Prioritäten im Grundschullehrplan

Moderatoren: MarkIV, Zollinger, desas, Linceo, Lamynator

Antworten
Barbara HH
Beiträge: 2027
Registriert: 12.03.2009 2:06

Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von Barbara HH »

YETI hat geschrieben:Hofentlech komt mann hir auch balt darauf das das beser ißt. rechdschreibung isd su wichtich alz das man si der fantasi der kinder überlasen dürvde.
Meine Mutter hat noch einen Zettel mit einer Nachricht, die ich mit 5 geschrieben hab. Sind glaube ich weniger Fehler drin :wink:
„Ich denke tatsächlich mit der Feder, denn mein Kopf weiß oft nichts von dem, was meine Hand schreibt.“ Wittgenstein, Vermischte Bemerkungen
Benutzeravatar
glucydur
Beiträge: 3056
Registriert: 02.06.2013 17:39
Wohnort: Peripherie von Stuttgart

Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von glucydur »

Hallo,

ein Ergebnis der wunderbaren Bildungs- und Schulstrukturreformen, die wir seit den 70ern über uns ergehen lassen müssen (in meinem Heimatland Baden-Württemberg ist es damit gerade besonders schlimm), ist auch, dass diejenigen, die unsere Kinder unterrichten sollen, sprich die Lehrer, oft keine Rechtschreibkompetenz mehr haben:

Zitat aus Spiegel 48/2013: "Viele deutsche Schüler lernen, nach Lauten zu schreiben - oft mit katastrophalen Spätfolgen für die Orthografie. Daran dürfte sich in Zukunft wenig ändern. Etliche angehende Lehrer haben selber Schwierigkeiten mit ihrer Muttersprache."

Wenn man den ganzen Artikel liest, dann ist man doch sehr besorgt um unseren Ruf als Kulturnation (den wir seltsamer Weise in einigen asiatischen Staaten noch haben), aber auch um die Zukunft unseres Wirtschaftsstandorts.

Hier der ganze Artikel:

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-122611250.html

Viele Grüße

Alexander
Gutta cavat lapidem.
Fiamma
Beiträge: 858
Registriert: 07.03.2007 19:53

Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von Fiamma »

böse Sache...

Neben der im Artikel erwähnten "Bequemlichkeit" kommt m.E. auch eine gewisse "political correctness" zum Tragen. Würde man es sich erlauben auf einen solchen Schnitzer hinzuweisen, oder lässt mans lieber, weil der/diejenige ev. LegasthenikerIn sein könnte?

Wie ist es mit den nicht allzu seltenen das/dass-Fehlern hier im Forum?
Peter Stegemann
Beiträge: 433
Registriert: 22.02.2014 14:22

Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von Peter Stegemann »

Fuer die Deutsche Kulturnation ist Spiegel Online aber auch nicht gerade ein glaenzendes Beispiel, auch wenn der Artikel in diesem Fall zutreffen mag.

Gruss,
Peter
Die grössten Kritiker der Elche, sind oft selber welche!
Benutzeravatar
Tenryu
Beiträge: 5276
Registriert: 10.06.2004 0:45
Wohnort: Basel

Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von Tenryu »

Ich frage mich, was dagegen spräche, rain fonetisch zu schraiben? Das sähe zwar am Anfang ziimlich aigenartig aus, aber wenn man sich erst daran gewöönt hat, kann man fast kaine Feeler meer machen.

Ein schtark verainfachtes Doitsch könnte sogar einige Buchschtaben entbeeren. Q, V, X, Y sind im Grunde unnötig. :D
Benutzeravatar
Cepasaccus
Beiträge: 2897
Registriert: 29.08.2012 18:31
Wohnort: Nürnberg

Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von Cepasaccus »

Das konsonantische i und das andere konsonantische u koennte man auch weglassen. (Iürgen und Uasser)

Aber wenn man nach Klang schreibt, dann doch bitte nach offiziellem, phonetischem Alphabet.
Benutzeravatar
glucydur
Beiträge: 3056
Registriert: 02.06.2013 17:39
Wohnort: Peripherie von Stuttgart

Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von glucydur »

Fiamma hat geschrieben:böse Sache...

Neben der im Artikel erwähnten "Bequemlichkeit" kommt m.E. auch eine gewisse "political correctness" zum Tragen. Würde man es sich erlauben auf einen solchen Schnitzer hinzuweisen, oder lässt mans lieber, weil der/diejenige ev. LegasthenikerIn sein könnte?

Wie ist es mit den nicht allzu seltenen das/dass-Fehlern hier im Forum?
Mit "political correctness" kann es tatsächlich auch etwas zu tun haben.

Ich denke, dass einem Flüchtigkeitsfehler unterlaufen können, vor allem beim Schnellschreiben. Da ist auch meine Orthographie (oder Orthografie :wink: ) und Interpunktion nicht immer richtig. Das ist aber einfach menschlich. Eine andere Dimension zeigt der Artikel auf: Das systematische Falschschreiben, weil man es schlichtweg nicht gelernt hat. Und das finde ich irgendwie bedenklich.

Damit geht noch nicht das Abendland unter, aber es zeigt einfach, wie unser Bildungssystem langsam marode wird. Und es beginnt tatsächlich in der Primarstufe. Dort werden nämlich die Grundlagen gelegt.

Viele Grüße

Alexander
Gutta cavat lapidem.
Benutzeravatar
glucydur
Beiträge: 3056
Registriert: 02.06.2013 17:39
Wohnort: Peripherie von Stuttgart

Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von glucydur »

Peter hat geschrieben:Fuer die Deutsche Kulturnation ist Spiegel Online aber auch nicht gerade ein glaenzendes Beispiel, auch wenn der Artikel in diesem Fall zutreffen mag.
Ich halte den Spiegel schon lange nicht mehr für das Maß aller Dinge. Das war er vielleicht mal vor langer, langer Zeit.

VG

Alexander
Gutta cavat lapidem.
Sabine
Beiträge: 848
Registriert: 11.12.2013 19:05

Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von Sabine »

Das Thema Schreiben - mit der Hand und möglichst auch mit dem Füller - beschäftigt mich auch schon lange, und ich kann absolut verstehen, wenn da die Wogen machmal sehr hoch schlagen. Handschrift (nach welcher Definition auch immer) ist nun mal etwas sehr Persönliches.
Ich ging in Bayern in die Schule und erinnere mich sehr gerne an mein erstes Schreibgerät: einen Griffel, mit dem auf die obligatorische Schiefertafel geschrieben wurde. Die war zwar so weich, daß sich auf die Dauer Spuren des Griffels etwas eingruben, aber durch den relativ hohen Widerstand beim Schreiben waren die Bewegungen umso bewußter. Erst nach einiger Zeit durften wir - sozusagen als Belohnung, wenn das Schreiben gut genug geübt worden war - ab und zu mit Bleistift in unser Heft schreiben. In der zweiten Klasse kam allmählich der Füller dazu. Heute schreibe ich am liebsten mit Füller und versuche die Begeisterung auch an meine Schüler weiterzugeben. Allerdings bin ich Klavierpädagogin, unterrichte also meine Schüler einzeln. Ich habe fast den Eindruck, die Feinmotorik beim Schreiben kommt auch der beim Klavierspielen zugute.
Was das "Schreiben nach Hören" betrifft, so ist ja hier schon viel dazu geschrieben worden. Ich sehe eigentlich keinen Widerspruch im Lernen der korrekten Rechtschreibung von Anfang an zur Freude am freien Schreiben. Wer käme denn auf die Idee, die Ergebnisse der ersten Rechenübungen n i c h t zu verbessern? Kinder lernen mal am besten durch Nachahmung (Tierjunge auch) und wollen wissen, "wie es geht". Das ist auch beim Sport so, und kein Kind würde die Begeisterung dafür verlieren, wenn es durch den Lehrer in bestimmten Bewegungsabläufen "korrigiert" wird - das dient doch der Optimierung, was wiederum ein Erfolgsgefühl bedeutet, usw. Ein kleiner Schüler von mir stellte mal zufrieden fast, nachdem wir seine nur mäßig gute Hausaufgabe verbessert hatten: "es klingt besser, wenn man die richtigen Töne spielt!"
Benutzeravatar
YETI
Beiträge: 1555
Registriert: 28.12.2013 14:44
Wohnort: Solingen

Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von YETI »

Hallo Sabine,
da rennst du bei mir offene Türen ein. Kinder lernen ganz schnell, zwischen echten und vorgetäuschten Erfolgen zu unterscheiden. Eine begründete Kritik mit einer vernünftig vorgetragenen Verbesserung wird meist dankbarer aufgenommen, als ein Lob für einen Text, den man kaum entziffern kann. So ein falsches Lob untergräbt das Vertrauen, das ein Schüler in seinen Lehrer haben sollte.
Warum ist "Fluckhunt" jetzt falsch, wenn du mich voriges Jahr noch dafür gelobt hast?
Genau den Fall hatten wir letzte Woche auf einem Schulausflug mit den zweiten Klassen in den örtlichen Tierpark, verbunden mit mit einer "Zoorally".

Gruß

Andreas
Es ist besser ein kleines Licht anzuzünden, als auf die Dunkelheit zu schimpfen.
Sabine
Beiträge: 848
Registriert: 11.12.2013 19:05

Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von Sabine »

Lieber Andreas,
es tut gut, sich im Kreise Gleichgesinnter zu wissen!!! - da nun mal die Bildungspolitiker Änderungen gut finden, je häufiger, umso besser, bleibt mir die stille Hoffnung, daß so mancher Unsinn auch wieder mal abgeschafft wird. Und da vieles auch an der Person des Lehrers hängt, etwa wie er selbst zu den Anweisungen steht, kann man als Elternteil möglicherweise im persönlichen Gespräch etwas erreichen. Ansonsten wirken wir eben "im Untergrund" in unserem Sinne, wie wir es für richtig halten, weiter . . .
herzliche Grüße!
Benutzeravatar
glucydur
Beiträge: 3056
Registriert: 02.06.2013 17:39
Wohnort: Peripherie von Stuttgart

Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von glucydur »

Hallo Sabine,

man merkt, dass Du pädagogisches Fachwissen besitzt und Dich in die Psychologie eines Kindes einfühlen kannst. Ich habe manchmal den Eindruck, dass genau das unseren Bildungspolitikern und der ausführenden Ministerialbürokratie fehlt. Hier wird eher nach ideologischen statt nach pädagogischen Gesichtspunkten entschieden. Danke für Deinen auf Erfahrungswerten basierenden Beitrag. Ich stimme Dir in allen Punkten zu.

Viele Grüße

Alexander
Gutta cavat lapidem.
Benutzeravatar
Tenryu
Beiträge: 5276
Registriert: 10.06.2004 0:45
Wohnort: Basel

Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von Tenryu »

Das schlimme ist auch, daß ohne Unterlaß am Bildungssystem herum reformiert wird. Alle paar Jahre kommen irgend welche "Experten" und Bildungspolitiker mit einer neuen Mode an.
Benutzeravatar
Cepasaccus
Beiträge: 2897
Registriert: 29.08.2012 18:31
Wohnort: Nürnberg

Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von Cepasaccus »

Ich glaube, das ist das schlimmste an unserem Bildungswesen z.Z..
Benutzeravatar
glucydur
Beiträge: 3056
Registriert: 02.06.2013 17:39
Wohnort: Peripherie von Stuttgart

Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von glucydur »

Tenryu hat geschrieben:Das schlimme ist auch, daß ohne Unterlaß am Bildungssystem herum reformiert wird. Alle paar Jahre kommen irgend welche "Experten" und Bildungspolitiker mit einer neuen Mode an.
Das ist tatsächlich zutreffend. Zwei Beispiele für ideologie- und kostengetriebene Bildungspolitik aus meinem Heimatland Baden-Württemberg.

Erstes Beispiel: Vor ein paar Jahren wurde von der Vorgängerregierung das G8 an den Gymnasien eingeführt. Das wurde aber nicht mit Verstand gemacht: Die Lehrpläne wurden einfach zusammengestrichen ohne Rücksicht, dass für Aufbauthemen Grundwissen da sein musste. Im Laufe des Prozesses wurden die Lehrpläne dann etwas sinnvoller gestaltet, so dass man mit dem G8 hätte leben können. Dann kam der Regierungswechsel: Das G9 ist wieder eingeführt, aber aus Kostengründen nicht flächendeckend, sondern nur an ausgewählten Standorten. Ergebnis: Ein Flickenteppich innerhalb eines Bundeslandes.

Zweites Beispiel: Ebenfalls wurde von der Vorgängerregierung die Werkreakschule zur Rettung der Hauptschulen eingeführt. Die Lehrpläne wurden angepasst und die Kommunen investierten in den Ausbau der Werkrealschulen. Regierungswechsel: Die aktuelle Regierung sieht die Hauptschule als verloren an und favorisiert ein zweigliedriges Schulsystem aus Gemeinschaftsschulen und Gymnasien. Hierzu sind wieder organisationelle, infrastrukturelle und inhaltliche Anpassungen, z.B. der Lehrpläne notwendig.

Mein Gott: Lehrer will ich heute nicht mehr sein. Aber Schüler auch nicht. Für das Lernen und den Bildungserfolg brauchen alle Beteiligtem eine gewisse Verlässlichkeit. Und nicht alle 2-3 Jahre neue Reformen. Man muss Reformen auch mal wirken lassen!

Viele Grüße

Alexander
Gutta cavat lapidem.
Antworten

Zurück zu „Schriften und Kalligraphie“