Hartgummi / BHR / Ebonit - Veränderungen und Abhilfe

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pelikanjog
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Hartgummi / BHR / Ebonit - Veränderungen und Abhilfe

Beitrag von pelikanjog »

Hallo,

ich habe in einem anderen (älteren) Faden zur Restaurationsdebatte u.a. Fragen zur Veränderungen bei Hartgummi gestellt, die dort unter dem Titel (Columbus-Fürth) und Thema nicht vermutet werden. Deshalb versuche ich es hier in einem neuen Thema. Vielleicht interessierrt andere mit Hartgummi - Sammelstücken das auch.

Es geht um (schwarzen) Hartgummig, (B)HR, Ebonit. Anderesfarbiges Hartgummi ist eine andere Frage. Aber ich habe i.M. nur schwarze.

Mich interessiert, wie das mit dem Hartgummi und seiner Veränderung war / ist.‎
Ich habe einen BHR Waterman Patrician poliert. Das war mühsam, weil ich keine Drehbank habe.

Jetzt habe ich in FPN eine ‎‎Diskussin über ‎"Pen Potions" und einen links zu einer Bezugsquelle

(http://pensburymanor.com/pensburymanor/ ... 26_10.html)

gefunden.‎

Damit scheint das Schwärzen des Hartgummis weniger ‎‎mühevoll zu sein. Aber bevor ich "Pen Potion" besorge, möchte ich die ‎folgenden ‎Fragen klären:‎

‎1) Was dünstet da aus dem BHR aus? Und wie verändert sich der Hartgummi durch den Verlust?‎
Kann man das Ausgedünstete ersetzten, wieder eintragen? ‎ BHR soll ja auch Wasser "ansaugen", jedenfalls verändert es seine Farbe durch Wässerung. Saugt es dann auch anderere Flüssigkeiten auf?

2) Wodurch dünstet BHR aus?
UV - Licht, Sauerstoff, Wasser?

‎3) Was passiert eigentlich, wenn man "Pen Potion" aufträgt?
Ist das "nur" irgendein Farbstoff ‎‎‎oder ist es ein Stoff, der im BHR drin war und der mit den Schwefelbestandteilen ‎‎‎ausgedünstet ist?‎
Daran knüpft sich die Frage, wie das bei farbigen Hartgummi - Teilen ist.

‎4) Was passiert (chemisch) wenn man Öl aufträgt? Ist das "nur" ein Versiegeln? (Ich nehme ‎‎‎auf Vorschlag von Jörg Kuhn Nelkenöl)‎ und verhindert Öl das Ausdünsten?
Und warum wird das Material nach dem Einölen und Trocknen wieder schwarz?‎

Das sind "ein Haufen" Fragen auf einmal. Vielleicht gibt es jemand, der sich mit Hartgummi gut auskennt und der Lust hat, die Fragen zu beantworten.

Ich würde mich freuen!

Hansjürgen
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stift
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Re: Hartgummi / BHR / Ebonit - Veränderungen und Abhilfe

Beitrag von stift »

Hallo
Das Ebonit schwefelt aus das ist was mit der Zeit dann gelb oder bräunlich wird.
Es gibt einige Methoden einen Füller wieder schwarz zu machen,und da gibt es einige Gemische die Experten zusammengesetzt haben .
Ich mache es mit Scheuermilch oder Autosol und wenn der Füller fertig ist wird er mit Olivenöl oder Silikonspray eingelassen und poliert.
Aus Erfahrung kann ich nur sagen das Ebonit nicht gleich Ebonit ist da hat es schon Unterschiede gegeben,
Mit der 10 fach Lupe kann man das gut erkennen,je mehr schwarze Pigmente desto schöner geht das wieder zurück zu Polieren.
Grüße Harald
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SimDreams
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Re: Hartgummi / BHR / Ebonit - Veränderungen und Abhilfe

Beitrag von SimDreams »

Frodo hat hier eine tolle Beschreibung von Ebonit geschrieben, allerdings ohne chemische Details: viewtopic.php?t=2952

Für die Aufarbeitung empfiehlt er ebenfalls eine feine Schleifpaste. Die korrodierten/gebräunten Teile chemisch wieder auf den alten Stand zu bringen, dürfte nicht funktionieren.

Zum angesprochenen „Wiederschwärzen“: falls du einen passionierten Pfeifenraucher im Bekanntenkreis hast, gibt er dir vielleicht eine Probe dieses Ebonitpflegemittels: https://www.pfeifen-shop-online.de/Ebon ... undstuecke

Zu den Einflüssen auf die Alterung: in erster Linie dürfte es Licht sein, dass den Anfang vom Ende einleitet. Wasser allein ist nicht schädlich (ich habe noch keinen braunen Tintenleiter gesehen), Luft alleine auch nicht (Ebinit ist grundsätzlich dauerhaft). Die Qualität des Ebonits (gibt es unreagierte Schwefelcluster, die als Keime dienen bzw. Schwachstellen darstellen) dürfte auch einen Rolle spielen. Ist die Oberfläche erst angegriffen, kann auch Wasser Schäden anrichten, weil es weiter eindringt (immerhin wird Ebonit immer als hydrophil beschrieben).

Grüße, Uwe
Da die Schreibgeräteakquise nicht das einzige Hobby ist: http://www.flickr.com/photos/simdreams/
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pelikanjog
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Re: Hartgummi / BHR / Ebonit - Veränderungen und Abhilfe

Beitrag von pelikanjog »

Hallo ihr beiden!

Vielen Dank für die Antworten. Das habe ich wissen wollen, im Forum gesucht (wo denn sonst ???) und nun Dank deiner Hilfe, Uwe, in den Beiträgen von Frodo gefunden.

Toll! Noch viel zielführender als die SuFu.

Das habe ich mit gewünscht: eine Antwort eines fülleraffinen Kunststoff-Chemikers, nicht nur über Hartgummi, sondern auch über Zelluloid, Bakelit u.a., - was zu fragen ich mich erstmal gar nicht getraut habe.

Vielen Dank nochmals!

Hansjürgen

PS Ob man solche grundlegenden Artikel nicht in einer gesonderten Rubrik führen sollte - einer Art wikipedia für Füllerfreunde / - innen ???
gluehwuermchen
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Re: Hartgummi / BHR / Ebonit - Veränderungen und Abhilfe

Beitrag von gluehwuermchen »

pelikanjog hat geschrieben:
01.04.2018 10:47
PS Ob man solche grundlegenden Artikel nicht in einer gesonderten Rubrik führen sollte - einer Art wikipedia für Füllerfreunde / - innen ???
Gibt es schon, Hansjürgen.

Die ersten vier Moderatoren hier im Forum, samt Admin, hatten damals versucht, wissenswertes aus Artikeln der Penexchange-Foristen zu bündeln, damit da schnell drauf zugegriffen werden konnte.
Deshalb befindet sich in vielen Themenrubriken zu Anfang ein Threat mit Überschrift: Archiv-Beschreibungen, Tests usw.
Leider wurde und wird das seit 2012 von den Moderatoren/Admin nicht mehr gepflegt.

Ein Pen-Wiki ist hier vorhanden. Siehe ganz oben im Menü. https://www.penexchange.de/pen-wiki/ind ... Hauptseite
Haben wollten es viele, leider nur wenige etwas dafür tun.

Schöne Ostern
Monika
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Will
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Re: Hartgummi / BHR / Ebonit - Veränderungen und Abhilfe

Beitrag von Will »

Hallo in die Runde,

eine Anmerkung aus eigener Erfahrung:
Ebonit ist nicht gleich Ebonit. Ich habe welches, das bei Kontakt mit Wasser keine Reaktion zeigt und anderes, das schon bei minimalem Wasserkontakt sofort bräunlich weiß wird, wie alte Schokolade. Entsprechend würde ich bei Ebonit grundsätzlich mit Wasser Vorsicht walten lassen.

Schöne Ostergrüße

Gerd

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pelikanjog
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Re: Hartgummi / BHR / Ebonit - Veränderungen und Abhilfe

Beitrag von pelikanjog »

Hallo Monika,

vielen Dank für deine Hinweise.

Das mit dem Wiki ist natürlich ein Problem, weil erst mal festgestellt werde muss, ob der Artikel qualifizierte Informationen liefert.

Aber je länger ich im Forum unterwegs bin, um so mehr schätze ich die (rein) informativen Artikel (wie die über Hartgummi usw. oder in Wiki über flexible Federn).
Zu den für mich interessanten gehören auch Erfahrungsberichte, die über reine Bewertungs- und Befindlichkeitsartikel hinausgehen.

Aber ich finde es ganz toll, wieviel Wissen hier unterwegs ist. Wenn man eine konkrete Frage stellt, bekommt man meistens auch solide Auskunft.

Schöne Feiertage auch dir!

Hansjürgen
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pelikanjog
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Re: Hartgummi / BHR / Ebonit - Veränderungen und Abhilfe

Beitrag von pelikanjog »

Hallo Gerd,

vielen Dank für deinen Hinweis.

Es müsste eigentlich klar sein, dass es verschieden Sorten Ebonit gibt. Aber mir war das nicht klar. Ich dachte, Hartgummi sei Hartgummi.

Nun verstehe ich auch, warum so viele Experten davor warnen Halter und Griff mit heißem Wasser zu trennen und für Fö(h)n = trockene Hitze plädierten. Aber sie haben mir nie gesagt, warum.

Und ich habe es - trotz Warnung - mit Wasser ohne schwerwiegende Folgen geschafft. Aber ich musste den Halter sowieso polieren.

Auch dir schöne Feiertage,

Hansjürgen
penpiper
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Re: Hartgummi / BHR / Ebonit - Veränderungen und Abhilfe

Beitrag von penpiper »

Frohe Ostern in die Runde,

in der Pfeifenmacherei und vor allem bei der Wieder-Aufarbeitung von ge(b)rauchten Pfeifen ist das ein alltägliches Problem.

Hauptursache für das "Vergrauen" (das bis Gelb und leicht grünlich gehen kann) ist Licht, insbesondere UV-Licht. Feuchtigkeit spielt ebenso eine Rolle wie auch chemische Reaktion mit "Fremdstoffen" wie z.B. Leder (Gerbstoffe/Weichmacher) oder bestimmte Kunststoffe. Und auf jeden Fall ist auch die Qualität des Hartgummis von nicht zu leugnender Bedeutung.

Bei der Beseitigung der Gilbschicht hilft einzig und allein mechanisches Abtragen, also abschleifen (soweit es möglich ist) und neu aufpolieren. Eines der dabei auftretenden Probleme sind z.B. Beschriftungen/Imprints/Logos, die natürlicher Weise mit weggeschliffen werden....egal ob nun Schleifpapier oder eine Polierpaste benutzt wird....

Zur Anschaulichmachung ein Foto nachher/vorher aus meiner Werkstatt.
Dateianhänge
P1050797.JPG
P1050797.JPG (203 KiB) 5312 mal betrachtet
Viele Grüße

Holger
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stift
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Re: Hartgummi / BHR / Ebonit - Veränderungen und Abhilfe

Beitrag von stift »

#Non, je ne regrette rien#
Frodo
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Re: Hartgummi / BHR / Ebonit - Veränderungen und Abhilfe

Beitrag von Frodo »

Hallo Hansjürgen
Zuerst mal im Vorgriff etwas zur Diskussion bei FPN. Ich habe mir allerdings nur ein paar Eingaben der erfahrenen Sammler historischer Schreibgeräte angesehen doch ist auch hier das Wissen über die Zusammensetzung und die Materialeigenschaften von Hartgummi gering. Giovanni Abrate hat ja mit dem Thema „reblackening“ angefangen und seine Plempe G 10 verkauft. Von Ron Zorn und Syd Sapperstein, der die “Pen Potions“ verkauft, sind keine schlüssigen Reaktionen zu erhalten, einzig David Nishimura scheint sich auch naturwissenschaftlich näher mit der Alterung von Hartgummi befasst zu haben, er ist aber sehr zurückhaltend mit dem Auftragen weiterer Chemikalien. Was Syd über die Reaktion seiner Plempe im Hartgummi erzählt, ist nach meiner Ansicht nicht ernst zu nehmen. Der Farbstoff soll der gleiche wie im Original Hartgummi sein, auf Wasserbasis in die Poren des geschädigten Schafts eindringen und mit dem ursprünglichen Gummi eine Verbindung eingehen. Der schwarze Füllstoff ist Ruß und mit dem wird keiner der vorgeschlagenen Schritte gelingen.
Also, wenn ich so eine Farbe herstellen wollte, würde ich ein paar Familiendosen mit schwarzer Schuhwichse kaufen und diese durch Toluol oder Cyclohexan oder sonstwas verflüssigen. Und ab, in den Verkauf. Für Bedarfsgüter ist das Zeug ja zugelassen, na, ja, wenn man davon absieht, dass man von Zeit zu Zeit auch mal an seinem Füller knabbert. An den Schuhen nur bei großer Hungersnot.
Alle sprechen auch immer von einem Oxidationsprozess aber niemand hat sich mal ein Herz gefasst und ausgesagt, was da eigentlich oxidiert wurde.

Die helle Schicht, die sich außen anlegt, könnte tatsächlich, wie es Harald und viele andere Liebhaber historischer Schreibgeräte konstatiert haben, elementarer, fein verteilter Schwefel sein. Der Alterungsprozess zeigt sich nur an gebrauchten Hartgummifüllern, ungebrauchte Füller, Halbzeug wie Stäbe und Röhren sowie wenig händisch belastete Gegenstände wie Tintenflaschen aus Hartgummi können 100 Jahre liegen und keine nennenswerten Oberflächenreaktionen zeigen. Längerer Gebrauch bewirkt auch einen merklichen Materialschwund, was sich im Verlust von Guillochierungen und Imprints zeigt.
Die beschwefelte Oberfläche ist mikroskopisch rauh, zeigt verschiedenfarbige Lichtdispersion und wird beim Auftragen von Flüssigkeiten wieder geglättet und zeigt dann wieder die ursprüngliche Farbe. Fette und Öle verkleistern diesen Zustand und erzeugen ein hinreichend gutes Erscheinungsbild. Ob Auflagen auf Öl- oder Silikonbasis auf Dauer materialschwächend wirken können, ist nicht hinreichend bekannt.

Woher kommt der Schwefel? Beim „Vulkanisieren“ wird bis zu 50 Gewichtsprozent Schwefel zu der Latexmilch zugegeben. Bei 119 Grad schmilzt der Schwefel und bei 187 Grad brechen die kronenförmigen Ringe aus 8 Schwefelatomen nach mehreren Metamorphosen auf. Hier beginnt vermutlich die spontane Reaktion mit den verbliebenen Doppelbindungen der Latex ohne weitere Zugabe von Katalysatoren. Ich empfand die 50% Schwefel immer als etwas hoch gegriffen doch ist dies tatsächlich die Stoffmenge an Schwefel, die an der aufgebrochenen Doppelbindung Brücken mit jeweils 4 Schwefelatomen zu einem gegenüberliegenden Latex- Polymermolekül entstehen lassen. Die Zahl 4, die ich für die Verbrückung annehme ist allerdings wohl nur ein Mittelwert. Ein Exzess- Volumen an Schwefel, der elementar im Material eingelagert wird, entsteht erst dann, wenn durch schnelles arbeiten nicht alle Doppelbindungen abgesättigt werden oder ein noch höherer Prozentsatz von Schwefel eingesetzt wird.
Tatsächlich ist es häufig zu bemerken, dass der „Korrosionsvorgang“ im Schaft der Kappe und auf dem aufgeschraubten Kappenabschluss manchmal vollkommen verschieden ist: Letzterer wird aus vollem Stabmaterial hergestellt und Kappen- wie Füllerschaft aus Röhrenmaterial. An beide Ausformungen werden verschiedene Festigkeitseigenschaften erwartet, was sich in einem unterschiedlich eingesetztem Schwefelanteil zeigen könnte.

Oxidationsreaktionen: Ja, jetzt komme ich doch nochmal drauf. Bei FPN hat auch jemand geschrieben, dass Licht die Schwefelbrücken herauslosen und durch Peroxid ersetzen sollte. Hier müsste man sich allerdings erstmal eingehender mit den Woodward- Hofman- Regeln auseinandersetzen um zu entscheiden, ob eine solche Reaktion überhaupt photochemisch erlaubt ist.
Eine andere Reaktion ist allerdings bekannt: Ozon, ein sehr reaktives Molekül aus 3 Sauerstoff- Atomen, entsteht nicht nur bei Bestrahlung mit energiereichem UV- Licht in der höheren Atmosphäre sondern auch beim Umsatz mit Stickoxiden oder an heterogenen Oberflächen bei belichten mit UV. Dieses Ozon greift Doppelbindungen bis zum vollständigen Bindungsbruch an. Werden die Hauptstränge des Latex im Gummi in dieser Weise zerschnitten, wird die Struktur entscheidend geschwächt. Dauercamper kennen die einseitige Alterung durch die unterschiedliche Belichtung der beiden Wohnanhängerreifen und decken den lichtzugewandten Reifen ab.

Auch an der Oberfläche von Hartgummi wäre eine Reaktion denkbar: Es sollten hier viele anionische Sulfidische Reste aus einem Micellenverband herausragen, die eben gerade keinen Bindungspartner gegenüber mehr gefunden haben. Diese geladene Oberfläche sollte auch für die sehr guten hydrophilen Eigenschaften des Ebonits, aber, in trockenem Zustand, auch für die Fähigkeit, statische Elektrizität zu tragen, verantwortlich sein.
Wenn ich mich jetzt sehr weit aus dem Fenster lehne, würde ich fabulieren, dass die körpereigene Abwehr dieses Sulfid als Giftstoff erkennt und Enzyme zur stufenweisen Oxidation zu Thiosulfat, Sulfit und schließlich Sulfat umsetzt. Tatsächlich ist dieser „biochemical pathway“ bekannt. Ob die Enzyme auch außerhalb des Körpers und eine weitere Zeitperiode weiterwirken könnten, wage ich natürlich nicht zu behaupten.
Neben dem Materialabtrag bei Benutzung könnte noch ein weiteres Phänomen, welches ich beobachtet hatte, erklärt werden: Sulfat, welches als Füllstoff in Papier verwendet wird, kann sich zu Schwefelsäure umsetzen, welche das Papier zerstören kann.
In einer Schauvitrine hatte ich auf einer Baumwollunterlage Füllhalter als Schaustücke befestigt. Exklusiv nur unter den Hartgummifüllern war der Stoff so zerfressen, als hätte man ihn mit Schwefelsäure getränkt….

Noch was: Einer etwaigen Einfügung in eine wiki- Software stimme ich nicht zu. Da muss man täglich auf der Lauer liegen, weil irgendein Besserwisser irgendwas am Text herumknetet oder Werbung in eigener Sache einfügt. Das nervt.
Man kann auch die Suchfunktion benutzen.

Gruß, Frodo
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Will
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Re: Hartgummi / BHR / Ebonit - Veränderungen und Abhilfe

Beitrag von Will »

Lieber Frodo,

bisher habe ich noch nichts in diesem Zusammenhang gelesen, das mit einer fundierteren Argumentationkette hätte aufwarten können. Darum danke ich sehr herzlich für Deinen spannenden und informativen Beitrag.

Viele Ostergrüße

Gerd
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Matthias MUC
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Re: Hartgummi / BHR / Ebonit - Veränderungen und Abhilfe

Beitrag von Matthias MUC »

Wenn einen die Schokoladenfarbe nicht stört und ein Füller ansonsten funktioniert, könnte man's aber auch dabei belassen, weder polieren noch mit irgendeiner Chemie an das Material rangehen? Oder ist das ein Prozeß der Alterung, den man durch "wegpolieren" bis ins "gesunde" Material richtig aufhalten kann/soll/muß? Ich fand in dem anderen Thread bei den vorher-nachher-Fotos die Schokofüller teils schöner und aparter als die aufpoliert-neu-schwarzen Exemplare.
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ddss
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Re: Hartgummi / BHR / Ebonit - Veränderungen und Abhilfe

Beitrag von ddss »

Zunächst muss auch ich mich (einmal mehr) bei Frodo bedanken. Derart fundierte Ausführungen zum Ebonit dürfte man in der Tat nur schwerlich finden.

Als langjähriger Pfeifenraucher habe ich mir (wie Holger) natürlich auch Gedanken darüber gemacht, die Methode, mit der ich meine Mundstücke poliere, auch auf Füllerteile aus Ebonit zu übertragen, und sie sofort wieder verworfen.

Mein Pfeifenhändler (Pfeifen Heinrichs in Köln) poliert schon immer Pfeifen-Köpfe und die Ebonit-Mundstücke der Kundenpfeifen mit einer Apparatur, die im Grunde ein Doppelschleifer ist, bei dem die Schleifscheiben durch "Schwabbelscheiben" aus zusammen genähtem Baumwollstoff ersetzt wurden. Das gibt es auch fertig als "Set":

https://www.polierbock.de/6-tlg-Pfeifen ... in-Germany

Eine solche Apparatur habe ich mir als "Tischset" dann auch nachgebaut. Oftmals sehen die Mundstücke nach der Behandlung aus wie nagelneu.

Bei Schreibgeräten würde ich von einer solchen Vorgehensweise abraten:

1. Imprints und sonstige Verzierungen sind vielleicht nicht nach der ersten, spätestens aber nach der zweiten oder dritten Politur verschwunden.
2. Wie Matthias bereits richtig bemerkt hat, ist es sehr zweifelhaft, ob man einen jahrzehntealten Füller haben möchte, der aussieht wie neu.
3. Das Risiko ist hoch: Auch wenn ich die Politur schon seit Jahrzehnten praktiziere, passiert es mir gelegentlich, dass mir die schnell drehende Scheibe das Mundstück aus der Hand reißt und dieses Schaden nimmt. Beim Mundstück ist das kein Problem: Ich bringe die Pfeife zum Händler und der lässt mir für 25-30 € ein neues Mundstück aufsetzen. Bei einem alten Schreibgerät geht das nicht.
4. Das ganze ist eine ziemliche Sauerei und eigentlich nichts für Wohnräume: Die Scheibe verteilt Flusen, Poliermittel etc. weiträumig durchs Zimmer. Man macht es besser bei gutem Wetter im Freien.

Für Schreibgeräte bleibe ich bei der "Harald-Stift-Methode": Scheuermilch und Autosol.

Viele Grüße

Michael
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Will
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Re: Hartgummi / BHR / Ebonit - Veränderungen und Abhilfe

Beitrag von Will »

ddss hat geschrieben:
02.04.2018 13:10

Für Schreibgeräte bleibe ich bei der "Harald-Stift-Methode": Scheuermilch und Autosol.

Viele Grüße

Michael
So halte ich es auch, wobei ich nur bei ungleichmäßiger und fleckiger Bräunung moderat von Hand poliere und man einem alten Stück bei mir auch sein Alter ansehen darf. Das stört mich nicht und belässt dem Füllhalter etwas von seiner Geschichte und seiner Seele.

Schöne Ostergrüße

Gerd

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