Aufpolieren: Ja oder Nein?

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Seraphin
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Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von Seraphin » 08.11.2019 18:00

Mich würde mal interessieren, wie ihr das handhabt, wenn ihr nen betagteren Füller erhaltet der eben auch entsprechende Gebrauchsspuren aufweist. Ich spreche jetzt nicht von funktionalen Defekten, sondern rein vom ästhetischen Aspekt. Die Spuren als Zeichen des Alters und Erlebens belassen oder doch lieber mal drüber polieren.

Ich selbst hab hier erst kürzlich einen wunderschönen MB Le Grand älteren Jahrgangs erstanden. Für sein Alter soweit ganz gut in Schuss, aber paar kleine Kratzer störten mich dann doch. Also zu Polywatch gegriffen und behutsam aufpoliert. Jetzt sieht er, abgesehen vom durchgehenden Tintensichtfenster, wieder wie ein Jungspund aus. Obs die richtige Entscheidung war? Keine Ahnung, die Spuren der Zeit hätte man auch in Ehren halten können. Für mich persönlich, in diesem konkreten Fall, wars aber glaub ich die richtige Entscheidung.

Also, wie seht ihr das?
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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von Reformator » 08.11.2019 22:17

Hallo,

also ich nehme mir das immer ganz fest vor....
Bis demnächst...
Helge

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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von Seraphin » 08.11.2019 22:22

Reformator hat geschrieben:
08.11.2019 22:17
Hallo,

also ich nehme mir das immer ganz fest vor....
Die Stifte zu polieren? Woran scheiterts? Keine Lust?
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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von Reformator » 08.11.2019 22:53

...genau so ist das. Normales Reinigen muß ausreichen, zusätzlich befestigen evtl. lockerer Zierringe und die Beschläge polieren. Aber an die Kratzer gehe ich dann doch nicht 'ran. Ich brauche sie nicht auf Stufe "shiny".
Bis demnächst...
Helge

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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von agathon » 08.11.2019 23:12

Hier gibt‘s den Fachartikel zum Thema:

http://www.fountainpen.de/news/Newsletter3-politur.pdf

PolyWatch wird kritisch betrachtet.


Grüße

agathon

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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von Seraphin » 09.11.2019 0:05

agathon hat geschrieben:
08.11.2019 23:12
Hier gibt‘s den Fachartikel zum Thema:

http://www.fountainpen.de/news/Newsletter3-politur.pdf

PolyWatch wird kritisch betrachtet.


Grüße

agathon
Interessanter Artikel, vielen Dank.

Ich muss sagen, dass ich mich mit Dremel nicht an so empfindliche Oberflächen wie Kunstharz, Edelplastik, Edelharz, Resin oder wie auch immer es genannt wird, ranwage. Mit Dremel und entsprechendem Aufsatz plus Polierpaste geh ich an keine Stifte. Damit polier ich höchstens die Griffe oder auch Klingen meiner Messer.

Beim MB Le Grand bin ich entsprechend vorsichtig vorgegangen. Minimale Menge, minimaler Druck, minimale Dauer. Das Ergebnis war sehr beeindruckend. Ob und wie sich die Politur auf lange Sicht verhält kann ich natürlich noch nicht sagen.

In dem verlinkten Testbericht konnten aber auch keine negativen Langzeitfolgen festgestellt werden. Es wird lediglich vor der Möglichkeit dessen gewarnt. Kongludierend wird dort auch gesagt, dass PolyWatch ein sehr gutes Ergebnis erzielt (was ich persönlich bestätigen kann im direkten Vergleich mit einem neuwertigen 145er). Im Test ergaben sich auch nach 9 Monaten keine ersichtlichen Veränderungen am Material, was ich eigentlich bereits als Indiz dafür hernehme, dass es zu keiner nachhaltigen, langzeitlichen Materialschädigung kommt (bezogen auf MB und deren verwendeter Werkstoff). Sollte ich allerdings irgendwann feststellen, dass ich meinem 146er durch die Politur geschadet habe, werd ich das hier berichten.

Hat denn jemand Erfahrung mit den anderen genannten Polierpasten?



Reformator hat geschrieben:
08.11.2019 22:53
...genau so ist das. Normales Reinigen muß ausreichen, zusätzlich befestigen evtl. lockerer Zierringe und die Beschläge polieren. Aber an die Kratzer gehe ich dann doch nicht 'ran. Ich brauche sie nicht auf Stufe "shiny".
Wie genau und womit machste das? Also das Polieren der Beschläge?

Ich poliere auch nicht den allerletzten feinsten Kratzer raus, das muss nicht sein. Aber son gut sichtbarer Kratzer darf gerne etwas kleiner werden. Ich hab da für mich ein gutes Mittelmaß gefunden. Nicht zu viel und nicht zu wenig. Sicherlich hätt ichs auf die Spitze treiben können, aber wie gesagt, das war gar nicht meine Ambition zu versuchen den Neuzustand wiederherzustellen.
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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von Strombomboli » 09.11.2019 0:52

Hier ist Brian Andersons Bericht vom Polieren mit Micro-Mesh.
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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von Seraphin » 09.11.2019 1:36

Auch ein sehr interessanter Ansatz. Mit Micro-Mesh hab ich noch nie gearbeitet. Ich denk da immer an Schleifpapier. Was ich für delikate Angelegenheiten nicht wirklich benutzen würde (inwieweit sich Schleifpapier mit Micro-Mesh vergleichen lässt kann ich nicht sagen. Feststeht allerdings, dass in beiden Fällen die Politur durch Abtragen von Material geschieht, wohingegen bei Polierpaste ein Anlösen der Oberfläche zum Auffüllen von Kratzern dienen kann). Hast du damit auch eigene Erfahrungen gemacht? Vielleicht sogar im Vergleich zur Polierpaste?
Mit dem Mesh ist es ja ne rein mechanische Politur, wohingegen bei der Polierpaste immer auch eine chemische (möglicherweise unbekannte) Komponente mit ins Spiel kommt, welche ja genau der Umstand ist, der im vorherigen Artikel eben die ungewisse Variable in Bezug auf Langzeitfolgen darstellt. Andererseits hört sich das in dem Micro-Mesh Artikel so an, als würde doch einiges an Material abgetragen da doch einige Durchgänge bis hin zur feinsten Mesh-Struktur durchgeführt werden müssen, was mich wiederum etwas skeptisch stimmt.
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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von Tenryu » 09.11.2019 1:45

Den allerletzten Kratzer rauspolieren würde nur dann Sinn ergeben, wenn man den Füller für die Vitrine herrichtet. Sobald man ihn zum alltäglichen Schreiben verwendet, werden sich erneute Abnutzungserscheinungen mit der Zeit einstellen. Ich sammele zwar keine alten Füller, aber wenn würde ich sie nur soweit aufpolieren, daß sie wieder hübsch und sauber, aber nicht fabrikneu aussehen. (Für letzteres müßte man dann auch die Clips und Ringe neu galvanisieren, was sehr aufwendig wäre.)

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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von Seraphin » 09.11.2019 1:49

Tenryu hat geschrieben:
09.11.2019 1:45
Den allerletzten Kratzer rauspolieren würde nur dann Sinn ergeben, wenn man den Füller für die Vitrine herrichtet. Sobald man ihn zum alltäglichen Schreiben verwendet, werden sich erneute Abnutzungserscheinungen mit der Zeit einstellen. Ich sammele zwar keine alten Füller, aber wenn würde ich sie nur soweit aufpolieren, daß sie wieder hübsch und sauber, aber nicht fabrikneu aussehen. (Für letzteres müßte man dann auch die Clips und Ringe neu galvanisieren, was sehr aufwendig wäre.)
Ganz genau so sehe ich das auch. Aber du benutzt den Konjunktiv. Tatsächlich poliert hast du noch nicht?
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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von duckrider » 09.11.2019 2:12

Ich verfüge jetzt nicht über die ganz große Erfahrung, aber bei zwei Situationen ist intensives Polieren für mich unabdingbar:
Braun verfärbtes Ebonit sieht einfach scheußlich aus und riecht häufig sehr unangenehm.
Und i.a. nicht ganz so hochpreisige Schulfüller mit Kauspuren junger Denker werden nach Möglichkeit gänzlich blank poliert. Hierzu spanne ich einen längeren 6er Holzdübel in die Ständerbohrmaschine und stecke das Füllhalterrückteil (des Patronenfüllers) darauf. Feines Schmirgelleinen und anschliessend ein Lappen mit Politur halte ich daran und starte den Motor. Relativ flott lassen sich selbst tiefere Kauspuren nahezu gänzlich rauspolieren.
Ansonsten gehe ich möglichst vorsichtig und sparsam mit alten Schätzen um - lieber eine kleine Gebrauchsspur dran lassen, als kaputt poliert, ich weiß um meine grobmotorische Veranlagung.
"Wenol" ist ein klassisches Poliermittel, das meine Großmutter & Mutter immer für ihre Messingteile nahmen. Riecht etwas streng, poliert aber gut. Ich musste es jedoch vor einiger Zeit aus Fernostasien importieren, da es hier offenbar nicht mehr erhältlich ist. Micromesh habe ich auch schon mit Erfolg eingesetzt.
Viel Erfolg bei Euren Polierversuchen
Thomas

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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von Seraphin » 09.11.2019 2:39

Zerkaute Füller habe ich glücklicherweise nicht in meinem Bestand. Selbst damals zu Schulzeiten hab ich an meinen Stiften nicht rumgekaut, von daher konnt ich das nie nachvollziehen.
Mit so groben Oberflächenschäden wäre ich aber vermutlich überfordert und würde mich höchstens bei nem Billigfüller drangeben, wobei mir deine Methode hierfür recht gut geeignet scheint. Von daher danke für den Input.

Vielleicht werde ich mir (sobald mein PolyWatch aufgebraucht ist, was relativ rasch der Fall sein wird weil ich Gefallen daran gefunden hab jegliches Zeugs aufzupolieren ^^) auch mal Wenol für Vergleichszwecke besorgen. Scheint ja altbewährt zu sein und Alternativen zu testen ist nie verkehrt....zumal das ja auch der Grund für das Eröffnen des Threads war...Infos, Input und Ideen....
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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von Tenryu » 09.11.2019 3:19

Ich besitze nur einen alten Füller. Der ist kunststoffseitig recht gut in Schuß, lediglich die Metallteile sind abgerieben. Da lag es für mich nicht nahe, extra Politur zu kaufen. Hätte ich welche besessen und das geeignete Werkzeug, hätte ich vermutlich die Kappe mal ein bißchen nachpoliert. Alle meine anderen Füller sind neuwertig und so ist das für mich eine mehr theoretische Überlegung.

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Will
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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von Will » 09.11.2019 8:37

Ich poliere für gewöhnlich alle Metallteile, hingegen Ebonit nur, wenn dieses sehr gebräunt oder fleckig gebräunt ist und sich keine homogene Gesamterscheinung ergibt. Weiter entferne ich bei allen Materialien (auch Celluloid) Verunreinigungen, wie z. B. Kleber sowie gröbere Kratzer, letztere werden jedoch nur abgemildert und nicht gänzlich entfernt. Blinde Tintensichtfenster unterziehe ich grundsätzlich einer Politur, da dies auch eine Frage der Funktionalität ist. Meine Schreibgeräte erfahren also eine eher moderate Politur.

Für mich, darf man einem alten Schreibgerät sein Alter auch ansehen. Einen Füllhalter auf Hochglanz zu polieren, nimmt diesem die Patina, damit seine Geschichte und somit die Seele. Was vielleicht etwas pathetisch klingt, so empfinde ich dies jedoch. Im Ergebnis nenne ich dies dann überpoliert. Das ist, wie vieles, jedoch eine Geschmacksfrage.

Meine Kinder haben mal in jüngeren Jahren mein neuwertiges Montblanc-Set aus dem Schreibtisch genommen und sehr heftig bespielt. Dieses wurde wieder in den vorherigen Zustand versetzt. Als natürliche Patina konnte ich die heftigen Kratzer damals leider nicht wahrnehmen.

Herzliche Grüße

Gerd
Blauer Hautausschlag, erhöhte Temperatur, Bewusstseinstrübungen - oh Gott, das muss Flexfieber sein!

Matthias MUC
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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von Matthias MUC » 09.11.2019 9:45

Alte, historische Gebrauchsspuren: Bleiben.
Verschmutzungen, Korrosion: Reinigen, materialerhaltendes Beheben (Mäusepissegrünspan und -Flecken an Großvaters MB224, der als "Garagenfund" im Wortsinne bei mir aufgetaucht ist)
Kratzer, die über normale Gebrauchsspuren hinausgehen, die ich v.a. in junge, schöne Füller aus Blödheit selber reinmache, würde ich vermutlich versuchen, abzumildern. Die "normalen" Mikrokratzer der Oberfläche durch täglichen Aufenthalt im Werktagsfedermäppchen zusammen mit anderen Schreibgeräten: Gehört dazu, da bin ich schmerzfrei (OK, ich hab keine Neufüller jenseits der M200er-Klasse). Das glänzende "Speckigwerden" der Strichmattierung bei alten Lamy 2000: gehört auch dazu, wird nicht aufgefrischt.

lG Matthias

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