mir ist ein hierzulande doch eher exotischer Füllfederhalter zugeflogen.

Da er eigentlich nicht kaputt ist und nur einen neuen "Tintensack" (ist gar kein Sack) braucht, möchte ich keinen Werkstatt - Faden daraus machen, sondern ihn hier vorstellen.
Es handelt sich um einen Waterman - aber keinen der Firma die von Lewis Edson Waterman gegründet wurde und die Weltruhm erlangte, sondern einen des Herstellers Arthur Allan Waterman.

Dieser Arthur Allan Waterman arbeitete ursprünglich für die L.E. Waterman Company als Verkäufer, kündigte aber 1897 und machte sich als Füllfederhalterproduzent selbständig.
Laut Richard Binders Buch "Waterman" waren Artur A. und Lewis E. sogar weitläufig miteinander verwandt, wobei nicht klar ist, ob die beiden von ihrem Verwandtschaftsverhältnis wussten... Jedenfalls war L.E. Waterman von der Kündigung und der neuen Konkurrenz alles andere als angetan - was in der Folgezeit zu einer ganzen Reihe an Prozessen um Namensrechte und Kennzeichnungspflichten führte.
A.A. Waterman's erste Firma (Eyedropper mit Mittelverbindung) musste schon 1899, nach einem verlorenen Rechtsstreit gegen L.E. Waterman, wieder schließen. Es wurde angeführt, daß sich Arthur Allan die Bekanntheit und das Renommee der L.E. Waterman Company zunutze machen würde und die Herstellerbezeichnung "A. A. Waterman" zu Verwechslungen von Seite der Kunden führe.
Nach einer Neufirmierung mit einem neuen Partner erstand die A. A. Waterman Company wieder auf, nur um im Jahr 1900 wieder zu verschwinden...
Bereits 1901 gründete Arthur Allan seine nächste Firma die "Modern Pen Company" - allerdings verzichtete er nicht auf die Schaftaufschrift A. A. Waterman!
1903 wurde das sogenannte "Twist Filling System" eingeführt, bei dem ein vorne und hinten geöffneter Tintensack über eine Kappe am Schaftende verdreht wird.
Auf das System möchte ich aber in einem Folgebeitrag eingehen, da ich noch ein paar Bilder machen möchte.
1910 wurde die Modern Pen Company wieder von der Firma L.E. Waterman verklagt ( wegen dem A. A. Waterman auf dem Schaft) und verlor abermals. Ab diesem Zeitpunkt musste die Firma folgendes auf den Schaft drücken: " NOT CONNECTED WITH THE ORIGINAL WATERMAN PEN"

Nach einem weiteren verlorenen Prozess 1912 musste die Inschrift wiederum geändert werden in:" NOT CONNECTED WITH THE L. E. WATERMAN COMPANY".
Was für die Firma natürlich fatal war, immerhin suggerierte der Aufdruck, daß ein Füllfederhalter von A. A. Waterman schlechter sei, als einer von L. E.
Arthur Allan Waterman hatte aber zu diesem Zeitpunkt die Modern Pen Company schon verlassen. Trotzdem taucht sein Name noch auf Füllfederhaltern der Firma bis in die 1920er Jahre auf. Modern selbst produziertes noch bis in die 1940er Jahre in der Spätphase allerdings ohne den Schriftzug "A. A. Waterman".
Für den Füllersammler ist dieser erzwungene Wechsel der Beschriftung natürlich praktisch - immerhin erleichtert er die Datierung der Realstücke.
Mein Füllfederhalter ist ein früher "Modern" - noch ohne den Hinweis auf die Verwechslungsgefahr mit L. E. Waterman, also definitiv vor 1910 gebaut. Da es sich um einen Twistfiller handelt, entstand er nach 1903. Den Produktionszeitraum auf 7 Jahre eingrenzen zu können, empfinde ich, bei so einem alten Stück, als sehr erfreulich! Sehr schön ist auch, daß der Füllfederhalter nach 115 Jahren noch seine, unbeschädigte, Originalfeder trägt! Hier noch der Schaftimprint: Wie schon erwähnt, reiche ich den inneren Aufbau und die Funktion des Füllsystems nach - bin noch nicht ganz fertig mit der Restauration.