Wie kommt es eigentlich zu Sheen?

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VolkerB
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Wie kommt es eigentlich zu Sheen?

Beitrag von VolkerB »

Hallo zusammen,


heute abend habe ich mit meiner Frau über Tinte geredet und wir fragen uns, wie es eigentlich bei Tinte zu "Sheen" kommt, also zum Changieren der Farbe je nach Lichteinfall.

Einerseits tritt es bei manchen Tinten stark auf, bei manchen weniger (oder gar nicht), und je größer die Tintenmenge, desto stärker der Effekt. Andererseits spielt das Papier eine Rolle - "Shocking Blue" changiert auf Oxford-Papier auch bei feiner Feder, auf Kopierepapier blutet ein Tropfen durch 3 Blätter durch ohne Hauch von Sheen.

Weiß jemand, wie es dazu kommt? Trennen sich Farbstoffe wie in einer Chromatographie, kristallisiert die Tinte aus und reflektiert Licht dadurch anders? Irgend etwas anderes?

Viele neugierige Grüße,
Volker
Huly
Beiträge: 139
Registriert: 20.01.2018 23:27

Re: Wie kommt es eigentlich zu Sheen?

Beitrag von Huly »

http://fountainpenlove.com/fountain-pen ... n-pen-ink/

Generell zeigt sich dieser Sheen, wenn eine Tinte langsam trocknet. Eine Diskussion, bei der das genauer „untersucht“ wurde (ich glaube sogar auf PE, finde es aber gerade nicht) wurde der Schluss gezogen, dass es tatsächlich Kristallbildung sei.


Aus eigener Erfahrung kann ich nur berichten, dass Lamy-Grün im Safari mit breiter EF auf Clairefontaine schon anfängt mit dem Sheen.


Die großen Spezialtinten müssen’s also nicht sein, damit das losgeht. Eher das Papier macht die Musik.
Huly
Beiträge: 139
Registriert: 20.01.2018 23:27

Re: Wie kommt es eigentlich zu Sheen?

Beitrag von Huly »

Natürlich war es klar, dass ich den Thread sofort finde, sobald ich meine Antwort abgeschickt habe. :x


viewtopic.php?f=8&t=15700&hilit=Sheen
julia15
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Re: Wie kommt es eigentlich zu Sheen?

Beitrag von julia15 »

Interessantes Thema. Hatte das in der Schulzeit öfter wenn der Füller längere Zeit nicht verwendet wurde.
Dachte immer das hängt eventuell mit dem eintrocknen der Tint zusammen bzw. dem verdunsten von Flüssigkeit. Hat sich meist auch irgendwie so angefühlt als wär die Tinte dickflüssiger. Wenn man länger geschrieben hatte gings auch wieder weg.
(Hatte wie soviele andere Pelikan Patronen)

Bei der Diamine Bilberry ist mir auch so ein Sheen aufgefallen. Allerdings schon seit ich sie gestern reingegeben hab. Deshalb dürfte meine frühere Theorie mit dem Antrocknen wohl hinfällig sein.
Matthias MUC
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Re: Wie kommt es eigentlich zu Sheen?

Beitrag von Matthias MUC »

Der erste Schluck Tinte bei einem länger nicht genutzten Füller ist sicher wegen Verdunstung "dicker" und konzentrierter, als was nachher aus Patrone/Tank nachkommt, trocknet damit anders als die "normalflüssige" Tinte, incl. allen Effekten, die vom Trocknungsverhaltens abhängen (incl. der durchaus plausiblen Kristallerklärung für "Sheen"). Da muß ich mal selbst bewußt drauf achten, mit meinem Zoo geerbter Uraltfüller, die eigentlich alle getankt und genutzt werden, kommt es schon öfter vor, daß einer mal kurz vorm Eintrocknen ist und den ersten "Meter" tiefstblau-dickflüssig schreibt. Hab hier halt nur königsblau und brillatschwarz, keine anderen Sorten, wo das vielleicht mehr auffällt.

lG Matthias
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Tenryu
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Re: Wie kommt es eigentlich zu Sheen?

Beitrag von Tenryu »

Ich vermute, daß sich beim Trocknen unterschiedliche, halbtransparente Schichten bilden, die das Licht brechen. Das würde zumindest erklären, weshalb es nur bei dick aufgetragener Tinte und bei nicht saugfähigem Papier zu dem Effekt kommt.
(Ich persönlich mag das übrigens nicht, weil solche Tinten oft zum Verschmieren neigen, auch wenn sie schon länger auf dem Papier und scheinbar trocken sind.)
Matthias MUC
Beiträge: 1295
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Re: Wie kommt es eigentlich zu Sheen?

Beitrag von Matthias MUC »

Ist das so ähnlich wie das Schillern von Fettflecken auf entspiegelten Brillengläsern oder Ölspuren auf Wasser in allen Regenbogenfarben? Dann wäre wirklich die Brechung an dünnen Schichten die physikalisch wahrscheinlichste Erklärung.
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HeKe2
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Re: Wie kommt es eigentlich zu Sheen?

Beitrag von HeKe2 »

Matthias MUC hat geschrieben:
30.05.2018 14:05
Ist das so ähnlich wie das Schillern von Fettflecken auf entspiegelten Brillengläsern oder Ölspuren auf Wasser in allen Regenbogenfarben? Dann wäre wirklich die Brechung an dünnen Schichten die physikalisch wahrscheinlichste Erklärung.
Nein, das kann nicht sein.
Wenn mich meine Erinnerung an den Physikunterricht nicht täuscht, so müsste dann, da der Effekt bei den Fettflecken auf zwei Genzflächen beruht (Luft-Fettfilm, Fettfilm-Glas), die so dicht beieinanderliegen, dass sich der Abstand der beiden Grenzflächen im Bereich der Wellenlänge des Lichtes bewegt, der Sheen genauso wie der Ölfilm auf dem Wasser in allen Regenbogenfarben schimmern. Das deshalb, weil kaum anzunehmen ist, dass die Schichtdicke der Tinte zu 100% über den ganzen Tintenauftrag gleich dick ist.

Ich behaupt hier mal, das Sheen mit Grenzflächenreflektion und dem Grenzwinkel derselben zu tun hat. Dieser ist unter Anderem abhängig von der Wellenlänge. Ich stelle mir das so vor, dass im Bereich des Grenzwinkels in Abhängigkeit von den jeweiligen in dem weißen Licht enthaltenen Wellenlängen der eine Teil des Lichtes in Richtung Papier gebochen wird und der andere Teil reflektiert wird, wenn die Schichtdicke nur dick genug und damit die Oberfläche glatt genug ist, eine saubere Reflektion zu erzeugen. Das erklärt gleich mehere Phänomene:
  1. Sheen läßt sich nur in einem ganz bestimmten Winkel der Papieroberfläche zum Licht beobachten.
  2. Hat schon mal jemand Sheen im Durchlicht gesehen? Ich nicht! Ist nach der Theorie ja auch nicht möglich.
  3. Auf rauhem oder saugfähigem Papier gibt es keinen Sheen. Klar die glatte Oberfläche existiert nicht, der Sheen wird gestreut.
So weit mein Erklärungsansatz.
Dateianhänge
Schemazeichnung
Schemazeichnung
Sheen.jpg (190.13 KiB) 3370 mal betrachtet
Beste Grüße
Hermann
VolkerB
Beiträge: 477
Registriert: 17.10.2016 22:32

Re: Wie kommt es eigentlich zu Sheen?

Beitrag von VolkerB »

Hallo zusammen,

keine 24 Stunden her und schon so ein umfassenderÜberblick.

Vielen Dank!

Volker
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