Gymnasium war dann nix mehr mit Einschreiben.

Viele Grüße,

Barbara
„Ich denke tatsächlich mit der Feder, denn mein Kopf weiß oft nichts von dem, was meine Hand schreibt.“ Wittgenstein, Vermischte Bemerkungen
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Re: Stahlfeder - Füllhalter "einschreiben"?

Beitrag von Fried »

Hallo alle zusammen...

Werner hat es auf dem Punkt gebracht:
werner hat geschrieben: die sogenannte "Einschreibzeit" ist meiner bescheidenen Meinung nach die Zeit die der Schreiber braucht um Feder, Hand, Schreibgerät und Kopf in Einklang zu bringen. Ja, um das "Gefühl" dass einem der Füller samt Feder "in Fleisch und Blut" übergegangen ist.
In diesem Zusammenhang drängt sich mir die Erkenntnis auf, dass es verhängnisvoll ist, mit zig Federn zu "rotieren". Damit wird genau das verhindert, was Werner als "Gefühl" für den Füller beschreibt.

Gruß Gottfried
Wenn das nicht geht, versuche etwas anderes - vielleicht geht das auch nicht...
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Re: Stahlfeder - Füllhalter "einschreiben"?

Beitrag von Saarländerin »

Salut les Copains, :D

zu der Frage von Audace schließe ich den Vorschreibern und -schreiberinnen an, das >einschreiben< ist angesichts der Härte des Iridium-Schreibkorns wohl eher als Gewöhnung der Hand an den FH zu verstehen bzw., wie Andreas ausführt,
verschieben sich die Federbeine bleibend gegeneinander (ungleich hoch)
Diese Gewöhnung aneinander kann meiner Ansicht nach allerdings nur dann optimal vonstatten gehen, wenn tatsächlich viel und zusammenhängend, d.h. ohne größere zeitliche Unterbrechungen geschrieben wird.
Ab und an gemächlich ein paar kluge Verslein, hier und da eine Unterschrift - das wird (nach meiner Erfahrung) keine dauerhafte "Freundschaft", die sich auch unter ungünstigen Bedingungen (Mitschreiben in Besprechungen, an der Uni...) bewährt?

souhaitant une agréable soirée 8)
Roswitha
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Re: Stahlfeder - Füllhalter "einschreiben"?

Beitrag von Beginner »

Fried hat geschrieben:Hallo alle zusammen...
In diesem Zusammenhang drängt sich mir die Erkenntnis auf, dass es verhängnisvoll ist, mit zig Federn zu "rotieren". Damit wird genau das verhindert, was Werner als "Gefühl" für den Füller beschreibt.

Gruß Gottfried
Hallo Gottfried,
jetzt aber mal langsam. Du wirst mir meine geliebte Rotation doch nicht madig machen wollen? Es ist für mich großartig schon gegen Ende einer Patrone oder einer Füllung zu überlegen, welcher Füller als nächster von der Sammelmappe in das Alltagsmäppchen wandert. Dann ist es immer wieder toll, mit der nächsten Feder warm zu werden. Ich habe es jedenfalls noch nicht geschafft eine meiner Federn einzuschreiben. Rotation oder Iridium Korn, wer weiß :?:

:wink:

Rotierende Grüße Roberto
Fried
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Re: Stahlfeder - Füllhalter "einschreiben"?

Beitrag von Fried »

Hallo Roberto..

...nein, ich will nichts madig machen :). Ist nur eine sich mir aufdrängende Erkenntnis anhand der Ausführungen von Werner.
Beginner hat geschrieben:Dann ist es immer wieder toll, mit der nächsten Feder warm zu werden..
Da gäbe es aber noch Spielraum im Temperatur Spektrum :wink: .

Gruß Gottfried
Wenn das nicht geht, versuche etwas anderes - vielleicht geht das auch nicht...
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