

In den letzten Jahren habe ich eine Vorliebe für kleine, gut gebundene Büchlein entwickelt. Der zu dieser Gruppe gehörende Band "84, Charing Cross Road" wurde dieses Jahr bei Hoffmann und Campe neu aufgelegt und findet sich daher in jeder gut sortierten Buchhandlung.
Der Band dokumentiert den Briefwechsel zwischen der New Yorker Autorin Fräulein (!) Helene Hanff ("Schicken Sie Dichter, die Liebe machen können, ohne zu sabbern.") und dem Londoner Buchhändler Frank Doel, und versetzt den Leser in den Zeitraum von 1949 bis 1969.
Bei dem Briefwechsel kam sicherlich auch der eine oder andere Füllhalter zum Einsatz, vermutlich lokale Fabrikate. Eine explizite Erwähnung findet allerdings nicht statt. Da ich in diesem Forum die passende Klientel vermute, möchte ich der Gemeinde das Werk trotzdem nicht vorenthalten.
Frau Hanff entpuppt sich rasch als anspruchsvolle Kundin, die ihre Meinung nicht hinter dem Berg hält:
18. November 1949
Was um alles in der Welt für eine schlechte protestantische Bibel ist denn das?!
Wären sie so freundlich und würden den Verantwortlichen der anglikanischen Kirche Englands mitteilen, dass sie, wer immer ihnen den Auftrag gab, an der Vulgata herumzupfuschen, die schönste Prosa, die je geschrieben wurde, versaut haben? Sie werden dafür in der Hölle braten, das können sie sich merken!
Mir macht das, da ich selber Jüdin bin, nichts aus. Aber ich habe eine katholische Schwägerin, einen Ganzen Tross von presbyterianischen Neffen (über meinen Großonkel Abraham, der konvertierte) und eine Tante, die Gesundbeterin bei der Christian Science ist, und ich bin mir sicher, dass keiner, wirklich keiner von ihnen diese anglikanische Lateinbibel akzeptieren würde, falls sie wüssten, dass es sie gäbe. (Und ehrlich gesagt, wissen sie nicht einmal, dass es Latein gibt.)
…
Über die Versorgungslage in Nachkriegsengland informiert, handelt die resolute Kundin umgehend:
20. Dezember 1949
Sehr geehrtes, liebes Fräulein Hanff!
Rasch die Nachricht, dass Ihr Geschenkpaket heute sicher bei uns ankam und der Inhalt unter den Mitarbeitern aufgeteilt wurde. Herr Marks und Herr Cohen bestanden darauf, dass wir ihn unter uns aufteilen und die "Bosse" dabei nicht berücksichtigen.
Ich möchte hinzufügen, dass wir alles in Ihrem Paket entweder nie zu Gesicht bekommen oder allenfalls auf dem Schwarzmarkt zu erhalten ist. Es war ungemein freundlich und großzügig von Ihnen, und wir alle sind Ihnen sehr dankbar.
…
Die Antwort:
25. März 1950
Frank Doel, was tun Sie eigentlich da drüben?? Sie tun gar nichts, sie sitzen nur herum!
Wo bleibt …
Das bereits 1970 in den USA und England erschienene Büchlein wurde dort rasch zu einem Kultbuch, die deutsche Übersetzung erschien erst im Jahr 2002.
Auch als Geschenk geeignet.
Grüße aus dem Weserbergland,
Dirk
http://www.84charingcrossroad.co.uk
http://www.hoffmann-und-campe.de/buch-i ... -buch-7113