Tinte mit Wasser verdünnen?

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Chia
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Re: Tinte mit Wasser verdünnen?

Beitrag von Chia » 27.03.2021 15:21

Tenryu hat geschrieben:
27.03.2021 14:24
Ich denke, es gibt auch große Unterschiede was die Zusammensetzung der Tinte anbelangt. Manche Tinten stinken bestialisch (Sailor) oder haben einen anderweitig hervorstechenden Geruch, andere sind fast geruchslos. Ich würde spontan sagen, je mehr eine Tinte riecht, desto mehr andere Substanzen als Wasser und Farbpigmente sind darin gelöst.
Nun ja, das Wasser selbst sollte besser natürlich möglichst wenig riechen.

Aber wie ist das mit den anderen Inhaltsstoffen? Wer ist denn der Hauptgeruchsverursacher? (spezielle Duft-Tinten mal ausgenommen)
Haben die Farbstoffe selbst einen wahrnehmbaren Eigengeruch? Die Konservierungsmittel? Fließhelfer u.ä.?

Bei den Tinten die ich bislang so hatte, habe ich den Eindruck dass Tinten aus dem weiter entfernten Ausland und aus der mittleren Vergangenheit stärker -und vor allem chemischer- riechen. Die hierzulande aktuell erhältlichen kommen mir dagegen geruchstechnisch relativ unauffällig vor (mit Ausnahme der Pelikan Blau-Schwarz, die hat auch einen recht prägnanten Geruch - für mich* der Eisengallustintengeruch).


(* deren Erfahrung mit EG-Tinten sich bislang stark in Grenzen hält ;) )

Thom

Re: Tinte mit Wasser verdünnen?

Beitrag von Thom » 27.03.2021 15:43

Deine Überlegungen zum Wasser sind schonmal gut. :) Einiges in Tinten kann einen wahrnehmbaren Eigengeruch haben (auch Farbstofflösungen), muss es aber nicht. In der Diamine Registrars und der ESSRI ist es z.B. das Konservierungsmittel Phenol, da hast Du wieder einen ganz speziellen Eisengallustintengeruch.

V.G.
Thomas

DanielH
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Re: Tinte mit Wasser verdünnen?

Beitrag von DanielH » 27.03.2021 16:46

Was ich sehr häufig tue ist, den Füller vor dem Füllen auszuspülen und dann den Füller mit komplett nassem Tintenleiter ins Fass zu tauchen - besonders bei meiner Akkerman Shocking Blue, die ich seit 2019 habe und sehr regelmäig verwende. Ich habe den Eindruck, dass sie über die Zeit etwas Wasser verloren hat und dusterer geworden ist. Und das zusätzliche Wasser tut ihr nach meinen Begriffen gut. Sie wirkt frischer und lebhafter und hat weniger Sheen (ich mag Sheen nicht).

Es wurde eben erwähnt, dass die Tinte Glycol verliert. Im Grunde kann das natürlich sein, da sowohl Ethylengylcol als auch Propylenglycol physikalische Eigenschaften haben, die mit denen von Wasser recht gut vergleichbar sind (Dampfdruck insbes.). Aber zwei Dinge stören mich. Die Moleküle sind wesentlich größer und sollten zumindest aus Patronen, die ja "dicht" verschlossen sind, wesentlich langsamer heraus diffundieren als Wasser. Und ist es nicht auch eher so, dass Tinten kein Ethylen- oder Propylenglycol enthalten, sondern Polyethylenglycol? Das sollte als Makromolekül einen wesentlich niedrigeren Dampfdruck haben und quasi nicht mehr flüchtig sein.

Thom

Re: Tinte mit Wasser verdünnen?

Beitrag von Thom » 27.03.2021 17:43

Mit Polyethylenglycol 200 hatte ich den Nib Creaper angelöst, das würde ich lieber nicht nehmen.

Bild

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Thomas

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vanni52
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Re: Tinte mit Wasser verdünnen?

Beitrag von vanni52 » 27.03.2021 18:09

DanielH hat geschrieben:
27.03.2021 16:46
Und ist es nicht auch eher so, dass Tinten kein Ethylen- oder Propylenglycol enthalten, sondern Polyethylenglycol? Das sollte als Makromolekül einen wesentlich niedrigeren Dampfdruck haben und quasi nicht mehr flüchtig sein.
Polyethylenglycol ist auch ein bekannter Weichmacher, bei denen immer das Problem besteht, dass sie Kunststoffe aufquellen lassen.
LG
Heinrich

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parker_pen
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Re: Tinte mit Wasser verdünnen?

Beitrag von parker_pen » 28.03.2021 14:54

Habe mir heute mal eine der alten Waterman Patronen (Südsee Blau) zur Hand genommen, und angestochen. Auf dem Bild ist deutlich zu sehen, das sie bereits bis zur Hälfte reduziert war ;-). Getestet habe ich sie zuerst mal unverdünnt, wo sie satt und mit einer tollen Farbpracht daher kommt. Und dann einfach mal 1:1 mit Wasser aufgefüllt, wo sie um einiges blasser, aber immer noch ganz toll erscheint.

Geschrieben würde mit einem Diplomat mit -F- Feder

Jetzt auf die Schnelle bin ich mit beiden Erscheinungen mehr als begeistert, sie kommt mir keineswegs als "alt" vor. Ein Mischungsverhältnis von 2 Teilen reduzierter Tinte und 1 Teil Wasser könnte für mich als ein optimales Ergebnis in Frage kommen, um auch noch solche, ich bezeichne sie lieber als "Antike" Tinte nochmal verwenden/schreiben zu können, bevor sie ganz in Vergessenheit geraten ;-).

Wenn sich alle anderen Farben die ich noch ergattern konnte ebenfalls so unproblematisch darstellen, bin ich mehr als zufrieden und glücklich, in die bis zur Hälfte reduzierten Tintenpatronen doch noch etwas investiert zu haben.
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Liebe Grüße
Torsten

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vanni52
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Re: Tinte mit Wasser verdünnen?

Beitrag von vanni52 » 28.03.2021 15:11

Danke Dir für den sehr hilfreichen Beitrag.
LG
Heinrich

Thom

Re: Tinte mit Wasser verdünnen?

Beitrag von Thom » 28.03.2021 16:08

Ich wiederhole mich, das ist einfach eine alte Chemikalienmischung. Die hat keinen inhärenten "Wert",
es sein denn, man bildet ihn sich ein. :)

V.G.
Thomas

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Re: Tinte mit Wasser verdünnen?

Beitrag von vanni52 » 28.03.2021 16:23

Thom hat geschrieben:
28.03.2021 16:08
Ich wiederhole mich, das ist einfach eine alte Chemikalienmischung. Die hat keinen inhärenten "Wert",
es sein denn, man bildet ihn sich ein. :)
Inhärent für mich im Hinblick auf das Procedere bei der Benutzung eingetrockneter Patronen.
Und hilfreich, da ich gerade bei einer entsprechenden Lamy-Patrone versuche, quasi „das beste herauszuholen“.
PS: Die Tinte ist vor einiger Zeit nur kurz in einem einzigen Fachgeschäft verkauft worden.
LG
Heinrich

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Re: Tinte mit Wasser verdünnen?

Beitrag von parker_pen » 28.03.2021 16:40

Über irgendeinen "Wert" habe ich mich doch gar nicht geäußert, und auch nicht in der Abwandlungen wie "Wertvoll" oder ähnliches. Habe nur das Wort "Antik" geäußert und das ich es persönlich für toll empfinde, solche fast gänzlich vom Markt verschwundenen Farben, mal wieder (durch verschreiben von Resten) in Erinnerung zu bringen.

Also einbilden ist hier nicht gegeben, nur Freude über das Ergebnis 8-) ;)

Auch eine neue Tintenpatrone oder neues Tintenglas ist auch nichts anderes als eine Chemikalienmischung, nur ist die eine halt etwas älter. Ich bin verblüfft wie gut sich auch eine solche alte Tinte (30 oder mehr Jahre), wenn auch schon zur Hälfte eingetrocknet regenerieren lässt, ist nur eine Frage von wie verdünnt man sie sehen möchte.

Ich habe noch mehr als genug Probanden in den verschiedensten Farben hier, und wenn ich die ein oder andere neu ausprobiere zeige ich sie auch gerne wieder, wenn es gewünscht ist. Ich bin nur gerade nicht mehr der Vielschreiber, die eine möchte jetzt erst mal mit Freude über das Ergebnis verschrieben werden.

Ps: sollte sich noch jemand daran beteiligen und das mal testen wollen, die ein oder andere Patrone kann ich gerne entbehren ;)
Liebe Grüße
Torsten

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Thom

Re: Tinte mit Wasser verdünnen?

Beitrag von Thom » 28.03.2021 20:38

Es ist nicht so, dass man eine vergleichbare Tintenfarbe nicht auch aktuell fände. Bei ganz alten Füllern, z.B. solchen Eyedroppern aus den letzten Tagen des 19.Jh., kann es schon sein, dass aktuelle Tinten einen zu hohen Tintenfluß haben. Aber ansonsten gibt es die besten Füllertinten heute zu kaufen. Es braucht also niemand nach alten Chemikalienmischungen Ausschau halten, zumal die neuen Chemikalienmischungen auch den aktuellen toxikologischen Bewertungen entsprechen.

V.G.
Thomas

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Tenryu
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Re: Tinte mit Wasser verdünnen?

Beitrag von Tenryu » 29.03.2021 13:15

Die Südseeblaue Tinte von Watermann hatte vor Jahren einen sehr intensiven (für mich durchaus nicht unangenehmen) Geruch. Die aktuelle Version riecht nur noch schwach und anders. Ich vermute, daß verschärfte Vorschriften mittlerweile gewisse Inhaltsstofe verboten haben.
Wobei ich es erstaunlich finde, daß überall Inhaltsstoffe deklariert werden müssen und man hundert Warnhinweise findet. Aber auf Tintenverpackungen rein gar nichts steht. Nicht einmal, daß es ungesund wäre, sie zu trinken oder sein Baby darin zu baden. :roll:

Die meisten Tinten von Sailor haben einen bestialischen Gestank, der nie mehr aus dem Füller rausgeht. Ich hatte vor ca. drei Jahren mal einen Konverter voll Jentle Ink (Yama dori?) getankt. Den Füller gründlich ausgespült, mittlerweile etliche Male mit anderer Tinte befüllt, und noch immer wenn ich die Kappe abnehme und daran schnuppere, kann ich diesen Gestank riechen.
Ich frage mich, was für ein Teufelszeug die da hinein gemischt haben. :shock:
(Die Nanotinten von Sailor stinken übrigens nicht, weshalb ich sie sehr gerne verwende; vor allem die Sei-Boku.)

Thom

Re: Tinte mit Wasser verdünnen?

Beitrag von Thom » 29.03.2021 14:41

Tenryu hat geschrieben:
29.03.2021 13:15
Wobei ich es erstaunlich finde, daß überall Inhaltsstoffe deklariert werden müssen und man hundert Warnhinweise findet. Aber auf Tintenverpackungen rein gar nichts steht.
Wir hatten ja die Diskussion "Stiftung Warentest". Bei den Konservierungsmitteln läuft das so, die EU verschärft die Kennzeichnungspflicht für einzelne Stoffe und die Hersteller suchen dann nach möglichst kennzeichnungsfreien veränderten Stoffkombinationen. Bei den EG-Tinten hatte ich als Richtlinie die toxikologischen Eigenschaften bei subkutaner Applikation, also beim Eindringen unter die Haut, die Eigenschaften beim Trinken wären für eine Schreibtinte übertrieben. :)

V.G.
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Re: Tinte mit Wasser verdünnen?

Beitrag von Postfuhramt » 17.05.2021 19:07

Hallo liebe Foristen!

Ich finde diesen Thread höchst interessant, denn ich habe einerseits Erfahrung gemacht mit fast eingetrockneten Sheaffer-Patronen, deren intensive Farbsättigung mir sehr gefielen;

Spannend war für mich aber die Erfahrung mit einem vollständig eingetrockneten Tintenfass Parker Quink Turquiose aus meiner Schulzeit, also so ca. 50 Jahre her. Die Tinte war tatsächlich komplett eingetrocknet, es klebte eine Art kristalline Haut auf dem Fassboden.

Ich habe dann nach Gefühl eine kleine Menge Volvic (wegen dessen niedrigen Kalziumgehalts) hinzugegeben und über Stunden immer wieder leicht geschüttelt, bis sich der Satz aufgelöst hatte. Das Ergebnis war "wie neu"! Sowohl der Farbton als auch der Geruch waren so, wie ich es für diese Tinte in Erinnerung hatte! (Man kennt das ja, dass Gerüche sofort assoziative Erinnerungen bewirken können...)

Nach dem Lesen eurer vielen interessanten Beiträge zu diesem Thread, denke ich, dass es überhaupt keine Faustregel geben kann. Alles Denkbare kann beim Verdünnen von Tinte mit Wasser offenbar passieren...

Grüsse,

Hermann

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Meine Lieblingstinten:
- Octopus Ultramarine
- Edelstein Jade
- kyo no oto Kokeiro

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Pen-Tagon
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Re: Tinte mit Wasser verdünnen?

Beitrag von Pen-Tagon » 17.05.2021 19:54

Und ich Idiot habe letztlich noch etliche fast komplett eingetrocknete Tinten(-Patronen) weggeworfen. :roll:

Danke für die Erhellung.
Gruß
Knut

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