Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

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Thom

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Thom »

Weil ich mich wiedermal über den Bach erzürne, ist mir das hier eingefallen, das hat Yazeh im fpgeeks verlinkt, als wir's über die blaufließende hatten. Das ist cooles Zeug: https://irongallink.org/ink-corrosion-h ... water.html
Es ist schwer zu sagen, wie alt die Tintenschriften wirklich sind, deshalb ist unklar, ob die Tinten vielleicht fehlerhaft sind, aber ich vermute mal, da könnte sich mit den Sulfationen im Papier Schwefelsäure gebildet haben. Man muss aber berücksichtigen, dass diese Tests bei 80°C gemacht wurden, also bei Raumtemperatur würde es keinesfalls so schnell gehen.

V.G.
Thomas
Downfall
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Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Downfall »

Ich hatte die Nachtblau in einem Visconti HS mit Ruthenium-beschichteter Feder. Ich hätte gerne mal gesehen, ob etwas passiert. Ich vermute aber, da ich das schon lange mit Rhodium gemacht habe, dass das eigentlich recht sicher ist. Für mein laienhaftes Verständnis sollten die Platinmetalle alle etwa gleich korrosionsbeständig sein...ich mag mich aber durchaus irren. Chemie ist nicht mein Gebiet der Expertise :D

Der HS hatte jedoch, trotz eigentlich enorm gutem Fluss, Probleme mit der Nachtblau. Also habe ich es mal mit einer besser fließenden, der KWZ IG Blue #1, versucht. Das ging schon besser, aber auch da hatte der Halter nach knapp einer Seite mit abbrechendem Fluss zu kämpfen. Daher musste ich jetzt "leider" wieder auf eine Alternative ausweichen und habe jetzt Pilot Blauschwarz drin (die ich glücklicherweise auch sehr gerne mag).

Ich hatte den Konrad von KWZ mal zu seiner Erfahrung mit den Tinten in dem Visconti HS befragt. Der scheint auch sehr viele verschiedene Füller zu benutzen und bekommt wohl auch immer mal Rückmeldung von Kunden und Freunden zu seinen Tinten. Was mich etwas stutzig machte, ist, dass der HS im Inneren des Griffstücks noch eine Hülse aus Edelstahl hat, in die die Federeinheit eingeschraubt wird. Ich habe bei Visconti nachgefragt, der Füllmechanismus ist zwar aus Titan, aber die Metallhülse aus Edelstahl.
Konrad meinte nur, er hat eine Freundin, die seine Tinten 3 Jahre lang ohne Probleme in einem solchen Halter verwendet hat.

Jetzt hat er mir dabei noch gesagt, dass seine Tinten mit "Korrosionshemmern" (corrosion inhibitors?) auskommen, was ich so in der Art noch nicht gehört habe. Was mich auch wundert, ist, dass der pH-Wert seiner EG Tinten durch die Bank wohl so um die 3,0 liegt, und dass die Tinten keinerlei Ausfällungen im Fass bilden. Ich habe seit 5 Jahren ein Glas der IG Blue Black, die wohl vom EG-Gehalt her vergleichbar zu Diamine Registrar's ist. Die KWZ hat einfach nichts im Glas drin. Der Boden ist auch noch sauber. Konrad meinte, normalerweise bilden die Tinten nur Ausfällungen, wenn sie verunreinigt werden, zum Beispiel durch Reste von Leitungswasser nach dem Reinigen des FHs. Ansonsten wären das "stable solutions".

Das Glas Platinum BB, das ich hier habe, hat auch nach etwa 5 Jahren noch nichts gebildet, und das ist definitiv auch EG (zumindest laut der Webseite von Platinum selbst). Ich vermute, dass die auch von diesem pGary, oder wie der Mann heißt, gemacht wurde :D

Schade nur, dass der HS dieses dämliche Edelstahlteil hat...da hätte ich, von den Flussproblemen abgesehen, wirklich gern die Nachtblau drin gelassen. Aber wieso der damit diese Flussprobleme hat ist mir wirklich schleierhaft. Alle anderen Tinten schmeißt der regelrecht aufs Papier.
Thom

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Thom »

Downfall hat geschrieben:
12.04.2023 17:44
... Schade nur, dass der HS dieses dämliche Edelstahlteil hat...da hätte ich, von den Flussproblemen abgesehen, wirklich gern die Nachtblau drin gelassen. Aber wieso der damit diese Flussprobleme hat ist mir wirklich schleierhaft. Alle anderen Tinten schmeißt der regelrecht aufs Papier.
Vielleicht funktioniert der Druckausgleich nicht mehr richtig, weil der Luftkanal zu ist. Edelstahl sollte die Nachtblau eigentlich nicht angreifen, sonst erzähl ich der was. Was den hohen pH-Wert von 3 (falls es stimmt) betrifft, man kann z.B. mit Reduktionsmitteln stabilisieren, im einfachste Fall geht Ascorbinsäure, aber unser EG-Projekt war ja auch ein historisches Forschungsprojekt. :)

V.G.
Thomas
Thom

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Thom »

Hallihallo, ich wollte wegen der historischen Forschung mal nach der Preisgestaltung um 1900 schauen. Und ich muss sagen, mit dieser Werbung käme man heutzutage auch nicht mehr weiter. :) https://thepelikansperch.files.wordpres ... =450&h=644

V.G.
Thomas
SpurAufPapier
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Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von SpurAufPapier »

Schade, dass es die nicht mehr gibt :(.
Grüße
Vikka

Das Leben ist zu kurz für schlechte Schreibgeräte
Thom

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Thom »

Machen wir's mal noch komplett. Um 1900 war vor der Novellierung der amtlichen Grundsätze von 1912, da waren noch die von 1888 gültig. Die 3001 war eine Blauholztinte. Die heutige Blauschwarz würde ich nicht über 3g Eisen schätzen, die wäre da eine Klasse 2.

V.G.
Thomas
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Zoidberg
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Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Zoidberg »

Auf der Suche nach EG - Rezepten bin ich an eine Reportage aus 1883 des Magazins GARTENLAUBE (oder so) geraten, in der über eine Werksbesichtigung bei einem Tintenkocher geschrieben wurde.
Dort erwähnte man auch die Kopiertinte, allein über das Verfahren selbst konnte ich bisher nirgends etwas finden.

Es handelt sich ja nicht um einen Druck, sondern um durchsuppende Tinte auf das hintergelegte zweite Blatt für Handschrift ?

Wie stelle man sich das vor?
Wer kann es erklären?
Ich kämpfe mich hier durch die doppelten Maßstäbinnen :|
Thom

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Thom »

Die Kopiertinten waren stark hygroskopisch. Man konnte die wieder anfeuchten und mit einer Kopierpresse die Schrift auf ein halbtransparentes Blatt übertragen. Halbtransparent musste es sein, weil natürlich alles seitenverkehrt war.

V.G.
Thomas
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Zoidberg
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Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Zoidberg »

Thom hat geschrieben:
13.04.2023 6:54
Hier ist so ein Teil. https://de.wikipedia.org/wiki/Kopierpresse
Vielen Dank!
Und dahinter noch ein Link zu Zeno mit weiteren Details
http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/Kopieren
Ich kämpfe mich hier durch die doppelten Maßstäbinnen :|
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Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Downfall »

Hat jemand die Platinum Blue Black eigentlich längerfristig im Gebrauch? Die gefällt mir gerade wieder richtig gut. Frage vor Allem wegen der Beständigkeit.
Thom

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Thom »

Downfall hat geschrieben:
13.04.2023 15:36
... Frage vor Allem wegen der Beständigkeit.
Wenn nur mal jemand draufschreiben würde, dass Eisengallus drinnen ist, dann müsste man nicht ständig rätseln. :)
Eine EG-Tinte vom Format der Pelikan Blauschwarz wird in 100 Jahren im Tagebuch etwa so aussehen, also das geht.

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Aber eben nicht im Licht. Noch nichtmal wenn Martin die mit Spitzfeder schreibt.

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V.G.
Thomas
Downfall
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Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Downfall »

@Thomas: ich weiß, meine Antwort ist verspätet, aber laut Platinum selbst handelt es sich um EG:
https://www.platinum-pen.co.jp/en/about ... l/?pid=388

Die Übersetzung ist aber sehr merkwürdig. Oben steht ja zunächst mal "water based dye ink", ich vermute aber, dass sich das dann eher auf den HF bezieht, der in der EG-Kategorie vermutlich auch den größten Anteil der schlussendlichen Schrift ausmacht. Die Tinte geht recht blau aufs Papier und ist nach einem Tag eher ins gräuliche, der Farbton verändert sich nicht so extrem viel. Mein Fass ist aber wie gesagt auch schon wieder ein paar Jahre alt. Insgesamt ist sie aber sehr wasserfest, locker wie die Salix, eher noch mehr. Ich hab die geschriebene Tinte auch testweise mal länger im Wasser liegen lassen, da verschwindet der blaue Farbstoff auch komplett, die zurückbleibende Schrift ist dunkelgrau und problemlos lesbar, sieht von der Randschärfe und so aus wie frisch geschrieben. Habe gerade leider kein Foto zur Hand...
Irgendwo las ich auch, dass der pH-Wert der Tinte 1,9 beträgt, was die EG-Theorie ja weiter stützt.

Eine andere Sache: Wie sieht eigentlich die Lebensdauer der Nachtblau im noch nicht geöffneten Glas aus? Kann ich theoretisch ein Glas auf Vorrat hier stehen haben, oder macht das auch schon Ausfällungen, wenn ich es noch nie geöffnet hab? Letztens schrieb mir der Konrad von KWZ, dass seine Tinten im noch nicht geöffneten Glas sicher ein halbes Jahrhundert haltbar sind, aber das ist anscheinend auch nochmal eine ganz andere Art von Tinte.
Downfall
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Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Downfall »

Ich sehe gerade, auf der verlinkten Seite wird auch die "Classic"-Serie als "Water based dye ink" bezeichnet...
Thom

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Thom »

Downfall hat geschrieben:
18.04.2023 21:41
Irgendwo las ich auch, dass der pH-Wert der Tinte 1,9 beträgt, was die EG-Theorie ja weiter stützt....
Ja, das klingt schon sehr nach EG. Man kann es aber riechen, wenn Du mal am geöffneten Nachtblau-Flakon schnupperst, dann riechst Du den Eigengeruch der Tinte. Und wenn Du jetzt als Nächstes ein Tröpfchen Nachtblau zwischen Daumen und Zeigefinger mal kurz verschmierst, dann riechst Du das "Eisen" in der Tinte, genauer die Umwandlungsprodukte aus dem Hautfett, die von den Eisenionen in der Tinte katalysiert werden. Das müsste bei jeder Eisengallustinte funktionieren. Auf Vorrat würde ich die Tinten nicht hinstellen, auch meine Registrars Ink macht im geschlossenen Flakon mit den Jahren Ausfällungen, das wird die Nachtblau auch machen, das sind dann aber im Wesentlichen Gerbsäurevernetzungen. Das Hamstern ist des Müllers Lust, es ist aber nicht so, dass die Tinten alle werden, weil ich ja weiß, wie die gehen, es kann halt nur mal 14 Tage dauern. :)

V.G.
Thomas
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