Die Japaner unter den Schreibgeräten sind hierzulande selten anzutreffen; unbegründet: dieserhalb und hier die Geschichte meines Nakaya.
Die Suche nach einem grünen Füllfederhalter führte mich zum M425, dessen Kappe seinen Schwerpunkt ungünstig verlagerte, zu einem Conway Stewart 15, der einesteils zu leicht sich faßte, dessen flexible Feder anderenteils meinen Schreibeigenheiten widerstrebte und endlich zu einem Conway Stewart Wellington, der meiner Hand insgesamt zu schwer fiel, ob er gleich meinen Vorstellungen am nächsten kam. Ich fand Rat in diesem Forum, suchte und klickte und entdeckte endlich Nakaya, fand dort das tiefe, schlichte Grün, das ich gesucht hatte, das mich augenblicklich begeisterte, das mich dazu gebracht hätte, einen Midori, im Geschäft gesehen, zu kaufen, ohne auf den Preis zu achten; und ich stimme mit Herrn Mottishaw überein: diese Einfachheit stellt die höchste Form der Eleganz dar, die sich im Cigar-Modell vollendet zeigt, dessen ebenmäßige Gestalt und Farbe kein Clip bricht.
Wenigstens jedoch wollte ich einen Nakaya zur Hand genommen haben, ehe ich zum Kauf schritte, doch dies stellte sich nicht ein; und so wählte ich einen anderen Weg, wollte ich einen neuerlichen Fehlgriff vermeiden: ich umwickelte meinen M400 unterhalb der aufgesteckten Kappe mit Zellstoff, bis Durchmesser und Masse mit den Maßen übereinstimmten, die Nakaya in einer Tabelle anführt, schrieb damit und war angenehm überrascht, hatte ich doch angenommen, 15 mm könnten zu dick sein. Des weiteren wollte ich wissen, ob meine Hand mit der kleinen Stufe zwischen Schaft und Griffstück zurechtkäme, weswegen ich das Bild eines Midori ohne Kappe auf Länge und Breite nach Tabelle brachte, verdoppelte, auf dichteres Papier druckte, diesen Ausschnitt von der Feder bis zur Schaftmitte und jenen vom Schaftende bis zur Mitte einschnitt, die Hälften rechtwinklig ineinanderschob und mit Klebeband befestigte. Streckte ich meinen Zeigefinger lang, reichte der Daumen nicht bis zur Kante; winkelte ich ihn an, griff er darüber hinweg, was bei dem Portablemodell anders gewesen wäre und der eine Grund war, weswegen ich mich für die Zigarre entschieden habe; der andere war, keine Kappe aufstecken zu müssen, die den Schwerpunkt verlagert hätte, wie bei dem M425 übermäßig und bei meinem M400 merklich zu spüren.
«For your hand only» heißt es bei Nakaya, und die Tragweite dieser Worte, die der Ahnungslose als bloße Werbung abwinken möchte, erschließt sich im Bestellformular, in dem gefragt wird nach dem Haltewinkel, dem Schreibdruck, wie schnell, groß und mit welcher Hand geschrieben, nach welcher Seite die Feder beim Schreiben gedreht werde. Ich mußte wiegen und messen, schickte wegen des Winkels und der Seitenlage einige Bilder und wegen des Tintenflusses einige Blätter Papier nach Japan, dafür Ms. Kato sich bedankte, die mir empfahl, eine japanisch-breite Feder zu wählen und auf meinen Wunsch den Federmeister bat, den Tintenfluß etwas zu drosseln, damit die Tinte auf saugfähigerem Papier nicht auslaufe.
Wer möchte, kann seinen Nakaya schmücken, unter anderem mit seinem Namen übertragen und aufgemalt in Kanjis, und abermalig kam Ms. Kato mir entgegen, als ich fragte, ob ich Kanjis frei wählen könne, die ich ihr als Bild schickte, ich alsbald meine Bestellung bestätigte, die Summe anwies und die Handwerker daran gingen, einen Füllfederhalter zu schaffen, der auf meine Hand eingerichtet sein, dessen Aussehen ich mitgestaltet haben würde.
Ich erwartete Post vom Zoll, nachdem Ms. Kato den Abreisetag meines Midori geschrieben hatte, denn dort würde ich ihn abholen müssen – und die Mehrwertsteuer entrichten. Befremdlich fühlte es sich an, als ich dort unter den Augen einer Beamtin das Paket öffnete, in dem sich diese Schachtel

fand (daneben ein Umschlag, welcher die Urkunde enthält, die alle Handwerker mit ihrem hanko gezeichnet haben), darin dieses Holzkistchen,

der ich dann diese Kimonotasche

und endlich meinen Midori

(dessen Grün im Blitz heller und ins Bläuliche verschoben ist als im Sonnenlicht) entnahm, ihn gar der Beamtin aufschraubte,

die darin Pulver, Pillen oder noch anderes vermutete.
Konnte ich den Wellington in trauter Umgebung zur Hand nehmen, eintinten und schreiben, mußte ich bei meinem Midori erst Papierenes über mich ergehen lassen, ehe ich daheim ein zweites Mal, nunmehr in Ruhe und mit Freude ihn aus seinem Kimono zog und einige blauschwarze Zeilen auf das Papier strich.
Masse und Umfang hatte ich nachgebildet, die Stufe am Modell meinen Fingern näher gebracht, doch eben jenen Füllfederhalter zu halten, im Glanz des Urushi (der auf Staub, Fussel und Fingerspuren versessen zu sein scheint), leicht trotz der Länge und des Umfangs, ähnelt dem Gefühl einer besonderen Erfahrung, deren Beben nicht nachlassen will, wenn auch die Hand eine weitere Seite gefüllt hat.
Ich hatte nicht den Eindruck, als schriebe ich mit einer breiten Feder; der Federmeister hatte den Fluß zurückgenommen, ihn meiner Schriftprobe angepaßt, damit ich hie und da kleiner und enger schreiben könnte. Umgewöhnen mußte ich mich wegen des Umfangs, der meine Hand dazu verleitete, unnötig kräftig zuzufassen; mittlerweile halte ich meinen Midori lockerer, dem jene Schwere eigen ist, die meine Hand als angenehm verspürt, führe ihn über das Papier, auf dem die Feder ihr feines Kratzen anstimmt.
Mein Midori wiegt samt mitgelieferter Tintenpatrone 19½ Gramm gegen meinen M400, der ohne Kappe (zu kurz, aber mit dem Schwerpunkt nahe meinem Daumen) um 9 Gramm und mit Kappe (hinreichend lang, aber mit zum Schaftende hin verschobenem Schwerpunkt) 4¼ Gramm leichter liegt. Der Konverter bringt vier Gramm ein und beschwert mit Tinte meinen Midori nahe jenen 24 Gramm, die ich bei dem Wellington als zu viel empfunden und weswegen ich mich gegen den Konverter entschieden habe (der zudem den Schwerpunkt aufgrund des Messingringes zum Schaftende verlagert), den ich durch eine der mitbestellten Patronen ersetzt habe, die ich um ihre Messingkugel (und deren klickendes ¼ Gramm) erleichtert habe, die nur noch ein Gramm leicht ist und ungefähr einen Milliliter – also ein Gramm – Tinte faßt. Diese nachzufüllen verlangt zwar eine Spritze samt Nadel, doch diesen geringen Aufwand leiste ich gern ob des guten Halts.
Es folgte das wohl (und mir erst recht) Unvermeidliche: die Suche nach einer Tinte, die dem Grün des Urushi möglichst ähnlich käme. Hier hat Herr Thiel mit Tintenmustern ausgeholfen, von denen eines an das des Midori am nächsten reicht: Montblancs «Irish Green». Ein kräftiges, ein ‹augentröstliches› Grün, das mir dünnflüssiger scheint als Caran d’Aches «Amazon» und «Carbon», indes die Farbtiefe des Midori nicht erreicht, der ich das helle «Amazon» – mit «Carbon» im Verhältnis neun zu eins gemischt – angenähert habe.
Bislang hat mich auf allen Papieren, die ich nutze, mein Midori in Strich und Feder Seite um Seite erfreut: leicht und willig fließen Montblancs «Irish Green», Caran d’Aches «Amazon» und «Carbon» (ein tiefdunkles Violett) sowie deren Mischung durch den Leiter; De Atramentis’ «Tannengrün» trocknet recht schnell ein, dessen Grün mir zu ‹trüb› wirkt, das mein vormals M-breiter M400 besser verträgt.
Was bleibt zu sagen? zu ergänzen?
Allenfalls der Hinweis, wer einen persönlichen Füllfederhalter sucht, einen, der für die eigene Hand gefertigt wird (‹hergestellt› zu schreiben würde jener Sorgfalt ungenügen, mit welcher diese Meister ihr Handwerk angehen), sollte einen Nakaya sich näher anschauen; und wem die einfarbigen Modelle zu eintönig sind, die das Auge auf den ersten Blick bedingt reizen oder gar für sich einnehmen, sollte die Seite «Special Order» aufrufen. Gut, dort werden Preise weit außerhalb der 460 $ (zuzüglich Mehrwert beim Zoll) der Grundmodelle verlangt, doch wen diese Kunstwerke begeistern können, wird seiner Hand zuschauen, wie diese ein Sparschwein hernimmt und es zu füttern beginnt.
Danke fürs Mitlesen
Úrscéal