Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

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maggutefueller
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Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von maggutefueller »

...Tintenrezept aus dem Bamberger Malerbüchlein (Msc.theol.225)... schreibe ja damit aber findet man irgendwo das Rezept, rein interessehalber.
Thom

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Thom »

maggutefueller hat geschrieben:
02.02.2024 7:58
... aber findet man irgendwo das Rezept, rein interessehalber.
Vermutlich in Bamberg, ist aber nicht ungefährlich. https://de.wikipedia.org/wiki/Bamberg#Z ... verfolgung
Auf die Schnelle habe ich nur das hier https://artechne.hum.uu.nl/node/86899,
ist aber zu eisenlastig. Auf 6 lot galles maximalst 2 lot vitriol und dann müssen es schon sehr gute galles sein.

V.G.
Thomas
maggutefueller
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Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von maggutefueller »

Was kann schon passieren
Thom

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Thom »

maggutefueller hat geschrieben:
05.02.2024 22:00
Was kann schon passieren
Die Tinte frisst.

V.G.
Thomas
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vanni52
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Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von vanni52 »

Thom hat geschrieben:
07.02.2024 19:54
Die Tinte frisst.
Auch ein Thema im Zusammenhang mit EG-Tinten. Dem ich allerdings eher selten begegne, ab und zu beim Blättern in alten Kirchenbüchern im Rahmen eines weiteren Hobbys, der Familienforschung.

Da gibt es andere Themen, die mich seit einiger Zeit für EG-Tinten einnehmen und auch diesen Erleuchtungsfaden immer mehr in mein Blickfeld gebracht haben.

Allen voran der Vorgang der Oxidation und der damit verbundenen Verdunklung.
Schon spannend, diesem Vorgang beim Schreiben zuzusehen.
Was auch beim Chromatographieren von EG-Tinten möglich ist.

Ein Chromatogramm der blaufließenden EG-Tinte von Thom habe ich schon mal gezeigt, dies möchte ich ergänzen durch Fotos, die während des Chromatographiervorganges aufgenommen wurden.

IMG_5315.jpeg
IMG_5315.jpeg (783.23 KiB) 966 mal betrachtet
IMG_5316.jpeg
IMG_5316.jpeg (788.78 KiB) 966 mal betrachtet
IMG_5309.jpeg
IMG_5309.jpeg (649.17 KiB) 966 mal betrachtet

Die Beobachtung der beiden Hilfsfarbstoffe, einem blauen und einem gelben, zeigt Unterschiede im Hinblick auf die Molekülstruktur, etwa bei der Polarität. Der gelbe Farbstoff wird vom Laufmittel Wasser weiter transportiert, ein Hinweis auf einen hydrophileren Charakter.

Beobachtungen wie diese kann man i.d.R. bei jeder Farbstofftinte machen, bei einer EG-Tinte kommen Eisensalze hinzu.
So erkennt man schon beim ersten Chromatogramm einen grauen Bereich, der sich sukzessive vergrößert.
Aus den Erkenntnissen zur Nachtrot dürfte es sich hierbei um Eisen-III-tannat handeln.

Und wo findet sich das (namensgebende) Eisengallat?

Kann man am Rand des innersten konzentrischen Bereichs erahnen.
Besser zu sehen im folgenden Chromatogramm:

IMG_5310.jpeg
IMG_5310.jpeg (699.19 KiB) 966 mal betrachtet

Vergrößert:

IMG_9452.jpeg
IMG_9452.jpeg (576.13 KiB) 966 mal betrachtet
LG
Heinrich
Thom

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Thom »

vanni52 hat geschrieben:
08.02.2024 12:51
... Die Beobachtung der beiden Hilfsfarbstoffe, einem blauen und einem gelben, zeigt Unterschiede im Hinblick auf die Molekülstruktur, etwa bei der Polarität. Der gelbe Farbstoff wird vom Laufmittel Wasser weiter transportiert, ein Hinweis auf einen hydrophileren Charakter. ...
Das beeinflusst ganz gewaltig die Oberflächenspannung, deshalb ist die grüne EG so durchgesuppt. Zum Tintenfraß muss man sagen, da gehören letztendlich 2 Sachen dazu, das Papier darf man dabei nicht vernachlässigen. Tintenseitig ist aber trotzdem die Aufgabe, die Aggressivität so niedrig wie möglich zu halten, weil auch unterschiedlichste Papiersorten dann verwendet werden.

V.G.
Thomas
maggutefueller
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Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von maggutefueller »

Über welche zeiträume reden wir bei hochwertigen papieren?
Thom

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Thom »

maggutefueller hat geschrieben:
09.02.2024 19:07
Über welche zeiträume reden wir bei hochwertigen papieren?
Wir gehen da von normalen Lagerungsbedingungen aus (also keine 90% Luftfeuchtigkeit und 80°C Raumtemperatur), es geht da schon um Jahrhunderte. Ich bin da gar nicht so sicher mit dem hochwertigen Papier, günstige Papiere mit Kalziumkarbonat bilden womöglich mit dem Sulfat Gips, da wäre der Säurefraß schonmal eingedämmt und im basischen Bereich wird es auch keine Fenton-Reaktion geben, also diese Papiere sind möglicherweise ausgesprochen beständig gegen Tintenfraß.

V.G.
Thomas
Thom

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Thom »

Aus dem 19.Jh. frisst schon so einiges, das ist von 1850. Tintenfraß ist aber ein progressiver Vorgang, wenn der erstmal so sichtbar ist, dann frisst die Tinte schon längere Zeit.
Dateianhänge
Tintenfraß.jpg
Tintenfraß.jpg (317.17 KiB) 793 mal betrachtet
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vanni52
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Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von vanni52 »

Thom hat geschrieben:
10.02.2024 1:06
Aus dem 19.Jh. frisst schon so einiges, das ist von 1850.
Hier mal ein Dokument von 1811.
IMG_9454.png
IMG_9454.png (779.11 KiB) 753 mal betrachtet

Man kann sehr schön sehen, dass ein stärkerer Tintenauftrag ein ausgeprägteres, braunes Halo hervorruft.
Spannend für mich ist die Frage, ob mein Ururururgroßvater bei seiner Unterschrift einen nasseren Stift im Vergleich zum Standesbeamten verwendet hat, oder aber die bessere Eisengallustinte.

Und übrigens, hier frisst nix mehr.🙂
LG
Heinrich
maggutefueller
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Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von maggutefueller »

Hatte ein tintenchromatogramm im sinn
Thom

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Thom »

vanni52 hat geschrieben:
10.02.2024 12:21
... Und übrigens, hier frisst nix mehr.🙂
Deshalb sage ich ja auch, es ist ein kulturhistorisches Problem, man sollte das schon im entsprechenden Kontext beurteilen.
Zum ALDI schafft man's auf alle Fälle.

V.G.
Thomas
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vanni52
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Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von vanni52 »

Hier mal eine Eisengallustinte des Herstellers KWZ, die IG Red #3.

IMG_9793.jpeg
IMG_9793.jpeg (780.63 KiB) 240 mal betrachtet

Den Eisengallusgehalt beurteile ich als eher unterdurchschnittlich, auf der Basis des Chromatogrammes mit einer Trocknungszeit von 10 Minuten vor dem Start der Chromatographie.
LG
Heinrich
ai19
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Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von ai19 »

Thom hat geschrieben:
04.02.2024 12:44
maggutefueller hat geschrieben:
02.02.2024 7:58
... aber findet man irgendwo das Rezept, rein interessehalber.
Vermutlich in Bamberg, ist aber nicht ungefährlich. https://de.wikipedia.org/wiki/Bamberg#Z ... verfolgung
Auf die Schnelle habe ich nur das hier https://artechne.hum.uu.nl/node/86899,
ist aber zu eisenlastig. Auf 6 lot galles maximalst 2 lot vitriol und dann müssen es schon sehr gute galles sein.
Wieviel wäre denn ein Lot in SI-Einheiten?

Allerdings könnte man argumentieren, dass wenn man annimmt, dass es sich um eine Gewichtseinheit handelt, man eine beliebige Gewichtseinheit annehmen kann, weil es um die Mengenverhältnisse geht.

Sind es Volumeneinheiten, kann man das nicht mehr so ohne weiteres machen, da die Dichten der Materialien verschieden sein werden.

Beste Grüße,
Arda
ai19
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Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von ai19 »

Thom hat geschrieben:
29.01.2024 10:00
Bei Königsblautinten wird das eher passieren, das sind dann die Fälle mit verbleichender Schrift in geschlossenen Heften, das wäre aber reversibel, dazu müsste man den pH-Wert des Papieres nachträglich verringern.
Davon kann ich ein Lied singen, weswegen ich diese (ungesunde?) Obsession mit Partikeltinten entwickelt habe. Ich würde ja wenigstens gerne meine Sachen nachlesen können, so lange ich selber lebe, sonst würde ich sie ja nicht aufschreiben.

Man hat dann natürlich nicht diesen wunderschönen Farbreichtum der Farbstofftinten, aber darum geht es einem meist ja nicht, wenn man EG- und Pigmenttinten benutzt.

Kürzlich sah ich einen Bericht über einen Politiker, der einmal öffentlich Bierdeckel vollkritzelte, die nun im Bundesarchiv aufbewahrt werden.

Dazu klagte der Archivar, dass die Papierfasern in Bierdeckeln nicht so stabil seien, und klagte auch über die verwendete Tinte, die wohl keine hochwertige Qualität habe.

Da dachte ich mir, auch wenn ich kein wichtiger Politiker bin und es auch nie sein werde: DAS kann mir und vielen meiner Schriftstücke nicht passieren, und kicherte wohlgemut in mich hinein.

Zufällig war ich gerade dabei, zu Abrechnungszwecken Notizen anzufertigen, die ich allerdings der frühen Selbstvernichtung anheim gab, indem ich mit der Nachtblau in eines der letzten Moleskine-Bücher schrieb, die ich mir je angeschafft habe. Das schlichte Design, die verwendeten Papierformate und die 6mm Zeilenabstand schafften es zu oft, mich zum Kauf zu bewegen.

Viele Grüße,
Arda
Zuletzt geändert von ai19 am 20.04.2024 9:08, insgesamt 1-mal geändert.
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