Ich glaube, dass ich mit grosser Neugierde mir diese Terminologie aneignen würde.
Es gibt einige Bücher über Kalligraphie, die hier erhellen könnten, oder auch Filme auf youtube oder Blogeinträge
Wechselzug wird mit Bandzugfeder geschrieben, die Strichstärkenänderungen kommen dadurch, dass die Feder einfach schräg gehalten wird, das ergibt sich dann.
Schwellzug wird mit Spitzfeder geschrieben, die Strichstärkenänderungen kommen durch Druckänderungen. Das erfordert eine gehörige Feinmotorik und viel Übung und ist wesentlich schwieriger auszuführen als Bandzug.
jede schrift, die man neu lernt, verbessert die fähigkeiten in den bestehenden
Aber kann das nicht auch verwirren und zu unbeabsichtigten Mischformen führen? Ich frage mich, welche Schriften eine didaktisch sinnvolle Ergänzung zueinander sind. Und wahrlich gibt es unzählig viele Schriften in dieser Welt.
wenn man "hintereinander" lernt, mit jeweils fest zugeordneten schreibgeräten, keine gefahr
die unzahl sollte dich nicht davon abhalten, eine zu lernen
Ich habe dir mal " Deutsche Schrift " in Kurrent, Sütterlin und Offenbacher geschrieben damit du den Unterschied siehst. Das von dir erwähnte h in verschiedenen Schreibweisen in der unteren Offenbacher Schrift ist das h nach Hermersdorf, ein Schüler von Rudolf Koch. Hermersdorf hat die Schrift von Koch leicht abgewandelt, und ich für mich finde seine Schrift leichter zu schreiben und auch etwas eleganter. Aber ich denke mal dass du hier den Unterschied zwischen Kurrent (oben) und der Offenbacher (unten) und Sütterlin (mitte) gut siehst, die drei Schriften werden außerdem mit verschiedenen Federn geschrieben und die Liniatur ist ebenfalls unterschiedlich.
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Und die Offenbacher erinnert schon sehr an die hier mal sogenannte Sägezahnschrift wie im Foto gut zu sehen. Den Strich über dem m in der Mitte habe ich nicht vergessen, wurde seinerzeit nur mit einem m geschrieben.
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Aber vielleicht kann mir ja mal jemand sagen wieso, weshalb und warum Besserung mit 2 langen s geschrieben wurde und Beßrung mit ß. Ist zwar Frakturschrift aus uralt Duden, aber auch hier gelten die s-Regeln wie bei Kurrent und Co.
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Hört auf Martin, der kennt sich aus. Nochmal kurz zum Wechselzug und zum Schwellzug. Wechselzug hat eine richtungsabhängige Strichvarianz und Schwellzug eine schreibdruckabhängige. Deutlich sieht man den Unterschied bei den Aufschwüngen.
... Aber vielleicht kann mir ja mal jemand sagen wieso, weshalb und warum Besserung mit 2 langen s geschrieben wurde und Beßrung mit ß. ...
Ganz einfache Regel: Am Silbenende vor einem Konsonanten steht (vor der Orthographiereform) immer ß. Genauso wie am Wortende. Natürlich nur, wenn jeweils ein kurzer Vokal vorangeht.
Ausnahme: Bei kurzem Vokal mit folgendem Konsonanten steht nur ein Solo-s, wenn besagter Konsonant mit dem s zusammen den Doppellaut st bildet - Beispiel: Muster.
Wenn ein langer Vokal vorangeht, gab und gibt es eh weder Doppel-s noch ß, sondern nur einfaches s, beim Mustopf zum Beispiel.
Bei mir hat sich die Schrift zu einem Hybriden entwickelt. Die Schrift an sich kann man definitiv als Schreibschrift erkennen, einzelne Buchstaben kommen der Druck- / Blockschrift sehr nahe.
Eine Entwicklung über verschiedene Abschnitte meines Schreiberlebens in denen Schreib- und Druckschrift im Wechsel waren. Ich persönlich finde, dass die Schreibschrift einem Füller mehr liegt als eine andere. Schreiben oder gar zeichnen kann man mit einem Füller alles, die maximale Ausbeute liegt aber in der Schreibschrift. Geschwungene Formen , große und kleine Bögen … nicht umsonst verwenden auch heute noch viele, für wichtige Unterschriften einen Füller
"Nie bis zu unserer Stunde hat sich die Menschheit als Gesamtheit teuflischer gebärdet und nie so Gottähnliches geleistet." -- Stefan Zweig --
Bei mir hat sich die Schrift zu einem Hybriden entwickelt. ...
Bei mir ist das auch so. Aber auch bei den Kurrentlern sollte man nicht vergessen, dass Eigennamen mit lateinischen Buchstaben geschrieben wurden, also die konnten beides. Man sieht hier auch, wenn der Meister der Trickkiste Ludwig Friedericke umgarnt,
wie er da zwischendurch zur lateinischen Schreibweise greift.
Bei mir hat sich die Schrift zu einem Hybriden entwickelt. ...
Bei mir ist das auch so. Aber auch bei den Kurrentlern sollte man nicht vergessen, dass Eigennamen mit lateinischen Buchstaben geschrieben wurden, also die konnten beides. Man sieht hier auch, wenn der Meister der Trickkiste Ludwig Friedericke umgarnt,
wie er da zwischendurch zur lateinischen Schreibweise greift.
[...]
Ein sehr inspirierendes Schriftstück. Vielen Dank dafür.
Ich war doch etwas überrascht, als ich bemerkte, dass in der österreichischen Schulschrift doch einige Buchstaben aus Kurrent 1:1 übernommen wurden. Zu meiner Zeit hieß es immer "bitte in Lateinschrift schreiben". Somit dachte ich, dass diese eher Bezug auf english Roundhand oder ähnliches nahm und nicht auf Kurrent.
Schreibt jemand von euch auch beruflich in Kurrent oder bleibt ihr beim privaten Briefeschreiben dabei? Mich würde nämlich interessieren, ob ihr euch dabei an die neuen Rechtschreibregeln hält oder ob ihr diese auch von anno dazumal als Referenz nehmt.
PS.: Diese Woche las ich einen Artikel mit Interview über einen Nationalratsabgeordneten, der unter Kollegen dafür bekannt ist, dass er in Kurrent unterschreibt. Die Rede ist von Rudolf Taschner.
Liebe Grüße,
Andreas
„Lernen ist nicht gleichbedeutend mit Wissen. Es gibt Wissende und Weise. Das Gedächtnis macht die einen, die Philosophie macht die anderen.”
Ich schreibe nur privat in Kurrent und bemühe mich dabei redlich um die alte Rechtschreibung. Manchmal komme ich aber durcheinander und mixe bei Kurrent wie versehentlich auch bei der lateinischen Schrift. Aber Unterschriften wie auch Anredenamen immer in lateinischer Schrift!!
Dank an alle, die mir den Unterschied zwischen Schwellzugschrift und Wechselschrift erklärt haben. (Es handelt sich also um Phänomene, die ich kannte, aber eine Terminologie, die für mich noch neu war. Nützliche Wörter!)
Allerdings, obwohl die Termini nützlich sind, ist hiermit meine ursprüngliche Frage (was genau der Unterschied zwischen Kurrent und Offenbacher ist) noch nicht beantwortet:
1. Der Unterschied zwischen Schwellzugschrift und Wechselschrift liegt also hauptsächlich an der Feder (für Wechselschrift sind sog. Italic-Federn gedacht, und für Schwellzugschrift braucht man eine weiche Feder) und nicht an den Schriftformen.
2. Wenn ich die Tabellen mit Formen in Kurrentschrift und Offenbacher-Schrift miteinander vergleiche, dann ist zwar der Unterschied der Federart schnell klar. Aber stellt man sich vor, dass jemand mit einer Italicfeder Kurrentschrift schreibt, dann wären die Unterschiede zwischen Kurrent und Offenbacher doch nur eine Sache des persönlichen Stils (die eine ist ein wenig schräger und schmaler, die andere mehr aufrecht und dicker), und nicht eine Sache der Formen der Buchstaben? Hat man eine Italicfeder in der Hand und versucht, Kurrent zu schreiben, dann kommt doch… Offenbacher heraus?…
Übrigens scheint es mir, dass die 'Standards' nicht 100%ig standardisiert sind. Im schon erwähnten, von mir vor vielen Jahren gekauften Schulheft wurde das kleine 'e' als zwei getrennte, parallele kurze Striche dargestellt; in der Wikipedia-Tabelle sieht es fast aus wie ein 'n', also oben verbunden.
Danke, ich bin schon bekehrt – das Schreiben mit Füller ist der Weg ins irdische Paradies.
Allerdings, obwohl die Termini nützlich sind, ist hiermit meine ursprüngliche Frage (was genau der Unterschied zwischen Kurrent und Offenbacher ist) noch nicht beantwortet:
Schöne Übersicht, aber: kann jemand sagen, was genau der Unterschied zwischen Kurrent und Offenbacher ist?
Auf den ersten Blick ist die Kurrent geschwungener, runder und mehr vorwärts fliehend (nach rechts geneigt). Die Offenbacher schaut für mich näher an der Sütterlin aus.
Ich wüsste nicht, was man noch dazu sagen sollte?
Übrigens scheint es mir, dass die 'Standards' nicht 100%ig standardisiert sind. Im schon erwähnten, von mir vor vielen Jahren gekauften Schulheft wurde das kleine 'e' als zwei getrennte, parallele kurze Striche dargestellt; in der Wikipedia-Tabelle sieht es fast aus wie ein 'n', also oben verbunden.
Ich kenne auch das S für Sütterlin in zwei unterschiedlichen Varianten, einmal ganz rund und einmal mit Hakerl rechts oben.
Ich sehe diese "Standard"-Alphabete eher als Empfehlungen. Wenn man nicht total davon abweicht, bekommt das Hirn das schon auf die Reihe.
Zuletzt geändert von moniaqua am 27.09.2024 12:21, insgesamt 1-mal geändert.
Die Kurrent ist die für Kinder schwierige Spitzfederschrift, die für die Kinder vereinfacht werden sollte/musste!
Sütterlin und Koch haben beide das Schreiben für die iMännchen erleichtern wollen.
Auf Grundlade des Kurrentalphabetes Lineatur 2-1-2
hat Ludwig Sütterlin die 1-1-1 Lineatur und die Rundfeder gewählt und
Rudolf Koch die Bandzugfeder mit der Linatur 1-2-1.
Na ja, die Sütterlin war ein Auftrag vom preußischen Kultusministerium. Man hat da auch richtige "Feldversuche" mit Lehrern gemacht, bevor man die Schrift übernommen hat. Aber das sind "Kunstschriften", die Kurrent, von der wir hier reden, wurde tatsächlich mehrere Jahrhunderte geschrieben. Im 19.Jh. ist die auch mit Bandzugfedern geschrieben worden, die Schriftbilder deuten da aber m.E. häufig auf Linkshänder hin. Und natürlich wurde die auch mit Bleistift geschrieben, in diesem Fall war sie dann eine Gleichzugschrift.