Erfahrungen mit Montblanc Hamburg

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Pen Freak
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Erfahrungen mit Montblanc Hamburg

Beitrag von Pen Freak »

Seit ich mit dem Füllerhobby angefangen habe, kreise ich gedanklich um den Kauf eines MB Füllers. Was mich abgeschreckt hat, war dieser unglaublich elitäre Nimbus, der sich rund um die Marke rankt und die teilweise schlechten Kritiken, die man auf Youtube und Co. findet. Aufgrund dessen habe auch ich mir (natürlich) irgendwann einen China Fake (Wing sung 629) zugelegt und bin auch ganz zufrieden damit. Aber so ein schöner, rotgoldener MB 146 .... seufz!
Vor 14 Tagen war ich in Hamburg und dachte mir spontan, ich könnte ja mal unverbindlich in solch einer "Boutique" vorbeischauen - in der Nobelmeile am Neuen Markt. ICH in ganz normalem Outfit - oh nee....Von außen fand ich den Laden auch richtig abschreckend - getönte Scheiben, in der Nachbarschaft Gucci usw.. Als ich mich überwunden hatte reinzugehen, war ich jedoch sehr positiv überrascht! Ich wurde sehr zuvorkommend gefragt, ob man mir helfen könne und dann konnte ich mich in aller Ruhe umschauen. Der Verkäufer, ein Herr Preuß, an den ich dann geriet, war ausgesprochen höflich und freundlich. Obwohl ich gleich zu Anfang sagte, dass ich garantiert nichts kaufen wolle (hat dann ja total geklappt ;) ). Konnte ich in aller Ruhe alle Federstärken, die mich interessierten, mit befüllten Füllern ausprobieren und wurde sehr gut beraten. Als ich mich dann doch zum Kauf entschieden hatte, wurde mir ein Sekt/Kaffee angeboten! Was wieder ziemlich überflüssig war: es war kein MB146 in Rosegold mit F-Feder vorrätig und ich musste fast 14 Tage warten. Den Stift habe ich dann letzte Woche abgeholt, um ihn vor Ort auszuprobieren, da ich durch die schlechten Rezensionen misstrauisch war. Auch das war ohne Weiteres möglich - der Füller wurde befüllt und ich konnte in Ruhe damit schreiben. Auch wenn ich das natürlich eigentlich vorher hätte machen sollen, habe ich mir für diesen Tag noch einen Besuch und eine Führung im Montblanc-Haus gebucht. Die Dame am Empfang total nett - man wurde wirklich empfangen! Im Store war nichts los, so dass ich mich dann über eine Stunde mit dem Kundenberater unterhalten habe - ein echter Füller-Fan, sehr engagiert und fachkundig. Er holte dann sogar zum Schluss den Moctezuma aus einem Nebenraum und ich durfte ihn schreiben!!! Das alles, ohne dass ich irgendwas gekauft habe. Auch die Führung war toll, die Ausstellung beeindrucken!! So viel Kunsthandwerk an einem Ort versammelt!! So viel Überlegungen und Kreativität ! WAHNSINN! Uns wurde erzählt, dass allein 50 Leute in dem Kreatvbereich arbeiten. Ich habe mich die ganze Zeit über gefragt, warum diese Firma nach außen so einen arroganten, elitären Flair um sich verbreitet, während die Leute vor Ort offensichtlich so kundenorientiert sind. Mir hat in der Ausstellung wirklich das Herz geblutet bei dem Gedanken, dass die Arbeit von tollen Kunsthandwerkern und Designern, die ganzen Vorüberlegungen und die Kreativität , die in solch einem Stück steckt, von chinesischen Firmen abgegriffen und billig verwurstet wird. Hier sind wirklich allerbeste Fachleute am Werk, die ja auch in Deutschland ihr Auskommen verdienen müssen! (Das sollte man vielleicht bei der Diskussion um Chinafüller mehr im Hinterkopf behalten.)
Meine mögliche Erklärung ist, dass diese Art des Marketings wahrscheinlich nötig ist, um eine Clientel anzusprechen, die sich diese Handwerkskunst dann auch leisten kann. DAFÜR finde ich die Preise auch absolut gerechtfertigt! Dass ich nicht zur Zielgruppe gehöre, ist auch klar! Aber ich kann mir auch keinen Picasso, Buggatti oder ein Haus am Starnberger See leisten! Andererseits wohne ich auch nicht in einem Haus aus Pappkartons, das aussieht wie Schloss Neuschwanstein. Warum fällt es uns so schwer, zu akzeptieren, dass wir uns einige Füller eben einfach nicht leisten können und unterstützen den chinesischen Markenklau? (Hierbei meine ich ausdrücklich NICHT Eigendesigns wie z.B. den Hongdian D5 o.ä.) Problematisch finde ich die Preise der "normalen" Füller. Aber ich denke, dass sie aufgrund der "Mischkalkulation" das Geld für die Kunstwerke mit einbringen müssen. MB hat es dabei geschafft, dass der Glanz dieser Luxusobjekte auf die Meisterstücke abstrahlt, so dass Otto Normalverbraucher bereit ist, die hohen Preise zu bezahlen. Nachdem ich lange gedacht habe, dass es mit Montblanc so ein bisschen wie mit "Des Kaisers neue Kleider" ist, habe ich jetzt meinen Frieden mit dem eltären Schein gemacht, freue mich am Glanz meiner rosegoldenen Feder und an dem Gedanken, dass ich damit ein klitzekleines bisschen tolle Kunsthandwerkskunst mitfinanziert habe.
Sicher kann es sein, dass ich Glück gehabt habe mit den Leuten, mit der Zeit - Vorsaison -, aber nach all dem Bashing, was mich ja auch beeinflusst hat, wollte ich hier einfach auch mal meine guten Erfahrungen mitteilen.
Ich hoffe, ich habe euch nicht total abgenervt, aber das musste ich mal loswerden!
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Edelweissine
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Re: Erfahrungen mit Montblanc Hamburg

Beitrag von Edelweissine »

Schön, dass Du uns an Deinen Erfahrungen hast teilhaben lassen!

Die von Dir aufgesuchte Boutique am Hohen Wall in HH kenne ich auch, dort fühlte ich mich ebenfalls deplatziert.
Aber ich besitze einige Montblancs, deren Qualität mich sehr überzeugt und die ich zu schätzen weiß.

An der Marke werden sich wohl weiterhin die Geister scheiden.

Seitdem ich in Tübingen beim Sammlerteffen war und dort sehr angenehme Erfahrungen habe sammeln dürfen, sehe ich Montblanc mit anderen Augen, und meine anfänglich ablehnende Haltung hat sich ordentlich gewandelt.
Wie auch sonst, so kommt es auch hier auf die Menschen an, die die Marke präsentieren.
Gruß,
Heike
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Felix
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Re: Erfahrungen mit Montblanc Hamburg

Beitrag von Felix »

Danke, für deinen interessanten Bericht und dass du uns somit an deinen Erfahrungen teilhaben lässt! Habe ihn mit Interesse gelesen und fand ihn keineswegs „abnervend“.
Gruß Felix

No ink left behind!
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Reorx
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Re: Erfahrungen mit Montblanc Hamburg

Beitrag von Reorx »

Hallo Pen Freak,

tatsächlich kenne ich Montblanc schon seit den späten 80er Jahren des letzten Jahrhunderts und kann weder über die Füller noch den Service was schlechtes sagen. Zweimal musste ich eine Reparatur in Anspruch nehmen, die in beiden Fällen deuitlich unter dem blieb, was ich zuvor als Betrag freigegeben hatte. Ich bin ein wenig erstaunt, dass Du von negativen Rezensionen abgehalten wurdest, ausser dass nicht alles was aus Hamburg kommt mir auch optisch gefällt, hab ich bislang nur gute Erfahrungen gemacht. Schön, dass Du sozusagen auch bewkehrt wurdest :).

Beste Grüße
Harald
Bücher kommen an Stellen, an die Filme nie hinkommen...
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Killerturnschuh
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Re: Erfahrungen mit Montblanc Hamburg

Beitrag von Killerturnschuh »

Weltweit gilt Montblanc als Synonym für hochwertige Schreibgeräte und Schreibaccessoires, und genau das trifft auf Montblanc auch zu.

Auch über die Boutiquen wüsste ich nichts schlechtes zu sagen, ganz im Gegenteil.

Was den Service angeht, meist zum Federwechsel, und 2x zur Reparatur, war ich mit dem Ergebnis in der Regel ebenfalls absolut zufrieden.

Natürlich geht auch bei Montblanc einmal etwas schief, aber das passiert überall wo Menschen sind.
Ich gehe aber davon aus das jedem unzufriedenen Kunden - ob nun zu Recht oder nicht - eine Vielzahl an zufriedenen Nutzern gegenübersteht.

Was das Thema Fälschung angeht... ohne Nachfrage gäbe es sie nicht.
Salve

Angi

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Tintenlover
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Re: Erfahrungen mit Montblanc Hamburg

Beitrag von Tintenlover »

Vielen Dank für Deinen ausführlichen, interessanten und keineswegs langweiligen Bericht, der aufgrund der Ehrlichkeit und Bescheidenheit genau hierher ins Forum passt. Schön, dass Du Dir die Mühe gemacht hast so ausführlich zu schreiben. Mir ging es lange Zeit ähnlich. Als ich mich dann endlich überwunden hatte und mir voller Stolz und Freude den 145er gekauft habe, kam die Wende. Es folgte ein zweiter 145er, dann paar Jahre später der - meines Erachtens der beste von allen -146er und schließlich der legendäre 149er. Obwohl ich so gerne mit diesen grandiosen Füllern schreibe, habe ich bei manchen „öffentlichen Auftritten“ mit den Meisterstücken ein mulmiges Gefühl aufgrund der Nimbus dieser hochpreisigen Marke. Doch bisher haben mich nur Leute darauf angesprochen, die entweder selbst ein solches Schreibgerät benutzen oder generell dem Thema Tinte und Handschrift positiv gegenüber stehen. Negative Bemerkungen habe ich noch nie erlebt. In diesem Sinne: viel Spaß mit Deinem wunderschönen (ersten) Meisterstück!
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Christopher K.
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Re: Erfahrungen mit Montblanc Hamburg

Beitrag von Christopher K. »

Ich könnte mir schon vorstellen, dass das unter Umständen von den einzelnen Personen abhängt, aber auch mit der jeweiligen "Erziehung" der Mitarbeiter. Denn Montblanc ist ja schon seit Jahrzehnten kein deutsches Unternehmen mehr, zuerst Dunhill, dann Cartier und zum Schluss Richemont. Ab den Neunzigern kam Mode hinzu.
Ich hier in Hamburg kann auch nur Hamburg beurteilen. Als einmal, weil ich einen 146er fallen ließ, und bei einem anderen 146 der Iridiumpunkt abgefallen war, aus zwei einen machen lassen wollte, wurde ich zwar zuerst, in der Zentrale (bei mir um die Ecke) verwundet angeschaut, aber nach deren "Schrecksekunde" wurde ich wie ein König behandelt. Aber das kann außerhalb Hamburgs anders sein. Vielleicht weil deren Verbindung zum Herz nicht so groß ist. Die Verbindung nicht so stark ist. Wer weiß.
Ich denke die MA die direkt mit der FFH Herstellung beschäftigt sind und nicht mit dem restlichen Krimskrams, wissen was sie haben.
Ich freue mich für Dich und denke Du wirst den Rest Deines Lebens Freude mit Deinem FFH haben. Ich schreibe mit meinem schon 33 Jahre, allerdings auch mit meinem M800 so lange. Gutes hat seinen Preis und ist auf die Gesamtlebenszeit betrachtet, das Günstigste.
Der Zeitreisende
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Re: Erfahrungen mit Montblanc Hamburg

Beitrag von Der Zeitreisende »

Ich vergleiche das heutige Montblanc immer mit dem Montblanc meiner jungen Jahre, als man zu erschwinglichen Preisen einfach gute Schreibgeräte bekommen konnte. Erst Anfang der Neunzigerjahre änderte sich das, und Montblanc legte sich auf das Luxussegment fest. Das sorgte bei mir für saures Aufstossen.

Sehen wir aber von jenen merkwürdigen Luxusprodukten von zweifelhafter Optik und Ästhetik ab, die gemeint sind für Leute, die einfach zu viel Geld haben. Vergleichen wir lieber die Produkte des unteren Preissegments (wie den Classique, 145, 146) mit ähnlichen Produkten von anderen Herstellern, wie Sailor, Montegrappa, Pilot, Pelikan usw. Ist Montblanc dann noch wirklich so überteuert?
Danke, ich bin schon bekehrt – das Schreiben mit Füller ist der Weg ins irdische Paradies.
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