Bulk filler schreib stunt !

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Tombstone
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Re: Bulk filler schreib stunt !

Beitrag von Tombstone »

Oh ja, das tue ich - wir sind schon über 26 Jahre zusammen und ich kann immer noch nicht die Finger von der Braut lassen.

Aber das würde hier zu weit führen. Außerdem ruft mich gerade die Gartenarbeit... nix mit Couch...
Ciao - Peter

Handle stets so, dass die anderen sich wundern, warum sie Dir noch keine reingehauen haben...
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Tenryu
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Re: Bulk filler schreib stunt !

Beitrag von Tenryu »

Wer täglich nur 1-2 Sätze schreibt, hat genügend Zeit übrig, um mit einer richtigen Arbeit Geld zu verdienen. Nachdenken kann man auch während man Fußböden schrubbt oder am Fließband arbeitet. Selbst Goethe hat in seinem Leben rund 30 Bände geschafft, und der war nebenher noch Anwalt und Minister, und hatte keinen Computer zur Hilfe. Und den kann man wohl kaum als Groschenromanautor bezeichnen.

Das ewige Gejammere der elitären Berufssubventionisten kann ich nicht ausstehen. Ich möchte mal einen Arzt oder Anwalt sehen, der monatlich nur 1-2 Kunden bedient und sich dann hinstellt und lauthals jammert, daß ihn sein Beruf nicht ernähre.
Wieso werden Automechaniker nicht suventioniert, die nur ein Auto in der Woche reparieren? Die können doch auch nicht von ihrer Arbeit leben. :roll:
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Strombomboli
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Re: Bulk filler schreib stunt !

Beitrag von Strombomboli »

Ja, du hast für Kunst nichts übrig, das ist nun deutlich geworden. Ich freue mich auf die Werke der Putzfrauen, die den ganzen Tag beim Bodenschrubben über schöne Sätze nachdenken können. Auch aus der Müllabfuhrbranche erwarte ich mir so manches! Allerdings müßte man da vorher vielleicht doch ein Studium absolviert haben, denn ein bißchen andere Literatur sollte man schon kennen, bevor man eigene schafft, und beim Bodenschrubben kann man nicht lesen. Darum ist in Schriftstellerkreisen der Beruf des Nachtportiers beliebter als der des Automechanikers. Aber egal. Auch Finanzbeamte sind für die Gesellschaft viel wichtiger als Dichter, ist eh klar.

Goethe wird es übrigens eher geholfen haben, daß er keinen Computer und vor allem kein Internet hatte, denn damit hatte er mehr Zeit zum Lesen. Die Ministertätigkeit hat es ihm ermöglicht, einen Sekretär zu haben, dem er diktiert hat; darum hat Goethe mehr als ein bis zwei Sätze am Tag geschafft. Zudem war er gerne Minister, sollte man auch nicht vergessen. Und auch nicht, daß Minister ein angenehmerer Nebenjob ist als Putzfrau, zumal in einem Kleinstaat.
Iris

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Barbara HH
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Re: Bulk filler schreib stunt !

Beitrag von Barbara HH »

Strombomboli hat geschrieben:Ja, du hast für Kunst nichts übrig, das ist nun deutlich geworden.
Moin Ihr Lieben,

wenn ich das richtig mitbekommen habe, ist Tenryu selbst Schriftsteller :lol:

Ich würde doch sehr dafür plädieren, das Thema Produktivität von Schriftstellern und das Thema Subventionen und Gejammere (in diesem Kontext) vonenander zu trennen. Vielleicht ist der Grund für die Konfrontation hier ja auch der, dass ausserhalb der Schweiz niemand nachvollziehen kann, worüber Du Dich eigentlich aufregst, Tenryu, denn jedenfalls hier in Deutschland wird eigentlich so gut wie niemand mehr gefördert, und Schriftsteller sowieso schon mal gar nicht. Oder hab ich irgendwas nicht mitgekriegt? Wenn man allerdings staatliche Fördergelder empfängt, dann sollte man auch eine gewisse Gegenleistung zu bringen bereit sein, da stimme ich Dir schon zu, Tenryu. Aber hier in Deutschland stellt sich das Problem wie gesagt nicht. Die zwei oder drei Buchpreise, die hier im Jahr vergeben werden, kann man da getrost vergessen. Da bleibt es dann schon jedem Schriftsteller selbst überlassen, wie produktiv er sein will - oder auch nicht. Und ich persönlich finde angesichts der Flut von Neuveröffentlichungen zu allem und jedem, dass weniger oft mehr wäre.

Viele Grüße,

Barbara
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Strombomboli
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Re: Bulk filler schreib stunt !

Beitrag von Strombomboli »

Es werden hier in Deutschland keineswegs zwei oder drei Literaturpreise im Jahr verliehen, sondern ungefähr 370, und es gibt unendlich viele Stipendien sowie in jeder mittleren Großstadt ein Literaturhaus. Wenn es dir anders vorkommt, dann liegt das daran, daß über Preise unter 10.000 Euro Dotierung meist gar nicht mehr berichtet wird, über Stipendien sowieso nicht und über die Literaturhäuser auch nicht, die sind halt einfach da.

Ich ärgere mich nur enorm darüber, Schriftsteller als faule Hunde zu bezeichnen, wenn sie nicht im Akkord produzieren, Literatur also mit denselben Kriterien zu messen wie industrielle Produktion, Literatur als Industrie zu betrachten. Die Preis- und Stipendienflut trägt allerdings dazu bei, daß Leute diesen Beruf ergreifen, deren Möglichkeiten besser genützt würden, wenn sie Böden schrubben würden.
Iris

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Tenryu
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Re: Bulk filler schreib stunt !

Beitrag von Tenryu »

Ich habe kein Problem damit, wenn Leute sich selbst als Künstler fühlen, weil sie keiner geregelten Arbeit nachgehen, sondern ab und zu Bücher schreiben, die außer ein paar Hundert Leuten keiner liest und sich nebenher den schönen Dingen des Lebens widmen.
Es ist mir auch egal, wenn diese Leute sich von privaten Einrichtungen beschenken und aushalten lassen - schön für sie., so lange es keine Steuergelder sind.

Aber es stört mich, wenn diese dann öffentlich jammern, wie schlecht es den Künstlern gehe und wie wenig man damit verdiene usw.

Wer viel und erfolgreich schreibt, verdient sich dumm und dämlich. Wer wenig aber erfolgreich schreibt, hat immer noch ein gutes Auskommen. Wer viel aber mittelmäßiges schreibt, hat ein regelmäßiges Einkommen und braucht auch keine Subventionen.
Aber wer wenig schreibt, und dann noch kaum verkauft, sollte nicht der Allgemeinheit auf der Tasche liegen und sich dann noch großartig aufführen, als sei er das kulturelle Rückgrat des Abendlandes.

Ich würde mich selber nicht als Schriftsteller sondern als Autor bezeichnen. (Der Begriff Schriftsteller impliziert für mich eine gewerbliche Ttätigkeit.) Ich schreibe nur in meiner Freizeit, interesiere mich nicht für Preise und Subventionen und jammere nicht, weil ich kein Geld damit verdiene. Aber ich stehe dazu, daß ich selten länger als zwei Stunden am Schreibtisch sitze und, daß ich keine Lust dazu habe, den ganzen Tag zu schreiben. Wozu auch? Ich muß nicht davon leben. Und würde das auch gar nicht wollen. Wenn ich täglich eine Seite schreibe (was vielleicht eine Stunde dauert), schaffe ich auch einen Roman im Jahr.

Grundsätzlich ist mir das Berufskünstlertum suspekt. Denn wer von seiner Kunst leben muß (sei es durch den Verkauf seiner Werke oder durch Almosen) ist nicht frei; muß sich nach dem Gusto der Verleger oder der Förderer richten.
Wer hingegen sein Auskommen hat, und in seiner Freizeit schreibt, kann schreiben was immer er will, ungeachtet der Moden und Märkte, und ist nicht darauf angewiesen, anderen nach dem Mund zu schreiben, oder muß mit seinen Produkten Klinken putzen gehen.

Subventionen in diesem Bereich sind absolut überflüssig. Es ist ja nicht so, daß wir einen Mangel an Büchern hätten - im Gegenteil, jährlich werden über 100'000 Titel auf den Markt geworfen. Und ein Autor der subventioniert wird oder ein fettes Preisgeld bekommt, schreibt deswegen nicht bessere Bücher. Auch hier ist eher das Gegenteil der Fall: die meisten hochdotierten und -gelobten Autoren sind Eintagsfliegen, die nie wieder etwas auch nur annähernd so gutes und erfolgreiches zustande bringen, trotz allen Geldes (oder vielleicht gerade deswegen?)
Barbara HH
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Re: Bulk filler schreib stunt !

Beitrag von Barbara HH »

Strombomboli hat geschrieben:Es werden hier in Deutschland keineswegs zwei oder drei Literaturpreise im Jahr verliehen, sondern ungefähr 370, und es gibt unendlich viele Stipendien sowie in jeder mittleren Großstadt ein Literaturhaus. Wenn es dir anders vorkommt, dann liegt das daran, daß über Preise unter 10.000 Euro Dotierung meist gar nicht mehr berichtet wird, über Stipendien sowieso nicht und über die Literaturhäuser auch nicht, die sind halt einfach da.
OK, offensichtlich kennst Du Dich da besser aus, als ich, allerdings würde ich in diesem Kontext nichts für relevant halten, wovon man nicht mindestens 1 Jahr leben kann. Und "unendlich viele Stipendien" ist vermutlich auch ein ganz klein wenig übertrieben. Aber wie auch immer, mein Problem ist es nicht, ich bin wie gesagt der Meinung, dass die meisten Leute ruhig ein bisschen mehr nachdenken sollten, bevor sie schreiben.
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