mich regt das Thema in jeder Beziehung auf - ob Buchhandel oder MB, ob Nestlè oder Nokia.
In den nächsten 20 Jahren werden die Karten neu gemischt und die "Binnenmärkte" werden wieder wichtig.
Es ist durchaus vergleichbar mit der Bankenkrise und ihren Folgen: die Großbanken wollten in den letzten Jahren zu gerne Privatkunden loswerden (z.B. Deutsche Bank). Simples Sparen war blöd, Aktien sollten her. Jetzt stehen die kleinen Genossenschaftsbanken mit ihrer regionalen Kundenbindung gut da und die "global Player" halten beim Steuerzahler die Hand auf und werben wieder den Privatkunden. Das ist nur ein symptomatisches Beispiel. Nicht alles, was uns die "Wirtschaftsweisen" vorbeten, hat auch Hand und Fuß.
Ich nehme mir heraus, solche Wirtschaftspraktiken, die nur am Profit und Wachstum orientiert sind, zu kritisieren. Nicht, weil ich von gestern bin, sondern weil ich mir diese goldenen Kälber und Wirtschaftsmärchen nicht mehr erzählen lasse als Begründung für jedes Fehlverhalten. Weltwirtschaft ist ein komplexes Geschäft mit vielen Sachzwängen - keine Diskussion darüber. Aber heute kann jeder Führungs- und Managementfehler damit kaschiert werden.
Mit dem Ladensterben, das Du angeführt hast, stirbt ja schließlich nichts geringeres als eine Kulturform aus. Eine sehr hohe Identifikation mit Produkten und ihrer Qualität. Mit minderer Qualität im Alltagsgebrauch verschwindet auch das Qualitätsbewußtsein. Das Durschnittskind in Deutschland wächst, auf Discounterqualität konditioniert, auf. Wir essen hierzulande z.T. Qualitäten, die würde ein Franzose höchstens den Schweinen hinkippen...
Hier im Forum lesen und schreiben doch hauptsächlich Leute mit, die aus unterschiedlichen Motiven am Kulturgut Schrift / Schreibgeräte interessiert sind. Das heißt, Kulturvernichtung per se kritisieren, einen Nerv dafür haben, es BEMERKEN. Das jedenfalls ist meine Meinung.
Wenn ich die Homepages von Pelikan und Montblanc vergleiche (und die spielen beide am Tisch der "global player"), da schlägt mir ein jeweils anderer Ton entgegen - da traue ich meiner Wahrnehmung.
Klipp und klar gesagt: der pseudoelitäre Business - School - Ton bei MB, von irgendeiner teuren Marketingagentur aufgemotzt, mißfällt mir sehr (...und Michael, egal WO ich ihn sehe oder höre...) und passt vom Geist her prima zu dem Memminger Fall.
MB hätte das bei der nach wie vor unschlagbaren Qualität seiner Produkte auch gar nicht nötig.
Vielleicht muß der Ton in Japan oder Amiland so sein, für Deutschland halte ich ihn für überzogen.
Bei aller Konzernpolitik: konkrete Durchführungsentscheidungen werden von konkreten Einzelpersonen gemacht, mit bestimmten Werten und Überzeugungen. Was bei MB durchschimmert, ist Kulturverlust. Schlag mich, ich kann nicht anders.
Und nochmal: wenn ich mich in den Memminger Händler hineinversetze, mit seiner Begeisterung, seinem "commitment" für MB, wie er mir vor einem Jahr den Boheme erklärt (und verkauft) hat, dann bin ich über die genannte MB - Untreue einfach ärgerlich. Und wenn die Welt auch voller (anderer) Teufel ist, jetzt wird halt 'mal über MB gemotzt.
Vielleicht reagiert etwas in mir (und anderen) auf das ganze Kultur- und Werte- und Qualitätsgerede bei MB: wer sich selbst zum "Standardgeber" erhöht hat, muß sich halt daran messen lassen. Und schlechter Umgang mit "Franchisepartnern", oder wie heißt das heute auf Business-Deutsch, ist einfach nicht die feine englische Art (schon gar nicht hanseatische Kaufmannsart!). Auch wenn Illoyalität aus "Rentabilitätsgründen" immer hoffähiger wird, muß ich das nicht tolerieren.
Ich will damit Deine "Loyalität" zu MB nicht ankratzen, ich respektiere sie!
Ich neige zu "Gesinnungstaten" und stelle meine Konsumfreudigkeit von Fall zu Fall ein.
"Jedem Tierchen sein Plaisirchen...

In diesem Sinne
liebe Grüße,
Annette
PS. Schön, daß es hier so eine "gutsortierte" Saarländerfraktion gibt!