Von Hochöfen, Tintenpatronen und Heißklebepistolen: Wie man wiederbefüllte Patronen verschließt

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DanielH
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Von Hochöfen, Tintenpatronen und Heißklebepistolen: Wie man wiederbefüllte Patronen verschließt

Beitrag von DanielH » 17.03.2016 20:47

Hallo in die Runde,


In einem anderen Thread hier im Forum hatte sich die Frage entsponnen, ob man eigentlich befüllte Tintenpatronen mit Heißkleber wieder verschließen kann, um die Lieblingstintenfarben in füllergerechter Menge mit auf Reisen nehmen zu können. Hier folgt das Versuchsprotokoll.

Im Schullabor

Die Idee dafür kommt nicht von mir, sondern von Herrn L., einem Chemielehrer an meiner alten Schule. Damals ging es um das Wiederbefüllen von Patronen für Tintenstrahldrucker. In einem Jugend forscht-Projekt hatte man seinerzeit herausgefunden, dass man diese überteuerten Dinger mit verdünnter schwarzer Pelikantinte nachfüllen und dann an einer bestimmten Stelle mit Heißkleber wieder verschließen kann. Dass Herr L. davon erzählte, ist bestimmt schon fast 20 Jahre her aber seit ich über das Wiederbefüllen leerer Tintenpatronen nachdenke, hatte ich diesen Gedanken im Hinterkopf.

Schulausflug ins Stahlwerk

Noch eine Anekdote aus der Schulzeit: Ich hatte als Schüler zweimal die Gelegenheit, das Bremer Stahlwerk zu besichtigen. Einmal durften wir dabei auch einem Hochofenabstich beiwohnen, bei dem glühendes, flüssiges Roheisen durch ein Loch aus dem Ofen entnommen wird. Nach dem Abstich wird das "Hochofenstichloch" mit "Hochofenstichlochstopfmasse" wieder verschlossen. Nach allem, was man mir damals erzählte, ist Hochofenstichlochstopfmasse eine Art Mischung aus Ton, Bitumen und Kohle. Um das Loch beim nächsten Abstich leichter wieder öffnen zu können drückt man in die noch heiße Hochofenstichlochstopfmasse (geniales Wort!) eine Eisenstange. Dadurch hat man beim Öffnen des Loches einen längeren Hebelarm.

Synthese

Wenn es um das Verschließen einer Tintenpatrone geht, hatte ich mir grundsätzlich vorgestellt, einen Pfropfen aus Heißkleber auf die Patrone zu setzen, den man vor dem Einsetzen in den Füller entfernt um dem Tintenleiter nicht zuzumuten, den erstarrten Kleber durchstechen zu müssen.
pfropfen.jpg
Der erste Heißkleberpfropfen
pfropfen.jpg (143.01 KiB) 4143 mal betrachtet
Ich rechnete zwar damit, dass man den Pfropfen einfach abknibbeln kann aber der erste Gedanke war tatsächlich, ein kleines Stäbchen dort hineinzudrücken, um ihn leichter entfernen zu können - eben wie den Pfropfen im Abstichloch des Hochofens. Dafür hatte ich an Stücke einer starken Büroklammer gedacht. Die haben sich aber als vollkommen unnötig herausgestellt. Das Abpulen eines Heißkleberpfropfens von der Patrone ist ohne Probleme möglich.
geoeffnet.jpg
Der geöffnete Pfropfen
geoeffnet.jpg (164.33 KiB) 4143 mal betrachtet
Härtetest

Es wurde hier im Forum gemutmaßt, dass der Pfropfen starke Temperaturschwankungen nicht überstehen würde. Er würde sich, so die Vermutung, lösen. Das habe ich überprüft und die verschlossene Patrone stark schwankenden Temperaturen ausgesetzt. Es schneit hier gerade wie aus Eimern, also habe ich etwas Schnee ins Haus geholt und die Patrone da rein gelegt. Alles bestens.
schnee.jpg
Verschlossene Patrone im Schneebad
schnee.jpg (155.4 KiB) 4143 mal betrachtet
Dann habe ich sie warm abgespült - so lange bis meine Finger das Wasser nicht mehr ertrugen. Von da aus flog sie direkt in ein Bad aus Eiswasser. Wieder keine Reaktion, der Kleber hält.

Fazit

Für das, was ich bezweckte scheint der Heißkleber eine gangbare Methode zu sein. Ganz ohne Nachteile ist es allerdings nicht. Der größte davon ist in meinen Augen der doch recht große Aufwand, denn die Pistole (zumindest meine) muss eine Weile aufwärmen. Außerdem erfordert das Verschließen offenbar etwas Fingerspitzengefühl, denn der Heißkleber zieht stark Fäden.
faeden.jpg
Heißkleberfäden (nach dem Abschneiden)
faeden.jpg (142.1 KiB) 4143 mal betrachtet
Und las but not least kann es beim Öffnen der Patronen zu Schäden am Stutzen kommen, wie hier durch ein Photo dokumentiert ist.
laediert.jpg
Leicht lädierter Patronenrand
laediert.jpg (138.13 KiB) 4143 mal betrachtet
Generell glaube ich fast, dass man das mit einer Patrone nicht allzu oft machen sollte. Ich habe es allerdings mit einer Patrone jetzt gleich mehrere Male ausprobiert. Nächste Woche werde ich für 14 Tage nach Deutschland reisen. Dann werde ich die so verschlossenen Patronen in der Praxis testen.

Andreas-54
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Re: Von Hochöfen, Tintenpatronen und Heißklebepistolen: Wie man wiederbefüllte Patronen verschließt

Beitrag von Andreas-54 » 25.03.2016 11:44

Sicher eine interessante Idee. Aber braucht man das wirklich, um selbst nachgefüllte Patronen mit dabei zu haben?
Ich habe selbst schon mehrfach gefüllte Patronen in der Umhängetasche oder im Rucksack mit dabei gehabt und da ist mir bisher noch nie was ausgelaufen. Die werden immer mit Spritze/Kanüle ganz gefüllt, wobei die kleine Kugel oben aufschwimmt (außerdem Oberflächenspannung der Flüssigkeit). Dann verpacke ich die Patronen in den kleinen Patronenschachteln oder auch mal zur Sicherheit in den kleinen Herbin-Metalldöschen oder in völlig dichten Plastik-Filmdöschen (zum Höhenausgleich ausgepolstert). Das war bisher immer dicht und gab keine Probleme beim normalen Transport (habe die Tasche halt nie rumgeworfen oder so).
Ging also bisher immer ohne irgendeinen Bastelaufwand. :wink:

Schönen Gruß
Andreas

DanielH
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Re: Von Hochöfen, Tintenpatronen und Heißklebepistolen: Wie man wiederbefüllte Patronen verschließt

Beitrag von DanielH » 25.03.2016 13:09

Ich hatte davon schon öfter gehört, dass es Leute gibt, die die Dinger nicht wiederverschließen und einfach so mitnehmen. Nur ist diese Verschlusstechnik dafür gedacht, die Patronen nicht nur "mit zur Arbeit" zu nehmen, sondern auf längere Reisen. Ich bin öfter mal für mehrere Wochen unterwegs und fliege dann auch. Und das stelle ich mir mit nicht verschlossenen Patronen im Gepäck wegen der Druckprobleme dann doch wie eine gewaltige Sauerei vor.

Mr.Eyedropper

Re: Von Hochöfen, Tintenpatronen und Heißklebepistolen: Wie man wiederbefüllte Patronen verschließt

Beitrag von Mr.Eyedropper » 25.03.2016 13:36

Solche Schäden am Stutzen der Patrone können eine heikle Sache sein. Mir ist mal die Dornaufnahme einer Lamypatrone beim Einstecken gerissen. Da die Lamypatrone aber mit dem Aufschrauben des Korpus auf das Griffstück auf den Dorn gedrückt wird, blieb das unbemerkt. Aber nur so lange, bis Tinte nach ein paar Tagen unten aus dem Korpus herauslief …

Andreas-54
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Re: Von Hochöfen, Tintenpatronen und Heißklebepistolen: Wie man wiederbefüllte Patronen verschließt

Beitrag von Andreas-54 » 28.03.2016 16:07

Mr.Eyedropper hat geschrieben:Solche Schäden am Stutzen der Patrone können eine heikle Sache sein. Mir ist mal die Dornaufnahme einer Lamypatrone beim Einstecken gerissen. Da die Lamypatrone aber mit dem Aufschrauben des Korpus auf das Griffstück auf den Dorn gedrückt wird, blieb das unbemerkt. Aber nur so lange, bis Tinte nach ein paar Tagen unten aus dem Korpus herauslief …
Das glaube ich, dass das eine Sauerei geben kann.
Deshalb verwende ich selbst befüllte Patronen auch nur zwei, drei mal und nehme dann lieber eine neue, vorher mit der Spritze geleerte Patrone. Das Plastik der Patronen ist doch relativ weich und anfällig und kleine Schäden können dann unschöne Probleme bereiten. Muss ja nicht sein.
Für größere Reisen würde ich auch nicht vorher befüllte Patronen mitnehmen, sondern kleine, dicht verschraubte Plastikfläschchen mit Tinte mitnehmen und unterwegs die Patrone mit Spritze/Kanüle nachfüllen. Das ist mit ein wenig Übung eine schnelle und saubere Sache. Oder eben gleich einen Eyedropper. :wink:

Schönen Gruß
Andreas

Mr.Eyedropper

Re: Von Hochöfen, Tintenpatronen und Heißklebepistolen: Wie man wiederbefüllte Patronen verschließt

Beitrag von Mr.Eyedropper » 28.03.2016 16:15

Das ist halt der Punkt. Ich würde mir das mit den befüllten und zugeklebten Patronen gar nicht erst geben, sondern einen oder zwei befüllte Füller mit entsprechender Kapazität mitnehmen, eine Langpatrone einstecken oder das Visconti benutzen. Durch das Aufstecken und Abziehen vom Dorn leiert die Patrone ja aus. Bei Eyedroppern im Flieger aufpassen, dass die mit der Feder nach oben in der Tasche stehen, sonst könnte es vielleicht auch eine Sauerei geben.

PS: Ich bin ja auch ein Bastler und ich verstehe auch den Spaß daran, etwas deswegen zu machen, weil es geht, aber in der Praxis ist halt nicht jede Lösung toll.

DanielH
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Re: Von Hochöfen, Tintenpatronen und Heißklebepistolen: Wie man wiederbefüllte Patronen verschließt

Beitrag von DanielH » 09.04.2016 19:34

Vor ein paar Tagen wurde die Patrone nach mehreren Wochen im Füllermäppchen geöffnet und bis jetzt funktioniert sie trotz leicht lädiertem Stutzen tadellos. Dicht war sie bis zum Öffnen auch.

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Re: Von Hochöfen, Tintenpatronen und Heißklebepistolen: Wie man wiederbefüllte Patronen verschließt

Beitrag von NicolausPiscator » 11.01.2018 23:02

Weil die Frage desletzt hier wieder aufkam, heute habe ich wieder Tintenpatronen befüllt und mit der Heißklebepistole versiegelt (ich nutze einen labbeligg-gummiartigen Kunststoff von Obi, der sich bei dieser Nutzung bewährt hat, weil er relativ kühl aufgetragen werden kann und auch im kühlen Zustand flexibel ist, nicht reißt, bröselt usw.). Es hat wieder wunderbar geklappt.

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Re: Von Hochöfen, Tintenpatronen und Heißklebepistolen: Wie man wiederbefüllte Patronen verschließt

Beitrag von HeKe2 » 13.04.2018 16:41

Ist nicht eine 10ml Flasche aus der Apotheke befüllt mit der Tinte in Verbindung mit einem herausnehmbaren Konverter im Füller viel praktischer?
Es gäbe natürlich auch 5ml Fläschen, nur sind die kaum kleiner, aber teurer, weil selten.

Hermann
Beste Grüße
Hermann

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Re: Von Hochöfen, Tintenpatronen und Heißklebepistolen: Wie man wiederbefüllte Patronen verschließt

Beitrag von sanphoemo » 13.04.2018 17:33

Schaut mal bei Liquidfläschchen für Dampfer.
https://www.vapango.de/nadelflasche
Das wäre das einfachste Modell. Sonst mal U Can googeln. So etwas gibt es auch in Metall.

Gibts in dem Shop auch :) So, oder so ähnlich sehen die dann aus. Verschiedene Ausführungen und Farben sind möglich
https://www.vapango.de/innokin-u-can-v2-edelstahl

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