Fernsehbericht "Mit der Füllfeder gegen Tintenkleckse"

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Murmi
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Fernsehbericht "Mit der Füllfeder gegen Tintenkleckse"

Beitrag von Murmi »

Guten Abend miteinander

Beim Stöbern im Internet bin ich auf eine Seite des Schweizer Fernsehens gestossen. In der Wissenssendung "Einstein" wurde - zwar bereits vor bald 3 Jahren - ein Beitrag über Füllfederhalter gesendet. Ich finde diese 5 Minuten äusserst informativ, auch wenn die alten Hasen unter euch wohl nichts Neues erfahren werden.

Wen die Sendung interessiert (und es bitzeli schwizerdütsch cha :D ):

http://www.sendungen.sf.tv/einstein/Sen ... d=20090305
(runterscrollen bis zum Thema "Mit der Füllfeder gegen Tintenkleckse")

Falls ich das jetzt im falschen Unterforum gepostet habe, bitte ins richtige Unterforum verschieben, danke!

Grüessli
Sonja
Europäer haben Uhren, Afrikaner haben Zeit.
Frodo
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Re: Fernsehbericht "Mit der Füllfeder gegen Tintenkleckse"

Beitrag von Frodo »

Hallo Murmi
Vielen Dank für den link....und wir können alles....auch schwyzerdütsch.
Der Film beginnt ja mit der denkwürdigen Geschichte der Erfindung des modernen Füllhalters 1883 durch Waterman. Ein tropfender Füller hatte ein Versicherungsdokument ruiniert und der Klient entfleuchte dem verärgerten Versicherungsmakler Waterman. Dieser schnitzte sich kurzerhand einen bahnbrechenden neuen Tintenleiter. Dieses ist eine der vielen Geschichten. dass jemand, der eine gute Idee hat und mit einem Pfadfindermesser umzugehen weiß, über Nacht in den USA zum Millionär werden kann. Tatsächlich ist die Tinten- Tropf- Geschichte, die auch in unzähligen Büchern erschienen ist, offenbar eine Werbe- Ente und frei erfunden. Sie erschien anonym erstmals in einer Sonderausgabe der Zeitschrift "Pen Prophet" zur 50- Jahr- Feier der Firma Waterman 1934 (das war wohl eher die 51- Jahr Feier) und wurde nach mehreren unkritischen Kopien zum Selbstläufer. Die Jahrzehnte vorher konnte man weder in Katalogen noch in Zeitschriften irgendetwas von einer solchen Story lesen. L. E. Waterman konnte man auch nicht mehr fragen, der war bereits im Jahre 1901 verstorben.
Eigentlich schade, die Geschichte war so anschaulich und ergreifend, ich hatte sie selbst oft zitiert.
Gruß, Frodo
Quelle: David Nishimura in:
http://www.vintagepens.com/ink_blot.htm#inkblotnotes
Murmi
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Re: Fernsehbericht "Mit der Füllfeder gegen Tintenkleckse"

Beitrag von Murmi »

Hallo Frodo!

Interessanter Hinweis! Also ist das auch so eine dieser "Urban Legend" wie "Die Spinne in der Yucca-Palme"... :shock: Lustigerweise habe ich das Buch "Sagenhafte Geschichten von heute" gerade vor mir liegen, weil mir meine Schwester vorgestern eine Story erzählt hat, die in einer Zeitung erschienen ist, von der sie felsenfest überzeugt ist, diese in dem Buch schon mal gelesen zu haben; deshalb meine Recherche.

Aber um zum Thema zurückkommen: Wie und wer und warum hat denn den Füllfederhalter erfunden respektive konzipiert? Weiss man das?

Und witzig ist es, dass selbst Sendungen solche Enten verbreiten, die für sich in Anspruch nehmen, "wissenschaftlich" zu sein... ich sags ja immer: Glaube nichts, was du nicht selber erlebt hast! 8)

Grüessli
Sonja

P.S.: Heisst du wirklich Frodo?
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Frodo
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Re: Fernsehbericht "Mit der Füllfeder gegen Tintenkleckse"

Beitrag von Frodo »

Murmi hat geschrieben: Aber um zum Thema zurückkommen: Wie und wer und warum hat denn den Füllfederhalter erfunden respektive konzipiert? Weiss man das?
Hallo Sonja
Nein, Waterman hat den Füllhalter nicht erfunden. Es steht zwar überall so geschrieben, es wurde recht werbewirksam vor einigen Jahren der 125- jährige Geburtstag des Füllfederhalters gefeiert und wenn jetzt die 1000000 Schweizer Franken Frage kommen würde, dann würde ich natürlich auch die gängige Meinung abgeben. Aber es haben so viele Erfinder in jahrzehntelanger Arbeit an dem Ding herumgebastelt, dass man nicht von einer schlagartigen Erfindung des Ganzen sprechen kann. Das soll aber Watermans Hauptarbeit an der Entwicklung des Füllers und der energischen Vermarktung seiner Patente nicht schmälern auch wenn dann ein vermutlich hausgemachter Niedergang erfolgte. Waterman war über vier Jahrzehnte hinweg nicht einfach nur der Marktführer, Waterman WAR der Füllhalter schlechthin! Waterman hatte seit 1880 die wichtigsten Teile des Füllhalters entwickelt, hierbei ist der Tintenleiter hervorzuheben, an dessen wesentlicher Funktion sich bis in die heutige Zeit nichts geändert hat. Die Füller hatten leicht auswechselbare Einzelteile und waren deshalb wartungs- und reparaturfreundlich. Waterman hatte die ersten Sicherheitsfüllfederhalter konstruiert, die sich allerdings eher in Mitteleuropa durchsetzten und durch den ebenfalls hochgeachteten Produzenten Hardtmudt Koh- I - Noor importiert wurden. Jahrzehntelange Erfahrung hatte ein - für die Zeit - perfektes Schreibgerät hervorgebracht, doch hatte man sich zu lange geweigert, die Veränderungen im technischen Standard und im Marktgeschehen zuzugeben. Der Verbraucher wollte keinen perfekten Füller aus dem bewährten Sortiment, er wollte einen neuen Füller.
Die amerikanische Firma Sheaffer begann sofort, nachdem DuPont 1923 den neuartigen halbsynthetischen Kunststoff Zelluloid in Röhrchenform herausgebracht hatte, mit der Produktion leichter formschöner Füllhalter in einer fast unendlichen Farbenvielfalt. Sheaffer verdoppelte seinen Umsatz innerhalb kürzester Zeit und hatte 1925 Waterman von Platz 1 verdrängt. Zwar war das verwendete Material noch nicht optimiert und auch die Farben verblassten mit der Zeit, doch mit den Jahren wuchs die Erfahrung mit dem Zelluloid und 1929 kam die schöne stromlinienförmige Balance- Pens Serie heraus, die den neuen Marktführer weiter stärkte. Auch Parker kam 1926 groß mit seinen „Permanite“ Pens heraus, Conclin, Chilton, Wahl, Carter und LeBoeuf folgten in den nächsten Jahren. Watermans einzige Mehrfarbenmodelle waren die Ripple- Pens aus verschiedenfarbigen holzmaserungs- ähnlichen Hartgummischichten. Erst im Dezember 1929 wechselte man auch bei Waterman in der Patrician- Serie zu den neuen plastischen Materialien.
Das wenig experimentierfreudige Verhalten auch in den Folgejahren führte dazu, dass die ehemalige Spitzenfirma Schritt für Schritt nach unten durchgereicht und schließlich von Jules Fagard, dem eigenen Generalvertreter für Frankreich und die Schweiz, aufgekauft wurde.
Die vorausschauende Verpflichtung eines Unternehmers zeitgemäße Innovationen vorzu-nehmen mahnte bereits Josef Aloys Schumpeter, einer der bedeutendsten frühen Forscher der Nationalökonomie oder Volkswirtschaftslehre an. Ein einmal geschaffenes und für „ideal“ erkanntes Produkt würde niemals längere Zeit existieren, irgendwann würde es durch ein besseres Produkt ersetzt werden. Schumpeter nannte dies das Prinzip der kreativen Vernichtung oder schöpferischen Zerstörung.
Gruß Frodo (Der Herr der Kappenringe)
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Pennino
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Re: Fernsehbericht "Mit der Füllfeder gegen Tintenkleckse"

Beitrag von Pennino »

Guten Abend Frodo !

Vielen Dank für diesen hervorragenden Beitrag !!!!!

Grüße, Pennino
" Il pennino è l'anima di una penna stilografica "
Murmi
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Re: Fernsehbericht "Mit der Füllfeder gegen Tintenkleckse"

Beitrag von Murmi »

Guten Morgen Frodo!

Wow... soviel geballtes Wissen... und trifft noch vor 6 Uhr morgens auf mein Hirn... es gibt wirklich jeden Tag einen Grund, aufzustehen! :D

Herzlichen Dank!

Ich wünsche dir und allen andern einen guten Wochenstart!

Grüessli
Sonja
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audace
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Re: Fernsehbericht "Mit der Füllfeder gegen Tintenkleckse"

Beitrag von audace »

Frodo, du Herr der (Kappen)Ringe, ich "liebe" diese Beiträge! ;)

Schöne Grüße, Audace

Il n'est jamais plus tard que minuit!
werner
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Re: Fernsehbericht "Mit der Füllfeder gegen Tintenkleckse"

Beitrag von werner »

audace hat geschrieben:Frodo, du Herr der (Kappen)Ringe, ich "liebe" diese Beiträge! ;)
Hallo Frodo,

wer zu spät vom Zeitunglesen aufsteht, den bestraft das Forum indem die wichtigen Posts schon geschrieben sind. So bleibt mir nur der zweite aber nicht minder herzliche Dank an Dich für Deine immer wieder sehr informativen Beiträge. Und nachdem heute Rosenmontag ist, traue ich mich einmal den Wunsch zu äußern, ob solche Posts nicht öfter von Deiner Seite kommen könnten. Mir ist aber schon klar, dass das auch viel Arbeit mit sich bringt. Deshalb sage ich einfach einmal DANKE.

Viele Grüße
Werner
Leserlichkeit ist die Höflichkeit der Handschrift. (Friedrich Dürrenmatt)
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