Benutzt Ihr Siegel?

[Cepasaccus]

Ich habe momentan zwei Theorien.

1) Metallbleche separat praegen, mit Wachs fuellen und zusammenbauen.
2) Zusammenbauen und dann in einem Ring prägen damit das Wachs nicht seitlich ausweichen kann.

Um das entscheiden zu koennen muesste ich mir den Rand naeher ansehen koennen.

Cepasaccus

[Tenryu]

Statt Wachs könnte man auch weiches Metall (Blei) als Füllung verwenden. Oder die Bleche sind nicht flach, sondern bilden tellerförmige Kapseln.
Ich vermute aber, daß die Prägeform wie bei einem Münzprägestock aussieht. Also zylinderförmig mit den bildgebenden Prägestempeln unten und oben.

[Cepasaccus]

Man kann auf den Bildern im Internet erkennen, dass auf beiden Seiten Bilder sind und dass am Rand der Rueckseite das Vorderseitenblech endet. Auf einer Website wird geschrieben, dass sie mit Wachs gefuellt sind. Ich finde das plausibel, weil Blei in der Groesse ziemlich schwer waere.

Cepasaccus

[Hermann]

Die Notare hier nutzen Naßsiegel um bei mehrseitigen Dokumenten zu siegeln und die Kordelenden (in Landesfarbe oder Bund) zu fixieren. Papierösen und durchlaufende Kordel halten die Blätter sichtbar zusammen. Zwischen dem letzten Blatt der Urkunde und dem abschließenden Deckblättchen in Siegelform kommen die in verschiedenen Richtungen auslaufenden Kodelenden und eine feuchte Oblate in passender Größe; dann unter den Prägestock. Nach Trocknung sind auch diese Siegel bruchempfindlich. Aus Kostengründen wird jetzt überwiegend das Siegel für Stempelfarbe eingesetzt.

Siegellack:
Beim Siegelerbrechen fliegen keine Teile durch die Gegend. Es knackt vernehmlich und alles bleibt an seinem Platz.
Banklack (z.B. Pelikan 15/10, rot) haftet am Besten. Damit wurden auch starre Behältnisse gesichert. Ein Verfahren, dass in Ostdeutschland von NVA u.ä. bei Aktentaschen zur Dokumentensicherung angewandt wurde. Natürlich auch hier gesiegelt (Kleinsiegel).
Es gibt z.B. auch Paketlack (...Pelikan 30/10, braun) und sonst eine ganze Farbpalette, je nach Anbieter – siehe Auktionshaus.
Ich habe mir 2 Siegel anfertigen lassen und nutze sie selten. Eins gerade vor 2 Wochen um meine Unterschrift unter einem Sprengplan zu ergänzen. Aber aus Zeitgründen nicht als Siegel, sondern als Farbstempel. Das ergab dann einen Negativdruck.

[Cepasaccus]

Hermann, danke fuer Deine Erlaeuterungen. Ein paar Fragen dazu:

In welchen Faellen wird bei Notaren gestempelt? Ich habe bisher nur diese Oblatensiegel gesehen.

Braucht's die Oblaten wirklich? Die Praegung erfolgt doch mit einer Praegezange, die beidseitig praegt. Muesste das nicht genauso gut funktionieren, wenn keine Oblate zwischen dem Aufkleber und dem Dokument ist? Oder stiert der Faden beim Praegen?

Noch zur Goldbulle. In "Handbuch der Urkundenlehre fuer Deutschland und Italien" Band 2 gibt es einige Erlaeterungen zu den Goldbullen auf Seite 559. Das Buch hat google eingescannt, stellt es aber nur noch teilweise und unbequem mit dieser Mega-URL zur Verfuegung: http://books.google.de/books?id=LL8wg7d ... &q&f=false Wenn Ihr Glueck habe seht Ihr die Seite auch. Copy&Paste geht auch nicht. Dafuer darf man sich bei buch.de einen Reprint fuer 170 EUR bestellen. Dann eben abtippen. *grummel*

"Wie schon in Byzanz, so bestanden sie auch im Abendlande fast durchweg aus zwei dünnen Goldblechen, die in verschiedener Weise miteinander verbunden waren: bald indem sie auf einen mehr oder minder breiten Rand aufgelötet wurden, bald so, daß der Rand der einen etwas größeren Platte über die kleiner oder ihren Rand herübergezogen und dann geglättet wurde. Im Innern finden sich zuweilen eingelegte Stäbchen, um die Platten auseinander zu halten; zuweilen sind die Platten im Innern mit Wachs ausgefüllt worden."

Cepasaccus

PS: Harry Bresslau ist 1926 gestorben. Sein Buch ist deshalb in Deutschland gemeinfrei.

[Hermann]

Durschriften von zB Grundstücksübergabeverträgen werden überwiegend nur noch "normal" über Stempel gesiegelt.
Siegeln erfolgt über Stempelfarbe oder das geprägte Blättchen. Dies wird mit der Oblate am Dokument befestigt. Ferner werden so die Kordelenden in der Oblate gesichert.

[Cepasaccus]

Da sieht man wie die anhaengenden Siegel hinten aussehen. Mit den Fingern reingeknetet und dann noch irgendwas reingedrueckt.

http://www.ebay.de/itm/380447943032

[Cepasaccus]

Noch zwei Typare. Das erste habe ich neu aus der Bucht. Vielleicht 18. Jh.? Schild und Krone ist erhabener als es auf dem Foto aussieht. Mit einfachen Mitteln ein ganz huebsch graviertes Bild.

Das zweite habe ich auch aus der Bucht von einem, der in groesseren Mengen solche stark plastischen Siegel verkauft. Meiner Meinung nach sind die neu, auch wenn ich nicht weiss, wie die gemacht wurden. Vom technischen also nicht so spannend und wegen der tiefen Schlange am Rand total schwierig zu siegeln mit riesem Materialbedraf. Ich hab's mir gekauft, weil es mich an Hesinde erinnert.

Cepasaccus

[meinauda]

Boo, die sehen ja toll aus!!
Danke für die Fotos, hier wird man beglückt mit immer neuen interessanten Informationen.

[mwi]

Die Idee mit den Siegeln hat mich darauf gebracht, mein eigenes Siegel aus Zinn zu gießen. Erfahrung und Geräte hatte ich schon, da ich schon mal Spielzeugmünzen für meine Tochter gegossen habe (Anleitungen dafür gibt es im Netz). Der hier gezeigte Prototyp ist schon ganz brauchbar (wenn man eher antike Qualität bevorzugt). Allerdings muss man ihn vorher anhauchen, sonst klebt der Heißkleber zu fest. Für den Rohling hätte ich mir einfach mehr Mühe geben müssen (aber die Ungeduld war größer). Zum Siegeln habe ich dieses Wachs für die Heißklebepistole (es ist also wohl eher ein gefärbter Kunststoff).

Jetzt müsste ich nur noch einen Anwendungszweck finden (außer für Schatzkarten beim Kindergeburtstag).

Der Herstellungsprozess:

• Rohling aus Knete herstellen, Buchstaben und Dekoration modellieren
• Rohling auf eine glatte Unterlage legen und dünn mit Öl bepinseln
• Mit Duplo-Legosteinen eine Gußform drumherum bauen
• Gußform mit Gips ausgießen, aushärten lassen
• Gipsabdruck inkl. Rohling umdrehen, Passkerben reinschnitzen, Oberfläche mit Öl einpinseln, Gußform drumerum bauen
• Gußform mit Gips ausgießen, aushärten lassen
• Beide Gipshälften trennen
• Gießkanäle reinschnitzen
• Form zusammenbauen und Zinn reingießen

[stefan-w-]

@ mwi:

mit duplosteinen? eine einfache, aber geniale idee....

das sieht man wieder, was man mit denen alles anstellen kann

ich finde, dass deine arbeit sehr gut gelungen ist, danke für die schilderung der herstellung 8)

[patta]

Hallo Marcus,

ich hab zwar mit Siegeln (noch!) nichts am Hut, finde Deine Bauanleitung aber große Klasse. Da merkt man gleich, dass ein Physiker am Werk ist!

[Cepasaccus]

Hallo Marcus, sehr gute Idee. Aus dem England des 12./13. Jahrhunderts sind auch Typare aus Blei erhalten - vielleicht von aermeren Leuten? Aus Blei wuerde ich die heute nicht machen wollen, aber Zinn ist gut. Man koennte als Positiv noch Wachsmodelle ausprobieren, die vermutlich praeziser zu bearbeiten sind. Ausserdem koennte man noch in die Wachsrueckseite einen Griff einarbeiten aehnlich meinem "mittelalterlichen" Siegel auf der ersten Seite.

Cepasaccus

[Cepasaccus]

Nachdem Siegelringe anscheinend haeufiger in Stein graviert sind habe ich mir einen Blankoring und ein paar Onyxplaettchen zum Ueben zugelegt. Es wird vermutlich noch eine ganze Weile dauern bis ich dazu komme. Und dann bin ich mir auch nicht sicher, ob ich wirklich diesen Ring bearbeiten soll oder besser einen Abguss anfertigen lasse und ein Onyxplaettchen einsetze. Weil an Originalen herumpfuschen widerstrebt mir eigentlich und einen Stein aufkleben wie beim ersten Posting mit der Platte geht ja nicht.

Cepasaccus

[mwi]

@Cepasaccus

Das mit dem Wachs inkl. Griff ist eine super Idee, dann entfällt auch das Bepinseln mit Öl, um das Muster wieder aus dem Gips herauszubekommen! Muss ich mal ausprobieren.