Meine Tochter hatte Geburtstag und ich wollte ihr ein kleines Geschenk machen, mit dem sie nicht unbedingt rechnete. Also verfiel ich auf einen Glasfederhalter und einige Tinten als Tintenproberöhrchen. Ich hatte gar nicht damit gerechnet, dass das Geschenk so gut ankommt, wie es das letztlich tat, aber bevor es seine Wirkung tun konnte, musste ich ja noch ein paar Tinten aussuchen. Die Wahl fiel auf eine Reihe Tinten von J.Herbin. Für die junge Dame sollte es etwas Damenhaftes sein, also, um im Klischee zu bleiben, helle, pastellige Farbtöne. Zwei davon habe ich hier im Forum ja schon vorgestellt und nun folgt der dritte:
Bleu Azur
Normalerweise versuche ich ja immer, den Namen der Tinte in der Farbe darzustellen, die die Tinte hat, indem ich den hex-Wert der Farbe in einem Bidbearbeitungsprogramm aufnehme und hier eintrage. Die Farbe ist aber so hell, dass man sie nicht einmal in der größten Schrift im Fettdruck lesen kann. Bilder von Tinte und Flakon gibt es leider auch nicht, weil ich, wie gesagt, mir für diesen Zweck bei einer der einschlägigen Bezugsquellen die entsprechenden Tintenproben besorgt habe. Es sollten ja eher viele Farben und weniger große Mengen Farbe sein.
Die Tinte ist ein sehr helles Himmelblau. Azur trifft die Farbe also schon sehr genau und die Farbe hat auch wirklich etwas luftig Leichtes, allerdings davon so reichlich, dass es für meinen Geschmack schon wieder etwas zu viel ist. Aber seht selbst: .
Wie man erkennen kann, ist die Tinte wirklich sehr hell. So hell, dass man schon den Eindruck bekommt, man würde mit Wasser schreiben, das noch in einem schlecht ausgewaschenen Füller stand. Der Unterschied liegt darin, dass hier der Farbton schön gleichmäßig ist. Die Tinte ist so ein bisschen auf der Linie der Ferris Wheel Pres Blue Cotton Candy.
Nun könnte man meinen, man könne der Tinte zu einem kräftigeren Auftritt verhelfen, indem man eine dicker und vor allem breiter auftretende Feder benutzt. Der Schuss geht allerdings nach hinten los. Der Auftritt wird keineswegs kräftiger, eher blasser. Die Tinte wirkt so viel verwaschener, weniger randscharf und überhaupt nicht ausdrucksstark. Auf dem folgenden Blatt könnt ihr euch selbst ein Urteil dazu bilden: .
Das bisher Geschriebene wurde auf Zanders Gohrsmühle mit Wasserzeichen 100g/m² geschrieben. Der Farbton dieses Papiers nennt sich „Natur“. Zwischendurch habe ich auch ein wenig auf einem Öko-Kopierpapier (Recyconomic® ClassicWhite 80g/m²) geschrieben. Auf diesem Papier trocknet die Tinte sehr schnell, franst aber, obwohl sie teilweise in das Papier eindringt, nur sehr wenig aus. Aber auch dieses Papier ist nicht weiß, und das hat, bei einer derart blassen Tinte, doch einen erheblichen Einfluss auf den Farbeindruck der Tinte. Ich habe daher noch eine Seite auf Rhodia Dotpad N°18 80g/m² geschrieben, welches ein weißes Papier ist. .
Auf diesem Papier kommt die Farbe als Himmelblau viel klarer heraus. Die Tinte ist immer noch sehr hell, wirkt auf diesem Papier aber frischer und lebendiger. Wie hell die Tinte ist, zeigt der folgende Vergleich mit einer vielen hier im Forum bekannten Tinte, ebenfalls auf dem Rhodia Dotpad Papier: .
Beim Schreiben mit der Tinte hatte ich darüber hinaus den Eindruck, als läge über der Tinte ein silbriger Schleier. Die Tinte hat weder Sheen noch Schimmer aber insbesondere im nassen Zustand, aber auch getrocknet wirkt die Tinte bei bestimmten Lichtverhältnissen so. Das mag auch daran liegen, dass ich es recht anstrengend finde, mit einer so hellen Tinte zu schreiben, die zudem noch relativ lange nass bleibt und so auch lange das Licht der Schreibtischleuchte teilweise spiegelt. Wer aber genau sowas sucht, zum Beispiel auch zum Malen oder Zeichnen, wird sicher seine Freude mit der Tinte haben.
Die Tinteneigenschaften im Einzelnen (Maximalwert 10):
Ausbluten, Ausfransen: 10
Durchscheinen: 10
Durchbluten: 8
Tintenfluss: 6-7 (soweit beurteilbar)
Wasserfestigkeit: 1
Sättigung: 1-2
Shading: 2
Sheen: 0
Trocknungszeit auf Recyconomik® Kopierpapier, 80g/m²: ~5 sek.
Trocknungszeit auf Zanders Gohrsmühle, 100g/m²: 20 bis 120 sek.
Eingesetztes Material:
J.Herbin Bleu Azur
Pilot Iroshizuku kon-peki
Saarpen „Triplehalter“, Bock 250 Triple M und Stub 1.1
Recyconomik® Kopierpapier 80g/qm, natur (gräulich)
Zanders Gohsmühle, 100g/qm, natur
Rhodia Dotpad N°18, 80g/m², weiß
Fazit:
Was soll ich sagen? Ich hatte ja etwas „Damenhaftes“ gesucht und war bewusst in diese Richtung gegangen, aber das ist mir jetzt doch deutlich zu hell. Meine Tochter erfreut es, kann sie damit doch herrlich herumexperimentieren. Für Liebesbriefe und Ähnliches mögen diese Tinten auch sicher geeignet sein, um etwas dauerhaft zu dokumentieren aber sicher nicht. Ich persönlich mag Tinten lieber etwas kräftiger. Diese hier ist mir etwas zu zart, zu hell, zu leicht, zu luftig usw.