Sailor Professional Gear King of Pen

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DanielH
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Sailor Professional Gear King of Pen

Beitrag von DanielH »

Hallo in die Runde,


Japanische Füller liegen ja im Trend. Nicht so bei mir bislang, denn ich mag die in Japan so oft verwendete Zigarrenform nicht. Deswegen ist die Auswahl japanischer Füller für mich nicht so groß, eine Ausnahme macht da die Professional Gear-Reihe von Sailor, von deren größtem Vertreter ich hier berichten möchte. Die Professional Gear-Reihe wird in mehreren Größen angeboten, von denen eine genau so heißt wie eine andere Sailor-Baureihe: "King of Pens". Und weil ich nun mal dicke Brummer mag, gelüstete es mir nach dem Professional Gear King of Pen, kurz of "Pro Gear KOP".
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Beschaffung

In Europa ist der Pro Gear KOP durchaus zu bekommen, unter anderem bei lacouronneducomte in den Niederlanden. Allerdings ist das verglichen mit dem Direktimport ein durchaus teuerer Spaß. Bei verschiedenen japanischen Ebay-Händlern ist er im Angebot, meist allerdings nur als Demonstrator. Ich hatte das Glück, in der zweiten Adventswoche einen schwarzen Vertreter dieser Spezies in der Bucht zu finden - mit M-Feder in 21k und vergoldeten Beschlägen. Aber da muss man offensichtlich schon etwas Glück haben. Bezahlt habe ich schlussendlich 499 Dollar und 5 Dollar für den Versand zuzüglich Zoll und Einfuhrumsatzsteuer.

Ein erster Eindruck

Der Pro Gear King of Pens kommt in einem großzügigen Plastiketui mit braunem Veloursbezug. Neben dem Füller enthält die Packung zwei spezielle Sailor-Patronen, einen Konverter, alles in durchsichtige Plastikhüllen verpackt, eine Garantiekarte und ein Anleitungsfaltblatt - alles nur auf Japanisch.
Der Füller selbst ist beeindruckend. Es handelt sich um ein Flat-Top-Modell, das im Ganzen aber gerundete Konturen hat. In der Größe erinnert er sehr an den Pelikan M1000. Er ist mit Kappe 142 Millimeter lang, ohne Kappe 124 Millimeter und mit aufgesetzter Kappe 162 Millimeter. Die 21K-Bicolorfeder misst 27 Millimeter und ist damit nur sehr wenig kürzer als die des M1000.
Größenvergleich 1: M1000 vor KOP
Größenvergleich 1: M1000 vor KOP
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Größenvergleich 2: KOP vor M1000
Größenvergleich 2: KOP vor M1000
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Die Kappe trägt einen sehr breiten Zierring.
Kappendetail
Kappendetail
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Sie macht den Füller äußerst kopflastig. Wenn man ihn mit Kappe hinlegt, kippt er sofort entsprechend. Ohne Kappe ist er dagegen ziemlich leicht, weil es sich um einen Patronenfüller handelt.

Füllen und Tinte

Wie schon gesagt: Der Pro Gear KOP ist ein Patronenfüller und wie bei Sailor üblich nimmt er ausschließlich Sailor-Patronen. Die werden in eine verhältnismäßig lange Patronenführung gesteckt, die ebenfalls vergoldet ist.
Mundstück mit Konverter
Mundstück mit Konverter
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Konverter im Mundstück
Konverter im Mundstück
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Diese lange Führung macht es für meine Begriffe zumindest sehr schwer, den Füller als Eyedropper zu verwenden, weil sie erstens aus Metall ist und eben ein gutes Stück über das Gewinde des Schaftes hinausragt. Andererseits befindet sich an der Unterseite des Schaftgewindes ein kleiner O-Ring, der offenbar als Dichtung dient.

Im nächsten Posting gehts weiter
DanielH
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Re: Sailor Professional Gear King of Pen

Beitrag von DanielH »

In Bezug auf die Patronen merkt man sehr deutlich, dass der King of Pens eine Übergröße ist, die offenbar nicht ins normale Designschema passt, denn im Schaft wird vergleichsweise viel Platz verschenkt. Die Sailorpatrone nimmt etwa 70% der Schaftlänge ein.
KOP und Patrone
KOP und Patrone
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Ergo kann man im Schaft keine zweite Patrone auf Vorrat mitführen. Passende Konverter, die etwas länger sind als die Patronen, sind aber erhältlich und werden auch mitgeliefert. Die Kapazität dieses Konverters ist allerdings etwas geringer als der Standard. Im Unterschied zu den meisten in Europa bekannten Patronen haben die Sailorpatronen keinen Stutzen wie die von Lamy, Parker oder Pelikan, sondern sie werden im Ganzen auf einen Stift, der aus dem Tintenleiter ragt, aufgesteckt.
Das Sailorsche Patronensystem ist das erste japanische System, mit dem ich in Berührung komme und es kommt mir nicht ganz so gut durchdacht vor. Da ist zum Einen die bereits erwähnte Länge der Patronen, zum anderen der Umstand, dass die Kunststoffwand der Patronen recht dünn zu sein scheint. Verschlossene Patronen geben auf Druck deutlich stärker nach als z.B. die von Pelikan. Diese Flexibilität kommt ganz besonders dann zum Ausdruck, wenn die Patronen offen sind. Und zu allem Überfluss scheinen die Oberflächenspannung der Tinte und die Größe der Patronenöffnung nicht aufeinander abgestimmt zu sein. Bei Pelikan- oder Parkerpatronen (das sind die Systeme, mit denen ich tagtäglich zu tun habe - Lamy dürfte Parker sehr ähnlich sein) habe ich es noch nie erlebt, dass eine geöffnete Patrone durch bloßes Umdrehen (nicht "runterschlagen" wie beim Fieberthermometer) ausgelaufen ist. Bei Sailor kann aber genau das passieren. Die Oberflächenspannung der Tinte scheint niedriger zu sein als bei Parker, wo die Öffnung der offenen Patrone etwa gleich groß sein müsste. Dieses Problem tritt mit Parker-Tinte in einer aufgefüllten Sailor-Patrone nicht auf. Mit einer anderen Tinte ist aber größte Vorsicht geboten: Ultra Black von Private Reserve. Ich wollte diese extrem stark fließende Tinte im King of Pens testen und habe dadurch eine Menge gelernt. Die wirklich kohlrabenschwarze Tinte lässt sich mit der feinen Feder zwar recht gut verarbeiten, aber die für diese Tinte typische Sauerei stellt sich auf andere Weise ein. Möglicherweise auch wegen der niedrigen Oberflächenspannung dieser Tinte war etwas davon aus dem Konverter gesuppelt. Und das machte sich irgendwann in schwarzen Fingern bemerkbar: Die Tinte sickerte durch das Gewinde aus dem Schaft! Der bereits erwähnte O-Ring erwies sich als nutzlos und dementsprechend kann ich vor einer Benutzung als Eyedropper nur warnen zumal sich im Inneren des Schaftes Metallteile befinden. Besonders übel war, dass die schwarze Tinte in die Zwischenräume des Gummiring gekrochen war und sich daraus nur durch ein ganztägiges Wasserbad befreien ließ.
Weil der Pro Gear King of Pens zu den großen Füllern gehört, stellte sich die Frage nach der Kompatibilität mit dem Reisentintenfass von Visconti. Dort passt er anstandslos hinein und lässt sich hervorragend füllen. Bislang habe ich nur eine "Trockenübung" mit Wasser gemacht, aber da ist es mir gelungen, zehn Konverterfüllungen aus dem Reisentintenfass zu ziehen, bevor es leer war.
Ein weiteres interessantes Detail zum Füllen habe ich an einem Innokin U-Can beobachtet, das vielleicht noch zu zwei Dritteln voll war. Es gelang mir, den Füller noch über die ersten beiden Lamellen des Tintenleiters in die Tinte zu tauchen. Dann kurbelte ich den Konverter langsam nach oben. Und siehe da: Er ließ sich noch gut füllen, obwohl nur etwa die Hälfte der Feder bedeckt war. Inzwischen habe ich noch gelesen, dass Sailor-Federn so konzipiert sind, dass nur das Loch in der Feder mit Tinte bedeckt sein muss, um noch vernünftig tanken zu können. Hier wurde also ganze Designarbeit geleistet.

Feder und Schreiben

Mein KOP hat eine M-Feder und man hört ja immer wieder, dass japanische M-Federn eher deutschen F-Federn entsprechen. Das ist hier definitiv so. Ich habe in meiner Sammlung nur einen Füller, der eine noch feinere M-Feder hat und das ist der Sailor Pro Gear Kanreki, den ich schon liebevoll "Japanernadel" getauft habe und den ich zu einem späteren Zeitpunkt hier nochmal vorstellen werde. Für mich sind sehr feine Federn ungewohnt, weil ich lange stark zu B-Federn geneigt habe und momentan eher zu M-Federn tendiere. Das Schreibgefühl ist etwas "kratziger" als zum Beispiel mit der satten und schon sehr breiten M-Feder des M1000. Man fühlt die Unebenheiten des Papiers stärker als mit breiteren Federn, aber angenehm ist der KOP trotzdem. Meine Handschrift ist allerdings meist recht groß (ganz besonders wenn ich - was oft vorkommt - Formeln schreibe) und da mutet der sehr feine Strich des KOP seltsam an. Andererseits ist er damit ideal, um zum Beispiel Indices, die ja in Formeln oft vorkommen, einzusetzen.
Weil er sehr groß und dick ist, liegt er mir sehr gut in der Hand und ich schreibe gern mit ihm, obwohl er im Moment gerade pausiert.
Die Feder ist übrigens fast ebenso groß wie die des Pelikan M1000.
Vorn KOP, hinten M1000
Vorn KOP, hinten M1000
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Diskussion

Wer mit dem Pelikan M1000 zurechtkommt und etwas in vergleichbarer Größe sucht, der sollte sich diesen Füller ansehen. Ein wesentlicher Unterschied zum M1000 ist das geringere Gewicht - der KOP enthält eben keine Kolbenmechanik aus Messing wie es beim Pelikan der Fall ist. Der Umstand, dass es sich um einen Patronenfüller handelt, dürfte auch den einen oder anderen Enthusiasten von diesem Modell abhalten, zumal die Patronen in Europa nicht an jeder Ecke zu bekommen sind. Da allerdings ein Konverter mitgeliefert wird, ist dieses Problem für meine Begriffe eher nachrangig. Dass ich diese Kritikpunkte hervorhebe, bedeutet allerdings nicht, dass ich mit dem KOP nicht zufrieden bin. Ich muss mich noch ein wenig an die feine Feder gewöhnen, aber grundsätzlich freue ich mich sehr an ihm.

Hier noch ein abschließender Größenvergleich, nämlich mit einem "Standard"-Professional Gear von Sailor, hier im Kanreki-Look:
Pro Gear KOP und Pro Gear Kanreki
Pro Gear KOP und Pro Gear Kanreki
groessenvergleich_kop_kanreki.jpg (234.67 KiB) 5084 mal betrachtet
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hessi
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Re: Sailor Professional Gear King of Pen

Beitrag von hessi »

Gutes Review, vielen Dank. Ich muss allerdings sagen, für einen Patronen/Konverterfüller ist mir das zu viel Geld - als Realo-Version wär's interessanter.

Zum Thema Sailor Konverter noch eine Anmerkung: Meine beiden Sailor Konverter sind die einzigen, mit denen ich mir regelmäßig die Finger farbig mache. Ich glaube inzwischen, dass der Grund an der einfachen Zerlegbarkeit liegt. Ich halte beim Aufdrehen meist den Konverter am "Rahmen" unterhalb des durchsichtigen Röhrchens fest. Manchmal drehe ich dadurch dann nicht den Kolben unten, sondern genau diesen Rahmen und dabei die gesamte Kolbenmechanik vom Röhrchen ab - da ist nämlich noch ein zweites Gewinde, und das muss richtig gut fest auf das Röhrchen geschraubt sein, damit die Tinte nicht unten raussifft.
Gruß hessi
twehringer
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Re: Sailor Professional Gear King of Pen

Beitrag von twehringer »

Danke, Daniel, für den interessanten Bericht.

Ein wirklich sehr schöner Füller, ich würd mir da aber auch eine andere Fülltechnik wünschen. Interessant auch, dass die große KOP Feder wohl ähnlich schreibt, wie die des Pro Gear (sprich als M wie eine F).

Viele Grüße
Thomas
DanielH
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Re: Sailor Professional Gear King of Pen

Beitrag von DanielH »

Ich stimme Euch zu was das Füllsystem angeht. Kolbenfüller vermitteln schon den Anstrich von mehr Wert und gerade dieses Modell, in dessen Schaft mit der Patrone so viel Platz verschenkt wird, wäre eigentlich ein idealer Kolbenfüller.
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Tombstone
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Re: Sailor Professional Gear King of Pen

Beitrag von Tombstone »

Und jetzt überleg mal, dass es das Teil sogar als Demonstrator gibt... ich hab nie so ganz verstanden, was sie damit demonstrieren wollen...

Nichtsdestotrotz aber ein geiler Füller... sowas wie meine ganz spezielle Hassliebe...
Ciao - Peter

Handle stets so, dass die anderen sich wundern, warum sie Dir noch keine reingehauen haben...
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glucydur
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Re: Sailor Professional Gear King of Pen

Beitrag von glucydur »

Hallo Daniel,

danke für die sehr ausführliche Vorstellung. Zunächst einmal lässt sich festhalten: dieser Füller ist ein Statement. Er hat, im wahrsten Sinne des Wortes, einen großen Auftritt. Analog zu meinen Vorrednern stört mich, dass er keine Kolbenfülltechnik mitbringt. Das erstaunt mich mich bei den KOP von Sailor immer wieder, weil Sailor ja bei den kleineren Modellen 1911 Realo und Professional Gear Realo eine durchweg vernünftige und leistungsfähige Kolbenmechanik zustande bringt. Seltsam dass ausgerechnet für das Spitzenmodell, welches ja mit dem 149er und M1000 konkurrieren soll, diese Technik nicht vorgesehen ist. In diesem Segment ist eine Kolbenmechanik, unabhängig von der Frage, ob sie die bessere Fülltechnik ist oder nicht, ein Muss. Ähnlich wie es bei hochwertigen Uhren eben ein mechanisches Uhrwerk sein muss. Gestalterisch gefällt mir der Füller grundsätzlich gut. Ich bin ebenso ein Freund von Flat-Top-Füllern, obwohl ich auch der klassischen Zigarrenform etwas abgewinnen kann. Eine kleine Detailkritik an der Gestaltung sei erlaubt: Der Kappenring wirkt durch seine schiere Größe doch sehr massiv und dadurch ein wenig unelegant. Das wird überdeutlich im direkten Vergleich zum M1000. Dennoch bleibe ich bei meinem ersten Urteil: Der Füller ist ein Statement. Viel Freude damit!

VG

Alexander
Gutta cavat lapidem.
DanielH
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Re: Sailor Professional Gear King of Pen

Beitrag von DanielH »

Hallo Alexander,

Du hast absolut recht. Der Ring ist wirklich massiv. Er wirkt etwas wie so ein klobiger amerikanischer Universitätsring, den ich mal bei einem ehemaligen Arbeitskollegen gesehen habe. In der Hinsicht wirkt der M1000 tatsächlich zurückhaltender und schlichter. Übrigens: Ein wichtiges Argument für den Kolbenmechanismus wäre bei diesem Füller die Kapazität. Man kann den Photos ja entnehmen, dass bei eingesetzter Patrone sehr viel Platz im Schaft bleibt - zumal der Schaft auch deutlich dicker ist als die Patrone. Eine Sailorpatrone hat (habe ich neulich extra mal ausgemessen) 1 ml Inhalt. Ich gehe fest davon aus, dass der KOP als Kolber mindestens 50% mehr fassen würde.
DanielH
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Re: Sailor Professional Gear King of Pen

Beitrag von DanielH »

Ich habe das gute Stück gerade wieder im Einsatz und mich beeindruckt gerade, was er - gerade angesichts der aus europäischer Sicht sehr feinen M-Feder - an Tinte verbraucht. Mit gerade mal zwei, drei beschriebenen Seiten war ein Konverter zur Hälfte leer...
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