Hallo, guten Morgen!
Als Wiener, der sich seit über 20 Jahren mit dem Sammeln von Füllfedern und deren Geschichte beschäftigt, habe ich im Herbst 2011 Gusswerk entdeckt und wollte mehr darüber wissen. Ich wollte wissen, was denn die "neue Marke" aus Wien kann, wer die Produzenten sind, wo die Produktion ist usw.
Na ja, mit diesem Vorhaben und der Information, dass ich gerne in diesem Sammlerforum darüber berichten möchte, ging ich damals auf die Leute von Gusswerk zu.
Na ja, das war gleich gar nicht so einfach.
Die auf der Homepage im Impressum angeführte Kontaktadresse (Firmensitz) führte mich zu einem großen älteren Wohnhaus. Geschäftslokal oder Produktionsort waren nicht zu sehen. Laut Hausverwaltung finden sich dort auch nur Mietwohnungen und von Firmen (egal welchen Names) wissen die gar nichts.
Also e-mail an Gusswerk, ob ich denn auf Besuch kommen dürfe und ob sie mir ein Interview geben würden. Kam nach einer Woche ein ziemlich unfreundliches e-mail zurück - sie senden mir ein Prospekt zu. Gespräch gibt es keines und Produktionsstätte darf ich mir nicht ansehen. Sehr merkwürdig!
Nach weiteren 3 Wochen erhielt ich tatsächlich ein Prospekt. Allerdings nur dieses, ohne Begleitschreiben oder weitere Informationen. Eigentlich wollte ich ja bekanntlich über die Firma berichten und nicht aus dem Prospekt abschreiben!
So bin ich dann zu dem damals einzigen angeführten Händler gegangen, der sich in der Innenstadt Wiens befindet. Die Namensgleichheit der Geschäftsführers von Gusswerk und des Geschäftsinhabers von dem Laden lässt den Schluss zu, dass sie ziemlich sicher verwandt sind. In dem Laden ein älterer Herr, der mir 2 Modelle von Gusswerk zeigen konnte. Erklären konnte oder wollte er mir dazu nichts und über die Produktion hat er sich ausgeschwiegen.
Die von Gusswerk angepriesene tolle Füllmechanik kannte ich schon von diversen billigbilligbillig Füllern aus China - ein Konverter, darin eine flache Kunststoff-Stange mit Pressgewinde, die man in den Plastikdrehgriff des Konverters schraubt. Diese simplen Konverter finden sich in allen MB und Parker-Imitaten, sowei diversen nonames aus China und sind gar keine neue Füllmechanik.
Ich habe dann aus Interresse dennoch ein Exemplar des Gusswerk-Füllers mitgenommen. Ich glaube, es war das Modell Livingstone und es hat fast 100,- Euro gekostet. Der Füller hatte einen Metallkorpus, schwarz lackiert, die Beschläge chromfarben, Stahlfeder M.
Interessant fand ich, dass in der Beschreibung des Füllers steht, dass der Korpus aus Kupfer sein soll. Das stimmt so halbwegs, weil Messing bekanntlich aus einer Legierung von Kupfer und Zink besteht. Die helle Farbe des Messing lässt einen Anteil von ca 35-40% Zink vermuten. Na ja, Kupfer ist halt wirklich drinnen
Die Feder war eine sehr starre Stahlfeder und recht hübsch geprägt. Das Schriftbild entsprechend einer üblichen M mit Strichstärke auf gestrichenem Papier von ca 0,8mm und auf normalem Kopierpapier von ca 1,0 mm.
Ärgerlich war, dass die Tinte im Konverter nach 3 Tagen eingetrocknet war. Daher habe ich dann einfach normale Pelikan-Standardpatronen eingesetzt. Die waren überraschend nach 6-7 Tagen ausgetrocknet. Also irgendwie nicht dicht der Füller.
Dann hatte ich den Gusswerk Füller ein paar Monate in der Lade bei vielen anderen Füllern liegen, die ich so im Laufe Zeit von diversen Firmenvertretern geschenkt bekommen hatte.
Beim Umräumen vor meiner Übersiedlung ist er mir dann wieder in die Hände gefallen. Die Überraschung war sehr groß, als ich feststellen musste, dass der von Gusswerk als so wertvoller Lack angepriesen wurde, an der gesamten Oberfläche kleine Bläschen hatte. Das hatte ich bei einem Füller in der Preisklasse bei weitem nicht erwartet! Die ~30 gratis Werbefüller in der selben Lade waren alle in Ordnung.
Conclusio:
Die Gusswerk-Füller sind offenbar nicht mehr wert, als die billigen China-Füller, die man um einstellige Euro-Beträge inklusive Porto kaufen kann. Die hübsche Verpackung mit dem Metallröhrchen du das Tintenglas sind mehr wert, als der Füller selbst.
Das Marketing dürfte dafür umso besser sein, denn in der Zwischenzeit habe ich Gusswerk in mehreren namhaften Magazinen und Zeitungen gesehen - teilweise mit lobhudelnden Artikeln, die ich gar nicht nachvollziehen kann.
In einem dieser Artikel (Kurier im Juni 2012) hat der Geschäftsführer von Gusswerk gegenüber einer Journalisten-Kollegin zugegeben, dass die Füller in Shanghai gefertigt werden. Das hätte er ein halbes Jahr vorher auf meine Anfrage auch schon sagen können und ich hätte mir das Ganze erspart.
Also leider wieder nichts mit einem Produkt aus Wien. Nur ein Massenprodukt, das einfach gelabelt wird.
LG Andreas