"Mindestanforderung" an haltbare Tinten

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OliverBonn
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"Mindestanforderung" an haltbare Tinten

Beitrag von OliverBonn »

Liebe Tintenfans,

die Diskussion über dokumentenechte Tinten verfolge ich mit großem Interesse. Was ich mich frage: Welche Eigenschaften einer Tinte sind wirklich essentiell, damit man Jahre oder Jahrzehnte an ihnen Freude hat?

Meine Frage hat einen Anlass. Seit August teste ich die umstrittenen GFvC-Tinten und habe festgestellt, dass viele von ihnen Tageslicht draußen gut standhalten (im Gegensatz zu Waterman blau). Cobalt Blau, Sea Green, Indian Red, Burnt Orange und midnight Blue kommen mit passablen Ergebnissen durch den Test.

Dennoch ist diese Tintenserie, wie ich verstanden habe, nicht dokumentenecht im reinen Sinne des Worte (wobei es uns auch an einer originären Norm für dokumentenechte Tinten fehlt). Nun weiß man auch, dass die empfohlenen Nano-Tinten nicht immer ganz pflegeleicht sind. Also muss man abwägen zwischen Alltagstauglichkeit und Sicherheit.

Also, auf was kommt es Eurer Einschätzung nach wirklich an?

Viele Grüße in die Runde


OliverBonn
Thom

Re: "Mindestanforderung" an haltbare Tinten

Beitrag von Thom »

Hallo OliverBonn,

es kommt auf die konkreten Einsatzbedingungen an, wie immer "so genau wie nötig, nicht so genau wie möglich".

V.G.
Thomas
Patrick1982
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Re: "Mindestanforderung" an haltbare Tinten

Beitrag von Patrick1982 »

Hallo,
ich gebe Thom hier vollkommen recht.
Er hat in anderen Beiträgen ganz klar beschrieben was wirklich "Dokumentenecht" ist und ich benötige das nicht.
Da ich ein persönliches Buch schreibe, was unter "normalen" Umständen lange Bestand haben soll, bin ich mir den GvFC sehr zufrieden.
Ein Wasserspritzer ist nicht schön, aber es bleibt lesbar und es wird auch dunkel gelagert.
Sollte also unser Haus nicht abbrennen, oder der Meeresspiegel auf über 600m steigen, passt das.
Viele dunkle Tinten halten bei richtiger Lagerung lange durch.

Wovon ich, für dieses Vorhaben, Abstand genommen habe sind die Tinten von Diamine.
Es sind ganz wundervolle Farben für Briefe, etc.
Aber ein Tropfen Wasser und es ist unlesbar.
Diese verschmieren sogar nach Wochen noch, wenn man die Hand länger darauf liegen lässt.
Sicherlich spielt das Papier eine große Rolle, aber z. B. bei Oxford bemerke ich das extrem.
Chia
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Re: "Mindestanforderung" an haltbare Tinten

Beitrag von Chia »

Patrick1982 hat geschrieben:
28.04.2021 18:45
Wovon ich, für dieses Vorhaben, Abstand genommen habe sind die Tinten von Diamine.
Es sind ganz wundervolle Farben für Briefe, etc.
Aber ein Tropfen Wasser und es ist unlesbar.
Diese verschmieren sogar nach Wochen noch, wenn man die Hand länger darauf liegen lässt.
Sicherlich spielt das Papier eine große Rolle, aber z. B. bei Oxford bemerke ich das extrem.
Ja, Schmierprobleme sind mir bei Oxford in letzter Zeit auch recht oft aufgefallen - nicht nur mit Diamine Tinten (und auch nicht nur mit sehr stark gesättigten/sheenigen Tinten)).
Schade, weil ich das Optik Paper eigentlich recht gern mag, und es fast schon eine Art Standardpapier ist.
OliverBonn
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Re: "Mindestanforderung" an haltbare Tinten

Beitrag von OliverBonn »

Ich mache mit meinen Tinten häufig Lichttests und schreibe dann mit denen weiter, die sich dort "bewähren". Die Ergebnisse sind häufig erstaunlich (beispielsweise das "Versagen" von GvFC Stone Grey, das mehrfach im Forum moniert wurde).

Ich habe dabei immer sehr auf Lichtbeständigkeit geachtet. Klar, Wasserschaden kann einen auch ereilen, aber für mich war der Lichttest das Mittel erster Wahl, um sicherzugehen, dass ich in zwanzig oder dreißig Jahren das noch lesen kann, was ich heute schreiben. Manchmal frage ich mich, ob dies wirklich ein guter Test für eine so verstandene Zuverlässigkeit ist.
Chia
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Re: "Mindestanforderung" an haltbare Tinten

Beitrag von Chia »

Lichtbeständigkeit ist etwas, wo ich gern vom Hersteller Angaben hätte - die aber natürlich einigermaßen verlässlich sein sollten.

Zwar kann man selbst natürlich auch ausprobieren, aber anders als Wassertests halt nicht 'auf die Schnelle'.
OliverBonn
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Re: "Mindestanforderung" an haltbare Tinten

Beitrag von OliverBonn »

Chia hat geschrieben:
29.04.2021 11:38
Lichtbeständigkeit ist etwas, wo ich gern vom Hersteller Angaben hätte - die aber natürlich einigermaßen verlässlich sein sollten.

Zwar kann man selbst natürlich auch ausprobieren, aber anders als Wassertests halt nicht 'auf die Schnelle'.
Da stimme ich gerne zu. Bei Malfarben ist dies üblich, da wird häufig nach einer einheitlich Skala verfahren, der Wollskala. Es ist natürlich fraglich, wie glaubwürdig solche Angaben der Industrie sind - aber sie wären ein erster Schritt. Die Unterschiede zwischen den Tinten sind halt sehr groß.
Patrick1982
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Re: "Mindestanforderung" an haltbare Tinten

Beitrag von Patrick1982 »

Ich denke mal, dass wenn alle Tinten eines Herstellers super dem Sonnenlicht standhalten würden, würde dies auch ausgiebig angepriesen werden.
Es gilt ja schließlich, sich von den Mitbewerbern abzugrenzen.

Die Lichtbeständigkeit ist schon irgendwo wichtig, aber....
Wozu möchte man eine Tinte verwenden?

Ich hab schon des Öfteren gelesen, dass selbst die Königsblau aus Schulheften nach 30 Jahren noch sehr gut lesbar war.
Bei den meisten anderen wird eher was um die 100 Jahre angenommen...Natürlich bei einem zugeklappten Heft oder Buch auf dem Speicher... Oder so.

Um nochmal die Frage von Thom aufzugreifen... Wozu möchte man die Tinte verwenden?

In den seltesten Fällen wird jemand auf einer Südsee-Kreuzfahrt im Hochsommer sein Geschriebenes offen auf dem Oberdeck liegen lassen und dann noch über Wochen.

Diese Tests sind vollkommen gerechtfertigt und die Angaben so mancher Hersteller sind vielleicht etwas verwirrend, aber grundlegend kommt es auf den persönlichen Einsatz an.

Bei mir liegt nichts in der Sonne und wenn mal eine Stunde lang was draufscheint ist nicht gleich alles schlecht.
Und wenn dann in 100 Jahren vielleicht die Farbe etwas nachgelassen hat... Egal, nach diesem Zeitraum zählt sowieso nur noch der Inhalt.
Außer an möchte vielleicht sein "Tintenbuch" für die Nachwelt konservieren.

Ich hab zwar die berüchtigte "Stone Grey" nicht selbst, aber auch die würde ich wahrscheinlich nicht in der Sonne liegen lassen.
Für Texte, die länger "überleben" sollen, wären helle Tinten eh nicht meine erste Wahl.
Selbst meine GvFC Gulf Blue kommt nur für normale Briefe zum Einsatz. Aufgrund des hellen Blaus nehme ich von vorne herein an, das die eher verblasst als die Moss Green.
Thom

Re: "Mindestanforderung" an haltbare Tinten

Beitrag von Thom »

Patrick1982 hat geschrieben:
29.04.2021 12:22
In den seltesten Fällen wird jemand auf einer Südsee-Kreuzfahrt im Hochsommer sein Geschriebenes offen auf dem Oberdeck liegen lassen und dann noch über Wochen.
Ein Wandboard im Büro reicht auch schon aus.

V.G.
Thomas
Chia
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Re: "Mindestanforderung" an haltbare Tinten

Beitrag von Chia »

Manche malen und zeichnen mit Füllertinten...

Da wäre es schon schön, wenn man die Werke aufhängen könnte, ohne befürchten zu müssen dass sie sich in wenigen Monaten in gräulich-pastellige Geisterbilder verwandeln.

Ich zwar nicht (bzw. bloß Gekritzel), aber mir wäre es trotzdem auch lieber, wenn Licht nicht etwas wäre wo man "aufpassen" muss.
OliverBonn
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Re: "Mindestanforderung" an haltbare Tinten

Beitrag von OliverBonn »

Patrick1982 hat geschrieben:
29.04.2021 12:22
Für Texte, die länger "überleben" sollen, wären helle Tinten eh nicht meine erste Wahl.
Selbst meine GvFC Gulf Blue kommt nur für normale Briefe zum Einsatz. Aufgrund des hellen Blaus nehme ich von vorne herein an, das die eher verblasst als die Moss Green.
Bei meinen (sicherlich nicht professionellen) Test zeigt sich, dass GvFC Midnight Blue und Cobalt Blue sich recht gut schlagen. Auch Burnt Orange sowie (leicht eingeschränkt) Deep Sea Green und Garnet Red machen einen guten Eindruck. Die Probe hängt seit August 2020 draußen im regengeschützten Schatten. Waterman Serenity Blue dagegen ist zu einer grauen Spur verblichen. Wie gesagt, das ist kein wissenschaftlicher Test, sondern nur eine grobe Richtschnur für mich persönlich.
Homo Selectus
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Re: "Mindestanforderung" an haltbare Tinten

Beitrag von Homo Selectus »

OliverBonn hat geschrieben:
28.04.2021 16:30
Also, auf was kommt es Eurer Einschätzung nach wirklich an?
Nun, UV-Einstrahlung ist wirklich das Einzige, was ich selbst bei vorsichtigstem Umgang mit Schriftstücken nun wirklich nicht komplett vermeiden kann. Eine als "dokumentenecht" ausgelobte Tinte sollte also zumindest UV-Strahlung aushalten, ohne dass sie vollständig verschwindet.

Ich stelle mir Meisterbriefe, Diplome, Zertifikate oder ähnliches vor, die sich die Empfänger ja gern an die Wand hängen. Wenn da nach einem oder zwei Jahren dann die Unterschrift oder mehr nicht mehr da ist, ist das doch ganz grosse Sch***!
Ich beherrsche die deutsche Sprache, aber sie gehorcht mir nicht.
(Alfred Polgar)
pokpok
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Re: "Mindestanforderung" an haltbare Tinten

Beitrag von pokpok »

Chia hat geschrieben:
29.04.2021 12:52
Manche malen und zeichnen mit Füllertinten...

Da wäre es schon schön, wenn man die Werke aufhängen könnte, ohne befürchten zu müssen dass sie sich in wenigen Monaten in gräulich-pastellige Geisterbilder verwandeln.

Ich zwar nicht (bzw. bloß Gekritzel), aber mir wäre es trotzdem auch lieber, wenn Licht nicht etwas wäre wo man "aufpassen" muss.
Für Malen und Zeichnen gibts eben wegen der Haltbarkeit eigene Materialien. Nicht nur die Farben (auch Tinten), auch die Malgründe, Präsentationszeugs usw. Wer mit Schreib-Tinte malt und zeichnet nimmt halt die Vergänglichkeit in Kauf. Man könnte ja Acryl-Tinten oder Tusche nehmen.
Liebe Grüße von
Matthias
Thom

Re: "Mindestanforderung" an haltbare Tinten

Beitrag von Thom »

Ein Problem ist halt die nicht vorhandene DIN. Und das ist so, weil niemand eine Erstellung beantragt und die Finanzierung absichert. Und das wiederum liegt vermutlich daran, weil Füllertinten mittlerweile ein Nischenmarkt sind (das war früher mal anders).

V.G.
Thomas
Chia
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Re: "Mindestanforderung" an haltbare Tinten

Beitrag von Chia »

pokpok hat geschrieben:
29.04.2021 13:57
Chia hat geschrieben:
29.04.2021 12:52
Manche malen und zeichnen mit Füllertinten...

Da wäre es schon schön, wenn man die Werke aufhängen könnte, ohne befürchten zu müssen dass sie sich in wenigen Monaten in gräulich-pastellige Geisterbilder verwandeln.

Ich zwar nicht (bzw. bloß Gekritzel), aber mir wäre es trotzdem auch lieber, wenn Licht nicht etwas wäre wo man "aufpassen" muss.
Für Malen und Zeichnen gibts eben wegen der Haltbarkeit eigene Materialien. Nicht nur die Farben (auch Tinten), auch die Malgründe, Präsentationszeugs usw. Wer mit Schreib-Tinte malt und zeichnet nimmt halt die Vergänglichkeit in Kauf. Man könnte ja Acryl-Tinten oder Tusche nehmen.
Dann kann man aber keine Füller nehmen..
(jedenfalls keine normalen)
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