Parker T‑1 – Der "Spacepen" aus Titan (II)
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Wie fühlt sich der T‑1 an?
Nimmt man den T‑1 in die Hand, fällt zunächst sein geringes Gewicht auf; man erwartet intuitiv einen schweren Metallfüller zu fassen und doch wiegt er nicht mehr als ein Kunststofffüller.
Titan ist bei höherer Festigkeit leichter als Edelstahl, das heißt beim T‑1 fällt die Wandstärke geringer aus als z.B. beim Falcon Flighter, das Material ist aber leichter , was in Summe zu einem deutlich spürbarem Gewichtsunterschied führt.
Zum Vergleich das Gewicht ohne Konverter oder Patrone (Küchenwage, keine Briefwage!):
T‑1: ca. 12 Gramm
Falcon: ca. 15 Gramm
Das macht einen Unterschied von 25% - schon beeindruckend!
Was mich persönlich aber wirklich überrascht hat ist die Tatsache, wie warm und weich sich der Titankorpus anfühlt – nicht so kalt wie ein Flighter oder mein MB Solitaire Edelstahl mit seiner Chrom-glänzenden Oberfläche - kalt und hart wie ein Gabelschlüssel. (Das ist nicht abwertend gemeint; auch von diesem Gerät geht eine Faszination aus, aber eben eine kühlere)
T-1 open+posted.jpg
Dank der fein gebürsteten Oberfläche rutscht der T‑1 nicht durch die Finger und er dreht sich nicht aus dem Griff, auch mit trockenen Händen kann man ihn ganz locker greifen ohne die Kontrolle zu verlieren und so über lange Strecken ermüdungsfrei schreiben – verkrampfte Schreibhand? Nicht mit einem T‑1, was sicher auch daran liegt dass er sehr gut ausbalanciert ist. Ob mit oder ohne umgesteckter Kappe macht angesichts deren geringen Gewichts nur wenig Unterschied. Ich schreibe ihn aber am liebsten mit umgesteckter Kappe.
Fingerabdrücke sind nur bei genauer Inspektion zu erkennen - die Oberflächenstruktur schluckt sie praktisch weg, leider aber ist sie in anderer Hinsicht empfindlich. Meiner hat zwar Gott sei Dank keine Kratzer, dass mein Vorbesitzer ihn offensichtlich intensiv genutzt hat, erkennt man an einer Marke am Schaft, welche die zum Schreiben umgesteckte Kappe im Laufe der Zeit hinterlassen hat. Die Oberflächenstruktur wurde im Kontaktbereich der Kappe geglättet, was optisch einen Ring am Schaft hinterlässt.
Wie schreibt sich der T‑1?
Naheliegend, dass ich aufgrund der eingangs beschriebenen Umbaumaßnahme nur bedingt beurteilen kann wie sich der T‑1 im Originalzustand schrieb, jedenfalls zum Federschliff kann ich nichts sagen.
T-1 nib perspective.jpg
Was viele von Euch am T‑1 nicht mögen würden: seine Feder ist rigide. Aber zu seiner Zeit war das nicht so außergewöhnlich: Die Vorgänger des T‑1 war die Generation "51" mit ihrer verdeckten Feder – diese ist systembedingt härter als Die des T‑1. Aber auch die in den 50er Jahren überaus beliebten Triumph-Federn der Sheaffer Snorkel und die Inlay Federn, die mit dem PFM in den 60ern aufkamen, waren aufgrund ihrer Bauweise harte Knochen. So dürfte sich 1970 kaum jemand an der Unnachgiebigkeit eines T‑1 gestört haben.
Mein persönliches Urteil: ich liebe flexible Federn, habe aber auch festgestellt, dass die empfundene Steifigkeit der Feder mit Größe, Gewicht und Material des Schreibgeräts zusammenhängt, anders gesagt: die Härte steht dem T‑1 besser als z.B. einem MB Meisterstück Legrand . Bis jetzt habe ich mich bestens damit arrangieren können.
Der Nächste Punkt ist, soweit ich weiß, ein Alleinstellungsmerkmal des T‑1. An der Unterseite der Feder, in der Zuführung eingebettet, befindet sich eine kleine Stellschraube mit der die Strichstärke in gewissen Grenzen angepasst werden kann. Parker hat ihn seinerzeit für zweit Stärken ausgeliefert: F-M und M-B.
Die Wirkungsweise der Einstellschraube ist die Folgende: sie drückt von unten gegen die Federschenkel und diese bei Bedarf etwas auseinander.
Ich hielt dieses Einstellmöglichkeit für ein Gimmick , welches eher schlecht als recht funktioniert, muss aber gestehen, dass sich die Strichstärke wirkungsvoll im Bereich von 1-1 ½ Stufen ändern lässt. Übertreibt man es, rächt sich der Füller mit Kratzen. Der Tintenfluss folgt ebenfalls der Veränderung, d.h. breiter Strich – viel Tinte, dünner Strich – wenig Tinte.
T-1 nib adjustment.jpg
Nicht Schlecht, aber was ist der Nutzwert? Persönlich nervt mich, dass eine B-Feder, mit der ich gerne unterschreibe, im Filofax die dünnen Blättchen regelrecht mit Tinte durchtränkt und ich gar nicht so klein schreiben kann wie es sein müsste - andererseits die hierfür bestens geeignete XF Feder auf Dokumenten eine lächerliche Kritzel-Unterschrift hinterlässt. Ich kann mir aber wirklich nicht vorstellen diesem Widerspruch mehrfach täglich mit dem Schraubenzieher zu Leibe zu rücken.
Hatte Parker also die optimale (einmalige) Anpassung der Feder an den persönlichen Geschmack im Sinn? Ich vermute, dass die Funktion aus einer gewissen Not heraus geboren wurde: schließlich hätte man für jede angebotene Federvariante ein individuelles Griffstück fertigen müssen. Wenn das so ist, dann hat Parker das Problem clever und effizient gelöst.
Hintergrund
Der T‑1 kam im April 1970 als "Space Pen" auf den Markt, zu Ehren des technologischen Fortschritts und im Glauben der technologischen Überlegenheit der Vereinigten Staaten (Mondlandung 1969!) . Der T‑1 schwamm aber nicht einfach auf einer Hype-Welle mit, sondern er verkörperte diesen Fortschritt durch sein innovatives Material, Design und Technik, die Werbung pries ihn:
- "The metal, that's going to Mars"
und:
- "The metal so strong it's exploring the universe in spaceships.
The metal so ligth it can fly at speeds three times the speed of sound.
Shock-proof, crack-proof, nearly everything-proof.
Titanium
Now Parker made it a pen"
Nachdem man Titan im industriellem Maßstab herstellen konnte, kam es in den 50ern und 60ern zunächst in der Rüstungsindustrie im Schiffsbau, der Luft- und Raumfahrt zum Einsatz, der Parker T‑1 dürfte meines Erachtens ein sehr frühes kommerzielles Titanprodukt sein (bitte um Hinweise/Quellen!) und war somit etwas ganz Besonderes.
Die mechanischen Eigenschaften des Werkstoffes sind beachtenswert, aber er hat aber seine Tücken: wegen seiner Härte ist Titan nur schwer zu bearbeiten, der Werkzeugverschleiß (insbesondere zu dieser Zeit) ist hoch und das Material ist spröde. 1970 fehlte es noch an Erfahrung im Umgang mit dem Material; Parker hatte daher viele Probleme in der Produktion, der Ausschuss war hoch; das Rohmaterial, also die Bleche, standen nicht in ausreichend gleichbleibender Qualität zur Verfügung und so bekam man die Produktionskosten nicht in den Griff.
Der T‑1 soll sehr teuer gewesen sein und vermutlich ein wirtschaftlicher Flop (leider habe ich keine belastbaren Quellen gefunden, auch keinen Verkaufspreis, sondern nur Spekulationen, dass ihn Parker unter Herstellkosten verkauft hat). Letztlich entschied Parker noch vor Ablauf eines Jahres die Produktion des T‑1 einzustellen – möglicherweise waren Produktionskosten und zu erwartende Gewährleistungsansprüche (wie gesagt, kann eine defekte Feder nicht repariert werden, sondern muss als vollständiges Griffstück ersetzt werden) für die Entscheidung verantwortlich.
So – das war's, ich hoffe Euch hat der Bericht gefallen.
Gruß,
Andreas
wer noch ein bisschen weiterlesen möchte findet hier weitergehende Informationen:
http://www.stylophilesonline.com/archiv ... /02tit.htm
http://parkercollector.com/parkert1.html
http://parkerpens.blogspot.com/2007/11/ ... anium.html
http://www.vintagepens.com/Parker_T1.shtml