Freue mich, dass die Diskussion ganz unaufgeregt weiter geht
Seit die Uhren ins Spiel gekommen sind, grüble ich nun darüber nach, ob (sehr) teure Uhren ebenso wie (sehr) teure Füllfederhalter nicht tatsächlich überwiegend die Funktion eines Schmuckstücks, allerdings mit Funktion, besitzen. Eine sehr teure Uhr zeigt mir
auch die Zeit, mit einem sehr teuren Füllfederhalter kann ich
auch schreiben. Aber wenn ich mir sehr teure Uhren, Füllfederhalter gönne, dann will ich damit nicht überwiegend die noch exaktere Zeit wissen bzw. ein noch besseres Schriftbild erreichen als mit wesentlich weniger teuren Modellen, sondern will mir und der Umwelt beweisen, dass ich "Stil" habe, exakt das, was ich auch mit einem "funktionslosen" Schmuckstück beabsichtige. Bleibt die Frage: Warum? Bin ich unsicher? Habe ich ohne diese Attribute keinen "Stil"? Möchte ich z.B. von den Kollegen, vom Chef, den Geschäftspartnern als "dazugehörend" angesehen werden, versehen mit den "must have", die man(n)/frau als unerlässlich erachtet, um mehr akzeptiert zu werden als bisher?
Bitte korrigiert mich, wenn ich dies falsch sehe.
Bin ich "out", wenn ich bei einem schnieken superteuren Designerfummel das Etikett innen trage statt außen? Wenn ich mich an der Junghans und dem "karierten" Parker Sonnet (Markennamen zufällig gewählt) Jahrzehnte lang erfreuen kann und damit weder betont auf Understatement noch auf "nun schaut aber alle mal her" mache?
Wohl OT, aber doch im Zusammenhang mit Luxus: Mein Opa hatte bereits in den frühen 50ern ein Auto - mit Radio. Bevor er in die Straße einbog, in der wir wohnten, hielt er immer kurz an und schob die Antenne rein - niemand sollte sehen, dass er ein Auto mit Radio(!) hatte, dass er sich solch einen Luxus leisten konnte und wollte...
Heute läuft die Chose irgendwie andersrum

Als Threadstarterin fühle ich mich ein klein wenig in die Pflicht genommen, was den Diskussionsverlauf angeht - und eine gute Begründung, weshalb vielen ein Füllfederhalter für mehr als 500€ wichtig ist und dann doch immer noch ein weiterer für 600€, 700€...(bitte nicht als negative Wertung von uns Schreibgerätefreunden ansehen) her muss fehlt (mir) noch...
Dass die Herstellungskosten (mitsamt Verwaltung und Vetrieb) bei Nobelmarken kaum mehr Einfluss auf den Verkaufspreis haben, wurde schon oft in vergleichbaren Diskussionen hier sowohl behauptet als auch mehrheitlich bestätigt.
"Weil ich einfach Spaß dran habe" sehe ich nicht als ausreichendes Argument, eher als Totschlagsargument, das jede Diskussion im Keim erstickt. Wenn ich mir selbst gegenüber nicht begründen (oder eingestehen) will bzw. kann, warum es mir Freude macht, sehr viel Geld für ein Schreibgerät auszugeben, obwohl es von den (vermuteten) Herstellungs- und Vertriebskosten her gesehen kaum mehr Aufwand produziert als ein in der Funktionälität vergleichbares Produkt eines Wettbewerbers mit ansprechender Optik und Haptik - dann muss der kasus knaktus woanders liegen - etwa doch im "Image"?
Was rechtfertigt die enormen Preissteigerungen bei den Montblancs und warum sind wir bereit, immer mehr dafür zu zahlen? Einfach deshalb, weil ich die Tausende Euronen für den Ferrari niemals schaffen werde, die läppischen Tausend für den MB aber durchaus und dadurch wenigstens das Gefühl haben kann, "dazu zu gehören" - so lange niemand bemerkt, dass ich mit diesem "Schmuckstück" verschämt in den gebrauchten Golf einsteige...
Böse?
Keineswegs böse gemeint
Nachdenkliche Grüße von der Saarländerin Roswitha,
die einen nunmehr 10 Jahre alten Peugeot Diesel (206) fährt und sehr zufrieden mit diesem Wägelchen ist
