Beschreibung von Tintenfarben - Eau de Nil

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MarkIV
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Beschreibung von Tintenfarben - Eau de Nil

Beitrag von MarkIV »

Moin,

ich denke über diesen Thread schon eine Weile nach, nicht nur in Bezug auf ganz speziell "Eau de Nil", sondern insgesamt über das Thema, wie beschriebe ich Tintenfarben. Ich lese hier gern bei vielen blaugrünen oder grünblauen oder türkisen Tinten, das ist ja ein dunkles Eau de Nil oder das ja genau wie Eau den Nil, mmhhh......
Ich bin jetzt aber auf das Thema aus einer ganz anderen Richtung gekommen. Ich habe im Moment, mal wieder (immer wieder gern), mit der Monumenta Germaniae Historica in München zu tun, der Bewahrerin deutschen Schriftgutes vergangener Zeiten. Ich habe dort nicht unbedingt etwas mit der Kulturhistorie sondern eher mit dem Aufbereiten des Archives zu tun, habe aber durch meine Hobbies auch eine starke persönliche Motivation und über diese auch sehr nette Kontakte. Und, über diese Kontakte hatte ich eine sehr interessante Unterhaltung (mit ein oder zwei Weizen) über die Herkunft von "preußisch blau". Ich habe gelernt, dass man nicht alles irgendwie als "preußisch blau" bezeichnen darf, sondern, dass die Bezeichnung auf einen spezifischen Farbton definiert ist und dem Farbton entspricht, der typisch bei Cyanotypien entsteht (auch preußisch blau Druck genannt). Da schoß mir dann (in mein leicht benebeltes Hirn) der Kommentar einer Freundin ein, dass auch "Eau de Nil" ein definierter Farbton wäre und eben auch nicht alles irgendwie als "Eau de Nil" bezeichnet werden dürfte. Dabei konnte mir mein Bekannter aber nicht helfen, außer der groben Auskunft, dass die Etymologie aus dem Französischen kommt, aber wirkliche Bedeutung erst im England des späten 19. Jahrhundert erlangt hat. Er versprach mir aber, dass er einen Kontakt in Oxford (Oxford University) ansprechen würde, der das sicher genauer wüsste.
Was soll ich sagen, dieser Kontakt, ein Professor, hat mich am Montag Abend angerufen (was ich erst für einen Scherz hielt, schließlich war Rosenmontag). Ich habe immer gedacht, Oxford Professoren müssen alt sein, aber wahrscheinlich kenne ich zu wenige, dieser hier ist so alt wie ich :D. Wir haben uns dann sehr angeregt über diverse Themen rund um das späte 19. Jahrhundert in England unterhalten und eben auch über die Herkunft und Definition von "Eau de Nil". Die getroffene Aussage, dass die Farbe im späten 19. Jahrhundert in England Bedeutung erlangt hat, ist korrekt. Sie beschrieb, beschreibt, die Farbe von Nilwasser, was ja nahe liegend erscheint. Nur die Farbe war zu der Zeit nicht nur im Königshaus, sondern auch in der englischen Oberschicht zu Dekorationszwecken sehr beliebt und wurde durch die imperiale Verwaltung definiert und geschützt. Mein Freundin hatte also Recht, der Farbton ist genau definiert. Er war es nicht nur damals, er ist es auch noch heute.

Sie ist im British Standard Colour Chart BS 381C mit der Ordnungsnummer 216 (BS 381C 216) und BS 2660 (die ältere Variante) mit der Ordnungsnummer 6071 (BS 2660-6071) mit der Beschreibung: "pale yellowish green" definiert.

Hier sieht man das Chart: http://www.britishstandardcolour.com/

Was mich überrascht hat, der definierte Farbton hat gar nichts mit dem zu tun, was hier jeder irgendwie als helles oder dunkles "Eau den Nil" bezeichnet. Ich bin sogar sicher der Meinung, dass eine Tinte die per Definition "Eau de Nail" entspricht, nicht funktionieren wird, weil sie viel zu hell ist.
Eau de Nil ist sicher nicht irgend ein grünlich blauer oder bläulich grüner Farbton, sondern ein blass gelblich grüner Ton. Ich bin auch sehr sicher, dass so gut wie jeder der schon einmal in englischen Cottages war, den Farbton sofort wieder erkennt, denn offensichtlich war der Ton in dieser Zeit zum Dekorieren wirklich sehr beliebt.

Ich werde diesen Sommer wohl einige Zeit in England zubringen, da wir zwei sehr große Projekte dort umsetzen werden. Ich habe da schon jetzt ein Treffen bei englischem Ale in Oxford vereinbart. Diese Konversation ist noch nicht zu Ende......

:wink:

Damit bin ich aber wieder am Anfang, wie beschreiben wir Farben, ich versuche schon eine ganze Weile zu vermeiden mich auf spezifizierte Farbtöne zu beziehen, lieber vergleichend zu anderen Tinten und damit Farben. Der Vergleich, "diese ist ein Eau de Nil" trifft in meinen Augen auf keinen einzigen Fall zu, in dem der Vergleich in den letzten sechs Monaten gezogen wurde. Keine blaugrüne/grünblaue Tinte kann wie Eau den Nil sein, weil diese schlicht gelbgrün sein müsste.

Warum schreibe ich das? Schlicht, mich interessiert eure Meinung dazu. Viele Beschreibungen tendieren immer in eine esoterische Richtung, wie die Tinte beschreibt einen Gemütszustand oder die ist wie Eau de Nil, nicht mal das was Diamine verkauft entspricht dem Farbton und schon gar nicht ist die Emeraude de Chivor irgendwie dicht am definierten Eau de Nil Farbton, auch nicht in dunkel. Ich versuche mit meinen Tintenbögen anderen einen Eindruck zu vermitteln und dies auf eine Art, die eine Abstraktion und einen wirklichen Vergleich zulässt. Mir persönlich scheint Esotherik da nicht wirklich zielführend. Ein Gemütszustand ist halt nicht wirklich hilfreich, beim Einschätzen eines Farbtones.

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JulieParadise
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Re: Beschreibung von Tintenfarben - Eau de Nil

Beitrag von JulieParadise »

Das ist auch bei anderen Farben häufig ein Problem, die eigentlich (historisch) enger definiert sind und nun eine teilweise sehr freie bis gänzlich irreführende Umsetzung erfahren, etwa Sepia oder Indigo.

Man muss sich also darüber verständigen, ob man in der Beschreibung "Eau de Nil von Diamine" meint oder eben den klassischen Farbton.

Und dann kommt am Ende immer noch einer und sagt: "Also für mich ist XY aber abc." (Ich hatte diese Diskussion auch schon mit "Machwerk" und "Neger", da wurde es dann noch wesentlich ungemütlicher als bei "Zen".)

Bei meinen letzten Kundenreviews in einem Shop habe ich daher versucht, verbal eine grobe Richtung anzugeben, also "eher zum Grünen hin neigend (als Tinte[n] XY)", "eher warm", "klar/leuchtend/abgetönt", aber exakte Farbbeschreibungen kann es einfach nicht geben, da schon die Wahrnehmung nicht exakt ist. Allein meine eigenen beiden Augen nehmen Farben in unterschiedlicher Intensität und Wärme wahr, dazu kommen das Fließverhalten im jeweiligen Füller, das Papier, der Schreibdruck usw. usf. bei unserer Verwendung von Tinte, noch bevor wir überhaupt bei den technischen Aspekten wie dem Fotografieren mit/ohne Weißabgleich, Ausleuchtung, kalibrierten Monitoren usw. sind. Und selbst dann ... nimmt ja jeder diese Farben am Monitor auch wieder unterschiedlich wahr.

Für Tinten haben sich daher auch die direkten Vergleiche als sehr nützlich erwiesen, dafür braucht man aber auch wieder eine repräsentative Auswahl. Habe ich eine der gezeigten Tinten, kann ich von da aus Rückschlüsse auf die anderen ziehen, quasi eine "optische Dreisatzrechnung".

Solange wir uns nicht in einem standardisierten Umfeld mit Kennziffern bewegen (können), wie es etwa im Druckprozess nötig ist oder innerhalb eines Sortiments etwa bei Künstlermaterialien (Faber-Castell, Copics, etc.), müssen wohl "weichere" Ausdrücke für Eindrücke genügend: "Wässrig", "satt/gesättigt", "hell-/mittel-/dunkel-", "blaß-", "warm/kalt".

Und das schaffst Du bei Deinen wunderbaren Tintenbeschreibungen ja auch immer, dass man einen sehr exakten Eindruck erhält, Mark, der sich zumindest bei mir bei den Tinten, die ich aufgrund u.a. dieser Anregung gekauft habe, noch jedes Mal bestätigt hat.
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Mr. Green
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Re: Beschreibung von Tintenfarben - Eau de Nil

Beitrag von Mr. Green »

Sehr interessante und aufschlussreiche Ausführungen, Mark! Zunächst mal Danke für Deine sicherlich mühevolle Recherche.
Die Begrifflichkeit "Eau de Nil" in Bezug auf Grünblaue Tinten hat mich ehrlich gesagt auch von Anfang an irritiert. Vor allem das Blau wollte mir dabei nie so recht in den Sinn bekommen.
Bei mir ist der Begriff, bzw. die Bezeichnung "Eau de Nil" mit einem Parfüm des franz. Herstellers Hermès verknüpft. Wieso kann ich gar nicht so genau sagen. Es riecht aber klasse! :wink:
Es heißt "Un Jardin sur le Nil", also ein Garten auf dem Nil.
Der Flakon hat einen leichten, beschwingten, transparent-frischen Grünton. Auf der Kartonage sind Seerosen abgebildet deren Blätter in eben Deinem beschriebenen gelblichen, hellen Grünton gehalten sind. Daher war meine Assoziation eben auch immer ein sehr helles, frisches grüngelb. Der von Dir angeführte Farbchart zeigt zwar ein eher schmutziges Grüngelb, aber das muss ja nicht unbedingt auf eine Parfümverpackung :wink:

Und ich glaube, dass auch genau da Knackpunkt bei der Beschreiung von Farben liegt. Nämlich dass das Empfinden von Farben sehr individuell ist und genau wie Geschmack und Geruch etwas mit ganz eigenen Erfahrungen und Erlebnissen zu tun hat und das vom Gehirn eben entsprechend verknüpft wird.

In diesem Fall ist es bei mir eben der sehr angenehme Duft eines Parfüms und die Farbe auf der Verpackung, bei jemand anderem vllt. die Erinnerung an eine Urlaub in Ägypten und dazu kommen dann noch die Eindrücke von Gerüchen, dem Licht und vielen anderen Dingen. Ich könnte mir vorstellen, dass jemand, der mal im Sommer bei 40°C und untergehender Sonne am Nil war ein ganz anderes Farbbild vor Augen hat, als ich.
Mir schwebt eine kühle Frische vor, dem anderen eher ein schwüles Orange.
Das reine Empfinden ist ja schon bei jedem anders.
Ich finde es von daher immer sehr schwierig eine Farbe zu beschreiben.

Gibt es eine klare Definition wird es wieder einfacher. Nur muss die dann auch jeder kennen.

Ich versuche bei einer Beschreibung immer so neutral wie möglich vor zu gehen.
Zunächst die Farbe in ihr eigentliches Farbspektrum einzuordnen. Hier ganz klar Grün oder eben Blau zu sagen. Anschließend Untertöne zu beschreiben. Ein Grün mit blauen Nuancen oder ein Blau mit grünen Untertönen, usw.
Sich also eher nüchtern einer Farbbeschreibung nähern. Zumindest, wenn man diese für jemand anderen macht.
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Rokebyrose
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Re: Beschreibung von Tintenfarben - Eau de Nil

Beitrag von Rokebyrose »

Aber ist denn überhaupt gesichert, dass man sich auf eine einheitliche Nomenklatur einigen kann? Ich hätte gedacht, dass zwei Menschen, die dieselbe Farbe anschauen, subjektiv mehr oder weniger geringfügig unterschiedliche Farben wahrnehmen. Da braucht man dann schon zusätzlich noch Neuro- und Kognitionswissenschaftler, um die subjektive Erfahrung ins Objektivierbare zu "übersetzen".

Meine Haushaltswissenschaft hat ergeben, dass meine Mutter zu einem für mich grüntürkisen Sofa immer das "blaue Sofa" sagt. Die nimmt Farben schlicht anders wahr als ich.

Zu dem Parfum Eau de Nil sagt sie übrigens "Gurkenwasser", aber das nur am Rande. :mrgreen:
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MarkIV
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Re: Beschreibung von Tintenfarben - Eau de Nil

Beitrag von MarkIV »

Rokebyrose hat geschrieben:Aber ist denn überhaupt gesichert, dass man sich auf eine einheitliche Nomenklatur einigen kann?
Ja und nein, grundsätzlich ist eine unscharfe Bezeichnung wahrscheinlich sehr sinnvoll, "blauviolett" oder " dunkler als Tinte X" oder "trockner/besser fließender als Tinte Y", das geht immer, benutze ich auch sehr gern. Gefährlich wird es wenn man Definitionen missbraucht. Bestimmte Farbbezeichnungen und damit Farbtöne unterliegen nicht der Interpretation, da sie als solches definiert sind. Meine Beispiele sind halt "preußisch blau" und "Eau de Nil", beides sind definierte Farbtöne. Wo ich es als sehr problematisch empfinde wen diese Definitionen durch eigene Interpretationen komplett ad absurdum geführt werden. Natürlich kann man die Begriffe verwenden (sollte man auch) wenn man sich wirklich dicht an der Definition bewegt. De facto kann Eau den Nil nicht blaugrün (oder grünblau) sein, da die Farbe gelbgrün definiert ist. Damit hat Diamine, mit der Bezeichnung der Tinte schon direkt für ein Dilemma gesorgt. Was passiert ist, kommt die Aussage "die sieht aber aus wie Eau de Nil" und der Bezug zielt auf eine Interpretation, nicht auf die Definition, tappt man gern genauso im Dunkeln wie vorher....

....das ist mein Dilemma

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rorro
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Re: Beschreibung von Tintenfarben - Eau de Nil

Beitrag von rorro »

MarkIV hat geschrieben:Bestimmte Farbbezeichnungen und damit Farbtöne unterliegen nicht der Interpretation, da sie als solches definiert sind. Meine Beispiele sind halt "preußisch blau" und "Eau de Nil", beides sind definierte Farbtöne.
"Moss Green" findet sich auf Deinem Link auch und hat wenig mit dem Farbton von GvFC zu tun. Die Frage ist jedoch, ob irgendwelche Rechte mit diesen Standardbezeichnungen verbunden sind und ob sich daher Firmen - oder wir - daran halten sollen. Beim "Yves Klein Blau" ist das ja so, aber bei Moss Green vermutlich nicht ...
Viele Grüße, Ralf
Südwind
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Re: Beschreibung von Tintenfarben - Eau de Nil

Beitrag von Südwind »

Eine kleine Anmerkung zum Preußisch Blau: Das sogenannte Berliner Blau ist ein Pigment: Fe4[Fe(CN)6]3. D.h. hier ist der Farbton durch die Farbe des Pigments definiert (genauso: Ultramarin, Ägyptisch Blau, Grünspan, Cadmiumgelb, Ocker usw).
Grüße
Robert
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Rokebyrose
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Re: Beschreibung von Tintenfarben - Eau de Nil

Beitrag von Rokebyrose »

MarkIV hat geschrieben:
Rokebyrose hat geschrieben:Aber ist denn überhaupt gesichert, dass man sich auf eine einheitliche Nomenklatur einigen kann?
Ja und nein, grundsätzlich ist eine unscharfe Bezeichnung wahrscheinlich sehr sinnvoll, "blauviolett" oder " dunkler als Tinte X" oder "trockner/besser fließender als Tinte Y", das geht immer, benutze ich auch sehr gern. Gefährlich wird es wenn man Definitionen missbraucht. Bestimmte Farbbezeichnungen und damit Farbtöne unterliegen nicht der Interpretation, da sie als solches definiert sind. Meine Beispiele sind halt "preußisch blau" und "Eau de Nil", beides sind definierte Farbtöne. Wo ich es als sehr problematisch empfinde wen diese Definitionen durch eigene Interpretationen komplett ad absurdum geführt werden. Natürlich kann man die Begriffe verwenden (sollte man auch) wenn man sich wirklich dicht an der Definition bewegt. De facto kann Eau den Nil nicht blaugrün (oder grünblau) sein, da die Farbe gelbgrün definiert ist. Damit hat Diamine, mit der Bezeichnung der Tinte schon direkt für ein Dilemma gesorgt. Was passiert ist, kommt die Aussage "die sieht aber aus wie Eau de Nil" und der Bezug zielt auf eine Interpretation, nicht auf die Definition, tappt man gern genauso im Dunkeln wie vorher....

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Ja, verstehe. Das Problem ließe sich im Forum ja nur angehen, indem man sich auf eine Art allgemeingültige "Benchmark" (z.B. die von Dir zitierte englische Farbpalette) einigen würde und alle Farben in Relation dazu (heller als, dunkler als, blaustichiger als...) beschriebe.

Ich könnte damit gut leben, aber bei Tinten ist eben immer noch ein gewisser "je ne sais quoi"-Faktor im Spiel. zB. die Leuchtkraft, die Intensität, Sheen, Shine, Shade. Das wieder ist das eigentlich Charaktergebende an Tinte und spiegelt sich in der Palette gar nicht wieder (ginge ja auch gar nicht).

Mal ganz abgesehen davon, dass sich die Farbe der Tinte dann auch noch durch das Papier und die Feder verändert.

Ich glaube daher, dass sich das Grundproblem (Unmöglichkeit der Farbbeschreibung) nie zur Zufriedenheit wird lösen lassen.
Aber es lohnt allemal, darüber noch ein bisschen nachzugrübeln.

Edit: der letzte Satz war absolut nicht ironisch, sondern ernst gemeint. Ich finde das echt ein hochinteressantes Dilemma, vielen Dank für die Denkanregung!
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JulieParadise
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Re: Beschreibung von Tintenfarben - Eau de Nil

Beitrag von JulieParadise »

Südwind hat geschrieben:Eine kleine Anmerkung zum Preußisch Blau: Das sogenannte Berliner Blau ist ein Pigment: Fe4[Fe(CN)6]3. D.h. hier ist der Farbton durch die Farbe des Pigments definiert (genauso: Ultramarin, Ägyptisch Blau, Grünspan, Cadmiumgelb, Ocker usw).
Ocker ist nun aber wieder ein Beispiel, bei dem wahnsinnig viele Ausprägungen gibt, :wink: bei vielen anderen Pigmenten ebenso. Ocker etwa ist ein Naturprodukt, das je nach Abbau-Ort unterschiedlich ausfallen kann. Das "Pigment" als solches bleibt sich eben auch nicht immer gleich, etwa bei PBr6/7/42/43, PB15(:3/6) oder PV19. Inwiefern da technisch auch der weitere Verarbeitungsprozess eine Rolle spielt, weiß ich im Einzelnen natürlich nicht so genau, aber da ich hochwertige Aquarellfarben verwende und dort immer auf die enthaltenen Pigmente, nicht auf die Namen schaue, erhält man im Vergleich zwischen unterschiedlichen Farben verschiedener Hersteller auch nur Näherungswerte an Farben/Farbtöne.

Zum Vergleich: Winsor & Newton Artist vs. Schmincke Horadam Farbkarte Aquarellfarben, Caran d'Ache bietet für die "Luxus"-Farbstifte der Luminance-Serie auch Informationen zu den verwendeten Pigmenten an: http://www.carandache.com/wp-content/up ... e_WEB_.pdf

Edit: W&N Link geändert
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Re: Beschreibung von Tintenfarben - Eau de Nil

Beitrag von Eliza Winterborn »

Wer sich ein bisschen mit Pigmentfarben (von Aquarellfarben bis Zeichentuschen) beschäftigt, stellt schnell fest, dass viele Farbnamen bei den seriösen Herstellern oft gleichlautend sind – und das seit mindestens 100 Jahren, daher auch mit teils altmodischen Schreibformen. :)

Tinten hingegen sehe ich ein bisschen wie Parfums … da kauft man schöne Farbmischungen mit interessanten Eigenschaften.
Viele Grüße
Eliza
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Re: Beschreibung von Tintenfarben - Eau de Nil

Beitrag von Südwind »

JulieParadise hat geschrieben: Ocker ist nun aber wieder ein Beispiel, bei dem wahnsinnig viele Ausprägungen gibt, :wink: bei vielen anderen Pigmenten ebenso. Ocker etwa ist ein Naturprodukt, das je nach Abbau-Ort unterschiedlich ausfallen kann.
Ja, das stimmt schon. Bei synthetischen Pigmenten (wie eben Berliner Blau) ist die Zusammensetzung definiert. Was den Farbton ändert, sind z.B. Bindemittel in der Farbe. Mir geht es eher um den Punkt, dass die Preußisch-Blau-Tinten gar keine Pigmenttinten mit Berliner Blau sind, sondern Farbstoffgemische, die die Farbwirkung von Berliner Blau imitieren.
Grüße
Robert
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Re: Beschreibung von Tintenfarben - Eau de Nil

Beitrag von JulieParadise »

Weil es gerade in meinem Feedreader auftauchte: http://www.kraftfuttermischwerk.de/blog ... nicht-rot/ -- Stichwort Farbkonstanz. Ist sicherlich bei unseren Tinten, anders als bei Erdbeeren, kaum ein Einfluss, zeigt aber doch, wie stark auch die Erwartungshaltung oder Gewohnheit beim Sehen von Farben eine Rolle spielt.
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drwhox
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Re: Beschreibung von Tintenfarben - Eau de Nil

Beitrag von drwhox »

Moin!

Ach nö, mach doch keine (T´schuligung) Blogmüll-Links....
Beiträge / Info´s aus - "Eigener Tastatur" und Erfahrung - fände ich deutlich schöner...

Muß ja nicht immer die Schrott - :D äh, Schrotflinte sein...

Liebe Grüße,
Manuel
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NicolausPiscator
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Re: Beschreibung von Tintenfarben - Eau de Nil

Beitrag von NicolausPiscator »

MarkIV hat geschrieben:"Eau de Nil"
Danke, für das Aufnehmen des Themas! Ich hätte gedacht, dass Angi den Aufschlag machen würde... Und der Farbton enttäuscht mich wirklich! So habe ich den Nil nicht in Erinnerung! ... also kann ich mich zur Emotionsfraktion beim "Eau de Nil" rechnen...
thobie
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Re: Beschreibung von Tintenfarben - Eau de Nil

Beitrag von thobie »

Es gibt für Farben eine RAL-Klassifikation. Problem dabei ist, dass Monitore teilweise nicht alle Farbtöne darstellen können. Und zudem stellen Monitore, die nicht kalibriert sind, Farben recht individuell dar. Man kann rein theoretisch jede Farbe im LAB-Farbraum darstellen. Nur fehlt mir im Moment die Idee, wie das ohne enormen Aufwand funktionieren soll.
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