Pagliero / Stilnova: Fare una bella figura

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pradella2
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Pagliero / Stilnova: Fare una bella figura

Beitrag von pradella2 »

Dafür, dass die in Settimo Torinese (Ortsteil von Turin) sesshafte Firma Pagliero über Jahrzehnte den italienischen Markt mit Füllhaltern versorgte, findest sich vergleichsweise wenig über die Firma und ihre Produkte. Das mag auch daran liegen, dass Pagliero unter diversen Marken(namen) aktiv war - Red Cirlce, Regale, Condor, Vereletta, Plevonia, Stilnova, um nur einige zu nennen. Mehr dazu im historischen Abriss der https://www.fountainpen.it/Pagliero/it. Dort erfährt man beispielsweise auch, dass die italienische Füllerindustrie, die sich in Settimo Torinese geradezu ballte, einen erheblichen Aufschwung erlebte infolge der vom Völkerbund gegen Italien verhängten Einfuhrbeschränkungen infolge des Abessinienkrieges ab November 1935.

Hier geht es speziell um ein wahrscheinlich aus den späten Fünfzigerjahren stammendes Modell aus der Serie STILNOVA. Griffig formuliert ein Parker 51 Klon in eigenständigem Gewand, und zwar in einem italienischen Maßanzug.
Technisch ist es ein Festkonverterfüller mit einem simplen, aber effektiven Zugkolbenkonverter und einer vollverdeckten Feder. Feder und Tintenleiter sind durch eine Manschette aus transparentem Weichkunststoff straff zusammengefasst - so straff, dass ich das Zerlegen an dieser Stelle nicht auf die Spitze treiben wollte. Gemeinsam mit dem eng zulaufenden Griffstück und dem der Stromlinie folgenden sichtbaren Frontstück des Tintenleiters ist die Verwandtschaft zum berühmten Vorbild von Parker nicht zu übersehen. Eine technische Verbesserung ließ man sich aber in Settimo Torinese einfallen, die die Montage (und auch die Wiedermontage nach Zerlegen) vereinfachte: Der vordere Abschnitt der Weichkunststoffmanschette ist oktogonal statt rund ausgeformt, ebenso als Gegenpart das Innenprofil des Griffstücks. Die fummelige Feinausrichtung von Feder und Leiter im Griffstück entfällt, die Feder muss beim Einbau lediglich grob "genordet" werden, um in korrekter Stellung im Griffstück zu sitzen.

Der Füllmechanismus ist so einfach, wie eine Spritze aufzuziehen. Steckkappe abziehen, Korpus abschrauben, schon liegt die verchromte Zugkolbenstange frei und der Füller lässt sich - zwar mit zwei Händen, aber nur mit einem Handgriff - zügig aufziehen. Der Kolben besteht wie die Federmanschette aus etwas milchigem Weichplastik. Mit einer Spur Silikonfett versehen, ist es ein Vergnügen, den Füller aufzuziehen.

Die Feder ist nichts Besonderes - eine ursprünglich wahrscheinlich vergoldete Edelstahlfeder mit Iridiumspitze. Die Feder meines Exemplares hatte gelitten; ich habe sich auf einem Porzellanteller ausgestrichen und anschließend vorsichtig geschliffen. Jetzt ist sie zwar geometrisch immer noch nicht makellos, schreibt aber supersanft.

Pure bellezza herrscht indes auf der Außenhülle. Sie besteht vermutlich aus Edelstahl, jedenfalls spricht sie schwach auf einen Magneten an, ist elektrolytisch beschichtet und fein horizontal guillochiert. (Ob man bei dieser Art des Dekors tatsächlich von Guillochen sprechen kann, entzieht sich meiner Kenntnis - das Muster sieht aus wie diamantgefräst.) Die Wirkung ist schwer zu beschreiben - es entsteht eine Art präziser Glanz, der sich aus einer engen Folge von einzelnen feinen Pünktchen zusammensetzt. Die Musterung lässt Kappenspitze und Griffstückende aus, was sicher fertigungstechnische Gründe hat, gemeinsam mit der zusätzlichen Unterbrechung des Musters am Übergang von Griffstück zur Kappe aber dafür sorgt, dass der Füller eine "Bauchbinde" erhält, obwohl er gar keinen Bauch hat. Aber: Er ist nabelfrei, denn die Kappe lässt einen ca. 2 mm langen, flächenbündig gestuften Abschnitt des Korpus unbedeckt. Der Cross Century macht das so ähnlich, wenn auch nicht nabelfrei. Und vor allem nicht mit dem schräg angeschnittenen Kappenkopf, der nahezu ansatzlos überleitet zum (technisch eher unaufregenden, da einfach gekrallten) Clip. Eine scharf gebügelte, zulaufende V-Nut verleiht auch dem Clip noch einen straffen Akzent.

Rasch noch einige technische Daten: Gewicht 20 g unbetankt / Gesamtlänge 135 mm geschlossen /152 mm mit aufgesteckter Kappe / 118 mm geöffnet. Mit 11 mm Bauchbindendurchmesser bzw. 10 mm am Griffstück ist der Stilnova ein eher schlanker Vertreter. Er ist lediglich am unteren, ungemusterten Kappenrand mit dem Schriftzug STILNOVA markiert.
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pradella2
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Re: Pagliero / Stilnova: Fare una bella figura

Beitrag von pradella2 »

Hinweis: Auf dem Zerlegefoto fehlt die verchromte, randgerillte Überwurfmutter, die den Kolbem im Zylinder hält. Warum? Weil ihr Außendurchmesser etwas zu großzügig gewählt wurde und gerne im konisch zulaufenden Korpus reibt. So kann es passieren, dass sie beim Abschrauben des Griffstücks vom Korpus "mitgenommen" wird und unbemerkt im Korpus steckenbleibt. Genau das geschah beim Fototermin.
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