Hallo allerseits!
Keine Angst, ich will jetzt hier keine neuen Duelle mit Herrn Hübener ausfechten, die ohnehin niemanden voranbringen, sondern ganz brav einige Fragen stellen, an deren Beantwortung mir ernsthaft gelegen ist.
Axel Hübener hat geschrieben:Moin zusammen,
Die Montblanc Konzessionäre sind sogar von Montblanc angehalten, Fälschungen einzubehalten, die ihnen vorgelegt werden.
Die Begründung für eine Einbehaltung seitens Montblanc ist die des Markenrechts und -schutzes. In der EG ist alleine schon der Besitz eines gefälschen Markenproduktes strafbar. (Erinnert Ihr Euch noch an die in der Presse erwähnte Touristin, die in Italien eine Gucci-Sonnenbrille bei einem Straßenhändler kaufte und direkt von der Polizei ergriffen und zu einer Strafe von 10.000,00 Euro verdonnert wurde?) Natürlich ist auch die Einfuhr verboten. - Aber sollen die Händler hier zum Erfüllungsgehilfen des Staates oder eines Herstellers werden? Diese Diskussionen mit den Kunden muss ich nicht führen. Ich weise den Kunden ggf. nur auf die Rechtslage hin und überlasse das Risiko dann ihm selbst.
Und genau dieses Vorgehen (von Montblanc) bereitet mir irgendwie Kopfschmerzen. Um dies direkt klarzustellen: Ich bin ein absoluter Gegner der Produktpiraterie, weil sie auf einer Trittbrettfahrer-Mentalität beruht, die auch wirtschaftlich sehr schädlich ist. Dies könnte ich nun auch noch wirtschaftstheoretisch (u.a. mit Verweis auf die Arbeiten von z.B. Schumpeter (bereits aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts!) oder mit Hinweis auf neuere spieltheoretische Untersuchungen) begründen; aber ich verzichte hier mal lieber darauf.
Was mich vielmehr interessiert, das ist die Frage des persönlichen Erwerbs und Gebrauchs von Fälschungen (in Deutschland) und deren Strafbewehrtheit. Denn hieraus ergäben sich ja auch für den gemeinen Sammler einige Konsequenzen, wenn er auch Fälschungen erwirbt - und sei es nur zu Anschauungszwecken (siehe
www.fountainpen.de).
Herr Hübener, Sie verweisen hier auf das deutsche Markengesetz. Nun habe ich mir als Nichtjurist einmal die Mühe gemacht, die aus meiner Sicht relevanten §§ 143, 143a, 14, 15 MarkenG anzusehen. Zur Vereinfachung habe ich einmal die §§ 143 und 143a aufgeführt:
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§ 143 MarkenG - Strafbare Kennzeichenverletzung
(1) Wer im geschäftlichen Verkehr widerrechtlich
1.
entgegen § 14 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 ein Zeichen benutzt,
2.
entgegen § 14 Abs. 2 Nr. 3 ein Zeichen in der Absicht benutzt, die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung einer bekannten Marke auszunutzen oder zu beeinträchtigen,
3.
entgegen § 14 Abs. 4 Nr. 1 ein Zeichen anbringt oder entgegen § 14 Abs. 4 Nr. 2 oder 3 eine Aufmachung oder Verpackung oder ein Kennzeichnungsmittel anbietet, in den Verkehr bringt, besitzt, einführt oder ausführt, soweit Dritten die Benutzung des Zeichens
a) nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 untersagt wäre oder
b) nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 untersagt wäre und die Handlung in der Absicht vorgenommen wird, die Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung einer bekannten Marke zu ermöglichen,
4.
entgegen § 15 Abs. 2 eine Bezeichnung oder ein Zeichen benutzt oder
5.
entgegen § 15 Abs. 3 eine Bezeichnung oder ein Zeichen in der Absicht benutzt, die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung einer bekannten geschäftlichen Bezeichnung auszunutzen oder zu beeinträchtigen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Handelt der Täter gewerbsmäßig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) In den Fällen des Absatzes 1 wird die Tat nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.
(5) Gegenstände, auf die sich die Straftat bezieht, können eingezogen werden. § 74a des Strafgesetzbuchs ist anzuwenden. Soweit den in § 18 bezeichneten Ansprüchen auf Vernichtung im Verfahren nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Entschädigung des Verletzten (§§ 403 bis 406c der Strafprozeßordnung) stattgegeben wird, sind die Vorschriften über die Einziehung nicht anzuwenden.
(6) Wird auf Strafe erkannt, so ist, wenn der Verletzte es beantragt und ein berechtigtes Interesse daran dartut, anzuordnen, daß die Verurteilung auf Verlangen öffentlich bekanntgemacht wird. Die Art der Bekanntmachung ist im Urteil zu bestimmen.
§ 143a MarkenG - Strafbare Verletzung der Gemeinschaftsmarke
(1) Wer die Rechte des Inhabers einer Gemeinschaftsmarke nach Artikel 9 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. EG 1994 Nr. L 11 S.1 ) verletzt, indem er trotz eines Verbots und ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr
1. ein mit der Gemeinschaftsmarke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist,
2. ein Zeichen benutzt, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Gemeinschaftsmarke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Gemeinschaftsmarke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3. ein mit der Gemeinschaftsmarke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die nicht denen ähnlich sind, für die die Gemeinschaftsmarke eingetragen ist, wenn diese in der Gemeinschaft bekannt ist und das Zeichen in der Absicht benutzt wird, die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Gemeinschaftsmarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise auszunutzen oder zu beeinträchtigen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) § 143 Abs. 2 bis 6 gilt entsprechend.
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Hier wird regelmäßig auf den geschäftlichen Verkehr abgestellt. Beim Erwerb und der privaten (!) Nutzung müsste also geklärt werden, ob hier tatsächlich ein geschäftlicher Verkehr vorliegt, wenn z.B. ein Schreibgerätesammler in eine Montblanc-Niederlassung geht und klären lässt, ob bei einem bestimmten Schreibgerät ein Plagiat vorliegt.
Des Weiteren ist mir nicht klar, nach welcher Vorschrift dann Montblanc das Recht haben soll, ein Plagiat, das sich im Besitz/Eigentum einer Privatperson befindet, zu beschlagnahmen. Es ist wegen § 146 MarkenG unbestritten, dass der Zoll aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 3295/94 das Recht hat, Waren, die gegen das Markenrecht verstoßen, bei der EIN- oder AUSFUHR zu beschlagnahmen:
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§ 146 MarkenG - Beschlagnahme bei der Verletzung von Kennzeichenrechten
(1) Waren, die widerrechtlich mit einer nach diesem Gesetz geschützten Marke oder geschäftlichen Bezeichnung versehen sind, unterliegen, soweit nicht die "Verordnung (EG) Nr. 3295/94 des Rates vom 22. Dezember 1994 über Maßnahmen zum Verbot der Überführung nachgeahmter Waren und unerlaubt hergestellter Vervielfältigungsstücke oder Nachbildungen in den zollrechtlich freien Verkehr oder in ein Nichterhebungsverfahren sowie zum Verbot ihrer Ausfuhr und Wiederausfuhr" (ABl. EG Nr. L 341 S. 8 ) in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden ist, auf Antrag und gegen Sicherheitsleistung des Rechtsinhabers bei ihrer Einfuhr oder Ausfuhr der Beschlagnahme durch die Zollbehörde, sofern die Rechtsverletzung offensichtlich ist. Dies gilt für den Verkehr mit anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie mit den anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum nur, soweit Kontrollen durch die Zollbehörden stattfinden.
(2) Ordnet die Zollbehörde die Beschlagnahme an, unterrichtet sie unverzüglich den Verfügungsberechtigten sowie den Antragsteller. Dem Antragsteller sind Herkunft, Menge und Lagerort der Waren sowie Name und Anschrift des Verfügungsberechtigten mitzuteilen. Das Brief und Postgeheimnis (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. Dem Antragsteller wird Gelegenheit gegeben, die Waren zu besichtigen, soweit hierdurch nicht in Geschäfts oder Betriebsgeheimnisse eingegriffen wird.
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Jedoch frage ich mich, woher eine andere Partei als die Zollbehörde das Recht ableitet, Waren zu beschlagnahmen, die nicht ein- oder ausgeführt werden, sondern lediglich innerhalb eines EU-Mitgliedstaates von einer Privatperson im privaten Umfeld (also möglicherweise nicht einmal im noch aufzuklärenden geschäftlichen Verkehr) genutzt werden.
Sicherlich wird Ihnen als Montblanc-Händler, der eine entsprechende Direktive erhalten hat (sie aber offensichtlich nicht befolgt), auch mitgeteilt worden sein, aufgrund welcher Rechtsgrundlage die Beschlagnahme zu geschehen hat. Ansonsten wäre dies, zumindest aus meiner Sicht, von der Firma Montblanc sehr fahrlässig, weil bei einer rechtswidrigen Beschlagnahme entsprechende Konsequenzen auf den Händler zukommen können.
Im italienischen Fall der Gucci-Brillen besteht meines Wissens eine nationalstaatliche Rechtsgrundlage, die vom italienischen Gesetzgeber geschaffen wurde und die bereits den Erwerb bzw. den privaten Besitz gefälschter Markenwaren unter Strafe stellt. In Deutschland ist mir jedoch (bisher) eine solche gesetzliche Grundlage unbekannt. Vielleicht kann uns hier auch ein Jurist (Dirk?) aufklären.
Vielen Dank und viele Grüße vom
Theoretiker