"Repro Barrel" für Pelikan 100 Reparatur - Erfahrungen?

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Edelstein1
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"Repro Barrel" für Pelikan 100 Reparatur - Erfahrungen?

Beitrag von Edelstein1 »

Hallo, ich bin in der Bucht über diese Anzeige gestolpert:

https://www.ebay.de/itm/166752120189

Hat jemand schon praktische Erfahrungen mit so einem Teil gemacht? Die Idee an sich ist lobenswert, er läßt sie sich ja auch fürstlich bezahlen. Doch wenn es die einzige Möglichkeit ist, das Familienerbstück zu retten ....

LG, Jacky
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TomSch
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Re: "Repro Barrel" für Pelikan 100 Reparatur - Erfahrungen?

Beitrag von TomSch »

Hi,

das geht sicherlich günstiger! Ich würde erst einmal bei Volker anfragen, ob er so etwas herstellen kann.
Dann böte sich die Möglichkeit, Lutz Fiebig in Magdeburg zu fragen, ob er ein gebrauchtes Teil vorrätig hat.
Eine solche Frage nach einem Ersatzteil könntest du auch hier im Forum posten.

Tschö, Thomas
Sei nicht so; sei anders.
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Zollinger
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Re: "Repro Barrel" für Pelikan 100 Reparatur - Erfahrungen?

Beitrag von Zollinger »

Originale Pelikan 100 Schäfte aus Zelluloid sind als Ersatzteil leider Mangelware. Zuviele sind dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen.
Edelstein1 hat geschrieben:
08.01.2025 22:53
...
Hat jemand schon praktische Erfahrungen mit so einem Teil gemacht?
...
Ja, ich kenne diese Ersatzteile. Ich habe bereits mit einem von ihnen einen seltenen Pelikan 112 für einen Freund repariert. Sie sind sehr sorgfältig gemacht. Trotzdem kann es zu Masstoleranzen zu den alten Teilen kommen, da diese sich in ihren Abmessungen im Lauf der Zeit verändert haben. Davon sind besonders die Binden und Kappen aus Zelluloid betroffen.

Für die Rettung eines Erbstückes halte ich diese Teile aber für geeignet. Problematisch finde ich hingegen die Verwendung im professionellen Bereich, also für den Verkauf. Für den Laien, aber auch den geübten Amateur ist ohne eine Demontage nicht mehr erkennbar, ob ein Füller sich im Originalzustand befindet, oder mit einem solchen Ersatzteil repariert wurde.

PS: Trotz CNC steckt in diesen Teilen immer noch viel Handarbeit, da das Rohmaterial der Farbe wegen von Hand gemischt und gegossen wird. Von einer fürstlichen Bezahlung würde ich daher nicht sprechen. Ich finde den Preis angemessen.
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HeKe2
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Re: "Repro Barrel" für Pelikan 100 Reparatur - Erfahrungen?

Beitrag von HeKe2 »

Christof, ich bin mal wieder fasziniert von deinem Wissen. Deshalb erlaube mir mal aus reiner Neugierde die Frage, woraus diese Ersatzschäfte denn hergestellt werden? Dass Zelluloid gewissen Alterungsprozessen unterliegt, ist ja bekannt was dann die Maßprobleme verursacht, aber wie wird sowas denn schlussendlich verabeitet? Ich habe einen alten Pelikan noch nie so weit auseinandergenommen und würde mir das zurzeit auch gar nicht zutrauen ohne zu wissen, was ich da eigentlich tue.
Beste Grüße
Hermann
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Zollinger
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Re: "Repro Barrel" für Pelikan 100 Reparatur - Erfahrungen?

Beitrag von Zollinger »

Lieber Hermann

Danke für die Blumen. Meines Wissens, wird ein 2-Komponenten Giessharz verwendet. Vermutlich ein Epoxyharz. Die Kunst beim Giessen besteht darin, das Material unter Vakuum aushärten zu lassen, damit keine Luftblasen mehr enthalten sind.

Ein zerlegter Pelikan 100 sieht so aus:

Bild

Man sieht auf dem Foto gut, dass sich am Schaftende eine Stufe befindet. An dieser Stelle wurde ein Messingring zur Verstärkung des Gewindes eingefügt (leider auf dem Foto nicht zu sehen, da er in der Binde feststeckt). Also Ausgerechnet dort wo das Gewinde des Kolben greift, ist das Material am dünnsten. Mir ist aufgefallen, dass transparentes Zelluloid viel anfälliger für Alterszersetzung ist, als undurchsichtiges. Ich habe schon viele Pelikan 100 Schäfte beim Zerlegen "verloren". Damals wusste man offenbar noch nicht so genau, wie dieses Material altern würde. Bei späteren Modellen wurde auf diesen Ring verzichtet, bevor man den Werkstoff ganz gewechselt hat:

Bild
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Edelstein1
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Re: "Repro Barrel" für Pelikan 100 Reparatur - Erfahrungen?

Beitrag von Edelstein1 »

Dank euch allen für die ausführlichen Antworten!
LG, Jacky
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HeKe2
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Re: "Repro Barrel" für Pelikan 100 Reparatur - Erfahrungen?

Beitrag von HeKe2 »

Zollinger hat geschrieben:
09.01.2025 11:03
Mir ist aufgefallen, dass transparentes Zelluloid viel anfälliger für Alterszersetzung ist, als undurchsichtiges.
Danke Christof für Deine ausführliche Antwort. Das mit der Empfindlichkeit transparenten Zelluloids leuchtet mir ein. Vielleicht hätte Pelikan an die Füller schreiben sollen. "Kühl und dunkel zu lagern!" ;)

Aber im Ernst: Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass UV-Licht alles Andere als gut für das Zelluloid ist und transparentes Material lässt dieses eben viel tiefer eindringen. Ein Grund meiner Frage war, dass ich gar nicht wusste, wo ich mit dem transparenten Schaft in dem Füller hin soll, kannte ich doch keine transparenten Pelikan-Füller aus der Zeit und ich habe noch nie einen 100er auseinander genommen. Kunststück, ich besitze keinen.

Jetzt bin ich einiges schlauer.

Danke nochmal,
Hermann
Beste Grüße
Hermann
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Zollinger
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Re: "Repro Barrel" für Pelikan 100 Reparatur - Erfahrungen?

Beitrag von Zollinger »

HeKe2 hat geschrieben:
10.01.2025 18:36
...
Aber im Ernst: Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass UV-Licht alles Andere als gut für das Zelluloid ist und transparentes Material lässt dieses eben viel tiefer eindringen.
...
Lieber Hermann

Ja, das habe ich mir zuerst auch gedacht. Die besonders betroffene Stelle liegt jedoch ein wenig geschützt unter der grünen Binde. Trotzdem habe ich weit mehr Pelikan 100 angetroffen, welche genau an dieser Stelle von Zelluloid-Zersetzung betroffen waren, als z.B. am Tintenfenster. Ich tippe (ohne einen wissenschaftlichen Beweis vorlegen zu können) eher auf eine chemische statt auf eine physikalische Ursache. Möglicherweise hat der Schwefel, welcher sich im Hartgummi befindet und welcher an dieser Stelle im Kontakt mit dem Zelluloid steht einen Einfluss? (Ich bedaure es beinahe jeden Tag, damals in der Schule, in Chemie nicht besser aufgepasst zu haben...)
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HeKe2
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Re: "Repro Barrel" für Pelikan 100 Reparatur - Erfahrungen?

Beitrag von HeKe2 »

Zollinger hat geschrieben:
10.01.2025 21:44
Möglicherweise hat der Schwefel, welcher sich im Hartgummi befindet und welcher an dieser Stelle im Kontakt mit dem Zelluloid steht einen Einfluss? (Ich bedaure es beinahe jeden Tag, damals in der Schule, in Chemie nicht besser aufgepasst zu haben...)
So schlecht finde ich Deine Vermutung nicht. Ich meine Irgendwo gelesen zu haben, dass die Messingringe und Clips, wenn diese korrodieren und Grünspan produzieren, ebenfalls einen Einfluss haben sollen. Warum nicht auch der Schwefel aus dem Hartgummi, zumal bei der Reaktion auch Schwefelwassserstoff oder Schwefeldioxid entstehen könnten, die beide sehr korrodierend sein könnten?
Beste Grüße
Hermann
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duckrider
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Re: "Repro Barrel" für Pelikan 100 Reparatur - Erfahrungen?

Beitrag von duckrider »

Wenn sich Grüsnpan bildet, bedeut dies, dass sich der Kupfer- und Zinkanteil chemisch umsetzen und ggf. ausdehnen.
Was "chemisch umsetzen = rosten" und "ausdehnen" bedeuten, könnt Ihr an allen Betonbauwerken der 50er - 70er Jahre sehen, bei denen der Bewehrungsstahl zu oberflächennah in den Beton eingebracht wurde: Wasser, Frost und im Idealfall Streusalz haben den Stahl rosten und ausdehnen lassen. Der Beton platzt nach und nach ab, die Reaktion wird bei freiliegendem Stahl immer schneller.

Was eine saure(r) Tinte(nrest) hinterm Korkring mit dem Messing macht ist u.U. das gleiche:
Der Ring selbst wird durch die Korrosion geschwächt und drückt das Zelluloid auseinander. Das geht auch im Dunkeln....
Interessant wäre das Schadensbild: Eher "sauberes Abtrennen" an der Ringsstelle, oder krakliges Auseinanderbrechen?
Ersteres spräche für Messingkorrosion.

Die Dinger gehen auf die 100 Jahre zu, soooo alt wird keine Betonbrücke :D :D
Thomas
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