An die Administratoren/Moderatoren: im Folgenden versuche ich, beim Thema Füller/Schreiben zu bleiben. Andere Techniken erwähne ich zu Vergleichszwecken. Sollte das zu viel sein, bitte ich um eine Nachricht oder ums Verschieben des Zweigs anderswo oder was auch immer.
wilfhh hat geschrieben:Andererseits könnte man das auch über Füller sagen, denn die Korrespondenz wird ja heute auf andere Weise schneller und besser erledigt (okay, zumindest schneller), und es gibt etliche Programme, mit denen man die eigene Handschrift in einen Font gießen kann, was in etwa der Simulation analoger Filme entspricht.
Wilfried, aus meiner Sicht sind das definitiv zwei Paar Schuhe.
Mit Grafikprogrammen und Wacom-Tablets arbeite ich inzwischen mehr als 20 Jahre und habe so einiges an Hard- und Software kennen gelernt, auch was die Font-Simulationen angeht, aber auch zum Teil erstaunlich gute Malsoftware (allen voran Painter, bei dessen Entwicklung ich zwar nur als Beta-Tester, aber doch eine Zeit lang mitmachen durfte). Einen Cintiq (eine Melange aus Grafiktablett und Flachbildschirm) habe ich mehrmals benutzen können; leisten konnte ich mir dieses an sich fantastische Gerät bislang noch nicht.
Das sind alles grandiose Lösungen, die aber eines gemeinsam haben: sie versuchen, den
gesamten analogen Prozess digital nachzustellen. Das geht schon aus dem Grunde nicht, weil die ganzen „Eingabegeräte“ durch einen einzigen, bestenfalls zwei bis drei Stift(e) ersetzt werden und zum Erreichen ähnlicher Effekte wie in der analogen Welt ganz andere Methoden, etwa Stiftführung/Neigung, erforderlich sind. Hier hat sich, und wird von vielen Künstlern und Illustratoren praktiziert, eine hybride Arbeitsweise eingependelt: Entwurf / Skizze mit Bleistift / Feder / Copic (
na bitte! on topic!) auf Papier, Ausarbeitung / Weiterentwicklung / Feinschliff digital. So arbeite ich auch am liebsten. Die Ideen entstehen aus dem Handgelenk auf Papier, die fertigen Bilder am Wacom.
Mit dem von Dir erwähnten Schreiben, im Sinne: Text zu einem Medium bringen, ist das noch weiter her: denn die Texteditoren wollen keine Feder/Tinte ersetzen, sondern bestenfalls die alte gute Schreibmaschine. Das tun sie dann auch recht gut, wie ich (der ich rund 15 Jahre lang auf einer alten Remington Standard 12 tippte) finde. Die Remington habe ich nach wie vor, habe sie auch, wo nötig, nachrestaurieren lassen – aber damit schreiben? In den vergangenen 20 Jahren ganz selten und nur zu Demo-Zwecken. Am Rechner erfasse ich im Übrigen meine Texte am liebsten mit Ulysses, das ist ein sehr rudimentärer, auf „Tags“ basierter Texteditor ohne Schnörkel, mit extrem minimalistischer Oberfläche. Keine Vorauswahl von Schriften, kein Bold, kein gar nix – das kann ich im Nachhinein immer noch, wenn nötig, im Layoutprogramm machen. Dieses entspricht meiner Arbeitsweise noch am besten.
Bei der Fotografie hingegen ist der Löwenanteil des Aufnahmeprozesses so geblieben, wie er war. Die Kameras waren anfangs zwar etwas anders, dann kamen aber D-SLR auf den Plan und ab da unterschied sich der Aufnahmeprozess generell nicht mehr von dem analogen. Nun erscheinen nach und nach Kameras, die – endlich – auch die bewährten analogen Bedienelemente und -Logik aufgreifen. (Diese Elemente mussten schon Anfang 1980er, also zur Filmzeit, Knöpfen und Menüs weichen…) Objektivwechsel, die veränderbaren Variablen, der Sucher im SLR – alles ist beim Alten oder wird (derzeit) durch überlegene Nachfolge-Techniken ersetzt.
Der einzige Unterschied liegt mithin im Speichermedium, und da ist es mir persönlich ziemlich egal, ob es der alte Film ist oder ein moderner Chip, außer dass der Chip inzwischen mehr Informationen speichert als die meisten Filme aus der Vergangenheit.
Was die Bearbeitung angeht: Schwarzweiß entwickeln müsste jeder können, der meint, fotografieren zu können. Jedenfalls um zu wissen, wie es geht, und um das Gefühl kennen zu lernen, im Rot- oder Olivlicht die ersten Konturen… etc. Farbe wird, außer in extrem teuren, speziellen Fachlaboren, sowieso seit 1980er digital vergrößert/abgezogen. Ich kenne einige Leute, die glauben, analog zu fotografieren… und dann bringen sie ihre Filme zur Entwicklung… um später nichts ahnend digitale Abzüge abzuholen. 8)
Aber gerade in Sachen Nachbearbeitung ist die digitale Fotografie der analogen auf weiten Strecken restlos überlegen. Denn erst in der digitalen Umgebung hat der Fotograf, der kein Super-Labor einschließlich Techniker zu Diensten hat, überhaupt eine Chance, die Farbe im Prozess so zu beeinflussen, wie er es sich vorstellt. Ich habe vor der digitalen Zeit so gut wie nie mit Farbe gearbeitet, es sei denn zu beruflichen Zwecken, denn fürs Künstlerische fehlte mir die Einflussmöglichkeit. Die wenigsten Fotografen konnten in Eigenregie Farbe entwickeln. Ich gehörte nicht dazu.
Zurück zum Schreiben: das Digitalisieren eigener Schriften mag ein netter Gimmick sein, aber gib’s zu: außer strenger Kalligraphie lässt sich die Handschrift kaum digital simulieren. Im Gegensatz zu analogen Filmen, die ein chemisch-mechanisches Medium mit ganz genau festgelegten, reproduzierbaren Eigenschaften sind, haben wir es bei der Handschrift mit einem lebendigen Prozess zu tun. Die Versuche, diesen nachzustellen, halte ich für beachtenswert, aber wenig aussichtsreich. Moderne digitale Script-Schriften wie die Linotype Zapfino (in all ihren alternativen Formen) sind wunderschön und können der analogen Schrift schon sehr nahe kommen… aber dazu bedarf es wiederum sehr viel Handarbeit beim Setzen der Schrift.
Es geht aber auch hier umgekehrt: von Hand schreiben (etwa die Überschriften, Titel usw.), dieses digitalisieren, vektorisieren und für Drucksachen verwendet. Das wäre quasi die Übertragung des Weges der Fotografie in die Schriftwelt. Meine Lieblings-Arbeitsweise übrigens, ich werde regelmäßig gefragt, woher ich diesen handschriftlich aussehenden, dynamischen Font habe.
So, jetzt aber Schluss, sonst werden wieder die Buddenbrooks draus.
Viele Grüße
Alexander