Die wahre Berufung eines Füllers – guter Diener oder Arzt?
MB – eine Legende?
Was für ein Füller liegt in meiner Hand?
Die Geschichte begann vor ca. 25 Jahren, als ich als Kind einen bemerkenswerten, schwarzen Füller im schweren Holzschreibtisch meines Vaters fand. Er lag versteckt mit anderen Stiften in einem Federmäppchen – und hat mich lange Jahre fasziniert.
Irgendwann kam ich auf die Idee ihn einmal auszuprobieren – leider ohne Erfolg, er war ausgetrocknet und der Aufzugsmechanismus funktionierte auch nicht mehr. Es war ein Erbstück meines verstorbenen Großvaters an meinen Vater. Jahrgang 1945. Auch ein MB-Kugelschreiber, ein dünner schwarzer war dort in dieser geheimnisvollen Schublade. Auch eingetrocknet, wie ich später feststellte.
Mein „Fieber“ begann vor 1 ½ Jahren. Zunächst ein MB-Bleistift, dann ein Le Grand - Kuli, dann das passende Lederetui (2er). Klar durfte auch das Portemonnaie (für 5 Kreditkarten) nicht mehr fehlen. Für den Füllerhalter, Tintenfass und Filzrolle fehlt mir noch der passende Schreibtisch (Club Chesterfield) – aber ein Füller Muss es sein. Aber für 500€ einen Stift ausgeben?!
Auch die Portfolio-Mappe sieht interessant aus. Klar, dass Parfum und Deo-Stick inzwischen im Badezimmerschrank stehen. Toll, auch das Aftershave! – Bin ich ein Markenfetischist geworden, oder liebe ich Qualität und Tradition. Schließlich hat ja schon mein Opa mit MB geschrieben, bis er von den Nazis ins KZ gesteckt wurde – als Deutscher und Regimegegner.
OK – ich habe nach 14 Jahren Schule, 8 Jahren Militär und 8 Jahren Job sehr viel geschrieben und viele Stifte und Füller „getestet“. Jetzt, als Student der Wirtschaftswissenschaften und damit Vielschreiber, habe ich erneut über das Thema „Füller“ nachgedacht – zwangsläufig? Ich schreibe viel und gerne, auch fast täglich 5-10 Seiten. Also plötzlich war das Problem da: was ist würdig und tauglich täglich viel ge-und beschrieben zu werden – klar MB.
Ein Besuch im MB-Shop. Maximilian-Straße, Münchens Edelmeile, war ein Erlebnis. Geduldige und höfliche Verkäuferinnen (übrigens sehr nett!) haben mich in die Geheimnisse des MB 149 eingeführt. Ich durfte alle Federn ausprobieren, verschiedene Tinten testen, meine Schrift wurde dabei ständig beobachtet. „Für Sie passt Federstärke B perfekt, sie ist stark genug für Ihre kräftige Hand und läuft ruhig…“, so überzeugte mich die Verkäuferin.
Ein Jahr später (bei 30% Rabatt in einem Kaufhaus) leistete ich mir nach relativ kurzem Überlegen den Luxus des Meisterstücks 149! Ich habe es keine Sekunde bereut. Ich testete ca. 20 verschiedene, z.T. sehr edle, Papiersorten á la „Ferrari“, alle 8 MB-Tinten kaufte ich mir. Jetzt habe ich die perfekte Kombination gefunden: englisch-grün auf „Zanders-Classic“ oder „mondi-maestro-supreme-100g“. Inspiriert durch mehrere Foren-Beiträge fühle ich mich, diesem Schreibgerät mit Seele, verpflichtet eine kleine "Hommage" zu schreiben.
Dank diesem „simplen“ Füller habe ich gelernt meine Gedanken zu formulieren und meine Gefühle zu ordnen. Ich kann das schreiben was ich denke und kommuniziere viel häufiger als vorher mit den mir lieb gewonnenen Personen! Was für eine Qualität, was für eine Bereicherung. Nicht mehr Tinte, Feder, Papier, Tintenfluß, Leiter und Kolbendichtungen stehen im Vordergrund, sondern die Dichte der auszudrückenden Gedanken. Das was AUF das Papier kommt ist wesentlich geworden, da ich mir keine Gedanken mehr machen muss, ob die Qualität stimmt. Dank MB und Co. kann ich mich endlich(!) auf das Wesentliche konzentrieren – das Schreiben. Also: kommt zum Schreiben, vergesst das Gerät und die Technik und widmet euch dem Wichtigen zu: der Kommunikation!
Es ist nicht relevant, WAS ich sage, sondern, dass mein Gegenüber es SO versteht, wie ich es gemeint habe. Ich bin verantwortlich für die Sendung meiner Botschaft. Was soll das Ganze? Ein Füllerforum? Ein Spinner? Ein Marken-Feti? Werbung? Egozentrismus? – NEIN – LIEBE. Liebe zum Schreiben, zum Entdecken, zum Ausdrücken, zum…
Entdecke es selber, mit was du auch willst, ein simpler Bleistift, eine Kohle, ein Finger im Sand. Bei mir war´s „nur“ ein Füller. Ein Wert, OK, den nicht jeder für angemessen hält. Einen Monat Arbeit als Minijobber? – oder das Essensbudget für einen Monat? – oder eine Investition in die (eigene) Seelenpflege?
Man kann damit auch angeben – und etwas vorgeben zu sein – OK - das ist vielleicht auch Sinn einer MB-Kultur, aber nicht die ursprüngliche, da bin ich mir sicher.
Ich trage gerne eine Rolex-Taucheruhr, aus Stahl, unauffällig aber stabil, nicht um gesehen zu werden. Auch meine Leica-M dient nur um gute Dias oder SW Bilder zu machen – NICHT um gesehen zu werden, sondern weil ich das ERGEBNIS schätze – das Ergebnis von Qualität und Beständigkeit. Von Zuverlässigkeit und Wert.
Für viele oder einige mag ich spinnen! OK –ich habe damit kein Problem – wer tickt heute schon richtig. Aber ich schreibe diese Zeilen, weil ich auf den Punkt kommen möchte. Dem Kern der Thematik. Es zählt nicht der Stern, die Berghöhe oder die Güte eines Materials!
Was wirklich zählt, ist der Mensch –seine Gefühle, Gedanken und Widersprüchlichkeiten. Seine Nöte und seine Schwachheiten. Wenn irgendwas oder irgendjemand ihm dabei helfen kann diese Kluft zu überwinden und zu verarbeiten ist das gut?
Was für ein Sprung – was für ein Höhen-Sprung. Klimmzug? NEIN! Es geht um das Eine – Gemeinschaft, Kommunikation, auch sich selbst kennen lernen und seine eigene Situation…
… dank eines Füllers?
PS.: 7 Seiten beschrieben auf edelstem Papier. Leider muss es nun auf der Tastatur in einen Rechner, steril und unpersönlich, übertragen werden…leider!
Schöne Grüße
Nils
* Ein etwas anderer Erfahrungsbericht...
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