Pedanterie beim Schreiben

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Saarländerin
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Pedanterie beim Schreiben

Beitrag von Saarländerin »

Die Saarländerin grüßt die Füllfederhalterfreunde bei Penexchange und möchte sehr gerne mal Eure Ansicht über folgendes "Problem" lesen:
Stellt Euch vor, Ihr müsst einen längeren, zusammenhängenden Text schreiben mit Überschrift, Kapitelüberschriften, Unterstreichungen....so etwa 30 Seiten (für den eigenen Gebrauch, nicht zur Weitergabe).
Nun, mittendrin geschieht es: der Tintenfluss des Füllers beginnt zu stocken, d.h. die Tintenfarbe wird blass – das zuvor recht einheitliche Schriftbild sieht nicht mehr gut aus.
Oder: man ist vertieft ins Schreiben, mit den Gedanken vollständig beim Thema – und plötzlich brüllt ein Kind, bellt der Hund, rappelt das Telefon, läutet die Türklingel...man erschrickt und auf dem Papier ist ein Krakel, der nicht hingehört...
Wieder gilt: das zuvor recht einheitliche Schriftbild schaut nicht mehr gut aus.
Durchstreichen und einfach weiterschreiben?
Zu Schul- und Studienzeiten konnte ich das (der Tintenkiller war noch nicht erfunden), im Berufsleben mit der Textverarbeitung im PC war es sowieso kein Thema mehr.
Ich ertappe mich immer öfter dabei, Seiten, auf denen mich die oben geschilderten "Brüche" im Schriftbild stören, neu zu schreiben, obwohl nur ich allein den Text lesen und nutzen werde.... :?
Für "Ausrutscher" nutze ich kleine, weiße Klebetiketten (20mm lang, 8mm hoch) und schreibe neu drüber (die Etikettchen sieht man je nach Papier kaum).
Aber wenn es wirklich sichtbare Probleme mit dem Tintenfluss gibt – dann schreibe ich die Seite neu.
Und dann immer der Gedanke: wie würde der Text mit breiterer oder schmalerer Feder, anderer Tintenfarbe aussehen...ganz sicher viiiiel schöner... :cry:
Ist das sinnlose Pedanterie eines älteren Semesters mit zuviel Zeit – oder geht es Euch ähnlich? :?:
Weiter im Text:
Wieder wie oben, eine Art Referat über ein bestimmtes Thema mit verschiedenen Kapiteln.
Schreibt Ihr alles vom ersten bis zum letzten Buchstaben in einer einzigen Tintenfarbe oder wechselt Ihr die Farben mit den Kapiteln? Und stellt nach 10 Seiten oder mehr fest: ist wohl doch nicht das Gelbe vom Ei...wieder neu beginnen?
Freue mich sehr darauf, Eure Meinungen, Ansichten und Gepflogenheiten diesbezüglich lesen zu dürfen – und kann auch mehr oder weniger diskrete Hinweise auf Behandlungsmöglichkeiten von zwanghaften Störungen gut wegstecken... :oops:
Aber diese Pedanterie entwickle ich ausschließlich beim Schreiben von Hand – wohl weil man angesichts der Korrekturmöglichkeiten bei der Textverarbeitung und der hervorragenden Drucker so gut wie nie ein nicht perfektes Schriftbild zu Gesicht bekommt, bei der guten alten Schreibmaschine war das noch anders...
Vinvenza
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Re: Pedanterie beim Schreiben

Beitrag von Vinvenza »

Liebe Saarländerin,

ich kann das sehr gut verstehen, da es mir nicht anders geht. Ich bin zudem Linkshänderin und ärgere mich, wenn ich gerade Geschriebenes versehentlich verwische. Ih mag meine Schrift und freue mich, daß sie je nach dem welchen Füllfederhalter ich verwende, einen unterschiedlichen Charakter haben kann. Ich freue mich zudem über ein einheitliches ordentliches Schriftbild und auch ich habe bei meinen privaten Aufzeichnungen schon manche Seite noch einmal neu geschrieben. Was ich verwende, um Fehler oder Kleckse abzudecken, ist ein TippEx-Roller. Es ist nicht perfekt, da die Tinte beim Drüberschreiben leider sehr langsam trocknet, ist aber ganz praktisch, wenn es schnell gehen muß.

Herzlichen Gruß
Vinvenza
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Tenryu
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Re: Pedanterie beim Schreiben

Beitrag von Tenryu »

Notizen und Schriftstücke, die ich nur für mich anfertige, sehen meist ziemlich unleserlich aus. Ich bin froh, wenn ich es selber noch entziffern kann. Wenn mir etwas nicht paßt, wird es durchgestrichen; einfach so und ohne Lineal. Tintelkiller verwende ich eigentlich nie.
Und ich wechsele auch nie die Farbe mitten im Text. Vielmehr gibt es gewisse Texte, die ich aus Gewohnheit immer mit einer bestimmten Tinte schreibe.
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Beginner
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Re: Pedanterie beim Schreiben

Beitrag von Beginner »

Hallo Saarländerin,
ich würde keine neue Seite beginnen, eher den Fehler sauber durchstreichen und weiter schreiben. Tintenkiller sind für mir ein Graus. Wie sieht das denn aus wenn man mit dem Fineliner oder Kuli über den "gekillerten" Fleck schreibt.... Es geht ja um einen handgeschriebenen Text, dieser zeigt durch kleine sichtbare (saubere) Korrekturen seinen Charakter. Immerhin hat den Text nicht der 1.200 dpi PiezzoHighTechMediaMarkt Drucker aufs Papier gezimmert, sondern eine Menschenhand aus der Feder fließen lassen.

Farben ändere ich nicht innerhalb eines Textes. Das würde mich eher stören.

Ich kann verstehen dass du, dem Schriftbild zuliebe, eine neue Seite beginnst. Als Pedanterie sehe ich das nicht. Wenn man sich schon die Mühe macht etwas handschriftlich zu Papier zu bringen, ist es einem auch gestattet es so zu tun wie man das gern hätte :)

Grüße, Roberto
yoda
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Re: Pedanterie beim Schreiben

Beitrag von yoda »

Hallo allerseits
Also ich schreibe so etwas nicht mehr neu. Bei mir ist es sogar so, dass ich manchmal mittem im Satz den Füller wechsle weil mich der gerade verwendete langweilt, ärgert, nicht recht will..... was auch immer. Wenn statt der grünen eine blaue Tinte eingefüllt ist - auch recht. Ich habe zwar auch Spaß an schönen Seiten und einem schönen Schriftbild, aber ich habe mehr Spaß beim Schreiben als beim Lesen und das muss mit gefallen. Einen Text komplett nochmal zu schreiben weil das Schriftbild nicht mehr gleichmäßig ist, das mache ich sicher nicht. Bei Texten an Andere personen benutze ich, mit Ausnahme von persönlichen Briefen so und so den Mac. Und auch einen Brief schreibe ich nicht neu. Es kommt mir da wirklich mehr auf den Inhalt an und ich wüßte, der Empfänger muss jetzt wieder einige Wochen warten, wenn ich den Brief nicht in einem Zug fertig mache und gleich wegschicke.
Der hübsche Nebeneffekt bei meiner Methode: Ich kann die Schriftbilder verschiedener Füller direkt vergleichen. Ich schreibe, bei Texten für mich selbst oft den verwendeten Füller und die Farbe darunter.

Gruß
Hugo
Saarländerin
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Re: Pedanterie beim Schreiben

Beitrag von Saarländerin »

Vielen Dank für Eure Antworten.
Es scheint, ich gehöre zusammen mit Vinvenza zu einer kleinen (radikalen?) Minderheit
Vinvenza hat geschrieben:Liebe Saarländerin, ich kann das sehr gut verstehen, da es mir nicht anders geht....
denn
Tenryu hat geschrieben:...Wenn mir etwas nicht paßt, wird es durchgestrichen; einfach so und ohne Lineal. Tintelkiller verwende ich eigentlich nie.
und
Beginner hat geschrieben:ich würde keine neue Seite beginnen, eher den Fehler sauber durchstreichen und weiter schreiben. Tintenkiller sind für mir ein Graus.....
Ich kann verstehen dass du, dem Schriftbild zuliebe, eine neue Seite beginnst. Als Pedanterie sehe ich das nicht. Wenn man sich schon die Mühe macht etwas handschriftlich zu Papier zu bringen, ist es einem auch gestattet es so zu tun wie man das gern hätte :)

sowie
yoda hat geschrieben:...Also ich schreibe so etwas nicht mehr neu. Bei mir ist es sogar so, dass ich manchmal mittem im Satz den Füller wechsle weil mich der gerade verwendete langweilt, ärgert, nicht recht will.....
sind - wohl mit Recht - anderer Ansicht.
Tintenkiller kenne ich nicht, weil es sie zu meiner Schul- und wohl auch Studienzeit noch nicht gab bzw. sie meines Wissens nur für die blaue Pelikan-Tinte geeignet sind und ich andere Farben bevorzuge.
Die Texte, die ich schreibe, sind Stütze für eine Art Referate vor Publikum, ähnlich wohl wie es auch manche Lehrer und Dozenten handhaben. Sobald ich draufschauen muss, ärgere ich mich bei Unregelmäßigkeiten im Schriftbild und denke, das könnte besser aussehen :evil:
Zudem verlässt man ab und ab den Raum (Pausen usw.) ohne die Unterlagen und dabei ist die Gelegenheit für die Zuhörer doch recht groß, mal einen Blick auf das Geschreibsel zu werfen...Offensichtlich nimmt proportional mit dem Alter bei einigen Leuten (wie bei mir) nicht die Weisheit zu, sondern eher die Eitelkeit :oops:
Trotzdestonix, ich werde mir keinen "kalten Entzug" verordnen, so lange ich diese Macke noch vor mir selbst rechtfertigen kann.
Vielleicht "outen" sich noch weitere Forenmitglieder?
Nitschewo
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Re: Pedanterie beim Schreiben

Beitrag von Nitschewo »

Liebe Saarländerin,

auch das Sich-Outen kann ja zwanghaft werden! Ich kann da auch nicht widerstehen und beichte hiermit meine finsteren Geheimnisse: Pedantisch bis zum Aberglauben war ich in jüngeren Jahren, was den Füller anging, mit dem ich einen Text verfasste. Auf gar keinen Fall durfte auch nur ein Wort im Text mit einem anderen Schreibgerät geschrieben werden, auch die Tintenfarbe war immer diesselbe - Pelikan schwarz. Dafür wurde aber auch gekritzelt, durchgestrichen, geschmiert, drüber geschrieben und notfalls mit gemalten Pfeilen auf Ergänzungen am Blattrand verwiesen, was das Zeug hielt.

Heute habe ich ein paar Füller mehr im Kistchen und eine ganz neue Begeisterung für schrille Farben entdeckt. (Man soll sich eben nicht in Füllerforen anmelden!) Der Text ist mittlerweile 160 Seiten stark und absolut unvorzeigbar, da jede Neuerwerbung sich dort verewigen durfte. Begonnen habe ich noch mit meinem bewährten M600 mit M-Feder und königsblau ... aber dann ... au weh. Heute tummeln sich Schriftbilder von Schrägfedern von OM bis OBB in englischgrün und sepia zwischen schönem schrillen Private Reserve Plum; ein Versuch, mit einem M215 mit braver M-Feder und gediegenem Atlantik-Blau etwas mehr Ruhe und Stabilität ins Schriftbild zu bringen, war durchaus von Erfolg gekrönt, aber sooo langweilig. Also: lieber wieder den M605 mit der OM-Feder mit Purple Mojo betankt und weiter geschmiert! Mit diesem Füller habe ich eine furchtbare Sauklaue, aber er gleitet doch so wunderbar.

Gestrichen, gekleckst und geschmiert wird natürlich auch noch. Und dann ist da ja noch der junge Kater-Rüpel, der seit Juni bei mir wohnt und die neugierige feuchte Nase immer wieder mal über frisch Geschriebenes schieben muss ...

Und trotzdem habe ich bei aller Freude an kreativem Chaos auch eine pedantische Marotte: Ich schreibe niemals einen Satz über ein Seitenende hinaus. Am Ende der Seite muss auch unbedingt der Absatz beendet sein!

Mit der Hand zu schreiben ist und bleibt nun mal eine höchst individuelle Stilentwicklung. Ich finde es höchst interessant zu lesen, dass jeder hier seinen ganz eigenen Bezug dazu hat. Danke für's schöne Thema!

Viele Grüße,
Bianka
Viele Grüße

Bianka

"Blessed are the cheesemakers!" Monty Python
G-H-L
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Re: Pedanterie beim Schreiben

Beitrag von G-H-L »

Schaut euch doch mal die Geschichte an. Früher wurden ganze Bücher mit der Hand geschrieben. Lief da was schief mußte die ganze Seite neu geschrieben werden. Und das bei den ganzen Schriftverzierungen, die damals üblich waren.

Und vor der Erfindung der Schreibmaschine gab es ja auch den Beruf des Schreibers. Die hatten doch die gleichen Probleme.

Ähnliche Probleme hatten wir auch früher mit den mechanischen Schreibmaschinen. Man konnte zwar Tippfehler mit Radierstiften wieder korrigieren, aber wie sah das dann aus. Dumm wenn der Fehler ganz am Ende bei der Grußformel auftrat. Die Korrekturbänder machten die Korrektur zwar leichter, aber besser sah das auch nicht aus.

Ein Problem bei der Handschrift wird immer bleiben. Konzentriert man sich auf die schöne geschwungene Schrift oder doch lieber mehr auf den Textinhalt und sieht großzügig über kleinere Schönheitsfehler (Schnörkel oder Aussetzer) hinweg?

Eines wird aber immer bleiben. Ein handgeschriebener Brief, vorzugsweise mit Füller, hinterläßt beim Empfänger einen ganz anderen Eindruck als ein Computerausdruck.

Ich hab mich damals sehr gefreut, als ich von Pelikan ein paar Edelstahlfedern geschickt bekam. Die waren mit Tesafilm auf einen Karton aufgeklebt und darüber stand: "Anbei die gewünschten Federn". Allerdings schön und sauber mit einer Bandzugfeder von Frau Przybylok.

Gruß
Gerhard
Gruß
Gerhard

Nein, das ist keine unleserliche Handschrift!
Der Text ist nur analog verschlüsselt! :)
lw7275
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Re: Pedanterie beim Schreiben

Beitrag von lw7275 »

Auch in alten Zeiten, als die Leute noch Zeit hatten, wurde nicht nach jedem Verschreiber ein neues Blatt hergenommen. Nicht einmal bei Urkunden oder Bibeln.
Mönche z. B. waren sparsam und Pergament so teuer, dass sogar komplette Texte abgeschrappt wurden, um das Material neu zu beschreiben. Sehr zur Freude der Historiker, die sich gelegentlich mehr für die gelöschten Texte interessieren als für das, was drübergeschrieben wurde.
Sicherlich wurden auch kleinere Schreibfehler korrigiert.

In alten Briefen findet sich auch so manche Streichung und Korrektur, aber oft sehr dezent.
Für einen neuen Anfang hatte man wohl nicht die Muße; Briefe sollten zwar ordentlich aussehen, aber Handschrift war üblich und nicht so exklusiv wie heute.
Und Romanautoren, die ihre handschriftlichen Entwürfe (oder ihre Schreibmaschinenseiten) handschriftlich korrigierten, dürften so manchen Schriftsetzer in den Wahnsinn getrieben haben.

Seit ich nicht mehr mit königsblauer Tinte schreibe, übe ich fleißig, Fehler dezent zu streichen.
Kleinere Fehler entferne ich bisweilen mit einem sehr scharfen Taschenmesser. Das Papier wird mit dem Fingernagel geglättet und kann dann wieder überschrieben werden.

Ich kenne bei mir übrigens diese lästige Pedanterie:
Ich schreibe so vor mich hin, denke mehr an Inhalt als an Handschrift, und plötzlich sieht ein Buchstabe anders aus, als ich es will. Eine Schleife tuts nicht richtig, ein Bogen ist verkümmert, oder ein e ist zu einem Häkchen am folgenden s degeneriert. Dann fange ich zu schmieren an, male das unschöne Detail über und vermurkse damit das ganze Oevre nur noch mehr. Das muss ich mir wirklich durch Training abgewöhnen...

Viele Grüße
Lars
Saarländerin
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Re: Pedanterie beim Schreiben

Beitrag von Saarländerin »

Dankeschön, Lars, für Deinen Beitrag zu meiner "Macke", die ich wohl doch nicht ganz alleine pflege :D
lw7275 hat geschrieben:Und Romanautoren, die ihre handschriftlichen Entwürfe (oder ihre Schreibmaschinenseiten) handschriftlich korrigierten, dürften so manchen Schriftsetzer in den Wahnsinn getrieben haben.
Nicht nur die Romanautoren.
Ich erinnere mich noch gut daran, während des Studiums Ende der 60er und Anfang der 70er als Sekretärin für einen sehr pingeligen Chef "gejobbt" zu haben. Bei Vorlage seiner oft seitenlangen Diktate mit meiner Ansicht nach perfekt korrigierten Tippfehlern warf er dann die mit Schreibmaschine (PCs waren noch nicht in Sichtweite) mühselig getippten Blätter wortlos und mit vernichtendem Blick auf mich in den Papierkorb :cry:
Wahrscheinlich stammt mein Unbehagen beim Ausbessern aus dieser Zeit...
Auch wenn wir uns einreden, ein Ausbessern sei ja nicht soooo schlimm - der Blick sucht zwanghaft die ausgebesserte Stelle und man(n)/frau ärgert sich jedes Mal aufs Neue?
lw7275 hat geschrieben:Kleinere Fehler entferne ich bisweilen mit einem sehr scharfen Taschenmesser. Das Papier wird mit dem Fingernagel geglättet und kann dann wieder überschrieben werden.
Innerhalb eines mehrseitigen zusammenhängenden Texts kann ich das akzeptieren. Aber wenn es nur um eine Seite geht, schreibe ich lieber neu :wink:
Grüße von der Saarländerin Roswitha
OliverBonn
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Re: Pedanterie beim Schreiben

Beitrag von OliverBonn »

Liebe Saarländerin,
in einer (schreib-)perfekten Welt, in der wir über hervorragende Füllhalter, luxuriöses Papier und auch über Rechner verfügen, die simpelste Gedanken "wie gedruckt" ausspucken - da will man natürlich in punkto Perfektion nicht nachstehen. Mein Mentor, ein begeisterter Handschreiber, hat mir einmal gesagt: Der Gedanken muss aus dem Kopf durch den Arm in die Hand (und von dort über den Füllhalter aufs Papier) fließen. Dass es bei diesem empfindlichen Prozess zu Stauungen, Stockungen und Stillständen kommt, die ihre Spuren auch auf dem Papier hinterlassen, ist selbstverständlich.
Jedes Manuskript ist nicht nur ein Unikat, sondern es zeugt auch von geistiger Arbeit, häufig von dem Ringen, das der Schreiber mit seiner Materie hatte. Deshalb darf ein Manuskript von Verbesserungen, Streichungen und Einfügungen durchsetzt sein. Die Schule hat uns gelehrt, dass durch Verbesserungen Fehler getilgt werden (und entsprechende "Korrekturvermerke" im Manuskript auf schlampiges Schreiben schließen lassen). Ich sehe dies anders. Jede Verbesserung zeugt davon, dass der Schreiber versucht hat, seine Gedanken und Gefühle noch schärfer zu fassen und mitzuteilen. Weshalb soll man die Spuren solcher löblichen Arbeit verwischen wollen?
Die Kunst freilich besteht darin, ein beschriebenes Blatt Papier trotz dieser Besserungen noch elegant aussehen zu lassen. Mein Mentor war Meister darin, und er sagte mir, dies sei nur eine Sache der Übung.


Viele Grüße


OliverBonn
lw7275
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Re: Pedanterie beim Schreiben

Beitrag von lw7275 »

OliverBonn hat geschrieben: Jedes Manuskript ist nicht nur ein Unikat, sondern es zeugt auch von geistiger Arbeit, häufig von dem Ringen, das der Schreiber mit seiner Materie hatte. Deshalb darf ein Manuskript von Verbesserungen, Streichungen und Einfügungen durchsetzt sein. Die Schule hat uns gelehrt, dass durch Verbesserungen Fehler getilgt werden (und entsprechende "Korrekturvermerke" im Manuskript auf schlampiges Schreiben schließen lassen). Ich sehe dies anders. Jede Verbesserung zeugt davon, dass der Schreiber versucht hat, seine Gedanken und Gefühle noch schärfer zu fassen und mitzuteilen. Weshalb soll man die Spuren solcher löblichen Arbeit verwischen wollen?
Die Kunst freilich besteht darin, ein beschriebenes Blatt Papier trotz dieser Besserungen noch elegant aussehen zu lassen.
OliverBonn
Hallo OliverBonn,
GENAU DAS versuche ich meinen Schülern beizubringen. Aber ich habe damit keinen Erfolg! Ich unterrichte Mathematik, und da passieren den Schülern nun einmal Fehler. Aus diesen sollen sie lernen, und da ist es besser, eine nachvollziehbare Korrektur im Heft stehen zu haben als etwas Fertiges, dessen Werdegang sich nicht mehr rekonstruieren lässt. Und das versuche ich zu bewerben, wie meine eigenen Lehrer anno dunnemals übrigens auch.
Aber nein, etliche schreiben erstmal alles mit Bleistift, um dann ganze Lösungsversuche komplett ausradieren zu können.
Ich weiß nicht, ob das eine Folge einer verfehlten Fehlerkultur des Mathematikunterrichts ist oder ob es an den Versuchen liegt, den Kindern eine ordentliche Heftführung beizubringen.

Grüße
Lars
OliverBonn
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Re: Pedanterie beim Schreiben

Beitrag von OliverBonn »

Hallo Lars,

als Schüler habe ich sogar mit Bleistift vorgeschrieben, anschließend den Bleistiftsstrich mit dem Füllhalter "übermalt" und dann den Bleistift fortradiert. Und als die Tintenkiller aufkamen, gab es einen gewaltigen pädadogischen Diskurs auf den Elternabenden. Tintenkiller sind, so versicherte man, etwas für "die Dummen".

Ich habe lange gebraucht, bis ich mir den Begriff "Manuskript" richtig erklären konnte. Und noch heute fühle ich mich (als "Berufsschreiber") bisweilen gehemmt, wenn ich in eine schön gestaltete Kladde schreibe und dann Verbesserungen einbringen muss. Ich glaube, als Pädagoge kann man nur ermutigen - und sich freuen, wenn sich die Einsicht auf denen einen oder anderen Schüler im Ansatz überträgt.


Viele Grüße



OliverBonn
werner
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Re: Pedanterie beim Schreiben

Beitrag von werner »

Hallo zusammen,

eine Pressemitteilung die mir in den letzten Tagen auf den Computer geflattert ist, hat mir diesen Thread wieder in Erinnerung gebracht. Zu den Korrekturrollern habe ich einmal eine Frage. Lassen sich die Korrekturen auch mit Tinte, sprich mit Füllfederhalter, ausführen, oder ist dafür der Kugelschreiber unbedingt erforderlich. Diese Frage wollte ich hier einmal zur Diskussion stellen.

Hier der Text der Pressemitteilung:

Pelikan sorgt für gute Laune beim Korrigieren mit dem zitronengelben xycle Citrus Fruit

Sehr geehrter Herr Rüttinger,
 
Fehler müssen jetzt keine schlechte Laune mehr machen: Der neue xycle Citrus Fruit aus der Pelikan-Korrekturflotte blanco® schafft schnelle und bequeme Abhilfe und ist dabei gleichzeitig ein buntes Highlight auf jedem Schreibtisch.
 
Der farbenfrohe, praktische Helfer ist nicht nur gegen Rechtschreibfehler blitzschnell im Einsatz und dabei äußerst effektiv, sondern aufgrund seines innovativen, ansprechenden Designs auch ein wahrer Blickfang. Mit seiner ergonomischen Formgebung und der seitlichen Anwendungsmöglichkeit besticht er bei Rechts- und Linkshändern gleichermaßen durch eine besonders leichte Handhabung. Die knalligen Farbkombinationen Gelb/Grün und Gelb/Orange sorgen einfach bei Jedermann für gute Laune.
 
Dass der 2008 erstmals erschienene xycle bereits durch seine Form und seine einfache Anwendung überzeugt, beweist die im März 2009 erhaltene Auszeichnung „red dot design award honourable mention 2009“. Mit den neuen Farbkombinationen spricht der xycle Citrus Fruit nun gezielt auch Schüler und Studenten an und sorgt auch im Schul- und Uni-Alltag für gute Laune.
 
Der beliebte Korrekturroller ist für 2,65 Euro in den neuen  Farbkombinationen im Handel erhältlich.

Die oben aufgeworfene Frage habe ich auch an die Presseagentur gestellt, die diese Veröffentlichung herausgebracht hat. Die Antwort stelle ich hier gleich mit ein.

Grundsätzlich kann man die mit dem xycle Cirtrus Fruite korrigierte Fläche auch mit einem Füller überschreiben, allerdings dauert es sehr lange, bis die Füllhaltertinte auf diesem Untergrund trocknet. Das geht beim Überschreiben mit dem Kugelschreiber einfach schneller. Das „Schmierrisiko“ ist bei Füllhaltertinte also viel höher.

Ich selbst bin in Manuskripten eher der Typ, der Fehler mit "sauberem" Durchstreichen verbessert. Aber hier einmal die Frage in die Runde, was haltet ihr von diesen Korrekturrollern und benutzt ihr sie. Vielleicht ist für manchen Profischreiber euere Erfahrung wichtig.

Auf der Pelikan Homepage findet ihr den Link für weitere Informationen:

http://www.pelikan.com/pulse/Pulsar/de_ ... orrekturen

Viele Grüße
Werner
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Gerry
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Re: Pedanterie beim Schreiben

Beitrag von Gerry »

Hallo in die Runde,
um es ganz klar zu sagen: Ich bin ein Gegner jeglicher Korrekturstifte, -roller, -tuschen oder sonstiger Radier- oder Übertünchmöglichkeiten.

Einzig zu den Zeiten, als man in Architekturbüros die Pläne noch per Hand mit Tusche gezeichnet hat, war das Rasieren auf Mutterpausen oder Transparentpapier ein legitimes und auch das einzige Mittel der Korrektur, wobei es nicht nur darum ging, Fehler zu beseitigen, sondern auch Planungsänderungen einzuarbeiten.

Warum sollte ich aber in meinen eigenen Handnotizen oder Manuskripten mit Korrekturrollern arbeiten. Das Durchstreichen von Fehlformulierungen finde ich intelligenter, weil es zeigt, was sich verändert hat.

In handgeschriebenen Briefen fände ich es noch ärmer, derart zu korrigieren. Auch da kann ein sauberer Durchstrich seinen Charme haben - oder man beginnt halt noch einmal mit einem neuen Blatt.

Im Laufe meines Architekturstudiums hatte ich das Glück einen Zeichenlehrer zu haben, der alle Radiergummis aus dem Zeichensaal verbannt hatte. Sein Credo: Wer einen falschen Strich besser zeichnen will, muss vor Augen haben, warum er falsch ist um den richtigen daneben setzen zu können.
Gruß
Gerhard
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