Murmi hat geschrieben:
Aber um zum Thema zurückkommen: Wie und wer und warum hat denn den Füllfederhalter erfunden respektive konzipiert? Weiss man das?
Hallo Sonja
Nein, Waterman hat den Füllhalter nicht erfunden. Es steht zwar überall so geschrieben, es wurde recht werbewirksam vor einigen Jahren der 125- jährige Geburtstag des Füllfederhalters gefeiert und wenn jetzt die 1000000 Schweizer Franken Frage kommen würde, dann würde ich natürlich auch die gängige Meinung abgeben. Aber es haben so viele Erfinder in jahrzehntelanger Arbeit an dem Ding herumgebastelt, dass man nicht von einer schlagartigen Erfindung des Ganzen sprechen kann. Das soll aber Watermans Hauptarbeit an der Entwicklung des Füllers und der energischen Vermarktung seiner Patente nicht schmälern auch wenn dann ein vermutlich hausgemachter Niedergang erfolgte. Waterman war über vier Jahrzehnte hinweg nicht einfach nur der Marktführer, Waterman WAR der Füllhalter schlechthin! Waterman hatte seit 1880 die wichtigsten Teile des Füllhalters entwickelt, hierbei ist der Tintenleiter hervorzuheben, an dessen wesentlicher Funktion sich bis in die heutige Zeit nichts geändert hat. Die Füller hatten leicht auswechselbare Einzelteile und waren deshalb wartungs- und reparaturfreundlich. Waterman hatte die ersten Sicherheitsfüllfederhalter konstruiert, die sich allerdings eher in Mitteleuropa durchsetzten und durch den ebenfalls hochgeachteten Produzenten Hardtmudt Koh- I - Noor importiert wurden. Jahrzehntelange Erfahrung hatte ein - für die Zeit - perfektes Schreibgerät hervorgebracht, doch hatte man sich zu lange geweigert, die Veränderungen im technischen Standard und im Marktgeschehen zuzugeben. Der Verbraucher wollte keinen perfekten Füller aus dem bewährten Sortiment, er wollte einen neuen Füller.
Die amerikanische Firma Sheaffer begann sofort, nachdem DuPont 1923 den neuartigen halbsynthetischen Kunststoff Zelluloid in Röhrchenform herausgebracht hatte, mit der Produktion leichter formschöner Füllhalter in einer fast unendlichen Farbenvielfalt. Sheaffer verdoppelte seinen Umsatz innerhalb kürzester Zeit und hatte 1925 Waterman von Platz 1 verdrängt. Zwar war das verwendete Material noch nicht optimiert und auch die Farben verblassten mit der Zeit, doch mit den Jahren wuchs die Erfahrung mit dem Zelluloid und 1929 kam die schöne stromlinienförmige Balance- Pens Serie heraus, die den neuen Marktführer weiter stärkte. Auch Parker kam 1926 groß mit seinen „Permanite“ Pens heraus, Conclin, Chilton, Wahl, Carter und LeBoeuf folgten in den nächsten Jahren. Watermans einzige Mehrfarbenmodelle waren die Ripple- Pens aus verschiedenfarbigen holzmaserungs- ähnlichen Hartgummischichten. Erst im Dezember 1929 wechselte man auch bei Waterman in der Patrician- Serie zu den neuen plastischen Materialien.
Das wenig experimentierfreudige Verhalten auch in den Folgejahren führte dazu, dass die ehemalige Spitzenfirma Schritt für Schritt nach unten durchgereicht und schließlich von Jules Fagard, dem eigenen Generalvertreter für Frankreich und die Schweiz, aufgekauft wurde.
Die vorausschauende Verpflichtung eines Unternehmers zeitgemäße Innovationen vorzu-nehmen mahnte bereits Josef Aloys Schumpeter, einer der bedeutendsten frühen Forscher der Nationalökonomie oder Volkswirtschaftslehre an. Ein einmal geschaffenes und für „ideal“ erkanntes Produkt würde niemals längere Zeit existieren, irgendwann würde es durch ein besseres Produkt ersetzt werden. Schumpeter nannte dies das Prinzip der kreativen Vernichtung oder schöpferischen Zerstörung.
Gruß Frodo (Der Herr der Kappenringe)