Ist Schreiben ungesund?

[Sabine]

Ihr Lieben,
"natürlich nicht, ganz im Gegenteil!", denken sich wohl die meisten von Euch; Schreiben ist die reine Freude und überdies eine alte und wichtige Kulturtechnik, usw. usf.
Auf meine Frage bin ich aber gekommen, weil ich ab zu von einzelnen Personen hören oder lesen mußte, mit der Hand zu schreiben sei zu anstrengend, oder gar "aus gesundheitlichen Gründen" so gut wie garnicht mehr möglich.
Wer Verletzungen an Hand oder Arm hat, kann nachvollziehbarerweise nur mit Mühe schreiben. Gibt es darüberhinaus auch andere körperliche Gründe, warum das Schreiben mit der Hand erschwert oder unmöglich wird? vielleicht das Herz betreffend? ich bin sehr gespannt auf Eure Gedanken oder Erfahrungen!
Herzliche Grüße
Sabine

[parker_pen]

Gibt es darüberhinaus auch andere körperliche Gründe, warum das Schreiben mit der Hand erschwert oder unmöglich wird?

Diese Frage hat mich das zurückliegende Jahr sehr beschäftigt, und hat zu dem Punkt geführt, mich aus der Handschriftlich tätigen Kreis der Gesellschaft ganz heraus zu nehmen.
Was hat dazu geführt, eigentlich sind es mehrer Probleme die sich nach und nach zu dem Ergebnis heraus kristallisiert haben, das mittlerweile nur noch 3-4 sehr zittrige Sätze unter Schmerzen möglich sind. Zum einen ist es der Rücken, mit drei schwer geschädigten, nicht operablen Bandscheiben, welche bei Schreibhaltung zu kribbeln, Lahmheit und Schmerzen im Schreibarm führen. Bei meinen letzten ausgeübten Beruf habe ich mir beidseitig die Karpal Tunnel im Handgelenk so sehr beschädigt (in der rechten Schreibhand besonders), das es auch da beim Schreiben zu Krämpfen und Schmerzen führt, und auch hier ist keine OP mehr möglich.
Jetzt sagen sicher einige, eine kleine OP in der Hand geht doch immer, aber da kommen wir zu einem dritten Punkt. Vor genau 10 Jahren hat mich so eine kleine Meniskus OP mit schwerer Lungenembolie beinahe aus dem Leben gerissen. Da wurde festgestellt ich habe eine angeborene Blutgerinnungsstörung, was mich seid dem dazu verpflichtet Markumar zu nehmen. Dadurch fallen bei mir aus Sicherheitsgründen jegliche weiter OP`s weg, was halt kaputt ist muss ich jetzt mit zurecht kommen.

Jetzt habe ich seid kurzem endlich den Status des Frührentners, und komme eigentlich so ganz gut mit zurecht. Ich habe zwar die letzten Wochen meinen ganzen Bestand an Schreibwaren schon zu 90% reduziert, stecke aber deswegen nicht den Kopf in den Sand . Meine Liebsten und Schönsten durften Bleiben, denn auch so müssen ja immer mal kleine Notizen und auch Unterschriften getätigt werden, was natürlich auch weiterhin mit schönen Füllfederhaltern geschehen soll

Und auch dem Forum möchte ich weiterhin dienlich sein und hier und da mal meine Senf dazu geben.

[meinauda]

Zum Glück gibt es mittlerweile gute wissenschaftiche Untersuchungen die belegen, dass die Handschrift, insbesondere die Schreibschrift das Gehirn in bester Weise beansprucht, trainiert und fordert, viel mehr als die monotonen Tipp- und Wischbewegungen auf Tastatur und Co.
Dass viele über Anstrengung erzählen, liegt garantiert an der Untrainiertheit der Handmuskeln, weil die Handschrift für viele spätestens nach dem jeweiligen Ausbildungsabschluss nicht mehr regelmäßig geübt wird.
Iss halt wie das Joggen, zugucken reicht nicht.
Dem Herzen könnte es auch nur gut tun, wenn man immer wieder mal pulsschlaganregenden inhaltliche Texte schreiben würde.
Leider gibt es auch solche tragisch komplizierten, körperlichen Beeinträchtigungen wie bei Dir Thorsten @parker—pen , bei denen das Schreiben nur unter Schmerzen geht. Das ist, glaube ich, ein großer Verlust.

Und es ist sicher nicht einfach Ersatz zu finden, damit das Gehirn weiter in ähnlicher Weise gefordert wird.
Man weiß ja, was das Gehirn für Kapriolen schlägt, wenn man schwerhörig ist und kein Hörgerät trägt.

Das Gehirn muss genauso trainiert werden wie unsere Muskeln, machste das nicht, haste dünne Arme und Beine und viele ungenutzte Gehirnzellen unter der Mütze.

Die Teilnehmer an der LinksschreiberChallenge habe da ganz sicherlich gemerkt, wie sehr der Kopf daran beteiligt ist und wieviel Erfolg man hat, wenn man es tut. Mir z.B. gelingt nach 4 Wochen mit Links schreiben viel besser die Maniküre meiner rechten Hand.
Ich selber konnte ja über ein Jahr nicht mehr in meiner normalen Schreibschrift schreiben aufgrund einer chemotherapiebedingten Polyneuropathie und konnte mit täglicher Stimulierung der Arme, insbesondere der Finger, diese Beeinträchtigung fast wieder ganz loswerden. Leider gelingt das ja nicht immer.

Aber die Frage war ja, ob Schreiben ungesund ist, gemeint war sicherlich für Gesunde.

Mit der Hand zu schreiben macht uns nachgewiesener Weise aufnahmefähiger,
wie auch wiedergabefähiger und damit schlauer, als nur durch das Tippen auf der Tastatur.
Ich denke, regelmäßiges Schreiben ist für Hirn und Hand sehr förderlich.

[Thom]

Es kommt darauf an, was man wo und wann schreibt.

V.G.
Thomas

[meinauda]

Es kommt darauf an, was man wo und wann schreibt.

V.G.
Thomas

Interessant! Erklär mal!

[Thom]

Na z.B. Giordano Bruno landete, auch dank seiner Schriften, auf dem Scheiterhaufen, Dante konnte sich aus ähnlichen Gründen nicht mehr in Florenz blicken lassen und mir ist auch schon ganz schlecht. Davon abgesehen hatte einer der klügsten Köpfe auf dem Planeten schon lange Zeit nichts mehr von Hand geschrieben.

V.G.
Thomas

[meinauda]

Und warum ist Dir schon ganz schlecht? Vielleicht tippst Du zuviel, als mit der Hand zu schreiben?

[Thom]

Else Marie, das kannst Du bei mir vergessen. Ich tippe ja in Wirklichkeit hier schon meinen ca. 8000sten Beitrag, aber die Handschrift kann ich nicht ersetzen. Irgendwie habe ich seit "Schleife binden" nichts mehr dazugelernt und das hatte schon ewig gedauert.

V.G.
Thomas

[meinauda]

8000 Beiträge in Handschrift wären es dann wohl nicht geworden hätte uns allen gut getan, denn Schreiben und Geschriebenes lesen ist gesund!

[Halbstuermer]

So, wie ich sehe, werden hier drei unterschiedliche Aspekte diskutiert:

a) die Ursprungsfrage, ob schreiben ungesund sei, bezieht sich wohl auf körperliche Folgen. Hier scheint es mir wie bei allen Tätigkeiten zu sein: Es kommt auf die Art der Ausführung (in diesem Falle: Körperhaltung, Handhaltung ...), die Dauer und Häufigkeit (= einseitige Belastung ohne Abwechslung bzw. häufige Wiederholung schädlichen Verhaltens) und die eigene körperliche Disposition an. Wenn man eine Neigung zu Rückenschmerzen hat, wird stundenlanges Schreiben im Sitzen, auch mit Füller, ungesund sein.

b) der - aus eigenem Erleiden leider - sehr schlüssig vorgebrachte Aspekt, dass es Krankheiten und Verletzungen gibt, die das Schreiben von Hand erschweren oder unmöglich machen.

c) der ebenso schlüssig vorgebrachte Aspekt, dass das Geschriebene selbst zur Gefahr für Autoren wird. Das sehen wir viel zu häufig. Und da fallen einem längst nicht nur Autoren aus der Vergangenheit ein, man denke nur an Deniz Yücel oder Salman Rushdie. Carl von Ossietzky starb im KZ. Und auch ein Exil war und ist selten gesundheitsfördernd, auch wenn man in Paris beste Füller kaufen konnte.

Also: ein spannender, facettenreicher Thread.

[Thom]

c) der ebenso schlüssig vorgebrachte Aspekt, dass das Geschriebene selbst zur Gefahr für Autoren wird. Das sehen wir viel zu häufig. Und da fallen einem längst nicht nur Autoren aus der Vergangenheit ein, man denke nur an Deniz Yücel oder Salman Rushdie.

Ja, und permanentes Mobbing in diversen "sozialen" Medien ist auch nicht zwangsläufig gesundheitsförderlich, da ist es auch egal, ob das an Tastatur oder auf dem Touchpad erfolgt. Ich selbst glaube auch nicht, dass von Hand schreiben schlauer macht, weil ich einfach zuviele Gegenbeispiele kenne.

V.G.
Thomas

[Horsa]

Schreiben ist, so vermute ich, ohne Frage gesundheitsförderlich.
Kann aber auch ins Auge gehen .....
Das geschriebene Wort steht ja zunächst einmal da, so wie es geschrieben wurde und so, wie es gelesen werden kann.
Dann kommt es, mit Blick auf die Gesundheit, natürlich auch noch auf die Leserschaft an.
Die kann zuweilen, nach dem Lesen des Geschriebenen, gefährlich werden.
Auch wieder aus verschiedensten Gründen.
Das Schreiben allein bleibt aber wohl ungefährlich und die Gesundheit fördernd.

Liebe Grüße

Horsa

[bella]

Schreiben ist sicherlich nicht ungesund, das beim Schreiben übliche Sitzen ist jedoch Gift ....
Deswegen sollten Vielschreiber über ein Stehpult nachdenken .... was wiederum die Handschrift negativ beeinflusst .... es ist also immer irgendwas

[Thom]

Den ganzen Tag stehen ist auch nix, da könnte man auch bei der Post anfangen.
Ich empfehle Abwechslung und den Stehpult-Thread.

V.G.
Thomas

[Tenryu]

Die Dosis macht das Gift. Für einen normalen, gesunden Menschen ist Schreiben genau so ungefährlich, wie Spazieren gehen, Klavier spielen, oder fernsehen. Wer freilich zehn Stunden am Tag in gekrümmter Haltung bei schlechtem Licht über dem Schreibpult hängt, tut seiner Gesundheit nichts Gutes, aber das dürfte wohl klar sein. Genau so ist es aber auch nicht gesund, den ganzen Tag vor dem TV zu sitzen oder professionell Sport zu betreiben.

Wer in irgend einer Weise vorgeschädigt ist, muß halt selber wissen, bzw. mit seinem Arzt abklären, ob und wie lange er schreiben kann. Aber ich denke nicht, daß man gleich tot vom Stuhl fällt, wenn man mal einen Brief oder ein paar Grußworte auf eine Karte schreibt.

Bleibt freilich noch das Unfallrisiko: Man kann sich an einer scharfen Papierkante verletzen, mit der Feder stechen, sich Tinte ins Auge spritzen, beim Anspitzen der Feder sich mit dem Messer den Finger abschneiden, oder wenn man zu dicht am Licht sitzt, kann die Perücke Feuer fangen... also so ganz ungefährlich ist es nicht.