In der Anzeige war der Füller nicht näher bezeichnet, beim Auspacken entpuppte er sich als Esterbrook J. Der Schaft trägt einige tiefere Kratzer, das Jewel am Schaft ist nur noch zur Hälfte vorhanden, die Feder war gestaucht und die Schenkel standen nicht parallel. Schusselig wie ich bin, ist es mir noch gelungen, am Mundstück einen Ausbruch zu provozieren: "Wieso sollte man doch gleich beim Ausbau des Mundstücks die Federeinheit drin lassen, anstatt sie schon mal separat im Wasserbad einzuweichen (KNACK) ... ach ja, jetzt weiß ich`s wieder."
Der J, sagt Richard Binder, war Esterbrooks Brot-und-Butter-Füller, hergestellt ab 1948. Einfach und solide. Im Innern des Schaft ist gegenüber des Hebels ein massives Edelstahl-Profil eingebaut, das das kurze Ende der Druckstange fixiert und den Ein- und Ausbau erleichtert. Auch die Kappe trägt ein Innenleben aus robustem Edelstahl, für einen Hebelfüller hat der J also einiges an Gewicht. Die Stahlfedern sind nummeriert, wobei die Nummern Aufschluss über Federstärke und -art geben ("Firm" oder "Flexible"). Die in meinem Exemplar verbaute 2668 ist demnach "Firm medium". Schaft und Kappe sind aus Plastik in schwarz, weiß oder in grün, blau, rot, braun oder kupfer marmoriert; Pastellvarianten gab es auch.
Der Füller hat gute siebzig Jahre überlebt (so alt hatte ich ihn gar nicht eingeschätzt) und sogar meine Reparatur. Das herausgebrochene Gewindestück habe ich einfach wieder eingeklebt, die Feder geglättet, die Federschenkel gerichtet, die Druckfeder vom Rost befreit, einen neuen Tintensack spendiert.
Er scheint mir meine Trotteligkeit nicht übelgenommen zu haben und schreibt anstandslos. Ich glaube, wir werden gute Freunde werden.
Ein Blick in den Schaft: Stahlprofil gegenüber dem Hebel

Er hat überlebt. Und er schreibt.

Die malträtierte Feder

Und eigentlich ist er doch ganz hübsch.

Einen schönen Sonntag wünscht
Bianka