Warum Gold statt Stahl?

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Tombstone
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Re: Warum Gold statt Stahl?

Beitrag von Tombstone » 19.01.2012 10:13

Roswitha,

ich kann jetzt nur meine persönlichen "Gefühle" zum Thema Rollerball wiedergeben, die im Vergleich zum Füller ähnlich sind wie bei einem Auto mit unterschiedlichen Getrieben:

- wenn ich einen Schalter fahre und vom Gas gehe, merke ich den Widerstand des Motors - das Auto wird langsamer bis zum Abbremsen und Ausgehen

- wenn ich einen Wandlerautomaten habe und vom Gas gehe, dann rollt der sich einen Wolf, bis er irgendwann mal mit niedriger Geschwindigkeit ewig weiter rollen wird

Letzteres geht mir auf den Zeiger.

So ähnlich empfinde ich Füller und Roller - der Roller gibt mir keinen Widerstand, er würde eben ewig "rollen" - der Füller "bremst" stärker. Und das mag ich.

Autofahrtechnisch nutze ich im übrigen ein DSG - die ideale Kombi aus beidem. Mal kucken, wann es einen DSG-Stift gibt... ;)

Peter
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Niagara Falls

Re: Warum Gold statt Stahl?

Beitrag von Niagara Falls » 19.01.2012 10:49

Außerdem möchte ich auf den Thread mit den Cursive-, Italic- und Oblique-Federn verweisen, denn solch eine Kugel, die diese Linienvariationen erzeugen kann, gibt es schon rein mathematisch nicht, geschweige denn real in einem Roller oder Kugelschreiber...

Gruß Günther

Saarländerin
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Re: Warum Gold statt Stahl?

Beitrag von Saarländerin » 19.01.2012 10:54

Danke, Peter, für die interessante Antwort, die ich interpretiere als "das Papier >antwortet< dem FH beim Schreiben", erzeugt ein "feedback" für den Schreiber selbst.
Allerdings ist es genau das, was ich bei den modernen unflexiblen M-Federn, die ja zum Standard auch bei hochwertigen FH geworden sind, zunehmend vermisse.
Daher meine Frage, ob es dessenungeachtet einfach "Kult" ist (und bleibt), mit dem FH zu schreiben, Kult entgegen der Ratio, dass ein RB, der oftmals ja genauso ansprechend gestaltet ist wie der entsprechende FH, kaum ein wirklich anderes Schriftbild auf dem Papier zeigt...
Viele Grüße von Roswitha
*Nachtrag zu der Antwort von Günther: Meine Überlegungen beziehen sich ausschließlich auf den heute üblichen Standard: unflexible M-Feder aus Gold oder Stahl. Die speziellen, von Dir erwähnten Federn möchte ich außen vor lassen, denn hier steht der Vorteil außer Frage...

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Tombstone
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Re: Warum Gold statt Stahl?

Beitrag von Tombstone » 19.01.2012 11:32

Saarländerin hat geschrieben:Danke, Peter, für die interessante Antwort, die ich interpretiere als "das Papier >antwortet< dem FH beim Schreiben", erzeugt ein "feedback" für den Schreiber selbst.
Das hast Du schön zusammengefasst, Roswitha

Ob dies bei den heute gebräuchlichen Federn standardmäßig fehlt, kann ich noch nicht bewerten - ich habe die "echte" Füller-Faszination erst seit ganz kurzem entdeckt und muss erst mal Vergleiche machen. Aber der Lindauer mit B-Feder, den ich aktuell nutze, ist z.B. schon sehr "anders" als die parallel in einem Caran d'Ache betriebene Faber-Castell-Gelroller-Mine...

Peter
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Tenryu
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Re: Warum Gold statt Stahl?

Beitrag von Tenryu » 19.01.2012 11:36

Der Hauptgrund, weshalb ich Roller nicht so gerne benutze ist, daß das Schreiben zum einen recht teuer ist. So eine Mine hält vielleicht 30 Seiten und kostet ungefähr zehn mal so viel wie die entsprechende Menge an Standardtinte.
Zum anderen gibt es bei den meisten Herstellern nur die Farben schwarz und blau (ganz selten auch noch rot). Hinzu kommt, daß fast jeder Hersteller sein eigenes Minenformat hat, so daß man nicht beliebig Ersatz kaufen kann.

Beim Schreiben hat man auch bei harten F- oder M-Federn noch eine geringe Strichvariabilität, und vor allem ist der Tintenfluß nicht so gleichmäßig, so daß man auch Farbschattierungen im Schriftbild erhält.

Der Roller ist für mich eigentlich nur eine Alternative zum Kugelschreiber, wenn es um Durchschriftpapiere geht oder als selten genutztes Schreibgerät für unterwegs.
Im Gegensatz zu einem Füller trocknet der Roller bei Nichtgebrauch nicht so schnell aus und ist unempfindlicher gegen Stöße oder Auslaufen.

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Re: Warum Gold statt Stahl?

Beitrag von Saarländerin » 19.01.2012 15:39

Hi Tenryu,

Deine Argumente pro FH kann ich größtenteils nachvollziehen - bis auf:
Tenryu hat geschrieben:...Beim Schreiben hat man auch bei harten F- oder M-Federn noch eine geringe Strichvariabilität, und vor allem ist der Tintenfluß nicht so gleichmäßig, so daß man auch Farbschattierungen im Schriftbild erhält...
Leute, die wie ich das "drucklose" Schreiben anstreben, können (zumindest gilt dies für mich) eine noch so geringe Strichvariabilität bei den unflexiblen M und F-Federn nicht feststellen (B und breiter hab ich nicht). Somit scheint es, für "uns" bleiben in Sachen FH eher Optik und "Feeling" maßgeblich, nicht aber das Schreiben selbst...?

Auf überzeugenden Widerspruch hoffende Grüße von Roswitha

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Re: Warum Gold statt Stahl?

Beitrag von Tenryu » 19.01.2012 16:57

Das kommt wohl auch darauf an wie hart die harte Feder ist. bei meinem Pelikan M200 mit Stahlfeder kann ich durchaus eine gewisse Flexibilität feststellen. Aber selbst bei einem unflexiblen Pelikano gibt es, zumindest was den Tintenfluß anbelangt, leichte Variationen.

Und nicht zuletzt schreibt eben jede Feder anders. Wohingegen die Rollerminen wirklich alle gleich schreiben. Selbst zwischen den verschiedenen Herstellern sind die Unterschiede nicht so groß.

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Re: Warum Gold statt Stahl?

Beitrag von Barbara HH » 19.01.2012 17:24

Hallo Roswitha,

Du hast mich gerade inspiriert, einen Faden zum Thema Federn mit Charakter zu eröffnen...

Liebe Grüße,

Barbara
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Re: Warum Gold statt Stahl?

Beitrag von Andi36 » 19.01.2012 19:07

Hallo zusammen,

Füllhalter-Federn produzieren ja nicht nur Linienvarianz, sondern entwickeln - je nach Tinte - auch Schattierungen in der Schrift - solche habe ich bei einem Rollerball noch nie wahrgenommen.

Selbst wenn die Feder wenig Strichvarianz zulässt, erkennt man doch in der Regel, dass mit einem Füller geschrieben wurde.

Andreas

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Warum Gold statt Stahl?

Beitrag von G-H-L » 19.02.2012 20:06

Ein Grund anstelle von Stahl, Gold zu nehmen ist der, daß bei der vergoldeten Stahlfeder sich gerne mal die Goldbeschichtung verabschiedet.
Das hat zwar beim Schreiben keinen Einfluß, aber es sieht halt nicht sehr schön aus.

Gruß
Gerhard
Zuletzt geändert von G-H-L am 20.02.2012 19:27, insgesamt 1-mal geändert.
Gruß
Gerhard

Nein, das ist keine unleserliche Handschrift!
Der Text ist nur analog verschlüsselt! :)

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Re: Warum Gold statt Stahl?

Beitrag von Usefine » 20.02.2012 18:43

Beim Rollerball rollt eine Kugel nach dem Deorollerprinzip, während beim Füllfederhalter ein mittig geschlitztes Schreibkorn übers Papier geschoben wird. Das muß nicht unbedingt kreisrund sein und so können sich, je nach Form der Auflagefläche, unterschiedliche Strichvariationen ergeben die das Schriftbild beleben.Jedes Schreibkorn ist ein wenig anders, während bei den Rollerbällen öde Monotonie herrscht. Und dann ist da noch das Schreibgefühl, bei Rollerbällen habe ich immer das Gefühl mit einem Stock auf Schmierseife rumglitschen zu müssen während mir ein Füllfederhalter trotz superglattem Schreibkorn immer eine gewisse Haftung auf dem Papier vermittelt.

Liebe Grüße,
Usefine

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Re: Warum Gold statt Stahl?

Beitrag von G-H-L » 20.02.2012 19:39

Usefine hat geschrieben:Und dann ist da noch das Schreibgefühl, bei Rollerbällen habe ich immer das Gefühl mit einem Stock auf Schmierseife rumglitschen zu müssen während mir ein Füllfederhalter trotz superglattem Schreibkorn immer eine gewisse Haftung auf dem Papier vermittelt.
Hinzu kommt, daß eine Füllerfeder, wenn sie nicht gerade stahlhart ist, beim Schreiben federt. Die Rollerminen federn überhaupt nicht und fühlen sich beim Schreiben an, als wenn man das Papier mit einem Stahlnagel ritzen will; vor allem, wenn die Mine beinahe leer ist. Und die Rollerminen sind verdammt schnell leer.

Gruß
Gerhard
Gruß
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Nein, das ist keine unleserliche Handschrift!
Der Text ist nur analog verschlüsselt! :)

Der Torben
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Re: Warum Gold statt Stahl?

Beitrag von Der Torben » 04.05.2012 23:00

Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ist es nicht so, dass Goldfedern eher von Hand geschliffen werden als gängige "Massen"-Stahlfedern? Falls ja, ist es so, dass von Hand bearbeitete Oberflächen (Gute Fähigkeiten vorausgesetzt) wesentlich gleichmäßiger und von höherer Qualität sind als mit Maschinen bearbeitete, selbst wenn diese von Hand bedient werden. So wurden auch die 2 Siliziumkugeln der PTB deren Durchschnittsmasse das Kilogramm definiert von Hand poliert. Die "glattere" Oberfläche des Iridium-Korns der Goldfeder sollte also weniger "kratzen".
Gleichzeitig sind Goldfedern oft aufwendiger "gestaltet" was einen zusätzlichen ästhetischen Wert liefert. Außerdem ist es meiner Meinung nach einfacher eine flexible Goldfeder zu schaffen als eine Stahlfeder mit gleichen Eigenschaften. Und das Material ist exklusiver. Was ja schon ausgiebig besprochen wurde.

Grüße aus Wolfsburg
Torben
Viele Grüße
Torben

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Re: Warum Gold statt Stahl?

Beitrag von Tenryu » 05.05.2012 0:42

Ich besitze mehrere Stahl- bzw. Goldfedern gleicher Größe und kann nicht sagen, daß die einen generell besser sind oder weicher schreiben als die anderen.
Ich denke, daß ja beide auf den selben Maschinen gefertigt werden. Was das Polieren anbelangt, so würde ich eher sagen, daß Handarbeit größere Fertigungstoleranzen hervorruft, als eine maschinelle Bearbeitung.

Auch kann man feststellen, daß bei den günstigen (Schul-)Füllern die Stahlfedern regelmäßig sehr gute Schreibeigenschaften haben.

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Re: Warum Gold statt Stahl?

Beitrag von Der Torben » 05.05.2012 5:41

Glaub mir von Hand polierte (wie gesagt vorausgesetzt ist eine gute Ausbildung) Oberflächen sind ebener als Maschinell gefertigte. Nicht bös' oder persönlich gemeint, das kriegt man schon im ersten Semester Maschinenbau eingehämmert^^
Viele Grüße
Torben

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