Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Moderatoren: MarkIV, Zollinger, desas, Linceo, Lamynator, JulieParadise, HeKe2

Antworten
Downfall

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Downfall »

So, die nächste Charge ist gemacht.

Ich habe das Tannin gelöst. Salzsäure habe ich verdünnt langsam dem Tannin zugegeben und gerührt. Anschließend habe ich ein Becherglas mit einem Teil Wasser in ein warmes Wasserbad gestellt um die Salicylsäure zu lösen. Das habe ich dann ebenfalls langsam unter Rühren der Lösung beigegeben.

Zum Schluss das gelöste Eisensulfat, ebenfalls langsam unter Rühren. Jetzt heißt es warten. Das Gummi Arabicum gebe ich erst morgen oder übermorgen hinzu, denke ich.
Benutzeravatar
Zollinger
Beiträge: 4634
Registriert: 31.10.2006 7:45
Wohnort: Confoederatio Helvetica

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Zollinger »

Hier ein kurzer Zwischenbericht zu den Tinten von Frechy.

Bild

Ich habe seine Labortinte IV mit den neuen Tinten Eisengallus 1 und Eisengallus 2 verglichen. Gleich vorweg: das ist kein einfaches Unterfangen. Wichtige Faktoren, welche die Eigenschaften auf dem Papier beeinflussen können sind: der Füller, die Trocknungszeit und natürlich das Papier selber.

Diesmal habe ich Fabriano Accademia 200g/m2 verwendet, ein sehr robustes Papier, dass auch Wassertests gut übersteht.

Hier die drei Tinten ziemlich frisch mit dem Pinsel aufgetragen.

Oben: Labortinte IV
Mitte: Eisengallustinte 1, violettblau fliessend
Unten Eisengallustinte 2, dunkelblau fliessend

Bild

Die Labortinte IV reagiert extrem schnell mit dem Papier. Die beiden anderen etwas langsamer, aber bereits nach kurzer Zeit wird es schwierig die Tinten auseinander zu halten:

Bild

Bild

Die Eigenschaft, welche mir an der Labortinte IV besonders gut gefällt ist, dass die einmal aufgetragene Tinten kaum mehr verwischt, wenn man darüber malt. Man sieht, dass Die Eisengallus 2 hier nicht ganz mithalten kann:

Bild

Umso erstaunlicher ist, dass nach einer kurzen Reaktionszeit, die Wasserbeständigkeit bei der Eisengallus 2 besser ist als bei der IV und der 1... ich bin verwirrt :ugeek: :?: :?:

Bild

zum Schluss habe ich das Papier sehr gründlich gewaschen. Es gibt bei jeder Tinte noch Farbstoffe, die auswaschen, oder mit der Hand verschmiert werden können.

Als Testfüller habe ich drei Pelikan gewählt. Einerseits, wegen der Federn, welche für einen sehr guten Tintenfluss eingestellt sind, adererseits wegen der leichten Wartung und drittens, weil Pelikan als Tintenhersteller schon immer auf Tintenverträglichkeit bei den Füllermaterialien geachtet hat. Ausser der Feder gibt es keine Teile aus Metall, welche mit Tinte in Kontakt kommen - auch nicht im Havariefall.

Fazit: es ist für mich neu (und erstaunlich) wieviele Faktoren das Resultat auf dem Papier beeinflussen können. Ich kann deshalb keine Aussagen im Sinne von Plus- oder Minuspunkten machen. Persönlich gefällt mir noch immer die turboschnelle Reaktion der Labortinte IV sehr gut, sehe aber auch bei den Weiterentwicklungen Qualitäten. Alle drei sind tolle Tinten, die sehr viel leisten können, eigentlich alles, was ich von einer Tinte erwarte.

Die einzige Frage, die sich mir stellt ist: wann geht die Tinte in Produktion? :D

In der Zwischenzeit werde ich weitertesten. Mal schauen was da noch kommt.
Beitrag in schwarz: Zollinger als Sammler - Beitrag in grün: Zollinger als Moderator
Helmut
Beiträge: 171
Registriert: 11.02.2024 23:04

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Helmut »

@ Zollinger
Ich habe ein solches Ergebnis von Frechys Tinten erwartet, nachdem ich seine Vorstellung des Tintenrezeptes durchgearbeitet habe!
Ob es allerdings für ihn wirtschaftlich ist, die Tinte zu vermarkten ist eine andere Frage. Er braucht hierzu einen ausreichenden Markt. Sonst rechnet sich das Spielchen nicht. Ich hatte bei meiner Tinte zwar auch einen relativ hohen Bestand an Rückfragen aus verschiedenen Interessentenkreisen. Allerdings bekam ich kein wirtschaftliches Abnahmevolumen zustande. Die Nebenkosten für ein Kleingewerbe waren einfach zu hoch (Berufsgenossenschaft, Finanzamt, Müllgebühren - sogar die GEZ wollte abzocken wegen Einsatz eines PC mit Internetanschluss. Und das Ganze wegen 5 bis 10 Liter Tinte - die höchsten Beschaffungskosten machten die Tintengläser aus. Ich hab damals dann von einer Vermarktung die Finger weggelassen und beschränke mich auf etwas erhöhten Eigenbedarf (für meine Kollegen im Archiv und mich).
Viele Grüße
Helmut
Gast1
Beiträge: 617
Registriert: 01.06.2024 14:35

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Gast1 »

Zur Wirtschaftlichkeit äußere ich mich mal lieber nicht. :) Aber kurz zum Papier. Es ist ja bekannt, dass die Papiersorten die EG-Bildungsgeschwindigkeit beeinflussen können, Papiere die so sauer sind, dass sie die Bildung teilweise dauerhaft blockieren, sollte es heutzutage nicht mehr geben (bei alten Papieren ist es aber denkbar). Eine teilweise Blockade wäre vielleicht durch bestimmte Papierbeschichtungen oder -färbemittel möglich. Somit ist es nur eine Frage des Zeitrahmens, bis die EG-Bildung durchgeführt ist (der kann aber durchaus mehrere Tage auseinander liegen). Was anderes sind die Experimente mit starken Komplexbildnern in der Tinte, die könnten durchaus unter bestimmten Bedingungen einen Anteil dauerhaft blockieren, das muss man dann sehen. Und abschließend ist es natürlich klar, dass bei Beständigkeits-Zeiträumen der Schreiben über die wir hier reden, dem Beschreibmaterial eine nicht unwesentliche Bedeutung zukommt (ich würde die aktuellen Papiere mit Alkalireserve und Kalziumkarbonat aber auch nicht unterschätzen).
Benutzeravatar
Zollinger
Beiträge: 4634
Registriert: 31.10.2006 7:45
Wohnort: Confoederatio Helvetica

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Zollinger »

Helmut hat geschrieben:
27.10.2024 22:38
...
Ob es allerdings für ihn wirtschaftlich ist, die Tinte zu vermarkten ist eine andere Frage....
Das war ja auch nicht so ernst gemeint. :D
Beitrag in schwarz: Zollinger als Sammler - Beitrag in grün: Zollinger als Moderator
frechy
Beiträge: 113
Registriert: 01.09.2015 20:07

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von frechy »

Vielen Dank für den spannenden Zwischenbericht, Zollinger. Du bringst die Tinten toll zur Geltung!

Die Eisengallus 2 ist das komplexere Rezept, um die Faktoren hoher Eisengehalt, keinen Papierfrass und Füllertauglichkeit unter einen Hut zu bringen.

Bei der Eisengallus 1 habe ich den Eisengehalt von über 4 g/L auf gut 3 g/L gesenkt, ohne einen Nachteil im Schwarzgrad zu erkennen. So kann sie nur mit Gallussäure realisiert werden. Ausserdem enthält sie kein Chlorid mehr und ist verträglicher mit Füllern. Sie läuft jetzt seit gut zwei Wochen in meinem P200 mit vergoldeter Feder und in drei Lamys ohne Probleme und ich nehme die Federn fast täglich unter die Lupe.

Neben dem Blau habe ich jetzt auf der gleichen Basis auch eine weitere Farbe gemischt, die sich dank gleicher Basis mit der Blauen verträgt und verschiedene neue Farbkombinationen ermöglicht. Aber das ist eher eine Spielerei.

Das Rezept der Eisengallus 1 ist so einfach wie möglich gehalten, von daher wäre die Produktion einer mittelgrossen Charge kein Problem :) aber ich mache das aus Freude an der Sache.

Ganz neu habe ich eine purpurfarbene Eisengallus im Visier, deren Farbton das Eisen(II)-stabilisiert und die Lösung gleichzeitig puffert (Papierfrass-Prophylaxe). Eisengallus macht süchtig!
Gast1
Beiträge: 617
Registriert: 01.06.2024 14:35

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Gast1 »

frechy, ich würde das mit dem Tintenfrass nicht ganz so panisch sehen, den erlebst Du bei Deinen Tinten nicht mehr. Die Braunfärbung der Schriftzüge, von der ich immer rede, ist kein Tintenfraß, sondern Oxidationen von Eisen oder Gerbsäure, die auf ein Ungleichgewicht hindeuten, also gewissermaßen ein Indikator. Und so ein Ungleichgewicht zum Eisen kann den Tintenfraß verstärken, das passiert aber erst in Jahrzehnten. Und kurz zur Ökonomie, wenn Du auf ca.3g Eisen pro Liter gehst, dann machst Du eine Pelikan Blauschwarz, die musst Du aber günstiger verkaufen als Pelikan, sonst nehmen die meisten Leute das Original. Du musst die also billiger produzieren als Pelikan oder eine viel bessere Tinte machen, dann kannst Du auch mehr verlangen und würdest die Tinte trotzdem los.
Benutzeravatar
Zollinger
Beiträge: 4634
Registriert: 31.10.2006 7:45
Wohnort: Confoederatio Helvetica

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Zollinger »

Um die Haltbarkeit meiner "Erzeugnisse" mache ich mir keine Sorgen. Das landet ohnehin alles einmal in der Altpapiersammlung.
Mir gefällt einfach die Idee, dass die Tinte erst in Kontakt mit dem Papier wasserfest wird und eben nicht bereist im Füller wenn er einmal liegengelassen wird. Und wenn Sie am Schluss auch noch fast Schwarz ist, finde ich das umso besser :)

Ich bin sehr gespannt was da noch alles aus Frechys Labor, von welchem ich zu wissen glaube wo es liegt kommt.
Gast1 hat geschrieben:
28.10.2024 16:09
... wenn Du auf ca.3g Eisen pro Liter gehst, dann machst Du eine Pelikan Blauschwarz...
Frechy's Eisengallus 1 reagiert deutlich schneller und stärker als die Pelikan Blauschwarz. Sie fliesst auch besser. Ich kann bei Gelegenheit einen 1:1 Vergleich fotografieren.
Beitrag in schwarz: Zollinger als Sammler - Beitrag in grün: Zollinger als Moderator
Gast1
Beiträge: 617
Registriert: 01.06.2024 14:35

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Gast1 »

Zollinger hat geschrieben:
28.10.2024 17:50
Um die Haltbarkeit meiner "Erzeugnisse" mache ich mir keine Sorgen. Das landet ohnehin alles einmal in der Altpapiersammlung. ...
Dann hat Tintenfraß überhaupt keine relevante Bedeutung. Bei Tintenfraß (wie auch der Restauration) geht es immer um deutlich längere Zeiträume.
Downfall

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Downfall »

Überrascht mich, dass die Pelikan überhaupt soviel Eisen hat. Weiß man, wo die Salix und Scabiosa im Vergleich liegen?

Ich hab meine Tinte jetzt zwei Tage stehen lassen, auf dem Boden sammelt sich schwarzes Zeug, das sich nicht mehr löst. Entweder bin ich mit der Säure jetzt doch zu weit runter, oder das ist vor dem Filtern normal. Ich glaube aber, das war beim letzten mal nicht so ausgeprägt. Die Salzsäure habe ich nochmal auf die Hälfte im Vergleich zum ersten Versuch reduziert. Ich schätze, das ist zu wenig. Gewichtstechnisch sind jetzt 0,5g Salzsäure 25% drin, statt der ursprünglich doppelten Menge auf 100ml. Wobei das auch nur so ungefähr ist, da ich die verdünnte Säure tatsächlich wiege und ich mir nicht sicher bin, welchen Einfluss der Wasseranteil im Gewicht ausmacht.
Gast1
Beiträge: 617
Registriert: 01.06.2024 14:35

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Gast1 »

Downfall hat geschrieben:
29.10.2024 6:54
Überrascht mich, dass die Pelikan überhaupt soviel Eisen hat. Weiß man, wo die Salix und Scabiosa im Vergleich liegen? ...
Ich weiß nicht genau, wieviel die Pelikan Eisen hat. Diese schwachen Tinten, wie die Platinum und die Pelikan, sind aber wahrscheinlich Gallussäure-Tinten und da liegt die maximale Grenze für die Wasserlöslichkeit von Gallussäure (wenn man nicht solche Experimente wie frechy macht und versucht durch eine höhere Polarität des Moleküls die Wasserlöslichkeit zu erhöhen).
Die schwarze Ausfällung bei Deiner ist Eisentannat, da bist Du mit der Säure zu weit runter. Die Tinte stellt sich jetzt auf den
EG-Gehalt ein, den sie in Lösung halten kann, da kann man aber gleich weniger EG reingeben, anstatt einen Teil wieder ausfällen zu lassen.
Downfall

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Downfall »

Danke dir, dann werde ich das beim nächsten Versuch wieder korrigieren :)
Downfall

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Downfall »

Was passiert eigentlich mit der Tinte? Wenn die mit den Eisentannatausfällungen erstmal fertig ist, dann kann man die doch prinzipiell nochmal auf die Hälfte der Flüssigkeit verdampfen, oder? Zumindest mit der Feder kann ich die nutzen.
Helmut
Beiträge: 171
Registriert: 11.02.2024 23:04

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Helmut »

@Downfall
Ist mir auch schon passiert. Habe damals dann Säure hinzugegeben, damit die Tinte sich stabilisiert hat. Du kannst die Gallussäure etwas hochfahren oder Weinsäure verwenden. Gut Durchrühren und dann stehen lassen. Die Ausfällungen setzen sich nun ab. Mit einer Injektionsspritze und einer dünnen Nadel saugst Du die Tinte dicht unter der Oberfläche ab. Je tiefer der Flüssigkeitsspiegel sinkt um so dichter wird die Suppe. Wenn der Absaugvorgang zu heftig wird, dann hör auf - im dümmsten Fall verstopft Dir die Nadel. Das abgesaugte Material folterst Du nochmals in einem Feinfilter. Dann kannst Du den Versuch wagen die Tinte im Füller zu verschreiben.
Die Ausfällungen sind keine Verlustware. Verdünne sie einfach mit Tafelessig (enthält 5% Essigsäure) und Wasser oder Essigkonzentrat (hat ca. 21% Essigsäure) und Wasser. Diese Tinte kann nach einiger Standzeit durch ein Sieb gefiltert und mit der Tauchfeder verschrieben werden.
Grüsse
Helmut
Gast1
Beiträge: 617
Registriert: 01.06.2024 14:35

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte

Beitrag von Gast1 »

Downfall hat geschrieben:
29.10.2024 14:02
Danke dir, dann werde ich das beim nächsten Versuch wieder korrigieren :)
Du träufelst einfach ein bisschen Säure in die Tinte rein ( Bild ), dann löst sich das mit etwas Zeitverzögerung wieder auf. Da kannst Du gleich mal die richtige Dosis finden. Bei 100ml Tinte kannst Du die Säure auch pipettieren und die Tropfen zählen, bei Wasser ist ein Tropfen ca. 0,05ml (also 20 Tropfen ca. 1ml). Wenn Du das Gummiarabicum ganz weglässt, dann kann die Tinte wahrscheinlich nicht mehr soviel Anfangsfärbung in Schwebe halten, also letztendlich würde ich es bei einer Tinte, die Voroxidation für die Anfangsfärbung nutzt, nicht ganz weglassen.
Antworten

Zurück zu „Die Tinte und der Tintenfluss / Ink and the ink flow“