Ich baue mir einen Füllhalter

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StephanM
Beiträge: 160
Registriert: 04.04.2014 10:41

Ich baue mir einen Füllhalter

Beitrag von StephanM »

Hallo,

ich hatte es ja irgendwann mal angedroht, nun ist es soweit.
Eigentlich (aus der Sicht des reinen Schreibens gesehen) brauche ich nicht wirklich noch mehr Füller.
Ob schmale Feder, ob breite Feder, Gold oder Stahl, Plastik-Korpus oder einer aus Metall,
altehrwürdiger Schreiber oder frisch aus der Verpackung, irgendwie habe ich doch alles, was ich brauche :?
Warum baue ich mir dann einen überflüssigen Füllhalter? Na, weil ich es kann.
Oder besser: weil ich es können möchte :wink:

Zu Beginn standen ein paar Überlegungen:
Wie groß? Welches Material? Welcher Füllmechanismus? Welches Design?
All das köchelte etwas vor sich hin, bis die folgende Essenz entstand:
In der Größe sollte er nicht zu klein, aber auch nicht zu groß sein.
Etwas zwischen dem M600 und M800 von Pelikan. Ebenso die Form. Als Material wollte ich etwas schweres,
deshalb sollte es ein Metall werden. Messing bietet sich an, da es gut zerspanbar sein kann und nachher
bei Bedarf oberflächenveredelt werden kann (vergolden, rhuthenieren etc.). Beim Mechanismus war ich
für den ersten Versuch bei der ganz primitiven Variante: aufschrauben, füllen, zuschrauben.
Einen Kolbenmechanismus traue ich mir noch nicht zu ;)

Waren die Ziele gesteckt, ging es schon ans Werk.
Zunächst bin ich das Federaggregat angegangen. Als kostenneutraler Versuch muss eine billige Feder eines
China-Füllers mitsamt Tintenleiter herhalten. Da mir das System von Pelikan mehr als zusagt, habe ich es
kurzerhand "kopiert":
Tintenleiter4.jpg
Tintenleiter4.jpg (82.54 KiB) 6075 mal betrachtet
Hier entsteht gerade der Spannring. Runtergedreht auf 8mm kommt außen ein einfaches M8-Gewinde drauf und innen ein 5,2mm-Loch,
in das Feder samt Tintenleiter fest reinpassen.
Tintenleiter5.jpg
Tintenleiter5.jpg (65.59 KiB) 6072 mal betrachtet
Danach wird abgetrennt, plangedreht und noch kurz angefast.
Tintenleiter7.jpg
Tintenleiter7.jpg (54.67 KiB) 6065 mal betrachtet
Spannend wird es beim Zusammenbau. Passt es? Geht jedenfalls recht fest rein...
Optisch gefällt mir das Ergebnis zumindest, wir werden sehen, ob es auch funktioniert :wink:

Dann der Korpus. Den habe ich früher mal als Briefbeschwerer angefangen, daher ist der leicht zu kurz.
Aber ich werfe nichts weg. Erst wenn das Ergebnis absolut nicht zu gebrauchen ist, dann wandert es in den Schrott :D
Korpus2.jpg
Korpus2.jpg (57.15 KiB) 6060 mal betrachtet
Hier entsteht das Griffstück. Als Tintenreservoir dient eine durchgehende Bohrung, die später mit dem hinteren Teil zugeschraubt wird.
Ergibt sagenhafte 1,5ml Tintenvolumen 8)
Für das Federaggregat kommt vorne ein passenden M8-Gewinde rein.
Das muss später ein wenig versenkt werden, damit nichts übersteht und die Optik beeinträchtigt...
Leidet ohnehin schon unter den Spuren eines schlecht eingestellten Stahls.
Korpus1.jpg
Korpus1.jpg (91.4 KiB) 6056 mal betrachtet
Gerade entsteht die Senkung für den Dichtungsring, der dazu dient, die direkt eingefüllte Tinte vor dem Auslaufen zu bewahren.

Der hintere Teil und das Funktionsprinzip sind hier relativ gut sichtbar:
Korpus4.jpg
Korpus4.jpg (57.44 KiB) 6056 mal betrachtet
An dieser Stelle folgt normalerweise die Kappe. Doch der Tag war schon lang genug.
Dafür muss ich mir auch noch einen kleinen Innengewindedrehstahl schleifen (oder kaufen...),
denn dieses Gewinde mache ich nicht in M14 :)

Aber einen Schreibtest gibt es schon, den füge ich gleich an, da hier schon 6 Bilder "verbraucht" sind.

Fortsetzung folgt...
Zuletzt geändert von StephanM am 09.11.2014 23:28, insgesamt 1-mal geändert.
StephanM
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Registriert: 04.04.2014 10:41

Re: Ich baue mir einen Füllhalter

Beitrag von StephanM »

Obwohl er zwischendurch gerne eintrocknet, der Schreiber gefällt mir prinzipiell.
Seine guten 100g liegen satt in der Hand und sind garantiert nichts für schwache Handgelenke...

Der Beweis für die Funktion:
Schreibtest.jpg
Schreibtest.jpg (83.43 KiB) 6060 mal betrachtet
Seine chinesischen Wurzeln sind unverkennbar :mrgreen:

Und wo ich das Bild gerade sehe, ergänzend zur Konstruktion:
Korpus3.jpg
Korpus3.jpg (59.2 KiB) 6064 mal betrachtet
Da sieht man es nochmal genauer.

Ich hoffe, mein kleines Projektlein zu Version 1.0 gefällt euch, auch wenn das Ganze noch im Rohbau steckt. Die Oberflächen sind natürlich noch roh und unbearbeitet :oops:
Das upgrade zu V1.1 folgt, erstmal muss ich aber noch mal Material holen gehen.

Freundliche Grüße,
Stephan
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YETI
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Re: Ich baue mir einen Füllhalter

Beitrag von YETI »

Hallo Stephan,
das sieht doch schon ganz gut aus, auch wenn es nicht als Taschenfüller zu empfehlen ist. es zieht einem nämlich mit Sicherheit die Hose runter. :mrgreen:
Aber mal ernsthaft, das Gewicht ist nicht das eigentliche Problem.
So wie es aussieht, willst du den Füller von hinten betanken, sonst wäre das Schaftende nicht so aufwändig mit Gewinde und Dichtring gestaltet. Wenn du das machst, läuft die Tinte sofort an der Feder wieder raus. So ein Füller funktioniert nur, wenn der Schaft hinten zu und dicht ist.
Einen Eyedropper muß man von vorne betanken und dann dicht verschließen. Wenn du also das Ende zu lässt und stattdessen die Federeinheit zum Tanken entfernst, sollte es funktionieren.
Abgesehen vom reichlichen Materialeinsatz (Gewicht) gefällt mir sehr gut, was du da gebaut hast. Bin mal gespannt auf die Kappe.
Vielleicht hilft dir bei der Konstruktion diese Zeichnung:http://www.penexchange.de/sites/klassik ... eller.html
Viel Erfolg bei den nächsten Arbeitsschritten

Andreas
Es ist besser ein kleines Licht anzuzünden, als auf die Dunkelheit zu schimpfen.
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glucydur
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Re: Ich baue mir einen Füllhalter

Beitrag von glucydur »

Schöne Reportage. Mal sehen, wie es weiter geht...

VG

Alexander
Gutta cavat lapidem.
StephanM
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Re: Ich baue mir einen Füllhalter

Beitrag von StephanM »

Das Befüllen vom Ende her ist tatsächlich etwas problematisch :?
Die ersten zwei Tropfen müssen wieder raus, sonst kleckst der Schreiber.
Das ist für die nächste Version vorgemerkt :wink:
Einen einfachen Kolbenmechanismus könnte ich möglicherweise noch einbauen,
da müsste ins Griffstück nur ein größeres Loch rein...
Wäre schon eine Verbesserung. Es kann nur besser werden :mrgreen:
Mr.Eyedropper

Re: Ich baue mir einen Füllhalter

Beitrag von Mr.Eyedropper »

Finde ich sehr cool! Für die nächste Version würde ich allerdings auch ein aufschraubbares Griffstück zum Befüllen vorsehen. Beim Eyedropper musst Du eventuell noch die Innenseiten des Tanks mit Acryl ausgießen, damit es zu keiner Reaktion des Metalls mit der Tinte kommt. Auch die konzeptionelle Aussparung für den Dichtungsring finde ich sehr schick.
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Tenryu
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Re: Ich baue mir einen Füllhalter

Beitrag von Tenryu »

Als Eyedropper ist Messing nicht geeignet, weil die meisten Tinten ziemlich sauer sind. Rostfreier Edelstahl hingegen könnte da besser funktionieren.
Grundsätzlich finde ich Eyedropper aus transparenten Materialien interessanter und praktischer. Bei einem undurchsichtigen Füller, weiß man nie, wie viel Tinte noch übrig ist. Aber ich schätze, auf deiner Drehbank könntest du sicher auch Acrylstäbe bearbeiten.

Wieso nicht einfach einen Patronenfüller daraus machen? Mit den langen Pelikan-Patronen gefüllt, ergibt das eine gute Reichweite; außerdem kann man immer noch einen Konverter verwenden.

Was mich etwas irritiert, (aber das ist wohl Geschmackssache), ist daß der hintere Teil ziemlich lang und aus massivem Metall ist. Dadurch muß der Stift doch extrem hecklastig sein.

Für einen ersten Versuch, sieht der Füller aber schon sehr ansprechend aus. Ich bin schon sehr auf die fertige Version gespannt.
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Will
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Re: Ich baue mir einen Füllhalter

Beitrag von Will »

Mensch Stephan,

das würde ich auch gerne können, den perfekten Füllhalter für mich selber bauen. Bin auch schon sehr gespannt, wie es weiter geht. Ich wünsche Dir jedenfalls viel Erfolg und habe den Eindruck, das ist erst der Anfang.

Schöne Grüße

Gerd
Blauer Hautausschlag, erhöhte Temperatur, Bewusstseinstrübungen - oh Gott, das muss Flexfieber sein!
StephanM
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Re: Ich baue mir einen Füllhalter

Beitrag von StephanM »

Hallo,

@Mr.Eyedropper:
Ob ich am Ende wirklich überhaupt einen Eyedropper haben will, das weiß ich nicht so genau :?
Ich habe hier noch einen günstigen Kolbenfüller, den ich bei Zeiten mal auseinandernehmen werde, um die Mechanik am lebenden Objekt zu analysieren. Die Idee gefällt mir irgendwie zunehmend besser, denn mit der Pipette zu hantieren, das möchte ich bei den Füllern irgendwie nicht :wink:

@Tenryu:
Die Tintenproblematik ist miteinkalkuliert 8)
Das Ergebnis wollte ich, auch wegen der Geruchsbildung des Messings in der Hand ( :roll: ) zum Vergolden, Platinieren, o.ä. geben.
Ein durchsichtiges Zwischenteil im Griffstück wäre natürlich ein Hingucker. Mit Plastik habe ich noch keine Dreherfahrung, um Plexiglas konnte ich mich aber bisher immer erfolgreich drücken :lol: Einen Versuch wäre es aber wert, ist auf der Liste!
Patronenfüller oder Eyedropper, das ist mir so gesehen relativ egal. Prinzipiell ähnlicher Aufwand, aber ich fand die Idee einfach spannend: "Tinte (oder etwas ähnliches) rein und es läuft". Hat sich jedoch erledigt, es wird ein Kolbenfüllhalter :mrgreen:
"Hecklastig" trifft die Sache ziemlich genau. Noch habe ich keine Langzeit-Schreiberfahrung mit ihm, doch die Kappe würde ich auch nicht noch zusätzlich aufstecken wollen, denn wenn er runterfällt, ist bald schon eine Delle im Parkett...

@Will:
Dankeschön! Du hast auch Recht, das hier ist erst der Anfang. Ich brauche nur noch mehr Zeit und noch etwas Werkzeug, Federaggregate sind genug da... Dann baue ich mir mein eigenes kleines Füller-Imperium auf :lol: Und die ganzen Montblancs, Pelikane, Lamys und Parkers können dann einpacken :twisted:

Freundliche Grüße,
Stephan
MCA
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Re: Ich baue mir einen Füllhalter

Beitrag von MCA »

Wie wäre es statt Plastik oder Plexiglas mit Acryl?

Das gibt es wenn ich nicht irre auch in Blöcken. Da kann man dann entsprechende Bohrungen setzen und aussen irgendwie schneiden. Kenne mich da auch nicht so aus, ist mir aber grad in den Kopf gesprungen :P
Grüße,
Manuel
StephanM
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Re: Ich baue mir einen Füllhalter

Beitrag von StephanM »

Hallo,

soweit sich meine Chemie-Kenntnisse nicht rapide verschlechtert haben, ist
Plexiglas=Polymethylmethacrylat=Acrylglas ein Kunststoff/Plastik :)
Gibt es auch in runden Stangen, die vorzüglich in ein Futter zu spannen sind.
Das, was mich aber bisher davon abhielt, ist: wer macht am Schluss die Maschine sauber?
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Cybeaer
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Re: Ich baue mir einen Füllhalter

Beitrag von Cybeaer »

ich waer ja geneigt zu sagen "bei nem rabatt auf ein teil mach ichs" jedoch hab ich keine ahnung wieviel da dann zu reinigen is, und wenn du dich schon selbst "weigerst".... XD
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Tenryu
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Re: Ich baue mir einen Füllhalter

Beitrag von Tenryu »

Ich hatte mir neulich ein paar sehr aufschlußreiche Videos über handgemachte Füller angesehen :

https://www.youtube.com/watch?v=Qn5v2MX9Wp8
https://www.youtube.com/watch?v=_0eSlUXxa1k
https://www.youtube.com/watch?v=-8jFLYwxMjI

Vielleicht kann man sich da das eine oder andere abgucken. :wink:
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