Guillochieren
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Guillochieren
Guillochieren (sprich: <<gilluschieren>>)
Die Oberfläche eines Schreibgerätes konnte mechanisch nachbearbeitet werden. Ein eingekratztes filigranes Streifenmuster verlieh dem schmucklosen Hartgummi eine dezente Verzierung sowie eine bessere Griffigkeit. Auch Celluloid konnte guillochiert werden doch war der Gebrauch fast nur auf schwarzen Werkstoff beschränkt. Guillochen auf Metall ergeben durch die Feinheit und Präzision der Schnittführung bei unbenutzten Füllern sogar optische Interferenzen. Der Begriff soll auf den französischen Goldschmied und Mechaniker Guillot als Erfinder des Verfahrens hinweisen. ( Nicht der mit der Guillotine). Mit Hilfe von komplizierten Ovalwerken auf Drehbänken konnten zykloidische Muster auf flächigen Gebrauchsgegenständen und Schmuckstücken wie Tabaksdosen oder Uhrdeckeln aufgebracht werden. Auch die feinen floral anmutenden Hintergrundmuster auf Geldscheinen sind durch guillochieren auf der Druckplatte eingeschnitten worden. Andere Quellen weisen Hans Schwanhardt als Erfinder des Verfahrens aus. Einen Eindruck dieser Technik liefert ein meschanisches Zeichengerät aus Kunststoff- Zahnrädern mit asymmetrischen Durchgriffen, welches für Kinder unter dem Namen „Spirograph“ hergestellt wurde.
Im englischsprachigen Bereich werden diese Muster als „chasings“ benannt, in Abkürzung z.B. BCHR = black chased hard rubber. Die erste Übersetzung, Jagd, Verfolgungsjagd ist hier nicht zutreffend doch lässt sich der gemeinsame Wortstamm im Begriff „ziselieren“ erkennen. Im Englischen ist „chiesel“ der Meißel, welcher in die Oberfläche schneidet oder kratzt, je nach dem Aufsetzwinkel des Werkzeugs.
Die Guillochiermaschine für Schreibgeräte, die in folgendem dargestellt wird, wendet die Technik auf zylindrische Körper an. Acht Füllhalterschäfte werden in die rosetten- förmigen Aufnehmer eingespannt und können dann mit Hilfe eines mechanisch codierten Musters durch kleine Industriediamanten bearbeitet werden. Die Schneidwerkzeuge unter einem Querbalken heben und senken sich, während die zu bearbeitenden Teile auf einem Präzisionsschlitten immer wieder hin- und her fahren. Die Schäfte sind drehbar gelagert, sodass neben dem Rotationsvorschub auch Wellen-, Waffel- oder Schrägmuster guillochiert werden können. Die „Software“ für den Werkzeugeinsatz befindet sich in den Kerben verschiedener Scheiben die konzentrisch mit der Drehung des Füllerschaftes mitwandern. Der „link“, ein Hebel, der in die eingefrästen Nuten der Scheibe ein- und ausspringt, liefert die mechanische Information an den Querbalken weiter. Eines der kompliziertesten Muster auf einem historischen Füllhalter ist der sogenannte „Rosenkavalier“, eine Darstellung eines dichten Rosengeflechts, welches allein durch dieses Streifenmuster bildlich dargestellt wurde.
Ein weiterer Freiheitsgrad wird geöffnet, wenn die zu bearbeitenden Schäfte während des Schneidevorgangs eine für das Auge nicht sichtbare minimale Schaukelbewegung ausführen. Wenn die Phase der entstandenen Wellenlinie beim nächsten überstreichen um pi- halbe verschoben wird, entsteht ein Waffel- ähnliches Muster.
Der Bau eines solchen Präzisionsgerätes und dessen Programmierung ist für mich ein Wunderwerk historischer Maschinenbau- Ingenieurskunst. Die vorgestellte Maschine stammt aus der Firma „Mercedes- Füllhalter“ E. E. Koenig in Heidelberg- Kirchheim und wurde dort auch noch in der Nachkriegszeit verwendet.
Die Oberfläche eines Schreibgerätes konnte mechanisch nachbearbeitet werden. Ein eingekratztes filigranes Streifenmuster verlieh dem schmucklosen Hartgummi eine dezente Verzierung sowie eine bessere Griffigkeit. Auch Celluloid konnte guillochiert werden doch war der Gebrauch fast nur auf schwarzen Werkstoff beschränkt. Guillochen auf Metall ergeben durch die Feinheit und Präzision der Schnittführung bei unbenutzten Füllern sogar optische Interferenzen. Der Begriff soll auf den französischen Goldschmied und Mechaniker Guillot als Erfinder des Verfahrens hinweisen. ( Nicht der mit der Guillotine). Mit Hilfe von komplizierten Ovalwerken auf Drehbänken konnten zykloidische Muster auf flächigen Gebrauchsgegenständen und Schmuckstücken wie Tabaksdosen oder Uhrdeckeln aufgebracht werden. Auch die feinen floral anmutenden Hintergrundmuster auf Geldscheinen sind durch guillochieren auf der Druckplatte eingeschnitten worden. Andere Quellen weisen Hans Schwanhardt als Erfinder des Verfahrens aus. Einen Eindruck dieser Technik liefert ein meschanisches Zeichengerät aus Kunststoff- Zahnrädern mit asymmetrischen Durchgriffen, welches für Kinder unter dem Namen „Spirograph“ hergestellt wurde.
Im englischsprachigen Bereich werden diese Muster als „chasings“ benannt, in Abkürzung z.B. BCHR = black chased hard rubber. Die erste Übersetzung, Jagd, Verfolgungsjagd ist hier nicht zutreffend doch lässt sich der gemeinsame Wortstamm im Begriff „ziselieren“ erkennen. Im Englischen ist „chiesel“ der Meißel, welcher in die Oberfläche schneidet oder kratzt, je nach dem Aufsetzwinkel des Werkzeugs.
Die Guillochiermaschine für Schreibgeräte, die in folgendem dargestellt wird, wendet die Technik auf zylindrische Körper an. Acht Füllhalterschäfte werden in die rosetten- förmigen Aufnehmer eingespannt und können dann mit Hilfe eines mechanisch codierten Musters durch kleine Industriediamanten bearbeitet werden. Die Schneidwerkzeuge unter einem Querbalken heben und senken sich, während die zu bearbeitenden Teile auf einem Präzisionsschlitten immer wieder hin- und her fahren. Die Schäfte sind drehbar gelagert, sodass neben dem Rotationsvorschub auch Wellen-, Waffel- oder Schrägmuster guillochiert werden können. Die „Software“ für den Werkzeugeinsatz befindet sich in den Kerben verschiedener Scheiben die konzentrisch mit der Drehung des Füllerschaftes mitwandern. Der „link“, ein Hebel, der in die eingefrästen Nuten der Scheibe ein- und ausspringt, liefert die mechanische Information an den Querbalken weiter. Eines der kompliziertesten Muster auf einem historischen Füllhalter ist der sogenannte „Rosenkavalier“, eine Darstellung eines dichten Rosengeflechts, welches allein durch dieses Streifenmuster bildlich dargestellt wurde.
Ein weiterer Freiheitsgrad wird geöffnet, wenn die zu bearbeitenden Schäfte während des Schneidevorgangs eine für das Auge nicht sichtbare minimale Schaukelbewegung ausführen. Wenn die Phase der entstandenen Wellenlinie beim nächsten überstreichen um pi- halbe verschoben wird, entsteht ein Waffel- ähnliches Muster.
Der Bau eines solchen Präzisionsgerätes und dessen Programmierung ist für mich ein Wunderwerk historischer Maschinenbau- Ingenieurskunst. Die vorgestellte Maschine stammt aus der Firma „Mercedes- Füllhalter“ E. E. Koenig in Heidelberg- Kirchheim und wurde dort auch noch in der Nachkriegszeit verwendet.
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Re: Guillochieren
danke für den schönen Beitrag.
Es erfüllt mich gerade mit Stolz die Maschine schon live und in Aktion gesehen haben.
Auf Zifferblättern bewundere ich auch immer feine Guillochierungen.
Beim Schreibgerät finde ich sie, neben der optischen Aufwertung, auch noch nützlich, weil sie meiner Meinung nach die Griffigkeit deutlich verbessern, ohne bei längerem Schreiben unangenehm zu werden, wie es Stufen, Kanten und Riffelungen gerne sind.
Es erfüllt mich gerade mit Stolz die Maschine schon live und in Aktion gesehen haben.
Auf Zifferblättern bewundere ich auch immer feine Guillochierungen.
Beim Schreibgerät finde ich sie, neben der optischen Aufwertung, auch noch nützlich, weil sie meiner Meinung nach die Griffigkeit deutlich verbessern, ohne bei längerem Schreiben unangenehm zu werden, wie es Stufen, Kanten und Riffelungen gerne sind.
Re: Guillochieren
Ich bin auch ein großer Fan von guillochierten Füllern. Sehr schöner Bericht mit tollen Bildern, danke dafür!
~Stefan
Re: Guillochieren
"Frodo", vielen Dank für den schönen und lehrreichen Beitrag. Durfte ja, wie bella auch, die Maschine in Aktion sehen, als wir in Deinem Museum zu Gast sein durften.
Würde gerne mehr solcher hochwertigen Beiträge hier lesen.
Würde gerne mehr solcher hochwertigen Beiträge hier lesen.
Re: Guillochieren
Auch Ich bedanke mich für diesen Beitrag, Klasse!
Ich liebe diese Art von Verzierungen und die Weise wie diese gemacht werden, die Maschinen sind indertat Wunderwerke von komplexer Mechanik. Ich bewundere die Ingenieure und Handwerksleute die das alles ausgedacht und konstruiert haben.
Es gibt übrigens bei YouTube verschiedene sehr feine videos die den Vorgang schön zeigen, z.b. https://www.youtube.com/watch?v=woPbNdI8F3U zeigt den Vorgang bei einen Korpus. Es gibt auch videos wo die Bearbeitung von Uhrengehäuse oder Zifferblätter gezeigt wird. Ich schaue mich diese immer sehr gerne an.
Bemerkenswert ist übrigens das die Führung der Schneidewerkzeuge dennoch eine sehr feinfühlige Hand fragt wie in dieses Video gezeigt wird https://www.youtube.com/watch?v=woPbNdI8F3U
Viele dieser ausserordentlichen Maschinen sind leider verschrottet, vor Jahre habe Ich eine verpasst die auf den Schrotthaufen enden sollte aber dann Glücklicherweise bei einen Fachmann endete der die Maschine zeitig erkannte und für Schrottwert kaufen konnte.
Ich Grüße,
Marc
Ich liebe diese Art von Verzierungen und die Weise wie diese gemacht werden, die Maschinen sind indertat Wunderwerke von komplexer Mechanik. Ich bewundere die Ingenieure und Handwerksleute die das alles ausgedacht und konstruiert haben.
Es gibt übrigens bei YouTube verschiedene sehr feine videos die den Vorgang schön zeigen, z.b. https://www.youtube.com/watch?v=woPbNdI8F3U zeigt den Vorgang bei einen Korpus. Es gibt auch videos wo die Bearbeitung von Uhrengehäuse oder Zifferblätter gezeigt wird. Ich schaue mich diese immer sehr gerne an.
Bemerkenswert ist übrigens das die Führung der Schneidewerkzeuge dennoch eine sehr feinfühlige Hand fragt wie in dieses Video gezeigt wird https://www.youtube.com/watch?v=woPbNdI8F3U
Viele dieser ausserordentlichen Maschinen sind leider verschrottet, vor Jahre habe Ich eine verpasst die auf den Schrotthaufen enden sollte aber dann Glücklicherweise bei einen Fachmann endete der die Maschine zeitig erkannte und für Schrottwert kaufen konnte.
Ich Grüße,
Marc
Re: Guillochieren
Hochinteressant, Frodo! Vielen Dank! Schön, wenn man weiß, wie die alten Füllhalter diese schönen Muster bekommen. Habe auch einige davon in meiner Sammlung, u.a. einen alten Kaweco Elite und einen Mercedes sowie einen Conklin Crescent.
Liebe Grüße nach Heidelberg!
Donate
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Beitrag in schwarz: Donate als Füllerfreundin - Beitrag in grün: Donate als Moderatorin
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- NicolausPiscator
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- Wohnort: Mare Tranquilitatis
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Re: Guillochieren
Toll! Danke! Ich hatte Guilloche immer als Dekomuster wahrgenommen, dass dahinter eine komplexe und hochinteressante Maschinenkulturtechnik steckt, habe ich nicht erwartet.
Re: Guillochieren
'N Abend zusammen.
Toller Beitrag und sehr lehrreich! Vielen Dank, Frodo.
@Donate: Wie das Leben so spielt.
An meinen KaWeCo Elite, den ich letztens erst erwerben und reparieren konnte, musste ich auch denken. Zusammen mit dem "KaWeCoMat 820", der eine gleiche Guillochierung aufweist, bildet er ein Topp-Team. So genieße ich das Schreiben im Alltag momentan ungemein.
Liebe Grüße, Thomas
Toller Beitrag und sehr lehrreich! Vielen Dank, Frodo.
@Donate: Wie das Leben so spielt.

An meinen KaWeCo Elite, den ich letztens erst erwerben und reparieren konnte, musste ich auch denken. Zusammen mit dem "KaWeCoMat 820", der eine gleiche Guillochierung aufweist, bildet er ein Topp-Team. So genieße ich das Schreiben im Alltag momentan ungemein.
Liebe Grüße, Thomas
Sei nicht so; sei anders.
Re: Guillochieren
Hallo Frodo,
ganz herzlichen Dank für diese umfangreiche und aufschlussreiche Darstellung.
Hast Du auch ein Bild vom Rosenkavalier-Muster. Ich bin mir nicht sicher, ob ich
weiß, wie das aussieht.
Einen schönen Sonntag und beste Grüße,
Marco.
ganz herzlichen Dank für diese umfangreiche und aufschlussreiche Darstellung.
Hast Du auch ein Bild vom Rosenkavalier-Muster. Ich bin mir nicht sicher, ob ich
weiß, wie das aussieht.
Einen schönen Sonntag und beste Grüße,
Marco.
Re: Guillochieren
Hallo Frodo,
auch ich sage vielen Dank für diesen Thread. Wieder gelernt und gesehen.
Herbert
auch ich sage vielen Dank für diesen Thread. Wieder gelernt und gesehen.
Herbert
No risk - No fun 8)
Re: Guillochieren
Hi Marcoostfüller hat geschrieben:Hallo Frodo,
ganz herzlichen Dank für diese umfangreiche und aufschlussreiche Darstellung.
Hast Du auch ein Bild vom Rosenkavalier-Muster. Ich bin mir nicht sicher, ob ich
weiß, wie das aussieht.
Einen schönen Sonntag und beste Grüße,
Marco.
In der Leiste oben (Die Klassiker) ist einer von MB abgebildet http://www.penexchange.de/sites/klassik ... alier.html.
Ich habe einen von einem spanischen oder italienischen Hersteller (?), komme aber erst heute Nachmittag dazu, Makroaufnahmen zu machen.
Vielen Dank für die Rückmeldungen. Oft wird erst auf den zweiten Blick sichtbar, wie liebevoll und trickreich die Herstellung in der Frühzeit der Füller gewesen war. Bei diesem älteren Kaweco Sport scheinen aufgelegte Zackenbänder über die Oberfläche zu laufen. Bei näherem Hinsehen handelt es sich aber nur um die Leerstellen einer geraden Strich- Guillochierung, die in gleichmäßig ansteigenden und abfallenden Längen auf die Oberfläche aufgebracht wurde.
Gruss, Frodo
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Re: Guillochieren
Ein sehr interessanter Beitrag. Vielen Dank, Frodo. Es ist wirklich ein technisches Wunderwerk, das man mit der Konstruktion solcher Maschinen vollbracht hat. Wenn man bedenkt, dass die "Programmierung" auf rein mechanischer Basis erfolgte, kann man das in der heutigen, volldigitalen Welt kaum glauben - in der Tat ein Meisterstück der Ingenieurskunst. Ich ziehe meinen Hut aber auch vor den Menschen, die diese Maschinen bedient haben. Hier verschmelzen hohes handwerkliches Können und künstlerisches Geschick miteinander.
Viele Grüße
Jörg
Nichts amüsiert mich mehr, als wenn ich über mich selbst lache.
Mark Twain
Jörg
Nichts amüsiert mich mehr, als wenn ich über mich selbst lache.
Mark Twain
Re: Guillochieren
Auch von mir ein herzliches Danke für diesen spannenden Beitrag. Ich liebe Füller mit Guilloche-Muster, vor allem die alten Füller. Immer wieder schön anzuschauen.
lg
mecki
lg
mecki
- NicolausPiscator
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Re: Guillochieren
Ein toller Füller! Und so aufwendig! Es ist ja der Urgroßvater meines Jüngelchen von einem guillochierten Kaweco Sport!
Re: Guillochieren
Wer guillochierte Füller mag, sollte bei Caran d'ache vorbeischauen. Die Ecridoren vermögen sehr zu überzeugen. Genau aus diesem Grund habe ich meinen ersten Füller gekauft.
Lg reaphy
Lg reaphy