Made in Italy ???

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Axel Hübener

Made in Italy ???

Beitrag von Axel Hübener »

Ich habe da mal ein paar Fragen, die mir immer mal wieder von anderen Sammlern und Kunden gestellt werden und die ich nicht 100-prozentig beantworten kann.

Viele 'exotische' Marken (Tibaldi, Delta, Stipula, Marlen? und wie die anderen alle heißen) behaupten, dass sie 'made in Italy' seien...

Nun werden deren Füllfederhalter dort aber nur zusammengebaut. Viele Gehäuseteile, ganze Schäfte oder auch komplette Halter kommen aus Taiwan (z.B. von Kevin Hsu) oder sonstwo her und die Tintenleiter und Federn kommen aus Deutschland (Bock, Schmidt usw.) - kann und darf man da noch sagen: made in Italy???

Wer weiss mehr? Wer macht mal eine Liste der italienischen Marken und kann dazu auch sagen, was wo gemacht wird bzw. herkommt?

OK - Aurora, OMAS und Visconti zählen wohl eher nicht zu den oben genannten, obwohl die Mechaniken der Kugelschreiber und Bleistifte von Schmidt sind. Aber schon bei Montegrappa fängt es an, interessant zu werden: Tintenleiter und Feder sind Zukaufartikel aus Deutschland und damit ist es kein italienischer Füllfederhalter mehr, oder soll man das nicht so eng sehen?
Ist die Feder wichtiger oder das Gehäuse?

Bitte mich nicht falsch zu verstehen, ich will hier KEINESWEGS nationales Gedankengut manifestieren, wer mich kennt, weiss, dass dem nicht so ist, es geht mir einzig und allein darum, wirkliche Ingenieurskunst und Manufakturen von den kommerziellen 'Assemblern' zu unterscheiden.

Axel
max
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Beitrag von max »

Hallo Axel,
Ich finde das eigentlich eine sehr interessante und wichtige Frage. Schade das bisher die "Spezialisten" noch nicht reagiert haben.
Meiner Meinung nach ist die Feder und auch der Tintenleiter mit das wichtigste beim ganzen FH - besonders wenn man ihn als "Schreib-Werkzeug" sieht.
Beweis dafür sind ja die tollen Federn und die Vielfalt Anfang letzten Jahrhunderts, als mit den FH wirklich noch geschrieben wurde.

Soviel ich weiß, läßt jetzt auch OMAS die Federn bei Bock produzieren, bleibt also bald wohl nur noch AURORA als einziger übrig der selber Federn herstellt.

Frage: Wie ist es eigentlich bei Pelikan, LAMY, MB, ...
Soviel ich weiß läßt Pelikan die Federn doch auch bei Bock machen, und evtl. sind die Tintenleiter auch schon zugekauft?
Ist jetzt Pelikan noch wirklich 100% Pelikan, wenn eines der wichtigste Teile des FH von einem Fremdhersteller kommt.

Interessant wäre auch, ob es jetzt eigentlich besser oder schlechter ist wenn die z.B. Feder von einem wirklich speialisierten Fremdhersteller gefertigt wird?
Schließlich sind sowohl die Pelikan als auch die OMAS Federn (beide wohl von Bock?) als sehr gut und sehr individuell bekannt!

Also vielleicht findet sich ja doch noch einer der sich auskennt. Sei es nun bezüglich italienischer Marken (wie du gefragt hast) oder auch ganz allgemein.

Gruß
Max
Dieter N
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Beitrag von Dieter N »

Puh, was für ein Stoff für Diskussionen...

Auch wenn ich kein Fachwissen über die Herkunft der Füller-Bestandteile habe, möchte ich nicht sagen müssen, welches Teil bei dem Schreibgerät wichtiger ist als andere Teile.

Für uns "Schreiber" sind Feder und Tintenleiter wichtig - ganz klar. Aber was sagt der Sammler, der das edle Sondermodell nur in der Vitrine lagert? Für ihn dürfte es völlig egal sein, ob der Tintenleiter zu wenig fördert oder die Feder die Tinte nicht vernünftig auf das Papier bringt - er wird es nie erfahren.

Beim Auto geht man wohl vom Hersteller-Sitz aus: Der Mercedes ist ein deutscher Wagen (wird die A-Klasse nicht in Spanien gefertigt?) und ein Nissan kommt aus Japan - auch die, die in Deutschland entworfen und dann in England gebaut werden.

Ich würde jedenfalls dazu neigen, nach dem Verkäufer und Namen-Geber zu urteilen. Das hindert mich übrigens nicht daran, voller Interesse zu erfahren, wer die Einzelteile fertigt und wie die Wege des Füllers sind.

Auch interessant finde ich, dass Firmen verschiedene Namen in unterschiedlichen Ländern nutzen. Ein Beispiel ist Namiki / Pilot.

Viele Grüße
Dieter N.
St1
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Beitrag von St1 »

...die Firma Surpro GmbH ( http://www.surpro.de/_montage.html ) montiert hochwertige Schreibgeräte und -baugruppen,
in Deutschland oder Tschechien. Ebenso werden Schreibgeräte dort aber auch konstruiert und produziert.

Viele Grüße,
Stefan
phouk
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Herstellerland = Teil der Marke

Beitrag von phouk »

Ich denke, realistischerweise wird das Herstellungsland heutzutage als Bestandteil der jeweiligen Marke eingesetzt, unabhängig davon, woher die Komponenten kommen. Genauso, wie Parfumfirmen nicht ohne Grund als offiziellen Sitz eher Paris wählen als Castrop-Rauxel, verbindet man doch mit einem italienischen Füller ein anderes Image und andere Werte (z.B. einen gewissen Designanspruch) als etwa bei einem deutschen. Und wenn der Füller dann hält, was die Marke einschließlich Herstellungsland verspricht, ist das aus meiner Sicht auch OK so.
Dirk Barmeyer

Beitrag von Dirk Barmeyer »

Hallo,
in der Regel kommt es doch für die Herkunftsbezeichnung darauf an, wo der überwiegende Teil der Wertschöpfung entsteht.
Aber für mich als Käufer ist es wichtiger, ob ich dem jeweiligen Unternehmen vertraue, insbesondere was die Qualitätssicherung anbelangt. Daher darf z.B. Aurora gerne Kuliminen und Mechaniken zukaufen. Bei Montblanc frage ich ja auch nicht, wo das Zeug herkommt.
Thomas Baier
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Beitrag von Thomas Baier »

... ich kann die Frage auch nicht beantworten...

Jedenfalls handelt es sich bei dem Gesamtprodukt meist um eine einzigartige italienisch anmutende Gesamtkonstruktion. Ein Visconto oder ein Stipula sind alleine schon durch die verwendeten Materialen so einzigartig, egal wo letztlich das Schreibgerät in Einzelteilen oder im Gesamten produziert wird. Da würde mich auch nicht stören, wenn nach Stipula-Vorgagen die einzigartigen Titanfedern in China gefertigt würden. Jeder Unvoreingenommene erkennt doch bei den Produkten von OMAS, Stipula oder Visconti die einzigartige Komposition. Entscheidend ist doch, ob einfach Fremdteile, die vorhanden sind, montiert werden, oder ob die man produzieren läßt nach eigenen Vorgaben.
Bei Aurora dürfte die Sache noch klar sein, nämlich daß alles in house produziert wird (so wie bei Sheaffer selig...).
Und wer mit den kleinen italienischen Unternehmen schon Kontakt aufgenommen hat, erahnt, mit welcher Freude an der Produktion dort gearbeitet und sicherlich auch dort gefertigt wird.
Aufgrund der häufig völligen Andersartigkeit der italienischen Schreibgeräte (bisweilen auch ist die Qualität out of the box ja auch Made in Italy, die schlimmsten Vorurteile bestätigend) sind diese Produkte häufig die einzige verbleibene Alternative.

(Nebenbei gesagt läßt Cross auch seine Federn auch bei Bock produzieren ...)

Viele Grüße
Euer Thomas Baier
max
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Beitrag von max »

Hallo zusammen,
Zuerst eine Frage an Thomas:
Was ist das einzigartige an den Stipula Titanfedern? Ich hab bisher noch keine in der Hand gehabt, und da der Stipula 22 immer wieder in div. Foren als "Problemfüller" beschrieben wurde, auch gezögert mir solch einen zuzulegen.

Zur restlichen Diskussion: da glaube ich das sowohl Axel als auch ich etwas falsch verstanden wurden. Es ging mir zumindest absolut nicht darum irgendwie "nationalistisch" festzustellen welcher FH aus welchem Land kommt und ob die Länderbezeichnung richtig ist.
Mir ging es viel mir um folgende Frage.
Wenn sowohl Pelikan als auch OMAS als auch Stipula etc. ihre Federn bei Bock herstellen lassen, woraus erklärt sich dann die vollkommen unterschiedliche Charakteristik der Federn?
Am Preis kanns ja kaum liegen, denn bei den hochwertigen FH dürfte der Federpreis in der Kalkulation wohl für die div. Hersteller ähnlich sein.
Und was die Vorgaben der Hersteller Betrifft, so denke ich, das die vermutlich ziemlich ähnlich sind (möglichst smooth, nicht zu flexibel, etc...).
Geht also Bock her und baut mit seinem Fachwissen für OMAS bessere Federn als für den Hersteller XY?
Stellt Bock bewusst für den Toledo bessere Federn her als für den M600 (obwohl beide 14k sind und gleich groß)?

Wenn wir uns einig sind, daß das Schreibverhalten eines FH in erster Linie von Tintenleiter und Feder bestimmt werden, dann könnte doch jeder Hersteller (ob in Spanien, Italien, Frankreich....) einfach zu Bock gehen, sagen "ich möchte eine Feder die genauso schreibt wie die eines Toledo oder eines Paragon, lediglich die Oberfläche soll anders verziert sein" und schon könnte der kleinste Hersteller in Italien oder sonstwo einen fantastischen FH bauen (was die Schreibqualität betrifft!).

Dahin ging meine Frage. Wieweit hängt die Qualität - als Beispiel bei den italienischen FH - von den Zulieferern ab und wieweit ist da der Einfluss von Firmen wie Bock, Schmid, ... etc.

Gruß
Max
Thomas Baier
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Beitrag von Thomas Baier »

... ausprobieren Max, kann man schlecht beschreiben. Ich berichte weiter, wenn ich einen Stub aus Florenz zurückhabe.

Die Titulierung des Ventidue als Problemfüller kenne ich nicht. Die Produktqualität ist sehr hochwertig, die Titanfedern sind Geschmackssache und deren Leistung mehr von der Produktionsqualität als vom Material her bestimmt. Aber immer eine interessante Erfahrung sind neue italiensiche Füller allemal...

Viele Grüße
Thomas Baier
Martin Lesny
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Beitrag von Martin Lesny »

Ich glaube nicht, dass man dies als typisch italienisches Problem darstellen kann. Viele deutsche Produkte von z.B. Faber-Castell oder Lamy werden nahezu komplett von Zulieferern gefertigt.

Montegrappa hat dagegen eine sehr grosse Fertigungstiefe und produziert sogar seine Tintenleiter und die Kolben selber. Tibaldi ist jetzt von der Aquila Gruppe (ehemals Inhaber von Montegrappa) uebernommen worden - die Aquilas haben eine sehr schmucke Fabrik noerdlich von Neapel und koennen sehr viel selber machen.

Viele Firmen stellen in der Regel nur die Gehaeuse selber her, waehrend die Technik (Feder, Tintenleiter, Kolben) und oft auch der Clip Zukaufteile sind. Aber dies hat wie gesagt nichts mit Italien zu tun - die Fertigungstiefe ist auch in andere Laendern nicht hoeher und auch die grossen der Branche haben ein ausgedehntes Zuliefernetz.

Mit den besten Gruessen

Martin
Ich besitze in Esslingen am Neckar ein Fachgeschäft für hochwertige Schreibgeräte.
Auch wenn ich meine Kunden am liebsten in meinem Laden persönlich berate, bearbeite ich auch gerne telef. Anfragen (0711 5774436) oder e-mails.
Dirk Barmeyer

Beitrag von Dirk Barmeyer »

Hallo,
ich würde gerne nochmals auf den ersten Text von Axel zurückkommen. Eine Liste, wer was woher bezieht ist zwar sehr interessant. Aber machen wir uns damit beliebt ?
Möchte Faber-Castell, Cartier,..., aber auch Pelikan, Montblanc etc. im Internet lesen, wo ihre Produkte hergestellt werden ?
Ich glaube nicht !

Aber auch andersherum gefragt : Wem hilft eine solche Liste ?
Denn wenn Firma x z.B. Silberteile oder Holzteile fertig zukauft mag das ja durchaus in unser (des Käufers) Interesse liegen. Lieber ein vom Zulieferer gut gemachtes Teil als ein schlecht im Haus gefertigtes.
Und die Unterscheidung von wirklicher Ingenieurskunst und Manufakturen von kommerziellen Zusammenbauern empfinde ich gerade in "unserer" Branche als sehr heikel.
Denn bei dieser Unterscheidung fällt mir leider keine wirkliche Manufaktur ein ! Wer kauft keine Halb-oder Fertigteile zu ?
hcpluemer
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Beitrag von hcpluemer »

In welchem Bereich ist es überhaupt noch möglich, ein Produkt unter reinen Manufakturbedingungen (ein einzelner Betrieb macht vom Entwurf über das Erstellen aller Komponenten bis zum Endprodukt und dessen Vertrieb alles selber) herzustellen? Das kann doch vermutlich keiner mehr bezahlen. In der heutigen zeit werden doch sogar weniger komplexe Produkte aufgrund des hohen Kostendruckes hoch arbeitsteilig hergestellt. Warum sollten das Schreibgeräte da eine Ausnahme machen? Manufakturproduktion ist was für Romantiker, die das auch bezahlen können. Und was ist einem das Gefühl wert einen "absolut italienischen" Füllhalter zu besitzen?
h-cp
_____________________________________
"Das schlechteste Stück Papier und das schlechteste Schreibgerät sind besser als ein gutes Gedächtnis." (Alte chinesische Weisheit)
Thomas Baier
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Beitrag von Thomas Baier »

HALLO PLENUM FREUNDE,

früher war SHEAFFER berühmt dafür, alles "in house" zu fertigen, sogar das Schmelzen der Feder hat man in Fort Madison, Iowa selbst durchgeführt. Auch bei AURORA, so hieß es immer, fand die gesamte Produktion (ich denke nicht die Goldschmelze) im Haus statt. Ob das heute noch so ist, weiß ich nicht.

Die Diskussion ist letztlich völlig müßig, die Vorredner haben genug dazu gesagt. Ich verweise auch auf meinen Bericht über den Stipula Ventidue. Was kümmert es bei einem so kreativen Produkt, daß letztlich in gemeinsamer Entwicklung und - dem eigenen Wunsch und Willen entsprechend - die Titanfedern bei Bock in Heidelberg gefertigt werden?

Sehr viel wichtiger ist, und das merkt man den Produkten auch an, ob der Wille des Herstellers besteht, ein preisentsprechend herausragendes Produkt herstellen zu wollen statt unter dem eigenen Namen verschiedene Produkte, halt nur noch unter anderem Schreibgeräte, anzubieten.

Viele Grüße
Euer Thomas Baier
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