Glastinte schütteln?

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vanni52
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Re: Glastinte schütteln?

Beitrag von vanni52 »

Mein persönliches Zwischenfazit hier: Die zunehmende Vorliebe für mittelgesättigte Tinten liegt wohl nicht nur an den entsprechenden Farbtönen.
LG
Heinrich
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Buntschreiber
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Re: Glastinte schütteln?

Beitrag von Buntschreiber »

Mein Fazit: Manche Händler trinken lustige Sachen und schreiben dann noch lustigere Sachen auf ihre Webseite.
HABERE et TENERE
pokpok
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Re: Glastinte schütteln?

Beitrag von pokpok »

Sollte in einem Tintenglas ein Teil der Inhaltsstoffe absinken, dann würde beim Füller füllen ja aus dieser unteren Zone abgesaugt. Und die obere Tintenzone mit jetzt schon weniger Inhaltsstoffen bliebe im Glas. Jedes Füllen verstärkt den Effekt, bis die sinkenden Tintenbestandteile komplett weg sind und nur mehr der dünne Rest im Glas bleibt. Vielleicht erklärt sich so die oft ungleiche "Farbkraft" einer Tinte bei verschiedenen Anwendern? Das ließe sich durch Vermischen vermeiden. Umrühren, Schütteln, Tintenglas nicht stehend (vielleicht seitlich liegend) aufbewahren ...
Liebe Grüße von
Matthias
Chia
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Re: Glastinte schütteln?

Beitrag von Chia »

pokpok hat geschrieben:
26.04.2021 20:23
Sollte in einem Tintenglas ein Teil der Inhaltsstoffe absinken, dann würde beim Füller füllen ja aus dieser unteren Zone abgesaugt. Und die obere Tintenzone mit jetzt schon weniger Inhaltsstoffen bliebe im Glas. Jedes Füllen verstärkt den Effekt, bis die sinkenden Tintenbestandteile komplett weg sind und nur mehr der dünne Rest im Glas bleibt. Vielleicht erklärt sich so die oft ungleiche "Farbkraft" einer Tinte bei verschiedenen Anwendern? Das ließe sich durch Vermischen vermeiden. Umrühren, Schütteln, Tintenglas nicht stehend (vielleicht seitlich liegend) aufbewahren ...
Kommt drauf an, wie man befüllt.
Ich befülle oft via Spritze und da tauche ich die Nadel nicht unbedingt bis ganz unten runter.

Aber auch bei Füllerdirektbetankung habe ich Zweifel, ob da hauptsächlich aus der alleruntersten Schicht Tinte aufgenommen wird - die Saugwirkung wird doch eher nicht ganz vorn an der Federspitze am größten sein...


Seitlich liegend würde ich meine Tintengläser nicht aufbewahren. Wenn da ein Deckel doch mal nicht ganz dicht schließt, hat man sonst womöglich ungewollt eine eingefärbte Schublade.
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vanni52
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Re: Glastinte schütteln?

Beitrag von vanni52 »

pokpok hat geschrieben:
26.04.2021 20:23
Sollte in einem Tintenglas ein Teil der Inhaltsstoffe absinken, dann würde beim Füller füllen ja aus dieser unteren Zone abgesaugt.
Dieser Konjunktiv trifft ja nur für stark gesättigte Lösungen an der Grenze zur Übersättigung zu.
Für meine >100 Tintenfässer trifft dies auf gerade ein Glas zu.
Und in der Tinte findet wie in allen Lösungen eine permanente Diffusion statt.
LG
Heinrich
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Buntschreiber
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Re: Glastinte schütteln?

Beitrag von Buntschreiber »

Immer daran denken, dass man beim Füller für den gleichen Effekt mit der gleichen Tinte genau das umgekehrte Procedere wie beim Glas durchführen muss. Also: Glas schütteln, Füller ruhig lagern. Glas liegend, Füller stehend. Jaaaa, da muss man erstmal drauf kommen.
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HeKe2
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Re: Glastinte schütteln?

Beitrag von HeKe2 »

Hier geht offensichtlich einiges durcheinander. Ich denke mal wir sollten zunächst den Begriff "Schütteln" durch "Mischen" ersetzen. Das hört sich nahezu identisch an, ist aber nicht dasselbe. Wie Thomas (Thom) schon anmerkte, kann Schütteln zu Schaumbildung führen. Ursache dafür ist das Einarbeiten von Luft in die Tinte, was zunächst einmal nicht weiter schlimm ist, grundsätzlich aber das Kippen (=vergammeln) der Tinte fördert. Aus diesem Grund ist Schüttel , wenn es denn nicht notwendig ist, keine allzu gute Idee.

Wann ist Mischen notwendig und wann schädlich? Mischen ist immer dann notwendig, wenn zwei oder mehr Substanzen an jeder Stelle des Gemisches in einem enheitlichen Verhältnis vorliegen sollen, sich aber nicht so miteinander verbinden, dass dieser Zustand dauerhaft ist. In der Regel also nicht bei Lösungen oder Gasgemischen, sondern nur bei Feststoffgemischen, Emulsionen, Suspensionen, Rauchen oder Nebeln. Rauche, Nebel oder Feststoffgemische liegen bei Schreibtinten in flüssieger Form nicht vor, deshalb können wir sie außer Acht lassen. Bleiben also als Möglichkeiten für flüssige Tinten nur Lösungen, Suspensionen, oder Emulsionen.

Um es kurz zu machen: Eine als Emulsion vorliegende Tinte kenne ich nicht, auch wenn man bei der Sailor Sei Boku manchmal den Eindruck hat, das könne eine sein.

Bleiben also nur noch die Lösungen und Suspensionen sowie ihre Übergangsformen.

Alle durchsichtigen Tinten ohne Bodensatz sind Lösungstinten, man braucht sie also nicht zu schütteln. Schütteln ist hier eher kontraproduktiv, weil es die Verkeimung fördert.

Alle Feststoffe enthaltenden Tinten sind Suspensionstinten und müssen gelegentlich gemischt werden, weil die Feststoffe sonst sedimentieren (zu Boden sinken) oder aufrahmen (sich an der Oberfläche sammeln). Ja, letzteres gibt es auch, ist aber eher selten. Beispiele für Suspensionstinten sind Zeichentuschen, Glitzertinten, Pigmenttinten.

Nanopigmenttinten sind eine Übergangsform. Bei Ihnen liegen die Pigmentpartikel so fein zerkleinert vor, dass sie sich wie in Lösung verhalten. Die Partikel verändern zwar die Lichtbrechung der Flüssigkeit, sedimentieren aber nicht mehr und rahmen auch nicht auf. Schüteln ist hier in der Regel unnötig.

Eisengallustinten sind ebenfalls eine Übergangsform. Eigentlich sollen sich alle Bestandteile in Lösung befinden, nur ist dieser Zustand nicht von ewiger Dauer. Wenn etwas aus einer EG-Tinte ausfällt, so haben diese ausgefallenen Partikel die Tendenz, mit der Zeit immer größer zu werden. Sie wachsen regelrecht, was für Füller oder Tintenleiter nicht von Vorteil ist. Ein gleicher Effekt tritt ein, wenn eine Tinte so übersättigt ist, dass die Farbstoffe aus ihr ausfallen. Das ist dann insoweit ärgerlich, als man nicht sagen kann, wie groß denn nun die Partikel sind. Im Gegensatz zu einer Glitzertinte, die Partikel definierter Größe enthält, werden diese Partikel im Laufe der Zeit immer größer. Mischen ist hier streng verboten. Vorsichtig dekantieren wäre die Maßnahme der Wahl, wie bei einem guten Rotwein.

Und was ist nun mit den Sheentinten? Für mich sind das Lösungstinten. Ich habe noch keine unter das Mikroskop gelegt, aber bin mir doch recht sicher. Unter das Mikroskop legen ist auch gar nicht einfach, denn die Tinte soll ja beim Trocknen eine Art Lack bilden und in dünner Schicht auf dem Objektträger trocknet sie sicher schnell. Der Beschreibung oben nach, müsste die November Rain entweder eine Supspensionstinte oder eine Emulsionstinte (Flüssig in Flüssig / Öl in Wasser / Wasser in Öl) sein. Beider erscheint mir nicht plausibel, deshalb halte ich den dort gemachten Schüttelvorschlag des Verkäufers für genauso unplausibel. Thomas sieht es wohl genauso, nachdem er auf den Unterschied zwischen Hersteller oder Verkäufer hinwies.

P.S.: Wäre der Faden nicht besser bei den Tinten als bei den Schreibgeräten untergebracht?
Beste Grüße
Hermann
Thom

Re: Glastinte schütteln?

Beitrag von Thom »

HeKe2 hat geschrieben:
26.04.2021 21:28
Thomas sieht es wohl genauso, nachdem er auf den Unterschied zwischen Hersteller oder Verkäufer hinwies.
Auf die Problematik, wie sich diese Unmenge Farbstoff in einer Füllertinte dann auf dem Papier verhält, sind wir hier gar nicht eingegangen. Es ist ja kein Geheimnis, dass ich diese Sheenmonster einfach für verkonstruierte Tinten halte. Ich weiß nicht, ob Diamine die noch unter anderem Namen anbietet, sollten die tatsächlich nur "exklusiv für Deutschland und Österreich" sein, dann hält Diamine die vermutlich auch für verkonstruiert. :)

V.G.
Thomas
pokpok
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Re: Glastinte schütteln?

Beitrag von pokpok »

Chia hat geschrieben:
26.04.2021 20:35
pokpok hat geschrieben:
26.04.2021 20:23
Sollte in einem Tintenglas ein Teil der Inhaltsstoffe absinken, dann würde beim Füller füllen ja aus dieser unteren Zone abgesaugt. Und die obere Tintenzone mit jetzt schon weniger Inhaltsstoffen bliebe im Glas. Jedes Füllen verstärkt den Effekt, bis die sinkenden Tintenbestandteile komplett weg sind und nur mehr der dünne Rest im Glas bleibt. Vielleicht erklärt sich so die oft ungleiche "Farbkraft" einer Tinte bei verschiedenen Anwendern? Das ließe sich durch Vermischen vermeiden. Umrühren, Schütteln, Tintenglas nicht stehend (vielleicht seitlich liegend) aufbewahren ...
Kommt drauf an, wie man befüllt.
Ich befülle oft via Spritze und da tauche ich die Nadel nicht unbedingt bis ganz unten runter.
Aber auch bei Füllerdirektbetankung habe ich Zweifel, ob da hauptsächlich aus der alleruntersten Schicht Tinte aufgenommen wird - die Saugwirkung wird doch eher nicht ganz vorn an der Federspitze am größten sein...
Deswegen schreibte ich NICHT von der ALLERuntersten Schicht. Sondern von der unteren Zone.
Chia hat geschrieben:
26.04.2021 20:35
Seitlich liegend würde ich meine Tintengläser nicht aufbewahren. Wenn da ein Deckel doch mal nicht ganz dicht schließt, hat man sonst womöglich ungewollt eine eingefärbte Schublade.
Immer wieder werden Tintengläser liegend, sogar mit dem Verschluss nach unten geliefert. Auch beim Transport ist dem freundlichen Packelix die Lage völlig wurscht, der schmeißt das Paket im Auto herum, wie er grad lustig ist. Trotzdem hatte ich noch nie eine Kleckerei. Wennst das Tintenglas orndlich zuschraubst, passiert dir das genau so wenig wie mir. Habe das seitliche Lagern ausprobiert.
Liebe Grüße von
Matthias
Chia
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Re: Glastinte schütteln?

Beitrag von Chia »

Thom hat geschrieben:
26.04.2021 22:53
Auf die Problematik, wie sich diese Unmenge Farbstoff in einer Füllertinte dann auf dem Papier verhält, sind wir hier gar nicht eingegangen. Es ist ja kein Geheimnis, dass ich diese Sheenmonster einfach für verkonstruierte Tinten halte. Ich weiß nicht, ob Diamine die noch unter anderem Namen anbietet, sollten die tatsächlich nur "exklusiv für Deutschland und Österreich" sein, dann hält Diamine die vermutlich auch für verkonstruiert. :)

V.G.
Thomas
Egal ob man Sheen-Tinten für Unsinn hält oder nicht, ne Deutschland-spezifische Sache ist das sicher nicht.
Diamine hat auch für Andere exclusive Tinten mit starkem Sheen entwickelt, zB Manggis (für Pen Gallery) oder die Iridescink Reihe (für Cult Pens). Und unter ihren "eigenen" haben die mWn auch einige Sheener.

Und auch ganz generell hat diese Sheen-Mode soweit ich weiß NICHT im deutschsprachigen Raum angefangen.



pokpok hat geschrieben:
26.04.2021 23:34
Chia hat geschrieben:
26.04.2021 20:35
Seitlich liegend würde ich meine Tintengläser nicht aufbewahren. Wenn da ein Deckel doch mal nicht ganz dicht schließt, hat man sonst womöglich ungewollt eine eingefärbte Schublade.
Immer wieder werden Tintengläser liegend, sogar mit dem Verschluss nach unten geliefert. Auch beim Transport ist dem freundlichen Packelix die Lage völlig wurscht, der schmeißt das Paket im Auto herum, wie er grad lustig ist. Trotzdem hatte ich noch nie eine Kleckerei. Wennst das Tintenglas orndlich zuschraubst, passiert dir das genau so wenig wie mir. Habe das seitliche Lagern ausprobiert.
Manchmal kommt so etwas aber durchaus vor. Ich hatte schon Sendungen wo die Tinte auf dem Postweg geleckt hat.
Nicht alle Tintengläser schließen immer superzuverlässig dicht.

Und selbst wenn es ein "Benutzerfehler" (=nicht ordentlich zugeschraubt) ist, sowas kann schon mal vorkommen - warum sollte ich die möglichen Konsequenzen noch verschärfen indem ich die Flaschen seitlich lagere? Da scheint mir kurzes Schwenken/Kippen direkt vor der Verwendung sinnvoller, wenn man das für nötig erachtet.
Thom

Re: Glastinte schütteln?

Beitrag von Thom »

Chia hat geschrieben:
27.04.2021 0:39
Egal ob man Sheen-Tinten für Unsinn hält oder nicht, ne Deutschland-spezifische Sache ist das sicher nicht.
Ich halte die nicht für Unsinn, sondern für schlechte Tinten. Sowas wie "kein ESP, aber Schaltknauf in Wagenfarbe". :)

V.G.
Thomas
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Buntschreiber
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Re: Glastinte schütteln?

Beitrag von Buntschreiber »

Vielen Dank an Hermann für die detaillierte Beschreibung!

Bei den Diamine-Sheen-Tinten kann ich auch nach langer Standzeit keinerlei Trennung oder Ausbildung von verschiedenen Phasen erkennen. Daher wüsste ich nicht, was eine Durchmischung jedweder Art bewirken sollte. Was ich teilweise (aus irrationalen Gründen) gemacht habe und zukünftig unterlassen werde ist das Schütteln der Tintengläser - mit Ausnahme der Shimmer-Tinten welche schon nach wenigen Tagen Standzeit massiv geschüttelt werden müssen um die Glitzerpartikel wieder in die Tinte hineinzubringen. Vielleicht mal überlegen diese Durchmischung in Zukunft mit einem natürlich sauberen Glasstab o.ä. zu machen, das würde auch die Angst reduzieren "was passiert wenn jetzt der Deckel abgeht"...

Da ich am allerliebsten meine Füller per Spritze (seien es nun "echte" Spritzen oder die bequemen Federbefülldinger für die ich keinen richtigen Namen weiß) befülle, bringe ich kein Fett o.ä. vom Griffstück in die Tinte. Die Tinten lagern alle dunkel und alles was gerade nicht in der Rotation ist, ist im kalten Vorratsraum ausgelagert.
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Tenryu
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Re: Glastinte schütteln?

Beitrag von Tenryu »

Das Problem beim seitlichen oder kopfüber Lagern ist, daß bei Temperaturänderungen der Druck im Glas ansteigen kann. Ein Deckel, der bei Normaldruck dicht ist, kann bei Überdruck sehr wohl undicht werden. Bei aufrechter Lagerung würde nur die Luft aus dem Glas entweichen; so aber ggf. auch Flüssigkeit.
Thom

Re: Glastinte schütteln?

Beitrag von Thom »

Bei so einem Set liegen die Tinten auch erstmal auf der Seite, ich sehe da weder große Vor- noch Nachteile. Das sind jetzt allerdings pigmentierte Kalligraphietinten, die muss man schon schütteln (oder rühren), die sind aber nichts für Füller.

Bild

V.G.
Thomas
Grauleben
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Re: Glastinte schütteln?

Beitrag von Grauleben »

Vielen Dank nocheinmal an alle, war interessant zu lesen. Was ich mitgenommen habe ist dass ich mir bei meinen "einfachen" Tinten da wohl keine Sorgen machen brauche und Schütteln bei denen eher kontraproduktiv ist.
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