Zwei Gesichter, eine Tinte

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amarti
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Zwei Gesichter, eine Tinte

Beitrag von amarti »

Tach,
bei mir sind am Freitag drei Gläser Pelikan 4001 in 62,5ml angekommen, zwei in königsblau und eins in schwarz. Da ich die Tinte im Büro als sehr ausdrucksstark und mit wunderbaren Schattierungen kennengelernt habe, wollte ich mal zeigen, daß es keine langweilige Schultinte ist.

Also habe ich alles vorbereitet, schneeweisses glattes Rhodia Papier, Tauchfeder und zwei Schalen mit Wasser. (Auf saugfähigem Papier, z.B. billigem Fotokopierpapier, bekomme ich keine Schattierungen hin. Ich kann aber nicht sagen, welches Papier wir da verwenden. Ich kann nur sagen, daß es mit dem Gabelstapler auf einer Palette angeliefert wird.)

Dann mache ich die ersten Testschwünge mit der Tauchfeder und ich sehe nur ein langweiliges, wässeriges Einheitshellblau ohne Abstufungen!!! Zum Vergleich hole ich den 4001 Königsblau Bürofüller dazu. Ein billiger Jinhao X750, aber mit grosser Feder und entsprechendem reichlich dimensionierten Tintenleiter. Und da kommt ein ganz anderes Tintenbild heraus. Sie sieht so anders aus, dass ich extra noch einmal die Karteikarte für diesen Füller mit seiner aktuellen Füllung kontrolliere. Sehr selber:
IMG_0948.jpg
IMG_0948.jpg (177.64 KiB) 4435 mal betrachtet
Das die Buchstaben irgendwie anders aussehen, könnte ich mir ja noch irgendwie erklären. Aber spätestens bei dem Wischtest hätten doch die Farben identisch aussehen müssen.

Beide Jinhao Füller waren aus dem gleichen, kleinen Tintenfass betankt worden. Es ist maximal 6-12 Monate alt. Es kam schon in dem neuen, silbernen Umkarton. Hier mal ein Detailfoto:
IMG_0949.jpg
IMG_0949.jpg (140 KiB) 4435 mal betrachtet
(anklicken zum Vergrössern)

Die Füller waren schon jeweils auf einem separaten Blatt über mehrere Zeilen angeschrieben worden. Die Tauchfeder war Wasserfrei und wurde nur am Tintenglass abgestreift.

Kann man erkennen, dass die Pelikan 4001 Königsblau in einem Füller mit grosser Feder nicht "langweilig" sein muss? (Aber warum diese zwei Gesichter.)

Andreas
MCA
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Re: Zwei Gesichter, eine Tinte

Beitrag von MCA »

Wie lange hast du die Tinte schon in den Jinhaos?

Ich kann mir gut vorstellen dass sich in den Tintenleitern schon Ablagerungen gebildet haben durch Verdunstung.
Das muss nicht zwingend sichtbar sein als Sediment, aber kann sich ggf. doch bemerkbar machen wenn es mit nachfließender Tinte gelöst wird. So kann die Tinte aus dem Halter dunkler auftreten, da in diesem Fall eine höhere Konzentration von Farbstoff in der Tinte zu finden ist.

Die Tauchfeder hat diesen Effekt ja nicht, da keine Tinte vorgehalten wird.
Das würde sich auch beim Wischtest nicht ändern, denn auch hier wäre ja in deinem "Sample" aus dem Jinhao noch mehr Farbstoff.

Bin aber offen für andere Ideen, ist ja nur mein erster Gedanke ;)

Schönen sonnigen Sonntag 8)
Grüße,
Manuel
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amarti
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Re: Zwei Gesichter, eine Tinte

Beitrag von amarti »

MCA hat geschrieben:Das würde sich auch beim Wischtest nicht ändern,
Es wurde jeweils ca 1/2 Seite auf dem A5 Block beschrieben, um die erste, "eingedickte" Tinte los zu werden. Laut Karteikarte wurde der Jinhao 159 am 4. August 2015 und der X750 am 1. Juli 2015 nachgetankt. Bereits der Eintrag auf der Karteikarte mit der frischen Tinte aus dem Glas hat diese dunklere Farbe mit Schattierungen.

Was sich wohl etwas von dem Normalbetrieb unterscheidet, ist die Menge an Füllern, die benutzt werden wollen. Dadurch wird keiner der Jinhaos in ein paar Tagen leer.

Andreas
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Tenryu
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Re: Zwei Gesichter, eine Tinte

Beitrag von Tenryu »

Ich denke, es kommen hier möglicherweise zwei Effekte zum Tragen:
1.) Die Verdunstung der Tinte. Durch den Tintenleiter mit seiner großen Oberfläche kann sehr viel Tinte verdunsten (genauer gesagt das Wasser in derselben).
2.) Oxydation durch Luftsauerstoff, ebenfalls begünstigt durch die große Oberfläche des Tintenleiters.
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amarti
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Re: Zwei Gesichter, eine Tinte

Beitrag von amarti »

An diese zeitabhängigen Faktoren hatte ich auch schon gedacht. Dazu passt aber nicht der dunkele Farbton von den frisch betankten Füllern auf der Karteikarte.

(Ist denn bei euch die 4001 Königsblau NUR "langweilig" und meine beiden China Füller die grosse Ausnahme?)

Andreas
miel
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Re: Zwei Gesichter, eine Tinte

Beitrag von miel »

Hallo Andreas,

ich kenne ein ähnliches Phänomen von der 4001 Violett.
In meinem alten Schulkaweco, der ein ganz klein wenig flexen kann, gibt die Farbe schöne Schattierungen mit dunkleren Tönen während in den Lamys ein langweiliges eher Rose-farbenes Violett herauskommt.

Ich glaube, Tenryu liegt nicht so falsch ...

Liebe Grüsse,

Claudia
HeiJa
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Re: Zwei Gesichter, eine Tinte

Beitrag von HeiJa »

Ich kenne dieses Phänomen auch, von den 4001 köbl, pink und violett.

Zum einen erinnere ich mich an die Schulzeit, wo plötzlich aus meinem Füller eine total verwässerte Tinte raus kam (köbl), nach dem ich einen neue Patrone hinein gesteckt habe, dass der Lehrer gemeckert hat, er könne das so nicht vernünftig lesen und ich solle mehr aufpassen beim spülen. Das Problem war aber, dass ich meinen Schulfüller nie gespült habe, sondern einfach eine Patrone hinterhergeschoben habe.

Für meine Frau hatte ich mal einige Patronen in pink besorgt, doch das traurige Wässerchen was dabei raus kam, war einfach furchtbar. Im einfachen Pelikan Twist jedoch zeigte sich dann die leuchtende Farbe, die meine Frau sich gewünscht hat und was mit ihrem Nemosine Fission 0,8 nicht funktionierte.

Ich selber habe eine ganze Zeit lang die violette Tinte im Pelikan th.ink verwendet, sowie in einem Online Tintenroller. Es kam ein tiefdunkeles violett dabei raus und ich wurde oft danach gefragt, was das für eine tolle Tinte ist. Ich habe dann den jeweiligen Brieffreunden Patronen zum selber probieren geschickt, aus der Schachtel, wo meine auch draus waren und von allen bekam ich die Rückmeldung, dass bei ihnen `eine unmögliche Mädchenfarbe´ aus dem Füller kommt und das wäre nicht die schöne Farbe, die sie von mir kennen.

Erklären kann ich das alles nicht - da gibts hier Experten für...

Ich will nur damit sagen, dass ich amarti in dem Punkt nur zustimmen kann. Wenn man den passenden Füller erwischt hat, muss 4001 überhaupt nicht langweilig sein, sondern kann richtig Freude machen.
Wer Rechtschreibfehler gefunden hat, darf sich diese gerne ausdrucken und einrahmen.

Munter bleiben!
Heiko

Es gibt WICHTIGERES im Leben,
als beständig dessen Geschwindigkeit zu erhöhen.

Mahatma Gandhi
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amarti
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Re: Zwei Gesichter, eine Tinte

Beitrag von amarti »

HeiJa hat geschrieben:Wenn man den passenden Füller erwischt hat, muss 4001 überhaupt nicht langweilig sein, sondern kann richtig Freude machen.
Aha! Einer mehr.
Auf jeden Fall werde ich auf die beiden Jinhao aufpassen.

Andreas
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Tenryu
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Re: Zwei Gesichter, eine Tinte

Beitrag von Tenryu »

Bei der 4001 königsblau habe ich zudem den Eindruck, als verblasse sie auf dem Papier mit der Zeit. Wenn ich damit schreibe, denke ich immer "so schlecht sieht die doch gar nicht aus". Doch wenn ich ältere Texte hervorhole, finde ich sie auf einmal blaß und langweilig. Vielleicht spielt dabei auch das Papier eine Rolle (Säuregehalt u.ä.).
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amarti
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Re: Zwei Gesichter, eine Tinte

Beitrag von amarti »

Tenryu hat geschrieben:Wenn ich damit schreibe, denke ich immer "so schlecht sieht die doch gar nicht aus".
Ganz genau!!!! (Natürlich nur auf extra glattem, nicht aufsaugenden Papier.)
Vielleicht spielt dabei auch das Papier eine Rolle (Säuregehalt u.ä.).
Es ist das ganz normale Clairefontain A5 weisse Spiralbuch, liniert. Halt sehr glatt, nichts zieht rein, selbst mit 20 Sekunden Wartezeit kannst du noch einen Wischtest machen.

Wegen der o.a. Aussage habe ich mir noch einmal die Seite vom vergangenen Freitag ganz genau angeschaut. Natürlich ist sie jetzt ausgetrocknet, es ist aber kein nennenswerter Unterschied zum Foto.

Aaaaaaaber:
Ich glaube die 1.1 Feder hat wie ein Spachtel die Tinte vom glatten Papier weggewischt. Und die Kugelfeder an den Jinhao Füllern hat jeweils eine ordentlich nasse "Tintenwurst" hingelegt, die dann teilweise schwarzblau eingetrocknet ist. Siehe auch das noch verwischte "Jin" von "Jinhao 159", als ich die Striche verwischte.

Das würde dann auch zur Schulzeit mit dem langweiligen Blau passen, weil eine Patrone in der Schule möglichst lange halten sollte.

Andreas
Ex Libris
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Re: Zwei Gesichter, eine Tinte

Beitrag von Ex Libris »

Hallo,
HeiJa hat geschrieben:Wenn man den passenden Füller erwischt hat, muss 4001 überhaupt nicht langweilig sein, sondern kann richtig Freude machen.
In dem Punkt kann ich Heiko nur zustimmen (und damit ja auch indirekt Andreas): Ich habe/hatte alle 4001er Farben zu Hause und in dem jeweils 'richtigen' Füller eingesetzt, schreiben die alle ganz wunderbar. Ich finde auch, dass man über die Farbe nicht zu meckern braucht; wer gesättigtere Tinten will, kann ja gleich zu Diamine greifen.

Ich würde aber auch sagen, dass diese unterschiedlichen Tönungen von angetrockneter Tinte in den Tintenleitern herrühren; daher: Alles halb so wild.

Viele Grüße,
Florian
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MarkIV
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Re: Zwei Gesichter, eine Tinte

Beitrag von MarkIV »

amarti hat geschrieben:Das die Buchstaben irgendwie anders aussehen, könnte ich mir ja noch irgendwie erklären. Aber spätestens bei dem Wischtest hätten doch die Farben identisch aussehen müssen.
Das muss ich sagen überrascht aber. Ich verwende gern Q-Tip oder Balsahölzchen für die Farbprobe, da sie sehr gut kontrollierbar sind. Sie saugen gleichmäßig auf und geben gleichmäßig ab.
amarti hat geschrieben:Die Füller waren schon jeweils auf einem separaten Blatt über mehrere Zeilen angeschrieben worden. Die Tauchfeder war Wasserfrei und wurde nur am Tintenglass abgestreift.

Kann man erkennen, dass die Pelikan 4001 Königsblau in einem Füller mit grosser Feder nicht "langweilig" sein muss? (Aber warum diese zwei Gesichter.)

Andreas
Mal unabhängig vom 4001 blau, die unterschiedlichen Eindrücke kann ich sehr gut nachvollziehen und auch wie unterschiedlich daher vergleichende Urteile über Tinten sind. Liest man ja immer gern dass diese Tinte aussieht wie die und die und man selbst sich fragt, mmmh, wirklich, bei mir nicht. Aktuell habe ich mich das beim Vergleich Asa-Gao zu Sargasso Blue gefragt, die gleichen sich nicht wirklich.
Ich kann aber selbst ein Lied davon singen, ich habe im ersten Test die Diamine Prussian Blue Tine in einem Lamy Al-Star mit M-feder ausprobiert und war total enttäuscht, sie war dünn, blass, zu hell, kaum Shading und auch nicht das, was ich durch Berichte anderer erwartet habe.
In einem zweiten Versuch habe ich sie dann in einem Pilot Custom 74, auch mit M-Feder, geschrieben und war in einem ganz anderen Film. Im Vergleich der Schriftproben wäre ich nicht darauf gekommen dass es sich um die gleiche Tinte handelt.

Um so sicherer bin ich mir das jeder Füller eine Tinte braucht die dazu passt und umgekehrt.

Trotzdem ist das auf die 4001 Tinte bezogen sehr überraschend. Ich hatte bisher immer geglaubt, das die großen, universellen Tinten solche Allüren nicht haben.

Mark
Man muss die Steine, über die man schreibt, angefasst haben!
Hildegard Maria Rauchfuß


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Wenn ich offiziell schreibe, dann in Grün
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