Böhler Gold - oder warum ein weiches Herz eine Menge Arbeit bedeutet

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Wurmbunt
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Böhler Gold - oder warum ein weiches Herz eine Menge Arbeit bedeutet

Beitrag von Wurmbunt » 24.01.2019 0:46

Hallo,
im Thread "Overlays" habe ich nebenbei erwähnt, dass ich mich derzeit um einen Füller des Herstellers "Hermann Böhler" kümmere.
Da ich Dagmar's Thema nicht sprengen will, und Gerd mich gebeten hat einen neuen Faden zu eröffnen, tue ich das hiermit.
Den Böhler habe ich mir vor einiger Zeit aus der Bucht gezogen - war als defekt deklariert und günstig- also kein Problem von der Seite aus. Er war als Ersatzteilträger gedacht, vor allem wegen der 14K Goldfeder von Degussa, von alten Degussa- Federn liest man hier im Forum ja nur Gutes.
Beim Zerlegen, tat er mir dann irgendwie leid - war doch schade drum. Ebonitkorpus mit Guioche, Tintenfenster, Spindel und Kolbenstange aus Messing, Korkkolben mit Feingewindeschraube, auch aus Messing, befestigt und die wirklich hervorragende Degussa- Goldfeder.
Leider ist der Zustand ansonsten desolat :cry: !
15482862013380.jpg
So kam er an
15482862013380.jpg (188.04 KiB) 5840 mal betrachtet
Endkappe fehlt, aber da war noch mehr!
15482862306262.jpg
Kappe gerissen
15482862306262.jpg (181.59 KiB) 5840 mal betrachtet
Kappe gerissen und alle Ziehrringe lose. Ausserdem war der Kappenkorpus irgendwie verformt, fast wie geschmolzen.
15482862803244.jpg
Deformierte Kappe
15482862803244.jpg (151.99 KiB) 5840 mal betrachtet
Als erstes habe ich mich an die fehlende Blindkappe gemacht.
Werde weiter berichten.
Gute Nacht,
Andi
Grüße Andi

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JulieParadise
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Re: Böhler Gold - oder warum ein weiches Herz eine Menge Arbeit bedeutet

Beitrag von JulieParadise » 24.01.2019 0:50

Och, das sieht nicht gut aus. :cry:

Wenn es nicht wohl recht teuer wäre, könnte man glatt auf die Idee kommen, Francis (fountainbel) eine Nachbildung des Füllers zu bauen und die Degussa-Feder dort einzusetzen ... wie hier: MB139 replik Tibaldi Impero celluloid ... Träumen darf man ja.
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Will
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Re: Böhler Gold - oder warum ein weiches Herz eine Menge Arbeit bedeutet

Beitrag von Will » 24.01.2019 3:15

Wurmbunt hat geschrieben:
24.01.2019 0:46
Hallo,
im Thread "Overlays" habe ich nebenbei erwähnt, dass ich mich derzeit um einen Füller des Herstellers "Hermann Böhler" kümmere.
Da ich Dagmar's Thema nicht sprengen will, und Gerd mich gebeten hat einen neuen Faden zu eröffnen, tue ich das hiermit.
Den Böhler habe ich mir vor einiger Zeit aus der Bucht gezogen - war als defekt deklariert und günstig- also kein Problem von der Seite aus. Er war als Ersatzteilträger gedacht, vor allem wegen der 14K Goldfeder von Degussa, von alten Degussa- Federn liest man hier im Forum ja nur Gutes.
Beim Zerlegen, tat er mir dann irgendwie leid - war doch schade drum. Ebonitkorpus mit Guioche, Tintenfenster, Spindel und Kolbenstange aus Messing, Korkkolben mit Feingewindeschraube, auch aus Messing, befestigt und die wirklich hervorragende Degussa- Goldfeder.
Leider ist der Zustand ansonsten desolat :cry: !
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Endkappe fehlt, aber da war noch mehr!
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Kappe gerissen und alle Ziehrringe lose. Ausserdem war der Kappenkorpus irgendwie verformt, fast wie geschmolzen.
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Als erstes habe ich mich an die fehlende Blindkappe gemacht.
Werde weiter berichten.
Gute Nacht,
Andi
Hallo Andi,

vielen Dank für den neuen Faden.

Ein Ebonitkorpus mit Tintensichtfenster lässt mich vorsichtig zweifeln, auch der Schaden an der Kappe. Bitte lass den Korpus ein wenig in der Hand warm werden und reibe etwas mit den Fingern daran. Wenn ein minimaler Camphergeruch wahrzunehmen ist, handelt es sich um Celluloid. Riecht es dagegen sehr deutlich nach Schwefel, ist es Ebonit. Ich gehe jedenfalls von Celluloid aus.

Auch wenn es Celluloid ist, spricht grundsätzlich nichts dagegen, eine neue Kappe aus Ebonit zu drehen. Wenn Du die Maße der Kappenhülse für mich hättest, könnte ich mal bei meinen Böhlerteilen schauen, ob eine passende Kappenhülse für Dich dabei ist.

Viele Grüße

Gerd
Blauer Hautausschlag, erhöhte Temperatur, Bewusstseinstrübungen - oh Gott, das muss Flexfieber sein!

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Wurmbunt
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Re: Böhler Gold - oder warum ein weiches Herz eine Menge Arbeit bedeutet

Beitrag von Wurmbunt » 24.01.2019 19:11

Hallo,
vielen Dank Gerd für das Angebot!
Werde aber versuchen mir die Kappe selbst zu drehen - nur mal um das auszuprobieren.
Eigentlich ist das einzige Problem das Innengewinde. Warum bitte verwendt ein deutscher Füllerhersteller ein englisches Withworthgewinde mit 36 tpi und führt das dann auch noch viergängig aus?
Withworthgewinde sind ja halbwegs gut dicht zu bekommen - aber für die Kappe hätten sie ja, aus Rücksicht auf 70 Jahre später agierende Restauratoren, ein metrisches Gewinde nehmen können. ;)
Spaß beiseite, ich hätte sogar einen Strehler für so ein Gewinde da - müsste aber das Getriebe der Drehbank für den Vorschub umbauen.
Ich glaub ich mache es mir einfach - den vermurksten Kappenkorpus abdrehen bis alles wieder schön zylindrisch ist, dann Fuellerseitig vor dem ja unbeschädigten Original-Gewinde abstechen und in eine entsprechend vorbereitete Ebonithuelse einsetzen - so der Plan.
Schau mer mal :|
Übrigens ist zumindest die Kappe tatsächlich aus Celluloid, der Schaft also höchst wahrscheinlich auch.
Grüße Andi
Grüße Andi

Neryz
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Re: Böhler Gold - oder warum ein weiches Herz eine Menge Arbeit bedeutet

Beitrag von Neryz » 24.01.2019 21:44

Ein toller Thread :-) ich bin gespannt, wie es weitergeht!
Super, dass du den Füller retten willst! :-)

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Pelle13
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Re: Böhler Gold - oder warum ein weiches Herz eine Menge Arbeit bedeutet

Beitrag von Pelle13 » 24.01.2019 22:52

Auch ich hock mich gerne dazu - alte Füller zu neuem Leben zu erwecken, finde ich immer wunderschön!

Gespannte und neugierige Grüße,
Dagmar
Freude am Schauen und Begreifen ist die schönste Gabe der Natur. (Albert Einstein)

Frodo
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Re: Böhler Gold - oder warum ein weiches Herz eine Menge Arbeit bedeutet

Beitrag von Frodo » 24.01.2019 23:01

Wurmbunt hat geschrieben:
24.01.2019 19:11
Hallo,
........... Warum bitte verwendt ein deutscher Füllerhersteller ein englisches Withworthgewinde mit 36 tpi und führt das dann auch noch viergängig aus?
Withworthgewinde sind ja halbwegs gut dicht zu bekommen - aber für die Kappe hätten sie ja, aus Rücksicht auf 70 Jahre später agierende Restauratoren, ein metrisches Gewinde nehmen können. ;)
..............
Hi
Ich denke, es ist wohl wenigen Füllhalternutzern aufgefallen, dass die Kappe schon mit einer halben bis ganzen Umdrehung fest auf dem Schaft aufgeschraubt ist. Dieser doch sehr angenehme Vorgang geht aber nur, wenn ein Mehrfachgewinde eingeschnitten ist, 3- oder 4-fach. Der arbeitende Dreher muss ein äußerst feines Gefühl dafür haben, dem Werkzeug aus der Hand heraus den Vorschub zu geben, nach einer Umdrehung den 4. Gewindegang zu treffen! Die Gummidrehbänke wurden dabei von Hand abgebremst da selbst bei der niedrigsten Winkelgeschwindigkeit des Stufenwellengetriebes wohl nur noch Brösel übriggeblieben wären. Besonders die Innengewinde, stelle ich mir vor, waren nicht einfach herzustellen, da man während des Schneidevorgangs nicht in die Kappe reinschauen konnte. Das Gewinde musste aber auch nicht dicht sein, meistens entspricht es eher einer großzügigen Spielpassung, die sich, wenn das Ende des Griffteils auf eine Stufe im Inneren der Kappe aufsetzt, verfestigt.
Es kommt immer mal wieder einer der alten Füllerdreher hier im Museum vorbei und ich stelle jedes Mal die Frage nach dem Geheimnis dieser Kunst, da ich selbst, wenn ich vor diese Aufgabe gestellt worden wäre, so an die 100% Ausschuss produziert hätte. Man musste es halt viele Male probieren, bekomme ich dann zur Antwort, wer es nach dem hundertsten Mal nicht geschafft hatte, flog von diesem Arbeitsplatz gleich wieder raus.
Die Handstrehler waren erheblich billiger als die Gewindeschneider und -bohrer, die später verwendet wurden und konnten auch einfach immer mal wieder nachgeschliffen werden.
Gruss F

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Wurmbunt
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Re: Böhler Gold - oder warum ein weiches Herz eine Menge Arbeit bedeutet

Beitrag von Wurmbunt » 25.01.2019 1:27

Hallo,
schön, dass der alte Böhler auf so viel Interesse stößt!
Danke auch Dir Frodo für Deinen - wie immer - äußerst fundierten Beitrag.
Der Trick mit dem erhöhten Vorschub bei mehrgängigen Gewinden war mir bekannt (allerdings hätte ich bei einem deutschen Hersteller etwas metrisches erwartet - da aber auch das Gewinde für die Blindkappe und den Endstopfen der Kappe, Withworthgewinde sind, gehe ich davon aus, dass der Arbeiter einfach alles mit dem gleichen Strehler geschnitten hat).
Was mir absolut neu war, ist, dass die Künstler mehrgängige Gewinde von Hand schneiden konnten. Das ist gelinde gesagt krass!!!
Ob kurz oder lang, muss ich auf jeden Fall mal nach Heidelberg und Dein Museum anschauen - leider teilt meine Frau die Füllerleidenschaft nicht, so dass ich mich irgendwie freischaufeln muss.
Ich bin ein eingebildeter Schnösel, was meine handwerklichen Fähigkeiten angeht, aber bei mehrgängigen Gewinden schummle ich :roll:
Habe mir aus der englischen Bucht Handstrehler mit 36 tpi ( turns per Inch) gezogen und benutze sie eingespannt in die Drehbank. 36 tpi (scheint eine Art Standard bei alten Füllfederhaltern zu sein) entsprechen ziemlich genau einer metrischen Gewindesteigung von 0,7 - möchte ich ein dreigängiges Gewinde schneiden, stelle ich über das Vorgelegegetriebe der Leitspindel (der Drehbank) eben auf 2,1 Steigung ein.
Die Zahnteilung des Strehlers (0,7) in Verbindung mit dem Vorschub (2,1) erzeugt nun automatisch ein dreigängiges Gewinde.
Beim anfertigen der fehlenden Blindkappe war die Bohrung mit 6,8mm zu klein, um den Withworthstrehler für Innengewinde zu benutzen.
Habe mir deshalb mit einem metrischen M4 Gewindebohrer - eingesetzt wie ein Strehler - beholfen ( Steigung 0,7).
Mit 0,7 mm Vorschub pro Umdrehung, gibt das ein eingäniges Gewinde entsprechend 36 tpi Steigung. Der Flankenwinkel der Gewindegänge ist zwar mit 55 Grad (Withworth) und 60 Grad (metrisch) unterschiedlich und die Spitzengeometrie ist auch nicht die gleiche, aber Mutter metrisch und Schraube withworth geht ( anderes herum nicht!!!)
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Abnehmen des Konuswinkels am (vorhandenen Kappenabschluss)
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Jetzt ein paar Bilder vom Anfertigen der Blindkappe.
Die Kolbenmechanik war zu diesem Zeitpunkt schon überholt, geschmiert und mit neuer Korkdichtung versehen.
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Rohling aus Ebonit drehen - hier der Einsatz des Gewindebohrers als Strehler
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Aus einer Ebonitstange ist der Rohling grob vorgedreht.
Nach dem Schneiden des Gewindes kommt die Aussenkontur. Hier das Drehen, des vorher abgenommen Winkels.
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Kappenspitze und Blindkappenende bekommen den gleichen Konus
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So sieht das nebeneinander aus.
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Neue Blindkappe und Kappenendstueck nebeneinander
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So mal zusammenbauen und schauen ob's passt!
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Sieht doch gut aus!
15483758187710.jpg (189.28 KiB) 5599 mal betrachtet
Sieht doch bis jetzt ganz gut aus :)
To be continued -
Ciao Andi
Grüße Andi

fountainbel
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Re: Böhler Gold - oder warum ein weiches Herz eine Menge Arbeit bedeutet

Beitrag von fountainbel » 01.02.2019 21:47

Tolle arbeid Andi, respect !
Ich bin begeistert mit ihren Einsatz des Gewindebohrers als Strehler, niemals gesehen…..
Habe wieder etwas gelernt, und danke Ihnen dafür !
Freundlicher grus aus Flandern,
Francis

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Wurmbunt
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Re: Böhler Gold - oder warum ein weiches Herz eine Menge Arbeit bedeutet

Beitrag von Wurmbunt » 02.02.2019 1:09

Hallo ihr lieben,
Der Böhler Gold (auf dem Schaft steht übrigens die Modellbezeichnung 57M) zieht ja wahrhaftig Prominenz an :P
Vielen Dank Francis für Ihre Beteiligung! Ich bin übrigens der Andi und möchte Ihnen hiermit das Du anbieten!
Vielen Dank auch nochmals an " Frodo" für den Beitrag über mehrgängige Gewinde.
Doch auch alle anderen Zuschriften, wie von Sina, Gerd und Dagmar freuen mich - deshalb - Mitleser/Teilnehmer dieses Fadens seid bedankt, denn jedes Feedback spornt mich an, und gibt mir einen Grund, weiter zu berichten.
Also ihr Lieben - schreibt was: Zustimmung, Kritik, Gedankengänge ganz egal!
Jetzt aber wieder zum Böhler!
Wie vorher beschrieben, habe ich die Kappe abgedreht.
15490625625900.jpg
Kappe abgedreht
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Jetzt habe ich eine gleichmäßige Oberfläche, und einen konstanten Aussendurchmesser.
Nun noch den beschädigten Bereich abstechen.
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Kappenendstueck entfernt
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Der Rohling aus Ebonit für die Kappenhülse ist auch schon so gut wie fertig - aber, bevor ich dieses Teilprojekt abschließe, will ich die Sache mit dem Overlay ausprobieren.
Das war schließlich die Intension den Böhler, im Thread "Overlays", überhaupt zu erwähnen - also das nachgefertigte Teil - die Blindkappe - hergenommen, und mit 0,1 mm Messingblech versucht, einen ansprechenden Mantel zu gestalten.
Das - und ein Magen-Darm Virus, sind übrigens die Gründe, dass der Thread von meiner Seite her so schleppend voran geht!
Also mal ein Bild von einem Overlay - Misserfolg :oops:
15490641734800.jpg
Overlayversuch für die Tonne
15490641734800.jpg (212.15 KiB) 5389 mal betrachtet
Also mit den klassischen Scherenschnittmethoden komme ich hier nicht Weiter - zum schneiden zu dick - zum feilen zu dünn.
Meisseln, sägen, bohren und schneiden - alles Schei....
Neuer Versuch mit anderen Mitteln das nächste mal.
Grüße Andi

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Re: Böhler Gold - oder warum ein weiches Herz eine Menge Arbeit bedeutet

Beitrag von Wurmbunt » 02.02.2019 11:24

Hallo,
als Nächstes habe ich mich daran versucht, die Durchbrüche heraus zu ätzen. Für Beschriftungen habe ich so etwas schon mal gemacht - mit wechselndem Erfolg :? .
Die klassische Freihandmethode mit Asphaltlack und Radiernadel ist für einen Schriftzug für mich schon schwierig. Für ein komplexeres Muster, bei dem es auf halbwegs gleichmäßige Abstände ankommt, bin ich zu wenig Künstler/Maler.
Glücklicher Weise haben die Leute aus der Elektronik sich schon intensiv mit dem Ätzen von präzisen Strukturen beschäftigt, um ihre Leiterplatten zu basteln.
Also werde ich mich mal an einer Bügelmaske versuchen.
Zuerst die Vorlage zeichnen.
15490598827889.jpg
Vorlage für das Overlay
15490598827889.jpg (156.63 KiB) 5328 mal betrachtet
Die dunklen Bereiche bleiben bestehen, während die weißen Flächen nicht abgedeckt werden und somit dem Ätzmedium zum Opfer fallen.
Dann die Vorlage einscannen und ein bisschen am PC nachbearbeiten.
Wenn alles gut geht, hat man am Ende eine Grafikdatei, die sich ausdrucken lässt.
15490598685998.jpg
Gedruckte Version des Overlayentwurfes
15490598685998.jpg (222.06 KiB) 5328 mal betrachtet
Die Methode funktioniert leider nur mit Laserdruckern.
Beim Laserdruck wird bekanntlich Tonerpulver auf die Papieroberfläche aufgeschmolzen - die Idee dahinter ist es, den Tonerfilm durch Wärme (Bügeln) wieder anzuschmelzen und mit Blech zu verbinden. Danach kommt alles in ein Wasserbad, und das aufgeweichte Papier wird vorsichtig mit dem Finger weggerubbelt.
Soweit die Theorie - in der Praxis gibt es schon noch genug Probleme, um das nicht zu einfach zu machen :?
Fortsetzung folgt...
Grüße Andi

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Re: Böhler Gold - oder warum ein weiches Herz eine Menge Arbeit bedeutet

Beitrag von Mahlekolben » 02.02.2019 12:34

Hab' den Anfang verpasst, bin aber froh, das hier gefunden zu haben.

Viel Erfolg!
Viele Grüße

Michael

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Re: Böhler Gold - oder warum ein weiches Herz eine Menge Arbeit bedeutet

Beitrag von HeKe2 » 02.02.2019 12:56

Ganz tolle Vorstellung.

Der Faden erinnert mich an meine Kindertage, da gab es im ZDF eine Fersehsendung "Zugeschaut und mitgebaut". Ich habe da immer zugesehen und gestaunt, was der Mann alles kann und wollte das auch immer können. Hier geht es mir ähnlich. Großartig.
Beste Grüße
Hermann

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Re: Böhler Gold - oder warum ein weiches Herz eine Menge Arbeit bedeutet

Beitrag von Wurmbunt » 02.02.2019 16:31

Hallo,
noch ein Beitrag zum Ätzen.
In den ganzen Foren und YouTube Videos in denen über diese Technik referiert wird, wird zum Bedrucken meist eine Seite des "Reichelt-Katalogs" (ein Elektronikhandel) genutzt.
Es geht wohl darum ein möglichst dünnes, glattes Papier zu verwenden, um einerseits ein Eindringen der geschmolzenen Tonerpampe in die Papierfasern zu vermeiden und andererseits eine gute, schnelle Wärmeübertragung zu erreichen.
Tja - die Halbleiterfraktion hat so einen Katalog sowieso herumliegen - ich als Maschinenbauer und Stromdilettant nicht :( .
Der einzige Katalog den ich in Papierform da habe ist einer
von "Hoffmann" (ein Werkzeug- und Maschinenhandel).
Offenbar ist die Papierqualität aber eine andere, denn es hat so gar nicht funktioniert!
Das Papier klebt zwar nach dem Bügeln wunderbar am Messingblech fest, aber beim Abrubbeln geht entweder der Toner mit ab, oder es bleiben Papierfasern zurück :? .
Also glatteres Papier gesucht.
Beim Wühlen bin ich auf einen alten Block mit Transparentpapier gestoßen - da musste ich früher technische Zeichnungen in Tusche darauf erstellen (CAD war gerade erst am kommen).
Sehr glatt, sehr dicht - schließlich darf die Tusche nicht in das Papier einziehen, damit die Linien nicht ausfransen - also einen Versuch gestartet!
15490598549257.jpg
Chaos mit Transparentpapier
15490598549257.jpg (243.29 KiB) 5249 mal betrachtet
Na ja - die Glätte ist o.k. (lässt sich ablösen ohne die Tonerschicht zu beschädigen). Leider ist das Papier zu dick, beim Bügeln passiert zunächst gar nichts, dann hat das Transparent so viel Wärme aufgenommen, dass der Toner auseinander fließt, und Lücken in den zu beschichtenden Bereichen hinterlässt.
Wollte das aber noch irgendwie vorantreiben, also habe ich für mehr Toner gesorgt, in dem ich das Papier doppelt bedruckt habe.
15490598685998.jpg
Doppelt bedruckt
15490598685998.jpg (222.06 KiB) 5249 mal betrachtet
Nun ist die Grafik leider nicht mehr so präzise, da der Papiereinzug des Druckers leider nicht dafür gedacht ist, meine lithographischen Versuche zu unterstützen.
Übrigens ist verschmierter Toner gut mit Aceton zu entfernen, so dass zumindest nicht bei jedem Fehlversuch ein neues Messingblech zugeschnitten werden muss ;) .
15490598347016.jpg
Endlich auf dem Messing
15490598347016.jpg (255.59 KiB) 5249 mal betrachtet
Jetzt noch die Rückseite des Blechstreifens mit Klebeband abgedeckt - schließlich soll ja die Kontur erhalten bleiben - und ab damit in's Eisendreichlorid!
Grüße Andi

Frodo
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Re: Böhler Gold - oder warum ein weiches Herz eine Menge Arbeit bedeutet

Beitrag von Frodo » 03.02.2019 22:21

Hi Füllerfreunde
Ich hab noch einmal ein Großfoto von den Handstrehlern zum Gewindeschneiden gemacht. Links ist der für Innengewinde, rechts für Außengewinde. Man sieht schön die Zähnchen, die an das sich drehende Werkstück herangeführt werden und während einer Umdrehung in die erste oder bis zur 4. Rille weiter eingreifen müssen. Mit dem gleichen Strehler kann man dann, je nach dem, ob man eine linksseitige oder rechtsseitige Verschiebung macht, ein Rechts- oder Linksgewinde erzeugen.
Gewinde schneiden 1.jpg
Gewinde schneiden 1.jpg (305.24 KiB) 5171 mal betrachtet
Ich war gerade nochmal im Keller und habe noch ein paar Kartons weitere alte Gewindeschneider gefunden, also irgendwann ist man dann doch aufs maschinelle schneiden übergegangen. In jedem der Kästchen sind 4 numerierte Strehler, die wohl in eine Kluppe eingepasst wurden. Jeweils 2 der Werkzeuge haben leicht versetzte Schneiden, möglicherweise konnte damit ein 2- gängiges gewinde geschnitten werden. Es kann bei diesem Werkzeug sicher vom Begriff "schneiden" gesprochen werden da der Anstellwinkel des Werkzeuges kleiner als 90 Grad ist. Mit dem älteren Handstrehler wird mehrfach vorsichtig flacher an das drehende Werkstück angesetzt, dieses wird als "schaben" bezeichnet. Tatsächlich stehen auf den Schachteln Bezeichnungen im Metrischen sowie im Zollsystem!
Gewinde schneiden 2.jpg
Gewinde schneiden 2.jpg (312.74 KiB) 5171 mal betrachtet
Auf dem 3. Bild sieht man schließlich Gewindebohrer, wie man sie heute kennt und Außengewindeschneider mit kronenartigen Schneidköpfen. Die Lücken werden wohl notwendig gewesen sein, Dass auch größere Volumina an Spänen herausgeschleudert werden konnten.
E.E. Koenig war der Hersteller der "Mercedes" Schreibgeräte.
Gewinde schneiden 3.jpg
Gewinde schneiden 3.jpg (272.91 KiB) 5171 mal betrachtet
Schönen Gruss und schnittig in die neue Woche

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