Diva oder Arbeitspferd?

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Flügelfeder
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Diva oder Arbeitspferd?

Beitrag von Flügelfeder »

(Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich das richtige Unterforum für dieses Thema gewählt habe und bitte, den Post gegebenenfalls zu verschieben - besten Dank vorab.)

Liebe alle,

Ich hatte gestern einen arbeitsreichen Tag vor mir, an dem ich nur einen Füllhalter mitnehmen wollte. Die Wahl zwischen meinem verlässlichsten Füller, dem Sailor Sapporo, und meinem momentanen Augenstern, Delta Profili in Sterling mit blauen Akzenten, entschied ich mich für den Delta...
Soweit nicht sonderlich spannend... dazu mussen man wissen: Der Sailor ist absolut zuverlässig: konstanter Tintenfluss, er schreibt immer an, egal wie langer er nicht gebraucht wurde oder gar offen auf seinen Einsatz wartet... aber er ist in meinen Augen eben auch verhältnismäßig langweilig... vor allem im Vergleich zu den Italienern.
Der Delta, so wie eigentlich alle meine Italiener, ist der deutlich aufregendere, ästhetischere Füller, leider aber auch eine echte Diva, wie zugegebenermaßen die meisten meiner anderen Italiener ebenso (jedenfalls im Vergleich zu meinen Sailors).
Interessant ist nun aber nicht, dass ich mich für den schöneren anstatt für den zuverlässigeren der beiden Füller entschieden habe, interessant ist vielmehr, dass ich insgeheim gerade den divenhaften Charakter meines Deltas irgendwie schätze... So paradox es klingt, gerade weil er seiner eigentlichen Aufgabe nicht so perfekt gerecht wird wie mein Sailor, ist er mir irgendwie ans Herz gewachsen... Es verleiht dem Italiener auf sonderbare Weise mehr Charakter... er hat einige Marotten, mit denen ich umzugehen gelernt habe und dadurch habe ich zu ihm eine ganz andere Verbindung als zu den vollkommen unproblematischen Sailors... Die Grundproblematik ist alt bekannt und kommt in verschiedenen Posts immer mal wieder zum Vorschein, aber da ich keinen eigenständigen Thread dafür gefunden habe, wollte ich mal direkt in die Runde fragen: Wie seht ihr das?
Kommt es bei Euch hauptsächlich, vielleicht sogar ausschließlich auf die Funktionalität an, wobei Optik, Haptik etc. nur untergeordnete Rollen spielen?
Oder Nehmt ihr bei besonders ästhetischen Füllern einen divenhaften Charakter in Kauf?
Oder ist gerade die ein oder andere kleine Marotte Eures Füllers irgendwie genau das, was ihn von anderen Füllern unterscheidet und ihn somit erst wirklich interessant macht?
(Klar ist natürlich, dass wir hier von Kleinigkeiten reden. Wenn ein Füller überhaupt nicht anständig schreibt, dann kann er meinetwegen noch so attraktiv sein, ich würde ihn trotzdem nicht anrühren...)

Euch allen sonnige Grüße

Armin
Thomas Baier
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Re: Diva oder Arbeitspferd?

Beitrag von Thomas Baier »

Hallo Armin,

vielen Dank für den schönen Faden.

Wenn ich wirklich fortgesetzt schreiben muß, nicht nur einige Notizen (z. B. beim Elternabend mitschreibe oder so oder auf eine Fortbildung gehe), nehme ich immer einen verläßlichen Partner mit. Leichtes, weiches Schreiben ohne Druck, konstanter Tintenfluß ohne jegliche Aussetzer, schönes Schriftbild: Am Schluß ist es eben oft doch wieder der Sheaffer Targa (obwohl er in den Dimensionen etwas größer sein könnte). Probleme mit Tintenfluß, Anschreibprobleme, dickliches Schriftbild, Tintentropfen am Griffstück, aufgehende Kappe: nein, das nervt gewaltig. Auch ein zu kleiner Halter, der nicht richtig in meiner Hand liegt, mag ich überhaupt nicht.

Nein, Macken und Unzuverlässigkeiten haben für mich nichts Sympathisches. Andererseits habe ich mit italienischen Haltern wenig Probleme. Sie machen bei mir nicht weniger oder mehr Schwierigkeiten (vor allem am Anfang) als andere Halter auch. Und mein Sailor 1911 brauchte auch eine Nacharbeitung der Feder im Werk, um gut zu schreiben.

Letztlich nehme ich als verläßliche Partner dann doch immer wieder dieselben Halter mit, andere eher als Accessoire. Ein Beispiel aus meiner Sammlung, ein Halter, der mir sehr gefällt, aber irgendwie nicht gut im meiner Hand liegt und immer wieder weggelegt wird, ist der wunderschöne Visconti Van Gogh Maxi.

Viele Grüße und einen schönen Feiertag wünscht
Euch Thomas
Christian Mücke
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Re: Diva oder Arbeitspferd?

Beitrag von Christian Mücke »

Hallo zusammen,

wenn längeres Schreiben angesagt ist, greife ich eher zu den Arbeitspferden. Vor allem meine Lamys (2000er, Al-Star, CP1 oder Accent) kommen dann zum Einsatz. Die Diven kommen immer dann in die Tasche, wenn wenig bis mittlerer Schreibaufwand anfällt. Obwohl ich eigentlich keine richtige Füllerdiva besitze. Meine Italiener sind eher von der zahmen Sorte - sind hauptsächlich Auroras. Aber es ist schon richtig: mit manchen Füllern muss man sich arrangieren. Handhaltung, Schreibwinkel... etc. Aber auch das gehört für mich dazu. Schließlich haben Menschen ja auch unterschiedliche Charaktere. Und der Experimentiertrieb bekommt auch noch Nahrung. :)

Viele Grüße,
Christian
G-H-L
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Re: Diva oder Arbeitspferd?

Beitrag von G-H-L »

Ist doch wie beim Autokauf.

Man träumt und schwärmt von Italienischen Sportwagen, besorgt sich Prospekte von Porsche, Ferrari, Alfa Romeo usw. Aber letztendlich entscheidet man sich dann doch für einen familienfreundlichen Kombi. :D
Gruß
Gerhard

Nein, das ist keine unleserliche Handschrift!
Der Text ist nur analog verschlüsselt! :)
Horpu
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Re: Diva oder Arbeitspferd?

Beitrag von Horpu »

Hallo zusammen,

das ist wohl auch der Grund warum man der Federhalter sagt, oder die Füllfeder. :wink:

Es gibt eben Schreibgeräte und dabei denke ich spielt die Marke garnicht wirklich eine Rolle, die sind zuverlässige "Arbeitstiere" und andere, die sich richtig "zickig" benehmen.

Meine "Zicke" heisst Parker Duofold Geburtsdatum 1.Qu.1990.
Eine rabenschwarze Schönheit mit goldenem Zierrat.

Eine Stunde mit der Feder nach oben in der Hemdtasche und sie möchte erstmal getätschelt und geschüttelt werden ehe sie sich gnädig erweist und schreibt wie eine Göttin.

Grüße

Horst
Grüße vom Horst..........
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Tenryu
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Re: Diva oder Arbeitspferd?

Beitrag von Tenryu »

Ich möchte mich nicht mit einem Füller herumärgern müssen, der eine Macke hat. Dafür gibt es auf dem Markt zu viele gute und schöne Schreibgeräte.

Ich lege viel Wert auf Ästetik, doch das wichtigste ist die Funktionalität. Dazu gehört auch, daß das Schreibgerät gut in der Hand liegt. Ich besitze mindestens drei Füllhalter, die zwar hübsch sind, auch gut schreiben, aber sich nicht gut anfühlen. Sie verbringen ihre Zeit im meinem Schrank, während ich täglich mit meinen vielleicht etwas weniger hübschen aber dafür zuverlässigen und ergonomischen Füllern schreibe.

Wenn ich einem Füller schon ansehe, daß er nicht gut in der Hand liegen wird (z.B. weil er eine scharfe Kante zwischen Griffstück und Schaft hat), dann kommt mir der gar nicht erst ins Haus. Da kann er noch so hübsch anzuschauen sein.
isegrimmgo
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Re: Diva oder Arbeitspferd?

Beitrag von isegrimmgo »

Hallo,
ich konnte es EINER Füllfeder nicht verzeihen, als sie Mucken machte. Ich kann mich noch sehr gut an eine greise, rothaarige und zickige Lady 51 erinnern, die sich während einer Schulaufgabenkorrektur ab und zu - unvorhersehbar - weigerte ihren Inhalt, rote Tinte, zu meiner Arbeit beizutragen. Wenn sie wollte, war sie unübertrefflich. Morgens um zwei Uhr, die Nerven lagen blank, hat sie mit überhöhter Geschwindigkeit kopfüber die Tischplatte geküsst. Hatte ich eigentlich verdrängt ....
Alle anderen sind mit blauen Augen davongekommen - sie verstauben, verdursten oder wurden in einer Bucht ausgesetzt ....
Verziehen habe ich keiner!
lieben Gruß
Wolfgang
Westfale
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Re: Diva oder Arbeitspferd?

Beitrag von Westfale »

Hallo,

wenn es um absolute Zuverlässigkeit geht, nehme ich einen meiner beiden Sheaffer Targa, den Lamy 2000, oder den Pelikan M 605 mit.

Eine Diva unter meinen Füllern habe ich (noch) nicht. Die würde ich auch schnell wieder verkaufen, da kann das Gerät noch so toll aussehen.
Im übrigen ist m.E. der Lamy 2000 mit das gelungenste, was ich an schönem Füllerdesign kenne. Da brauche ich keine Diva :wink:

Gruß

Harald
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Flügelfeder
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Re: Diva oder Arbeitspferd?

Beitrag von Flügelfeder »

Liebe alle,

besten Dank für Eure Beiträge.
Tenryu, wenn ich Dich richtig verstehe, verfolgst Du einen rein pragmatischen Ansatz: Füllhalter sollten als Werkzeuge konzipiert sein, was bedeutet, der Füller muss dem Benutzer so weit wie möglich entgegenkommen. – In Wolfgangs Beitrag wurde eindrucksvoll bewiesen, was Diven erwartet, wenn sie zur falschen Zeit am falschen Ort sind… :lol: (Was ist danach aus der betagten Dame geworden und vor allem: wie sah sie danach aus???)
Sehr interessant fand ich andererseits Christians Satz, dass man sich mit manchen Füllern arrangieren muss (Handhaltung, Schreibwinkel, etc.). Für mich stellt sich jetzt die Frage, wie weit seid Ihr bereit, einer Feder entgegenzukommen? Gut, zugegeben, bei Horsts Duofold hätte ich da auch meine Probleme, aber nehmen wir beispielsweise meinen Profili: Nach vier Tagen Langeweile trocknet er ein… Wenn man das weiß – und akzeptiert – dann nötigt einen das, ihn mindestens alle zwei Tage mal zumindest für die Einkaufsliste in die Hand zu nehmen… also eigentlich ein ganz cleverer Schachzug von Delta :!: :wink:
Geht das noch klar? Oder ist das schon zu viel Entgegenkommen, denn mein Sailor trocknet auch nach mehreren Wochen nicht ein???
Gehen wir einen Schritt weiter: Mein Profili streikt exakt nach drei DinA4 Seiten, es hilft dann nur noch ein kurzer Dreh am Konverterkolben, um die Tinte etwas zu komprimieren… danach läuft er mit tadellosem Fluss, bis zum letzten Tropfen… Auch das ist etwas, worauf man sich einstellen kann, wenn man es weiß… auch das aber etwas, was man mit anderen Füllern leicht umgehen kann…
Also, wie weit lasst ihr Euch auf die Besonderheiten Eurer Füller ein, wie weit kommt Ihr ihnen entgegen und wo hört es auf (wenn auch hoffentlich nicht so drastisch wie bei Wolfgang :shock: )?

Beste Grüße

Armin
Orakel
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Re: Diva oder Arbeitspferd?

Beitrag von Orakel »

Ich hab aus der Vielbeschriebenen Bucht drei Reformfüller gefischt. Wie sich leider herausstellte spinnen deren Federn scheinbar automatisch herum, sobald sie mit einem Linkshände rbekanntschaft machen. Es ist zumindest jedesmal mit einiger Mühe verbunden den befüllten Bruder des Trios dazu zu überreden sich gnädig zu erweisen und die Tinte beim Notieren auszuspucken. (Vielleicht hätte ich ihn auch nicht mit Spätburgunder-Tinte abfüllen sollen. Nachher schläft der gerade seinen dauerrausch nur mal wieder aus. Aber die neue Patcholie-Tinte wollte ich eigendlich für den Konverter von meinem Lamy-Allstar erstmal aufheben. So viele Tinten habe ich dann ja letzten Endes auch wieder nicht zur Auswahl.)
pelikaniac
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Re: Diva oder Arbeitspferd?

Beitrag von pelikaniac »

@Orakel: Die spinnen auch bei Rechtshändern rum die Reformierten...
Das sind aufgrund des Preises und der Schreibeigenschaften die idealen Kandidaten für die ersten "Selbstschleifereien"!
Gib mal schleifen in die Suche ein...

Edith oder wie die Frau heißt: Habe ein "d" eingefügt...
Zuletzt geändert von pelikaniac am 08.06.2010 6:53, insgesamt 1-mal geändert.
Klein! Schwarz! Stark! Kaweco-Sport Luxe!
Kleiner! Schwärzer! Stärker! Kaweco Liliput!
Horpu
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Re: Diva oder Arbeitspferd?

Beitrag von Horpu »

Flügelfeder hat geschrieben: ..............Gut, zugegeben, bei Horsts Duofold hätte ich da auch meine Probleme, aber ..........
Beste Grüße

Armin
Hallo Armin,

da muß ich jetzt doch noch was nachtragen. :wink:

Der Duofold ist mein einziger Füller der rumzickt und dem ich das nachsehe, weil er mir zum einen recht gut gefällt, und zum anderen halt auch wunderbar sanft über das Papier gleitet.
Lasse ich den Füller auf dem Schreibtisch liegen schreibt er auch nach Tagen problemlos an.
Alle anderen Füller die ich habe - die werden immer mal durchgewechselt ganz nach Laune - sind eigentlich so wie ich mir gute Füller vorstelle. (Hab aber auch schon den ein oder anderen weggeworfen weil er nervte.)

Gruß
Horst
Zuletzt geändert von Horpu am 09.06.2010 23:10, insgesamt 1-mal geändert.
Grüße vom Horst..........
Bartimaeus

Re: Diva oder Arbeitspferd?

Beitrag von Bartimaeus »

Hallo,

ich stimme ebenfalls Tenryu zu. Füller, die nicht ordentlich funktionieren, oder denen ich entgegenkommen muss, damit sie schreiben, brauche ich nicht. Die kommen schnell weg.
Was Flügelfeder (Armin) Diva nennt, ist für mich nichts anderes als ein schlechter Füller.

Diven sind ja auch nicht nur kapriziös; zu allererst sind sie in ihrem Fach brillant! (Jedenfalls sollten sie es sein. :cry: )
Orakel
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Re: Diva oder Arbeitspferd?

Beitrag von Orakel »

pelikaniac hat geschrieben:@Orakel: Die spinnen auch bei Rechtshändern rum die Reformierten...
Das sind aufgrund des Preises und der Schreibeigenschaften die idealen Kandidaten für die ersten "Selbstschleifereien"!
Gib mal schleifen in die Suche ein...
Ich denk mal drüber nach. Ansonsten scheint seltsamerweise auch "Lagerbestand" ein wenig die Schreibeigenschaft ein wenig zu verändern. (Ich hab jetzt gerade mal den mehrere Wochen befüllten wieder rausgeholt und die zwei leeren befüllt und gegenseitig ausprobiert. Scheinbar scheint sich Tinte in den Dreien eine Zeit lang selbst verwirklichen zu müssen - oder die müssen sich gegenseitig anfreunden.)

Naja, ich lasse erstmal alles so wie es befüllt ist und warte ab.
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Flügelfeder
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Re: Diva oder Arbeitspferd?

Beitrag von Flügelfeder »

Lieber Horst,

verzeih, ich wollte Deiner rabenschwarzen Feder nicht zu nahe treten... ich hatte es tatsächlich falsch verstanden :roll:
Das Problem kommt mir übrigens sehr bekannt vor...Eine halbe Stunde in der Hemdtasche reichte zwar nicht, aber ich bin ebenfalls der ein oder anderen Füllfeder begegnet, die streikte, sobald man sie mit der Feder nach oben lagerte.

Sonnige Grüße

Armin
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