Reparaturanleitung: Feder und Tintenleiter
Anleitung unseres Mitglieds Newlife:
Hallo ihr alle!
Ich wurde gefragt, wie man mit fehlerhaften Federn und Tintenleitern verfährt, was man macht, wenn der Tintenleiter keinen richtigen Kontakt zur Federunterseite hat oder die Feder einen Babypopo hat.
Wichtig ist zunächst, dass man über ein paar spezifische Werkzeuge verfügt, schließlich muss die Feder ausgebaut werden, und das ist ja je nach Füllertyp verschieden. Geht es um einen Hebel- oder Druckknopffüller, schaut doch bitte hier nach, die dort beschriebene Prozedur des Rausschlagens der Feder gilt für beide Modelle, wobei Hebelfüller meist kein Griffstück mit Gewinde haben, sie sind einfach gesteckt, weil sie keinem Druck durch die Druckstange standhalten müssen.
http://www.penexchange.de/forum_neu/viewtopic.php?f=14&t=8292
Dort ist auch beschrieben, dass man einen durchaus mit geringem Aufwand herzustellenden Knockout Block braucht, ich weiß nicht, wie man das englische Wort übersetzen sollte. Den braucht man aber vorwiegend bei den beiden eben erwähnten Füllermodellen und bei anderen Kolbenfüllern, deren Federaggregate nicht eingeschraubt sind.
Auch sollte man eine gepolsterte Zange besitzen. Die kauft man am besten, ich habe meine unter dem Begriff Glühkerzen Zange bei ebay gefunden.
Man braucht sie, wenn man eine Feder herausziehen möchte, ohne den Füller zu zerlegen, sprich, die Feder nach Entfernen des Kolbens mittels Knockout Block herauszuschlagen. Sie hat gepolsterte Backen, das schont Feder und TL. Die Beschichtung löst sich nach einiger Zeit ab, aber man kann das gute Stück retten, indem man ein Stück dicke Gummikabelisolation mit 2K-Kleber anklebt.
Ebenso braucht man eine Lupe, 10-fache Vergrößerung reicht völlig, eventuell noch 12-fach, aber bei 15-fach bekommt man schon Probleme beim Fokussieren. Belomo Lupen aus Weißrussland sind echt gut, sie haben eine Glaslinse und ein Metallgehäuse.
Zum Schleifen benutze ich MicroMesh Pads, alternativ auch MicroMesh Schleifpapier, das letztere bietet sich an, wenn man eine Feder vom Babypopo befreien möchte oder eine Kugelfeder planschleift. Man kann es gut in schmale Streifen schneiden, die man auf Preßspan klebt, dann hat man eine schön plane Unterlage. Für Federn reichen meist die Körnungen 4000/6000/8000/12000 aus.
Das wär's erst mal an Werkzeugen. Eventuell noch einen kleinen Gummihammer, wenn man die Feder herausschlagen muss. Und einen Splinttreiber auch noch, 3 bis 4 mm dick, aber die stumpfe Seite eines Bohrers tut es auch. Ein Fön zum Anwärmen ist wohl bei jedem vorhanden.
Zur Prozedur:
Zuerst mal feststellen, welche Art Feder ist vorhanden, gesteckt oder geschraubt? danach sollte man den Füller erst mal eine Nacht einweichen, bei Hartgummimodellen aber besser nicht komplett, weil es sich verfärbt. Kontakt mit Wasser hier am besten nur von innen, oder nur das Griffstück eintauchen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Mechanik auszubauen und den Füller per Pinzette mit einer Lösung aus Wasser und Spüli zu befüllen und senkrecht in ein Glas zu stellen.
Wenn alles gründlich eingeweicht ist, kann man ans Entfernen der Feder gehen. Also Griffstück und Feder mit dem Fön anwärmen, keine Bange, solange ihr euch am Luftstrom keine Brandblasen holt, passiert auch dem Füller nichts. Manchmal ist die Feder nach kurzer Zeit locker, aber es kann auch schon mal 10 Minuten dauern, man probiert es eben aus.
Ich greife den Füller mit der linken Hand, umfasse mit der Zange in der rechten die Feder. Dann drücke ich mit dem Daumen der linken fest gegen die abgewinkelten Backen der Zange, bis sich die Feder löst. Einen kräftigen Daumen braucht man schon! Zu dieser Methode bin ich übergegangen, weil ich mit Ziehen der Zange an der Feder schon mal einen TL abgebrochen habe, und mit dem Daumendruck passiert das nicht, weil man axial zieht und die Zange nicht verkanten kann.
Wenn sich gar nichts rührt, muss man die Kolbenmechanik ausbauen und die Feder von hinten herausschlagen, aber das ist ein anderes Kapitel und würde hier zu weit führen Und dass man sich bei geschraubtem Aggregat das Rausschlagen besser erspart, erwähne ich erst gar nicht . . .
Dann kann man alles gut reinigen, Feder und TL ab in den Ultraschall oder mit einer alten Zahnbürste gut reinigen. Ich mein ja nur, wenn man schon mal dabei ist, ein altes Schätzchen zu überholen, sollte man diesen Arbeitsgang nicht auslassen. Diejenigen, die nur schleifen möchten, sparen sich das halt, Ausbau und Reinigen.
Wer so einen Ausbau noch nie gemacht hat, sollte vielleicht ein Foto von der Unterseite Feder/TL machen, damit hinterher nicht die Frage aufkommt, wie saß das denn nochmal zusammen??? Saß schon vorher die Feder schief, hilft das aber leider auch nicht viel.
Nun kann man sich Lupe und Feder schnappen, um das goldene oder stählerne Teil zu begutachten. Von der Seite, um zu sehen, ob eventuell die Schenkel unterschiedlich verbogen sind, sie sollten schon parallel laufen. Korrekturen kann man machen, indem man die Feder auf einen im Durchmesser passenden Stahlbohrer legt und zu glätten beginnt. Das kann man z.B. mit einem Plastikeßstäbchen vom Chinesen machen, so vermeidet man Kratzer. Hochglanzpoliertes Spezialwerkzeug gibt es auch, kostet aber! Auch ein Blick auf den Schlitz schadet nicht, wenn er uneben aussieht, führe ich von unten, nahe dem Loch, den dünnsten Teil einer Kerzenfühlerlehre hindurch und streiche den Schlitz nach vorne aus. Macht man das mit stärkerem Fühlerblech, kann man auch eine zu enge Feder, die zu trocken schreibt, etwas aufweiten.
Ebenso muss man die Feder von vorn betrachten, denn beide Hälften des Korns müssen auf gleicher Höhe liegen, andernfalls kratzt das gute Stück. Kleine Korrekturen mache ich mit dem Daumennagel, indem ich das tiefer liegende Stück leicht nach oben drücke, das können je nach Härte der Feder schon mal 2 bis 4 mm sein. Besteht zwischen den Federschenkeln ein Spalt, sollte man umgekehrt verfahren, um den Spalt zu verkleinern, also nach unten drücken. Bei dieser Arbeit liegt die Feder auf dem TL, um sie besser greifen zu können. Wenn es um kleine Korrekturen geht, mache ich das Ganze auch bei eingebautem Federaggregat.
Ja, der Einbau - man legt halt Feder und TL aufeinander, schön mittig, die Spitze des TL genau über dem Federspalt, TL bis nah an die Spitze, sodass er von oben nicht zu sehen ist. Meist setze ich dann alles zusammen von Hand ein, weil ich dann ein besseres Gefühl dafür bekomme. Und auch, weil sich die meisten Füller angepasst haben, will sagen, das Loch ist nicht unbedingt mehr kreisrund, sondern hat sich im Lauf der Jahre verformt, weil die Feder eben etwas aufträgt. Ich drehe also den Füller um die Feder herum, bis ich den Punkt spüre, wo Feder und TL tiefer einzuführen gehen als in anderer Position. Dann werden Feder und TL, ohne sie zu verwackeln, fest eingepresst. Zur Kontrolle kann das Foto dienen, denn die Feder sollte schon genauso tief stecken wie vorher, andernfalls verbiegt man sich beim Zuschrauben der Kappe leicht mal die Federspitze und fängt von vorn an! Gelingt das nicht, muss man wieder den Fön zu Hilfe nehmen und das Griffstück anwärmen, bis man die Feder am richtigen Platz hat.
Das Schleifen und Polieren mache ich am liebsten im eingebauten Zustand. Man schaut sich halt die Spitze an, achtet auf feine Kratzer und entscheidet sich dann für die richtige Körnung des Schleifmittels. 4000er nehme ich nur dann, wenn ich vom Korn abtragen möchte, sprich Babypopo ebnen. Alles andere, was lediglich der Politur dient, kann mit 6000 - 12000er Korn erfolgen. Es bietet sich dann auch an, den Füller mit Wasser zu betanken, damit immer was nachfließen kann. Oder man träufelt immer wieder mal etwas Wasser aufs Schleifmittel. Jedenfalls hat man bei der Endpolitur schon das Gefühl dafür, wie sich die Feder schreibt, wenn man Wasser im Füller hat.
Der Babypopo dürfte erst mal am anspruchsvollsten sein, weil man ja die Spitzenform nicht verändern will. Also hinschauen, mit welchem Winkel man die Feder aufs Schleifmittel setzen muss, und welchen Bereich man abtragen möchte! Am besten macht sich das, wenn man die Hand auf den Tisch legt und die Bewegung aus dem Ellenbogen kommt, dann kann man den Winkel besser einhalten. Immer wieder mal nach wenigen Strichen die Lupe benutzen, denn man will ja nicht mehr Material entfernen als nötig! Das ist keine leichte Prozedur, ich rate dazu, erst mal mit einem Testkandidaten anzufangen. Ein Lamy Safari könnte ein guter Kandidat sein, die Federn sind glaube ich relativ preiswert und an fast jeder Straßenecke zu haben. Nimmt man eine B-Feder, kann man sich auch gleich an verschiedenen Profilen wie Italic, Oblique oder was auch immer ausprobieren. Besser so, als eine unwiederbringliche Vintagefeder zu vergeigen!
Bei einfachem Polieren hat man es leichter, da benutze ich meist die Pads und sehe zu, dass ich die Feder in allen erdenklichen Haltungen schleife. Meist fange ich mit flacher Haltung an und drehe den Füller dabei in der Hand. Peu à peu mache ich den Winkel steiler, bis schließlich die komplette Kornoberfläche gleichmäßig glänzt.
Das war's im Großen und Ganzen zur Politur.
Was den TL angeht, kann man ihn formen, wenn man ihn erwärmt. Am besten schaut man also nach vollendetem Einbau, ob zwischen Federspitze und TL ein Spalt zu sehen ist. Sollte aber nicht, oder nur minimal, denn schließlich gelangt die Tinte nur durch Kapillarwirkung bis zur Spitze. Besteht ein Spalt, nimmt man den Fön zur Hand, wärmt alles gut an, drückt von oben auf die Feder, mit der anderen Hand drückt man den nicht anliegenden TL-Teil gegen die Federspitze, bis der TL gut anliegt. Da das Material dazu neigt, im noch warmen Zustand wieder den vorherigen Zustand einzunehmen, kann man unter laufendem Wasser abkühlen und die Prozedur eventuell wiederholen.
Bei Plastik sieht die Sache anders aus. Ich habe erst heute im FPN gelesen, dass man Plastiktintenleiter am besten 30 bis 45 Sekunden in kochendes Wasser hält und dann den obigen Vorgang durchführt. Ausprobiert habe ich es noch nicht, weil ich bisher mit keinem Plastik-TL zu tun hatte, aber die Auskunft im FPN kam von Ron Z, einem amtlichen Moderator und Könner, wie ich seinen Posts immer wieder entnehme.
Tja, dann haut mal rein, und viel Erfolg dabei!