Reift Tinte?

[runenaljoss]

Wein reift. Guter Essig reift. Zigarren werden, richtig gelagert, besser im Alter.

Bei Tinte gilt eher, dass ungewuenschte Eigenschaften auftreten, bei zu laengerer Lagerung.

Aber kann auch Tinte mit dem Alter besser werden? Wird es irgendwann einen Markt geben fuer "Iroshizuku shin-kay 2019, Sechs Jahre im Edelstahltank gereift"?

Ich habe zwei Tinten, die ich schon lange nicht mehr ausprobiert habe und die mir jetzt in Fueller gekommen sind: Und zwar ganz banal die Parker Quink Blue und Blue-Black. Und beide sind toll. Letztere hat Sheen dass sich so manches explizit auf Sheen ausgelegte Tintenmaterial recken muss, um daran zu kommen. Und erstere hat eine Intensitaet und noble, dunkle 'Bläue', dass ich ganz begeistert bin. Liegt das allein an der (vermutlich eher marginalen) Verdunstung von Wasser bzw. anderen Fluessigkeiten, die in der Tinte sind... und bedeutet es, dass die Tinte schlicht minimal konzentrierter, saturierter ist... aber von Haus aus so fluessig war, dass sie auch in dieser jetzigen Form keine Probleme macht?

Habt ihr da aehnliche Erfahrungen gemacht?

Cheerio,
Jens

[JulieParadise]

Kurze Antwort: Ja.

Längere Antwort: Auch ja. In meinen Gläsern selbst bemerke ich es noch nicht, weil nur wenige meiner Tinten länger als 5-6 Jahre bei mir sind, aber im Füller merke ich öfter, wie viel schöner und kräftiger die Tinten werden, wenn man sie länger drin lässt. Das betrifft dann auch nicht nur die ersten paar Zeilen nach dem ersten Anschreiben nach einiger Zeit der Nichtbenutzung, sondern die ganze Füllung.

In einem Montblanc Masterpiece 142 habe ich seit Wochen Kyo-Iro Stone Road of Gion, eine oft als zu hell und fad gescholtene Tinte, auch die Kyo No-Oto Hisoku und Sailor Manyo Haha, Nekoyanagi sowie Sailor Ink Studio #123 und 162 hatte ich bereits in diesem Füller und habe dort bemerken können, wie kräftig und satt auch zarte Tinten werden können.

Gerade schnell fad wirkende Blau-Töne gewinnen nach einiger Zeit des Verbleibens bzw. durch Wiederauffüllen ohne Reinigung sehr, weil sie dann oft einen markanten Umriss bekommen oder eben Sheen aufweisen, der sonst nicht aus ihnen herauszukitzeln ist.

Ich habe nur einen Füller, der das zum Extrem bringt, aber das liegt wohl an der Konstruktion: Mein "Bambi-OMAS", ein Desk Pen, der auf seiner Basis in einer Tulpe als Kappe steckt, saturiert (durch Verdunstung) selbst helle Tinten so stark auf, dass manche mir nicht mehr gefallen. Wenn etwa eine Kyo No-Oto Hisoku so dunkel wird, dass ich auch ein x-beliebiges Petrol hätte einfüllen können, dann erkenne ich die Tinte kaum mehr wieder.

Aber solche Kombinationen muss man dann eben mit Erfahrung er- oder ausschließen, das gehört zum Spaß der Füllernutzung dazu.

[runenaljoss]

Eine Zwischenfrage: Gibt es eigentlich schon einen Thread wo hinterfragt wird, welche Firmen Tinte selber produzieren bzw. produzieren lassen bzw. einkaufen?

Schreibwarengeschaefte, z.B. kaufen ja meistens dazu; Akkermann von Diamine, so viel ich weiss (ob Sonderanfertigungen oder nicht waere dann noch die Frage). "Online" ist evtl. R&K. Miller in Wien kauft 1:1 von DeAtramentis, nur unter anderem Namen... Einige Tintenhersteller (Montblanc) lassen in Oesterreich herstellen: Welche Firma ist das und fuer wen stellen die noch Tinten her?)

Cheers,

Jens

[vanni52]

Liegt das allein an der (vermutlich eher marginalen) Verdunstung von Wasser bzw. anderen Fluessigkeiten, die in der Tinte sind...

Sicherlich „reift“ Tinte mit der Zeit, aber durch den Verdunstungsverlust der Zusätze zur Konservierung, Viskosität,etc. und der mit einer Oxidation verbundenen Änderung des Farbtones in eine unerwünschte Richtung.

[Frischling]

Welche Firma ist das und fuer wen stellen die noch Tinten her?

Cheers,

Jens

Prost

Gerüchte besagen, dass einige Tinten von http://www.schoolandoffice.at/produkt-gruppen/ sind. Ob das Montblanc oder, die ebenfalls in Ö hergestellten, Monteverde-Tinten sind oder beide hat die Gerüchteküche nicht verraten. Und meine Neugierde ging nicht soweit, dass ich eine Anfrage stelle

LG
Christa

[Jürgen K]

Guten Morgen,

das, was hier als positiver Effekt beschrieben wird, führe ich als Laie (ein Chemiker mag mich auf den Pfad des Glaubens an die wundersame Reifung der Pigmente führen) auf die Verdunstung des Hauptbestandteils, der die Farbe gleichsam verwässert, zurück.
Das habe ich auch schon bei lange gelagertem Schnaps festgestellt. Je nach Dichte des Fläschens war da mal Schnaps, mal Sirup, mal Likör, mal nix mehr drin.
Wie das beim Wein ist, weiß ich nicht, aber da habe ich auch schon gehört, dass so mancher gelagerte Rebensaft am Ende doch eher zu Essig veredelt. Bei Essig kann ich das nicht einschätzen, der gute wird gegessen, der schlechte landet im Bad als Reinigungsmittel und um Zigarren habe ich immer einen Bogen gemacht, so etwas mag mein Rauchmelder nicht.
Bei Tinte - um mal dezent wieder zur Sache zu kommen - sage ich mal frech: die, die später besser wird, war halt am Anfang schlecht, nämlich zu blass, weil zu verwässert.

Grüße
Jürgen

[Thom]

Mit Tinte ist es wie mit den Schreibenden selbst, beide altern. Ob zum Guten oder Schlechten liegt im Auge des Betrachters
(solange sie nicht völlig vergammeln).

V.G.
Thomas