Federn für individuelle Bedürfnisse biegen!

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Katharsis
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Federn für individuelle Bedürfnisse biegen!

Beitrag von Katharsis »

Ich grüße euch alle erst mal!

So und nun zum Thema:
Die M805 schreibt zwar gut, hat in meiner Hand jedoch kleine Anlaufschwierigkeiten. Durch leichtes Drücken kann man dieses Problem aber halbwegs umgehen. Das "Problem" ist allerdings dass ich ein kleiner Perfektionist in solchen Sachen bin und es mir keine Ruhe lässt, bis etwas nicht 100% perfekt läuft. Meine Haltung der Feder ist relativ lang, d.h. mein Daumen liegt ca. am Gewinde und am gestreiften Schaft; Zeigefinger und Mittelfinger sind nur leicht gekrümmt. Hieraus resultiert ein relativ spitzer Winkel zwischen Feder und Papier ("Daumen x pi" in etwa 45°).
Ich habe nun einiges probiert um die Anlaufstörungen zu umgehen, unteranderem: zig-maliges durchspülen mit Wasser und auch mit Tinte; Versuchen den Tintenleiter so zu positionieren, dass er wirklich in der Mitte der Feder gelegen ist (war aber schon von Anfang an ziemlich in der Mitte); dann versuchte ich noch verschiedene Schreibtechniken - teils sogar mit Erfolg... jedoch war diese Position für meine Hand nicht optimal.
Schlussfolgerung: Da jeder Mensch eine andere Hand hat und auch individuell mit der Feder schreibt, muss auch jede Feder individuell sein. Das hat mich an die "Einschreib-Zeit" der Feder erinnert, welche ja nun doch nicht existieren soll. Allerdings hab ich auch gelesen man soll die Feder nie herborgen, da es sich der Hand des Schreibers perfekt anpasst, und diese eben Individuell ist => müsste also doch eine Einschreibzeit geben.
Aber wie soll das funktionieren?:
Die Schenkel der Feder werden sich mit der Zeit leicht verbiegen (z.B. wenn man immer die Feder nach aussen dreht => der rechte Schenkel wird mit der Zeit leicht nach oben verschoben sein (bei Rechtshänder! sonst umgekehrt bzw. wenn man die Feder nach innen dreht ebenfalls umgekehrt). Oder wenn man mit einem sehr hohen Winkel zwischen Feder und Papier schreibt, also die Feder kurz nimmt (Daumen relativ weit vorne; Zeige- & Mittelfinger stärker gekrümmt) werden sich mit der Zeit beide Schenkel ganz leicht nach oben biegen. Es spielt auch noch der Abrieb eine Rolle, da sich die Feder mit der Zeit theoretisch am Papier abreibt. Dies wäre aber eher zu vernachlässigen :wink:.

Aber was wenn...
*man die Feder mit einem kleineren Winkel zum Papier hält? (Die Feder ist ja an der Spitze geschliffen, woraus eine Fläche entsteht... hier soll möglichst der Kontakt zum Papier entstehen; Bei mir besteht wegen dem Winkel aber nur ein Kontakt auf der Kante der geschliffenen Fläche. Beim Schreiben selber: kein Problem, da die Tinte beim fließen auf der ganzen Fläche haften wird und so dennoch ein guter Kontakt zum Papier herstellt. Aber hebt man die Feder ab vom Papier, zieht sich die Tinte zurück und bleibt nur noch hauchdünn zurück. Kommt nun die Kante wieder aufs Papier, ist dort sehr wenig Tinte vorhanden, die sich sofort abreibt (sieht man auf dem Papier teilweise dann nur seeeehr leicht). Erst wenn man etwas auf die Feder drückt, damit sich die Schenkel spreizen (Bitte: Die Schenkel der Feder :roll: ). Also nochmal: Erst wenn man etwas auf die Feder drückt, damit die zwei Dinger da :wink: etwas auseinander gehen und somit wieder Tinte nachkommt, kann geschrieben werden.
Also um nochmal zurückzukokmmen: Bei einem kleineren Winkel, müsste die Spitze ein bisschen nach unten gebogen sein, damit die ganze Fläche am Papier ankommt. Das Problem hier: Die Feder wird sich NIE von alleine nach unten biegen, sondern durch den Druck vom Papier höchstens nach oben. Also käme hier nie dieses "Einschreiben" zustande.
*man die Feder stark nach innen oder außen dreht? Die Schenkel werden beim schreiben, wie gesagt immer nachgeben und wahrscheinlich wird mit der Zeit mal ein Schenkel weiter oben sein wie der andere (ohne Kontakt zum Papier oder Druck auf die Feder). Aber da diese kleinen Biegungen sich meistens im elastischen Bereich bewegen (gehen wieder zurück) wird es für den Schreibenden nie wirklich ganz optimal sein. Wie gesagt: Mit der Zeit wird vl. mal ein Schenkel leicht nach oben verschoben sein (wenn man die Feder nach innen oder außen dreht), aber nie genug um es jeden recht zu machen. Also muss eine bleibende Verformung her, welche teilweise vielleicht sogar etwas weiter sein kann und womöglich nie durch "Einschreiben" so sein wird.

Also muss eine plastische Verformung her, welche dauerhaft bleibt.
Und was habe ich also gemacht? Die Feder entleert und getrocknet. Und jetzt kommts:
Ich habe am Iridium Korn (der Spitze) einen Schenkel nach dem anderen nach unten verbogen. Wohlgemerkt mit den Fingernägel (Eine Zange würde ich definitiv NICHT empfehlen). Hier wird auch der Unterschied deutlich zwischen elastischer und plastischer Verformung. Am Anfang wird man sich nicht trauen die Schenkel allzuweit zu verbiegen und wenn man loslässt, wird man merken, dass der Schenkel wieder in die ursprüngliche Position zurückgekommen ist und im Großen und Ganzen hat sich nichts geändert. Also muss man die Schenkel immer und immer weiter biegen und irgendwann bemerkt man dass man in den plastischen Bereich gekommen ist.... Der Schenkel ist jetzt ganz leicht unterhalb des anderen. Das kann bei jemandem der die Feder nach aussen oder innen verdreht schon reichen. Wenn man das nicht tut, so muss man den anderen Schenkel ebenfalls etwas runterbiegen, ebensoweit dass sich die Schenkel wieder in gleicher Höhe befinden, nur eben beide etwas nach unten versetzt.
Noch ein kleiner Tipp: Es wäre gut wenn man beim Biegen darauf achtet, dass man den Schenkel beim biegen immer in die gewünschte Richtung und zusätzlich in Richtung des anderen Schenkels biegt. Und zwar aus dem Grund, dass sich die Schenkel in der Spitze immer genau treffen und sich nicht voneinandern "abstoßen"... also nicht dass ein großer Spalt dazwischen liegt (sonst wird die Schrift breiter).
Ausserdem ist Gold ein sehr weiches und flexibles Material, wodurch keine Probleme entstehen sollten. Aber dennoch: Ich hafte für keine Schäden, welche durch Anwenden von oben Beschriebenem, erzeugt wurden

Ausserdem sollte ich noch hinzufügen, dass es eine kleine Spielerei sein wird wenn man beide Schenkel auf gleicher Höhe haben möchte nur eben tiefer (oder evtl. auch höher... bloß würde ich nicht verstehen warum jemand die Schenkel nach oben biegen würde :wink: ). Man muss teilweise wieder ein bisschen nach oben verschieben, dann den anderen runter und soweiter... es sind eben immer sehr kleine Schritte. Für mich ergaben sich keine Probleme oder Schwierigkeiten und ich bin jetzt voll und ganz zufrieden mit der Feder nach dem ich ein paar Minuten in die Spielerei reingesteckt habe.
Ich könnte evtl. Fotos machen, aber die Biegung ist kaum merkbar... wahrscheinlich nimmt man sie nur im Vergleich mit einer nicht gebogenen Feder wahr.
Ausserdem sollte ich noch hinzufügen, dass es kein Problem ist die Schenkel wieder in Ausgangsposition zu bringen... man muss sich eben wieder ein bisschen spielen.

Ich hoffe ihr könnt was damit anfangen... viel Spaß und Erfolg jedenfalls.

Bei weiteren Fragen, stehe ich noch gerne zur Verfügung.


Grüße,

Katharsis
Zuletzt geändert von Katharsis am 19.05.2006 14:12, insgesamt 1-mal geändert.
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Tenryu
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Beitrag von Tenryu »

Das mit dem Biegen ist immer so eine Sache. Bei meinen billigen Federn hatte ich eigentlich nie Probleme; und bei den teuren Goldfedern will ich lieber nicht herumbiegen, so lange noch Garantie drauf ist, sintemal ich das Talent habe, alles, an dem ich herumbastele, kaputt zu bekommen :roll:
Katharsis
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Beitrag von Katharsis »

naja solange man zufrieden mit der Feder ist, sollte man eh nix herummachen. Das bedeutet nämlich, dass die Feder (wenn auch eher zufällig) genau für den jeweiligen Schreibstil passt.

Bzgl. Biegen: Klar... ein gewisses Risiko ist schon damit verbunden (auch wenn die Dinger verdaaaaamt viel aushalten... mehr auf jedenfall als man glauben möchte) aber es ist generell so, dass Billig-Federn zu biegen eher ungeeignet sind, da:
*sie aus Stahl bestehen und diese "eher" brechen und auch schwieriger zu biegen sind
*sie nicht so stabil gebaut sind
*Gold viel leichter nachgibt, viel flexibler ist, viel dehnbarer, sehr weich ist. Ich weiß nicht mehr genau, jedoch kann man einen Gramm Gold theoretisch auf eine sehr weite Strecke in die länge ziehen (ich weiß nicht ob es sich hier nicht um hunterte meter, wenn nicht sogar einem kilometer handelt).

Also wie gesagt... ich bereue es absolut nicht, dass ich es gemacht habe.... im Gegenteil, die Feder schreibt jetzt einfach herrlichst.
Aber wenn man jetzt schon zufrieden ist, sollte man alles lassen, genauso wenn man wirklich 2 linke hat.

Ausserdem möchte ich noch kurz erkären, warum Federn meistens aussetzten:
*Der Tintenleiter ist verstopft oder von der Produktion noch leicht ölig oder sonst wie überzogen, weshalb die Tinte schwierigkeiten hat
*Der Tintenleiter nicht genau mit der Feder zusammenpasst
*Der Federhalter einfach falsch gehalten wird. Aber das ist eben wiegesagt eine sehr individuelle Sache und kann nur durch sehr langes Einschreiben oder garnicht verbessert werden... Ausser durch Biegen... und hier kann man wirklich individuell anpassen und jedes Quäntchen Mehrleistung aus der Feder herausholen
*Und vielleicht der selteste Grund weshalb Federn anschreibprobleme o.ä. haben (zumindest bei solch qualitativen Federn): Defekt/Produktionsfehler

Eine Bitte hätte ich noch an einen Mod oder Admin: Bitte den Thread in "Die Tinte und der Tintenfluss" verschieben, da er dort irgendwie besser hineinpasst und besser aufgehoben ist... ist ja eigentlich nicht Pelikanspezifisch.

Danke
nibby
Beiträge: 46
Registriert: 15.11.2004 19:18

Beitrag von nibby »

Hallo,

das "Verbiegen" einer 800er Feder als "erstes Projekt" finde ich schon sehr gewagt. Die Chancen daß es funktioniert sind wohl ebenso hoch wie die des Nichtgelingens.

Wenn man die Feder nicht zu einem Spezialisten in die USA oder nach Pelikan schicken möchte, würde ich doch zumindest die Feder vorher unter dem Mikroskop oder mit einer starken Lupe anschauen, ob ein einfaches Biegen tatsächlich helfen kann. Das Anschreibproblem liegt nämlich oft (wie auch hier im Forum diskutiert) an dem Schliff des Schreibkorns:
Es muß rundlich sein, damit es gut gleitet. Ist es aber rundlich, kommt die Tinte nicht freiwillig bis zum Papier und muß dorthin gedrückt werden. Das hängt mit der Krümmung des Schreibkorns im Spalt zwischen der Federschenkel und der nachlassenden Kapillarwirkung bei größerem Spalt zusammen. Manchmal reicht bei Anschreibeproblemen eine andere Tinte, die andere Fließeigenschaften bzw. eine andere Oberflächenspannung aufweist.

Leider kommt man aber in vielen Fällen nicht um ein Nachschleifen des Iridium-Kornes herum, da eine Veränderung des Winkels der Federschenkel zueinander leicht zu einem noch ärgerlicherem Kratzen führt oder schlimmer der Abstand zum Tintenleiter sich verändert und man mit Aussetzern im Tintenfluß bezahlen muß.

Ach ja, es gibt da den Spruch mit dem "Lehrgeld", vorheriges Üben an kleineren, eventuell defekten Goldfedern erspart vielleicht eine Totalkatastrophe.

Und vielleicht noch ein Tip für Pelikan-Federn: Man sollte sie vor dem Biegen vom Tintenleiter nehmen, sonst kann man leicht einen scharfen "Knick" in der Feder erzeugen, der amateurmäßig kaum mehr zu reparieren ist.

Mit bestem Gruß

nibby
Katharsis
Beiträge: 155
Registriert: 15.02.2006 21:48

Re: Federn für individuelle Bedürfnisse biegen!

Beitrag von Katharsis »

Ich möchte nochmal anfügen, dass es sich hier nicht um Gewaltaktionen handeln soll. Diese Biegung soll nur sehr gering sein, optisch soll man an der Feder nichts erkennen sollen.

Man soll hier echt nicht mit viel Druck arbeiten. Ich habe es so gemacht wie wenn ich mit einem flexiblen Füller schreiben würde (allso nicht zuviel Druck), nur dass die Feder nach unten schaut/ 180° gedreht ist (aber nicht soviel drücken damit sie sich so wie eine flexible biegt, sondern soll man sich vorstellen man schreibt mit solch einer Feder).

Das Problem, wenn man es mit einer billigen Feder probiert, diese meistens aus Stahl bestehen und ganz andere Biege-Charakteristiken besitzen.

Ich glaube ich würde jetzt lieber auch von dem Biegen abraten... nicht weil es nicht funktioniert, aber ich will nicht dass es jemand falsch versteht (und man kann nicht genau erklären wieviel Druck man ausüben soll) und sich dadurch die Feder voll verbiegt, sodass sie dann nicht mehr optimal schreibt. Man muss einfach ständig probieren wie sie schreibt, wie gesagt, man sollte die Biegung optisch nicht heraussehen.

Also eher nur machen, wenn man weiß was man tut.
nibby
Beiträge: 46
Registriert: 15.11.2004 19:18

Beitrag von nibby »

Hallo Kathasris,

Die Kunst ist, rechtzeitig aufzuhören, wenn man merkt, daß es beginnt zu funktionieren. Es gibt ja den schönen Effekt bei Schrauben: nach fest kommt ab! Leider kennt man die Grenze erst wenn man sie mal überschritten hat. Daher die Warnung ;-)

Nichts desto trotz macht es Spaß Federn zu modifizieren, aber es gilt hier wie überall: Nur Übung macht den Meister.

Weiterhin viel Spaß mit Deinen Füllern

nibby
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