Umgang mit üblichen Gebrauchsspuren

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Matthias MUC
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Umgang mit üblichen Gebrauchsspuren

Beitrag von Matthias MUC » 20.04.2018 11:06

Hallo in die Runde,

nachdem mein erster Fabrikneu-Kauf seit Jahrzehnten, mein iconisch-blauer M120 auch schon den ersten leichten Kratzer hat (und ich mich zwar erst etwas geärgert habe, aber dann doch denke, hey, ein schreibbereiter und getankter Füller ist ein Gebrauchsgegenstand und will genutzt werden) wüßte ich gerne, was die Forumsgemeinde meint oder wie man es da draußen damit hält.

Insbesondere, wenn Einzelstücke oder eher schon teure Füller oder auch "historische" Exemplare (mit oder ohne "Marktwert") nicht maximalmöglich geschont werden (Sammlerstück oder Kapitalanlage) sondern ganz regulär im täglichen Einsatz stehen. Vielleicht nicht nur wohlgeschützt am aufgeräumten Schreibtisch, sondern unterwegs im Federmäppchen oder in die Hemdentasche geclipst mitgenommen.

Ich denke dann doch, spätestens wenn es um keinen Wiederverkaufswert geht, tragen die Schreiberlinge ihre Schrammen und Kratzer, die alten mitgeerbten (siehe die Mäusepisseflecken von meinem uralten MB224) wie auch die neu dazugekommenen, mit Anmut und Würde.

lG Matthias

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JulieParadise
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Re: Umgang mit üblichen Gebrauchsspuren

Beitrag von JulieParadise » 20.04.2018 11:35

Mein Beispiel: M200 Clear Demo. Den hatte ich recht teuer erworben und achtete daher sehr ängstlich darauf, dass er auch schön sauber und klar blieb. Als dann später ein gebrauchtes Exemplar zu mir kam, mochte ich diesen verschrammten und etwas versifften Füller viel mehr (nix mehr aufpassen, ist ja schon benutzt und sieht auch so aus, also alles rein da, was lustig bunt schreibt!) und habe schließlich den neueren verkauft. Kein Stress mehr.

Auch der hier im Forum sehr günstig erworbene Montblanc 114 Mozart hat eine deutliche Schramme am Clip. Für den Neupreis hätte ich diesen Füller wohl jahrelang gehütet wie einen Schatz und mich kaum rangetraut (uuuh, so wertvoll/teuer/neu!), so aber habe ich ihn fröhlich genutzt, er wurde verstümmelt (Sturz: Korn abgebrochen, nachgeschliffen, schreibt immer noch wunderbar) und doch umso heißer geliebt.

Neue oder auch besonders alte Sachen selbst abzunutzen und nicht zu schonen fällt mir aber sehr schwer (Erziehung?), daher bin ich richtiggehend beruhigt, wenn das andere "für mich erledigt" haben. Nur bei Leder(accessoires) habe ich da übrigens keine Bedenken, weil dort selten etwas kaputt geht und die Dinge im Gegenteil erst durch die Benutzung immer schöner werden.

Das ist für mich auch ein schwer lösbarer Widerspruch zwischen dem Willen, alles was ich habe auch zu nutzen und die als (zu) wertvoll erachteten Dinge doch zu schonen. Da gibt es eine kaum zu benennende Schwelle, ab der die Benutzung, welche ja doch eigentlich immer Spuren nach sich zieht, dann irgendwann okay ist. Muss man nicht verstehen.

Bei Füllern hilft da ja ein beherztes Betanken, auch wenn es nicht unbedingt Noodler's Baystate Blue sein muss. 8-) Bei Notiz-/Skizzenbüchern wird tief durchgeatmet und dann die erste Seite mit einem Zitat, einem Bild der aktuellen Schreib- und Malwerkzeuge o.ä. verziert und dann ist der Bann gebrochen.
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agathon
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Re: Umgang mit üblichen Gebrauchsspuren

Beitrag von agathon » 20.04.2018 11:40

Die Dinge sind in der Tat so trivial, wie du es beschreibst: Beim Gebrauch bleiben Kratzerchen naturgemäß nicht aus und die meisten sind konstruktionsbedingt, so wie das Scheuern der Kappe am Schaft bei den Pelikanen und beim Meisterstück hab ich das auch schon erlebt. Man kann sich nun darüber ärgern oder das sein lassen. Ich bevorzuge letzteres, zumal, bei pfleglichem Umgang, das ganze „Drama“ sich doch sehr in Grenzen hält. Die meisten meiner Füller, zum Teil sind die so an die hundert Jahre alt, sehen noch ziemlich gut aus, gerade wenn man die leicht nachbearbeitet hat. Aber viel ist da gar nicht nötig. Anders ist es bei lackierten neuen Füllern, wenn da schon nach kurzer Zeit der Lack abgeht, so etwas ärgert mich schon, weil irgendwie ein wenig nach schlampiger Verarbeitung aussieht.

Grüße

agathon

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thewritingsonthewall
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Re: Umgang mit üblichen Gebrauchsspuren

Beitrag von thewritingsonthewall » 20.04.2018 12:22

Auch wenn man, also ich zumindest und ich denke viele andere auch, ordentlich mit den Füllern umgeht werden sie trotzdem gebraucht. Es sind nun alle Gebrauchsgegenstände. Und auch diese Spuren wissen später eine Geschichte zu erzählen.
Möge der Saft mit dir sein :mrgreen:

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NicolausPiscator
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Re: Umgang mit üblichen Gebrauchsspuren

Beitrag von NicolausPiscator » 20.04.2018 12:56

Füller sind für mich Gebrauchsgegenstände, die ich pfleglich behandele, damit kommt es aber immer wieder einmal vor, dass dumme Dinge geschehen, das sind dann die Gebrauchsspuren, die dann dazu gehören. Aber vom Gebrauch geschont wird bei mir kein Füller. An Verkauf denke ich eigentlich beim Füllererwerb und -gebrauch gar nicht. Bisher habe ich auch noch gar keinen Füller verkauft...

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Tenryu
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Re: Umgang mit üblichen Gebrauchsspuren

Beitrag von Tenryu » 20.04.2018 17:08

Ich versuche so pfleglich wie möglich mit meinen Sachen umzugehen. Wenn ein Füller nach einigen Jahren gebraucht ausschaut, stört es mich nicht, so lange er nicht kaputt ist (Risse, Undichtigkeit, defekte Mechanik, etc.)
In der Regel halte ich es so, daß ich teuerere und empfindlichere Schreibgeräte im Etui aufbewahre und transportiere, und günstige, robuste, oder solche, von denen ich mehrere besitze, ganz normal in die Tasche stecke oder auf dem Tisch liegen lasse.
Extrem kostbare oder seltene Museumsstücke besitze ich freilich nicht. Wenn ich in den Besitz eines antiken, unbenutzten Füllers käme, würde ich ihn aber höchst wahrscheinlich nicht benutzen, sondern als reines Anschauungsobjekt für die Nachwelt erhalten.

Fibi
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Re: Umgang mit üblichen Gebrauchsspuren

Beitrag von Fibi » 20.04.2018 20:41

Meine Füller haben bis auf die ganz neuen aus diesem Jahr auch alle Gebrauchsspuren. Da fällt halt mal versehentlich eine Kappe vom Tisch und kriegt kleine Kratzer. So what. Nur zum im Safe verstauen kaufe ich Füller nicht. Alle paar Wochen muss jeder mal ran.

Wobei mein teuerster Füller ein M400 ist. Der wird in einem kleinen Stoffetui transportiert (billige Füller meist in einem Schlampermäppchen). Mehr geschont wird der aber auch nicht. Hätte ich ein echtes Sammlerstück für mehrere tausend €, würde ich mir das Schreiben vielleicht auch nicht trauen.

Der einzige Füller, der wirklich ordentlich Kratzer hat, ist meine "Kratzbeule", ein 15 Jahre alter Lamy Al-Star. Der fiel mir einfach ständig in der Schule runter, zudem habe ich mir der Schere meinen Namen eingekratzt (weil mir schon der 2. geklaut wurde). Aber trotzdem erzählt er für mich eine Geschichte. Wie stolz ich war, als ich den zum Eintritt ins Gymnasium bekam. Wie es mich ärgerte, als ich schon den dritten brauchte, weil die ständig geklaut wurden. Wie ich wie gesagt aus Frust darüber den Namen einkratzte. Später - erstmals total verliebt - auf dieselbe Art ein Herz "eingravierte". Ich habe - als ich mit Al-Stars sammeln anfing - kurz mal überlegt, ihn gegen ein kratzerfreies Neumodell zu ersetzen. Habe es aber gelassen. Weil - klar, zum verkaufen oder angeben taugt er nichts mehr. Aber er erinnert mich an Zeiten, in denen das Leben noch so unbeschwert war. Das ist viel wertvoller als wenn ich den in kratzerfrei hätte (auch wenn man den mit schwarzem Clip mittlerweile gut bei Ebay versteigern könnte).

Ich habe aber auch noch nie einen Füller wieder verkauft. Für gewöhnlich überlege ich mir gut, welche Füller ich in meiner Sammlung will und kaufe auch nur die. Irgendwann schreiben will man ja auch mit denen. Da kaufe ich aber gerne Gebrauchtfüller. Da stören mich Gebrauchsspuren dann nicht - bei mir kommen früher oder später sowieso welche dazu. Zumindest nicht, wenn sie nicht zu stark sind bzw. der Füller selber dadurch untauglich wird (ich hätte schon ein Problem, wenn ich einen Füller mit Goldfeder abkaufe, die dann schon abgebrochen ist oder der Füller im wahrsten Sinne des Wortes ein "Auslaufmodell" ist).

Rotschreiber

Re: Umgang mit üblichen Gebrauchsspuren

Beitrag von Rotschreiber » 21.04.2018 7:42

Kein Füller, den man regelmäßig benutzt, bleibt ohne Gebrauchsspuren oder hält ewig. Außer ein Lamy Safari. 8-)

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Tenryu
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Re: Umgang mit üblichen Gebrauchsspuren

Beitrag von Tenryu » 21.04.2018 12:33

Wie lange hält ein Füller überhaupt, wenn man ihn täglich benutzt?
Schulfüller halten selten eine ganze Schulzeit lang. Als Erwachsener schreibt man viel weniger. Und die antiken Füller, die man allenthalben bewundern kann, haben sicher auch die meiste Zeit ihres Lebens in einer Schublade verbracht.

Ich frage mich, ob die Hersteller so etwas testen. Es wäre schon sehr interessant zu wissen, für wie viele Seiten ein Schreibkorn ausgelegt ist, wie oft man eine Kolbenmechanik drehen kann, bis sie ausleiert oder bricht, wie oft sich eine Kappe oder ein Schaft auf- und zuschrauben läßt.

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Re: Umgang mit üblichen Gebrauchsspuren

Beitrag von NicolausPiscator » 21.04.2018 12:39

Das ist ne interessante Frage, lässt sich wahrscheinlich nur mit Erfahrungswerten testen... Meinen M150 habe ich seit über 20 Jahren, 15 Jahre war er der einzige Füller, den ich benutzt habe, und ich habe ihn täglich geschrieben, die Feder ist noch immer in Ordnung.

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Re: Umgang mit üblichen Gebrauchsspuren

Beitrag von Nomad » 21.04.2018 13:04

Alle meine Füller sind Arbeitstiere. Mit meinem MB 146 schreibe ich seit Jahrzehnten und die Feder wird immer besser.
Sie werden nicht geschont. Sie gehören zu mir und meinem (Arbeits-) Leben.

In all den Jahren hatte ich erst einmal eine "Unfall"...da kam der MB in die Klinik nach HH und ich hierher, um nach einem "Ersatz" zu suchen. Keine gute Idee für meinen Sparstrumpf :cry:
Seitdem...naja...wie sagte ein Mitforist so schön: "hätte ich mich doch bloß nicht angemeldet!!" :mrgreen:
No risk - No fun 8)

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Re: Umgang mit üblichen Gebrauchsspuren

Beitrag von Fermentis » 21.04.2018 18:49

Die einzige Schonung die Füller, welche bei mir in Benutzung sind erfahren, ist die Verwendung eines Lederetuis für deren Transport.
Im Großen und Ganzen sehen die Füller jedoch auch nach längeren Gebrauch noch aus wie neu.
Die einzige Ausnahme bildet hierbei der Pelikan M805 schwarz-silber.
Hier zeichnen sich deutliche Spuren der Füllerkappe bei dem Griffstück ab.
Sind halt Gebrauchsgegenstände.

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Re: Umgang mit üblichen Gebrauchsspuren

Beitrag von bella » 21.04.2018 19:14

Ich Kauf die gleich mit ordentlich Macken .... dann muss man sich nicht ärgern
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Re: Umgang mit üblichen Gebrauchsspuren

Beitrag von Pelle13 » 21.04.2018 23:02

Alle meine Füller werden genutzt - und das nicht nur zu Hause am Schreibtisch. Natürlich gehe ich pfleglich mit ihnen um und transportiere sie in Lederetuis oder Stifterollen, Mikrokratzer lassen sich trotzdem nicht vermeiden ... egal! Alle meine Füller sind Gebrauchsgegenstände, reine Sammlerstücke habe ich nicht.
Etwas anders sieht es bei meinen beiden Kaweco AL-Sportlern aus, die zwei habe ich mir extra für den Outdoor-Einsatz gekauft, sie gehen mit mir in jedes Gelände, sie schreiben bei jedem Wetter, ihre Kappen werden gepostet, sie werden auch mal mit erdigen Fingern angefasst, liegen auf dem Boden, oder fallen auch mal runter. Ihre kleinen Schrammen erzählen von ihrem bewegten Leben, defekt war aber bisher noch keiner von den beiden.

Liebe Grüße,
Dagmar
Freude am Schauen und Begreifen ist die schönste Gabe der Natur. (Albert Einstein)

Matthias MUC
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Re: Umgang mit üblichen Gebrauchsspuren

Beitrag von Matthias MUC » 21.04.2018 23:22

Tenryu hat geschrieben:
21.04.2018 12:33
Wie lange hält ein Füller überhaupt, wenn man ihn täglich benutzt?
Schulfüller halten selten eine ganze Schulzeit lang. Als Erwachsener schreibt man viel weniger. Und die antiken Füller, die man allenthalben bewundern kann, haben sicher auch die meiste Zeit ihres Lebens in einer Schublade verbracht.
Ein Argument, zumindest alle schreibbereiten Füller, die nicht nach einem halben Tag beginnen einzutrocknen, tatsächlich nicht ständig, aber turnusmäßig rotierend zu nutzen. Dann wird keiner als "Arbeitstier" verschlissen, während bei den anderen Tinte und Dichtungen austrocknen, sondern jeder wird mäßig-gleichmäßig verschlissen.
Schulfüller: Mein erster Pelikano (der rote Modell 4, 1973? 1974?) ist wohl irgendwann mal gebrochen, kann sein, daß die Leiche noch irgendwo existiert. Ansonsten ist mir keiner "verschlissen". Manchmal verschlampt, ja, und meinen letzten Schulfüller, meinen ersten, zu Kollegstufenzeiten wohl 1985 selbstgekauften M100 Old Style hab ich irgendwann mal in der Uni verloren oder geklaut bekommen. Der Nachfolger von 1992?, den ich extrem benutzt habe bis mir der wachsende Zoo in dem Nachlaß zugelaufen ist, ist halt allgemein ganz leicht matt = abgegriffen, aber nicht schäbig.
Mir ist halt auf dem immer noch perfekt glatten ikonisch blauen M120 der allererste leichte Gebrauchskratzer so richtig ins Auge gesprungen. Der ist z.Zt. entweder allein oder mit irgendeinem ergänzenden (4farbkuli oder Druckbleistift) aus meinem Lamy2000-Zoo in meiner Hemdentasche oder abwechselnd ggf. wieder mit dem Zweitschreiberling, einer Packung Post-It-artiger Markierpfeile, einem Brillenputztuch, einem Päckchen Visitenkarten und 2 Paracetamol im Blister in einem zum Federmäppchen gewordenen Brillenetui (Brille hab ich immer am Schnürchen umhängen). Wahrscheinlich hat sich der M120 da am Lamy2000 gekratzt.

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