Inventur - oder ist tatsächlich der Weg das Ziel?

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Saarländerin
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Inventur - oder ist tatsächlich der Weg das Ziel?

Beitrag von Saarländerin »

Liebe Freunde schöner Schreibgeräte,
bitte nicht erschrecken: ich will keineswegs einen philosophischen Diskurs vom Zaun brechen – auch wenn ich der Ansicht zuneige: wer das Ziel nicht kennt, braucht den Weg dahin nicht zu wissen...
Nach längerer Abwesenheit von unserem schönen Forum (ab sofort bin ich wieeder tagtäglich mit größtem Interesse dabei) und auch wenig Zeit für die zahlreichen schönen FH in meinem Bestand hab ich heute mal „Inventur“ gemacht. Und dabei festgestellt, dass meine Sammlung reicht vom Billigst-FH aus dem Supermarkt bis hin zu (für den nicht vom FH-Virus infizierten Normalverbraucher völlig absurd) gehobeneren Preislagen. Nun stellt sich die Frage: wie geht es weiter?
Am 07.12.2008 hatte ich hier einen Thread gestartet mit dem Titel „Sammlerfrust – nur eine vorübergehende Phase“? Leider wurde der Thread (auch unter meiner Mitwirkung :oops: ) zerschossen. Deshalb gestatte ich mir, nach fast 2 Jahren, erneut die Frage, wie Ihr mit dem von mir damals als „Sammlerfrust“ bezeichneten Phänomen umgeht?
Zitat aus „meinem“ Thread: „Mit (nahezu) jeder Neuerwerbung war ich glücklich wie ein Kind zu Weihnachten“. Diese Aussage gilt sowohl für vielbeworbenen Neuheiten auf dem FH-Markt als auch für den gelungenen Erwerb eines „alten Schätzchens“.
Aber man(n)/frau bleibt nicht glücklich – der FH wird in den Bestand eingegliedert, vielleicht auch für eine gewisse Zeit in die Rotation einbezogen.
Und dann?
Die Suche nach dem „optimalen“ FH ist für mich abgeschlossen, denn ich besitze mit verschiedenen Souveränen und dem Lamy 2000 mehrere für mich tatsächlich optimale FH.
Eine Steigerung von „optimal“ ist wohl nicht möglich – oder doch?
Und dann?
Wer in ähnlicher Situation ist wie ich: Konzentriert Ihr Euch auf einen bestimmten Hersteller, auf die Flagschiffe mehrerer Hersteller, auf Handling, Design...? Versucht habe ich in den vielen Jahren meiner Leidenschaft für edle Schreibgeräte alle diese Varianten, aber keine davon durchgehalten...
Wer hat ähnliche Phasen durchlitten und seinen Weg für die Zukunft gefunden – wie sieht dieser Weg (glücklich in Sachen FH zu sein und zu bleiben) aus?
Auf hilfreiche Antworten freut sich die Saarländerin Roswitha,
die inmitten all ihrer Schätze thront und nicht mehr weiß, was sie noch wollen kann oder soll...
ralph
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Re: Inventur - oder ist tatsächlich der Weg das Ziel?

Beitrag von ralph »

Hallo,

nachdem meine "Sammlung" alles d. h. Lamy, Parker Duofold , Cross Townsond und Pekilan Schwarz/Grüm M 300, M 400 und M800 - alles Einzelstücke - beinhaltet, bin ich auf den Geschmark -besser auf meine Liebe- gekommen - betonen darf ich, meine Famly hat dafür kein wrikliches Verständnis - den Montblancs gekommen.

Also ich konzentiere mich jetzt nur noch - ausschließlich - auf MB. Ich bin immer am ringen mit mir, ob ich mir mal einen Graf-Faber-Castell zulege, aber ich habe große Angst, dass ich viel Geld ausgebe und zum Schluss greife ich doch nur noch - bzw. wieder - zum Montblanc, wie es jetzt schon geht. Hier tausche ich jede Woche aus, die Stücke die mich jeden Tag begleiten. Also ich würde mich auch bzw. nur auf eine Marke bzw. Hersteller begrenzen.

Letztes habe ich mal meine Schätze zuhause vergesssen, ich mußte dann im Büro und im Gericht mit Billig & Co. schreiben, -bitte nicht lachen- aber ich fühlte mich verlassen gefühlt.

Schon ein Wahnsinn - oder ?
Gruß
Ralph
DiBa

Re: Inventur - oder ist tatsächlich der Weg das Ziel?

Beitrag von DiBa »

Hallo Roswitha

Du sprichst ein grundsätzliches Problem unserer Wohlstandsgesellschaft an. Der ständige Drang, etwas neues kaufen zu wollen, ist erforderlich: denn wie sonst soll ein ständiges Wirtschaftswachstum erreicht werden?
Neuerwerbungen bringen eine immer kürzere Befriedigung und beinahe sofort nach dem Kauf müssen wir auf den nächsten Erwerb denken.
Die Sinnhaftigkeit eines solchen Wirtschaftens stelle ich grundsätzlich in Frage.
Ich versuche dadurch so zu tun, als würde ich dies grundsätzliche Problem lösen, indem ich nur möglichst wenige neue Schreibgeräte kaufe und diese auch gelegentlich weiterverkaufe, um Platz für neue Träume zu schaffen. Hauptsächlich aber suche ich nach alten Stiften von Lamy und von allen Pforzheimer Herstellern und forsche in diesen Gebieten. Hierdurch macht der einzelne Stift nicht mehr Sinn. Aber durch den Zusammenhang mit anderen Stiften ergibt sich ein gewisses Bild, welches interessanter ist als die Menge der Einzelteile. Z.B. sind ganz wenige meiner ungefähr 350 Lamys wirklich wichtig, wunderschön oder sonstwie bedeutend. In der Gemeinschaft dagegen macht jeder einzelne von ihnen so viel Sinn, dass ich ihn nicht hergeben möchte.

Den Erwerb neuer Schreibgeräte jedoch sehe ich aus Sicht eines Sammlers als niemals befriedigend an. Entweder man hat Geld ohne Ende und kauft sündhaft teure Füller im Abonnement, so wie andere Leute neue Briefmarken der Post kaufen um sie nie zu verwenden. Oder man hat weniger Geld und kauft sich immer mal wieder einen Stift und setzt sich weiterhin der Werbung aus. Beides nimmt aber weder ein Ende noch macht es irgendwie Sinn.

Daher bleibt mir nur der Rat, mit dem ich auch Cori nervös mache: alte Sachen sammeln und dabei historisch vorgehen. Dir als Saarländerin müsste der Zweischreiber von Juska aus Kaiserslautern nahegehen. Oder vielleicht gab es in Deiner Heimatstadt auch Hersteller von Schreibgeräten, deren Erforschung Deiner harrt. Der Erwerb des großen Lambrou, um ihn als Wunschzettel zu nutzen, ist jedoch ähnlich sinnentleert wie die (vorgestern von mir beendete) Lektüre des 2010er Graf Faber Castell Kataloges.
Saarländerin
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Re: Inventur - oder ist tatsächlich der Weg das Ziel?

Beitrag von Saarländerin »

Hi Ralph, Dirk und alle MitleserInnen,
vielen Dank für Eure Reaktionen auf meinen „Frust“.
Dem vermeintlichen (?!?) Erfordernis stetigen Wirtschaftswachstums Tribut zollen zu müssen ist wohl systembedingt und uns (den Nachkriegsgenerationen) wahrscheinlich bereits in die Gene reingeschrieben. Wenn ich daran denke, dass ich in meiner aktiven Zeit als Controllerin in einem Industriekonzern in meinen Berichten sinkende Erträge ganz selbstverständlich als „Negativwachstum“ verkauft habe, kann ich heute mit 60+ derartige Vergewaltigungen der Sprache, sprich, die Übernahme der Definitionshoheit über gängige Begriffe durch bestimmte Interessengruppen, nur noch kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen. Ein schönes Beispiel hierfür ist auch „Eigenverantwortung“ – bis vor kurzer Zeit hatte man Verantwortung für sich selbst und seine Mitmenschen, plötzlich wird ziemlich platt und durchsichtig „Eigen“verantwortung als das Maß aller Dinge postuliert...
Weg von OT und hin zu unserer Freude an den schönen Schreibgeräten.
Oder doch nicht – denn mir fällt nun mein Auto ein. Das Wägelchen ist nun älter als 10 Jahre und hat mehr als 200.000 km hinter sich gebracht (Diesel). Dennoch bin ich „glücklich“ mit ihm, regelrecht mit ihm „verwachsen“ – so wie ich es mir in meinen noch nicht durch den FH-Virus infizierten Zeiten auch bei den Füllern vorgestellt habe.
Es stehen Schreibarbeiten an? Da nehme ich doch ganz selbstverständlich meinen XY zur Hand – was sonst? (Ebenso wie ich ganz selbstverständlich in mein altes Auto krabble, um von A nach B zu gelangen. Neues Auto kaufen? Aber ja doch – dann, wenn mein kleines Dieselchen mal endgültig den Geist aufgegeben hat)...
Wahrscheinlich denken viele Penexchangler in Sachen Auto ebenso, aber warum ist dies bei schönen Schreibgeräten anders? Weil sie (von Ausnahmen abgesehen) nicht so viel kosten wie ein Auto? Nein, es ist dieser Virus, der uns permanent nach einem noch schöneren, noch besseren FH für noch mehr Geld Ausschau halten lässt...und die Industrie liefert ihn...
Bitte missversteht mich nicht: ich maße mir als selbst hochgradig Infizierte keineswegs ein Urteil darüber an, wie sinnvoll es für wen ist, wofür wieviel Geld auszugeben oder nicht, sondern neige eher der Ansicht zu, dass alles, was Arbeitsplätze schafft bzw. erhält, tatsächlich sinnvoll ist. Aber der Frust, der mich schon vor zwei Jahren befallen und noch nicht wieder losgelassen hat, lässt sich nicht wegdiskutieren. Ebenso die Tatsache, dass ich mich bereits vor zwei Jahren unsterblich „verliebt“ habe in das FH-Modell X des Herstellers Y, mir den FH auch hätte leisten können, ihn aber nicht gekauft habe – und deswegen heute in Sachen FH weder „glücklicher“ noch „unglücklicher“ bin, als wenn ich ihn tatsächlich erworben hätte...Wieso ist das möglich?
Eine große Freude ist mir allerdings geblieben: Wiederentdeckungen früher erworbener und in der Versenkung (ihren Behältnissen) verschwundener „Schätzchen“. Vielleicht ist das ein Weg für mich (und viele andere auch)?
DiBa hat geschrieben:Den Erwerb neuer Schreibgeräte jedoch sehe ich aus Sicht eines Sammlers als niemals befriedigend an. Entweder man hat Geld ohne Ende und kauft sündhaft teure Füller im Abonnement, so wie andere Leute neue Briefmarken der Post kaufen um sie nie zu verwenden. Oder man hat weniger Geld und kauft sich immer mal wieder einen Stift und setzt sich weiterhin der Werbung aus. Beides nimmt aber weder ein Ende noch macht es irgendwie Sinn.
Damit beschreibst Du in wenigen, prägnanten Worten meine langatmig formulierte Erkenntnis.
DiBa hat geschrieben:Daher bleibt mir nur der Rat, mit dem ich auch Cori nervös mache: alte Sachen sammeln und dabei historisch vorgehen. Dir als Saarländerin müsste der Zweischreiber von Juska aus Kaiserslautern nahegehen. Oder vielleicht gab es in Deiner Heimatstadt auch Hersteller von Schreibgeräten, deren Erforschung Deiner harrt.
Leider sind mir im Saarland keine (ehemaligen) Schreibgerätehersteller bekannt - da müsste ich wohl eher in Richtung Frankreich forschen mit de Pälzer hann mir es ned so als Saarlänner In Sachen Waterman war ich in dieser Richtung bereits aktiv, habe aber mangels finanziellem Polster, Fachkenntnissen und Kontakten ernüchtert aufgegeben...
Vielleicht sollte ich mich tatsächlich auf "Wiederentdeckungen" in meiner doch umfangreichen, aber durch von wenigen prestigeträchtigen Sahnestückchen geschmückten Sammlung konzentrieren?
Wer macht mit - und schreibt neue Erfahrungsberichte über alte Schätzchen?
Erwartungsfrohe Grüße von der Saarländerin Roswitha
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Beginner
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Re: Inventur - oder ist tatsächlich der Weg das Ziel?

Beitrag von Beginner »

Hallo Roswitha,
zeitweise kaufte ich alles was mir irgendwie gefiel. Schlechte Erfahrungen mit schlechter Ware (Markenfälschungen, defekte Füllhalter) ist mir die Lust daran verleidet.

Wenn es finanziell passt, schaue ich gezielt nach hochwertigen Stücken. Wenn nicht erfreue ich mich an dem was ich habe. Dazu zählt auch ein alter Montblanc mit eingetrockneter Korkdichtung. So aufgearbeitet wie ich mir das vorstelle kostet mich die Aktion ca. 90 Euro. Die Hoffnung, in nächster Zukunft den Restaurateur meines Vertrauens mit der Reaktivierung der schönen Feder beauftragen zu können, hält mich von (unnötigen) teuren Spontankäufen ab.

Um jedoch nicht völlig im Stillstand verharren zu müssen, habe ich beschlossen mich an der nächsten Runde des Wanderpäckchens zu beteiligen. Über den restaurierten Montblanc, mein persönliches altes Schätzchen, werde ich gern berichten wenn er wieder "unter den Schreibenden weilt".

Grüße, Roberto
DiBa

Re: Inventur - oder ist tatsächlich der Weg das Ziel?

Beitrag von DiBa »

Als Saarländerin solltest Du mal nach Herstellern suchen, die im Saarland zu Besatzungszeiten fertigten. Die Leitz Cameras "Monte en Sarre" (verzeih: ich krieg hier gerade keinen accent rein) sind ja berühmt und teuer. ´Wer weiß, wie schnell Du mit der Forschung berühmt wirst ! :D
Gerry
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Re: Inventur - oder ist tatsächlich der Weg das Ziel?

Beitrag von Gerry »

Hallo Roswitha
Deine Glücks/Unglücks-Zustände kenne ich.

Ganz sachlich betrachtet haben wir nach jedem Kauf einen Dopamin-Flash der mit der Zeit abklingt - wir kommen auf Entzug und suchen nach dem nächsten Flash. Das mag Dir zu nüchtern und wissenschaftlich sein, erklärt aber unser High und die gewisse Leere eine Zeit später. Die Frage, was wir daraus machen finde ich dagegen interessanter. Ich unterstelle, wir bleiben Junkies :wink:

Anfangs habe ich relativ wahllos meine Füllhalter gekauft. Sie mussten gut in der Hand liegen und gut schreiben. Das können heute ja schon viele Stifte :wink: Kaum den einen gerade gekauft, lockte schon der nächste Füller, der natürlich gerade erst ganz frisch beim Händler eingetroffen war.

Seit einem Jahr bin ich immer selektiver geworden. So räume ich die Stücke aus, mit denen ich kaum noch schreibe weil ich immer zu meinen zwei oder drei Lieblingen greife. Geblieben ist aber die Neugier auf andere Modelle die mir etwas versprechen, das ich in meinen Füllern bisher noch nicht hatte. Vielleicht einen toller Vintage MB oder Pelikan mit leichtem Flex oder einen exotischen Nakaya oder einen alter Shaeffer oder, oder.....

Gegen Neuerscheinungen bin ich neuerdings erstaunlich resistent geworden - vielleicht liegt es auch am Angebot.
Das bedeutet auch, ich kaufe weniger Stücke, die aber einzeln allesamt teurer sind als das, was ich in den Jahre zuvor "mal eben so" mitgenommen habe.

So widerstehe ich also meinem "Gibber" auf einen neuen Stift zunächst noch, bis die nächste sehr gute Gelegenheit für einen Flash gekommen ist :wink: .
Gruß
Gerhard
Rene
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Re: Inventur - oder ist tatsächlich der Weg das Ziel?

Beitrag von Rene »

Hallo,

ich denke, mit der Zeit wird man tatsächlich selektiver und hat sich, wie man so schön sagt, "die Hörner abgestoßen". Denn zu schnell wächst der Berg an Füllhaltern, die man kaum benutzt. Aber das erste "Anhäufen" ist trotzdem wichtig, hier lernt man Vor- und Nachteile kennen und lernt, worauf es ankommt. Und plötzlich denkt man "Hoppla", vieles gleicht sich ... . Erst dann schaut man bewusster nach neuen oder alten Haltern die wirklich eine Verbesserung zu den bisherigen Sammelobjekten bringen, sei es in der Feder, Material oder dem Tintenleiter etc. .
Greife ich heute zu einem meiner Lieblingsfüller so habe ich das Gefühl, genau DEN Stift zu besitzen, der zu mir passt.
Naja, aber ab und an rufe ich dann doch wieder den Hernn Thiel an ... . So ganz zufrieden ist man ja nie, aber ich weiß genau was ich will. Das anfangs recht "planlose eingekaufe" hat sich nun mit der Zeit gelegt. Und der "Gibber" einen neuen Stift haben zu wollen/müssen, kommt immer seltener. Aber er kommt immer mal durch. :lol:

Viele Grüße

René
Flügelfeder

Re: Inventur - oder ist tatsächlich der Weg das Ziel?

Beitrag von Flügelfeder »

Hallo allerseits,

ganz besonders interessant an der Diskussion hier und auch an anderen Stellen finde ich das Verständnis von 'Zufriedenheit'. Viele Beiträge lassen erkennen, dass Sammler offenbar durch neue Anschaffungen nie dauerhafte Zufriedenheit erlangen können, weil über kurz oder lang wieder die Lust auf Neues - zuweilen auch neues Altes - die Oberhand gewinnt. Dennoch scheinen viele hier im Forum andauernde Zufriedenheit als eine Art Ziel des Sammelns zu begreifen: Man ist - bewusst oder unbewusst - auf der Suche nach dem 'grail pen' und wenn man ihn irgendwann gefunden hat, ist die Sammelleidenschaft an ihrem Ziel und somit Ende angelangt.
Ganz abgesehen davon, dass 'unzufriedenes' Streben keineswegs negativ konnotiert sein sollte, denn nur so kann es zu Weiterentwicklung wie auch persönlichem Fortschritt kommen, bin ich der Meinung, dass dem Begriff 'Zufriedenheit' häufig zuviel abverlangt wird. Zufriedenheit funktioniert - bei mir jedenfalls - ganz ähnlich wie Freude (oder auch die momentan etwas verquere Debatte über 'Glück'): Es ist stets und notwendig nur ein momentaner Zustand. Ich denke nicht, dass es dauerhafte absolute Zufriedenheit oder Freude geben kann. Aaaaaaaber der Witz des Sammelns sollte natürlich auch nicht darin bestehen, von 'leerer' momentaner Zufriedenheit zu erneut 'leerer' momentaner Zufriedenheit zu jagen, indem man immer wieder einen neuen Füllhalter anschafft. Der Trick scheint mir viel eher darin zu liegen, Dinge zu sammeln, die einem nicht nur einmalig und auf die gleiche Weise jene gesuchte momentane Zufriedenheit bescheren. Wenn es mir gelingt, einen Füllhalter zu finden, der mir nicht nur direkt nach dem Kauf Zufriedenheit schenkt, sondern mir immer wieder aufs neue Freude macht, wenn ich ihn hervorhole, damit schreibe oder einfach nur die makellose handwerkliche Präzision bzw. die optische Ästhetik der Form und der Materialien bestaune, dann habe ich eine Art 'grail pen' gefunden, den ich nutzen kann, um Momente der Freude und Zufriedenheit ganz bewusst zu steuern. Dennoch werde ich dadurch wohl nie zu andauernder Zufriedenheit und Freude gelangen, aber das ist auch gar nicht nötig.
Wenn es in meinem Besitz nun mehrere solcher Füller gibt, kann ich häufiger wechseln und das Hervorbringen solcher 'Glücksmomente' noch effizienter gestalten.
Liebe Roswitha, auch auf Deine Frage im anderen Faden antwortend: Deshalb würde ich mich auch nur selten von momentan wenig benutzten Füllern trennen, denn häufig stumpft man einem Füllhalter gegenüber, den man zeitweilig sehr extensiv für das Hervorbringen von 'Glücksmomenten' genutzt hat, etwas ab. Nach einer gewissen Ruhepause allerdings ist die Fähigkeit, sich mittels genau dieses Füllhalters wieder jene Zustände zu erobern, ungebrochen.
Für mich geht es beim Sammeln also nicht primär um die Sache - das ist vielleicht eher dort der Fall, wo man um Forschung, um Wissensgewinn bezüglich vernachlässigter Marken oder Modelle bemüht ist - sondern hauptsächlich um mich und um das, was die Sache für mich leisten kann.

So... ähm... vielleicht doch etwas philosophisch geworden jetzt...

Grüße

Armin
Saarländerin
Beiträge: 604
Registriert: 17.09.2003 20:50
Wohnort: Saarland

Re: Inventur - oder ist tatsächlich der Weg das Ziel?

Beitrag von Saarländerin »

Vielen Dank für die "Anteilnahme" an meinem Problemchen, das allerdings nicht ausschließlich mein Problemchen zu sein scheint.
Vor einem halben Jahr Zeit schrieb hier ein lieber Hobbykollege
Seit einiger Zeit überlege ich schon, ob ich nicht mit allem irgendwann aufhöre und nur noch in Ruhe und alleine für mich das ganze als kleine Sache weiterführe?
Wir hatten uns mal alle unsere hochpreisigen Schreibgeräte angeschaut, die wir uns angeschafft haben. Viele fristen ihr tristes Dasein in irgendeiner Schatulle, Mappe oder Vitrine und werden nicht genutzt, obwohl wir diese Schreibgeräte eigentlich angeschafft haben, um damit zu schreiben....
Womöglich besteht auch ein Unterscheid zwischen den "Sammlern" und den "Schreibern"?
Ich selbst zähle mich mehr zu den "Schreibern", denn - zumindest bisher - hatte ich noch nicht den Wunsch, dasselbe Modell in unterschiedlichen (Farb-)Varianten zu besitzen.
Der typische Sammler hat ein Ziel: die Sammlung (möglichst) zu komplettieren - und scheint mir allein schon deshalb weniger frustgefährdet" als Leute wie ich, die nach Lust, Laune und Portemonnaie kaufen, was ihnen gefällt. Auf diesem Wege entsteht auch eine Sammlung, aber da die Dingens zum Schreiben angeschafft werden und nicht dem übergeordneten Ziel dienen, die Sammlung zu vervollständigen, wächst die Zahl derjenigen FH, die - wie oben formuliert
Viele fristen ihr tristes Dasein in irgendeiner Schatulle, Mappe oder Vitrine und werden nicht genutzt, obwohl wir diese Schreibgeräte eigentlich angeschafft haben, um damit zu schreiben.
Real ist es doch wohl bei fast allen von uns so, dass, wenn wichtige Schreibarbeiten anstehen, sich die Auswahl ganz plötzlich auf wenige Exemplare reduziert. Diesbezüglich gibbet hier auch einen schönen Faden Schriftliche Prüfung - welchen Füller nehmt Ihr mit?
Gerry und Rene denken, man wird mit der Zeit selektiver bzw. sind bereits resistent geworden - Glückwunsch. Demnach bin ich, was die Anzahl der Jahre angeht, in denen ich mich schon mit FH beschäftige, wohl ein hoffnungsloser Fall :( Wenn ich in die Stadt gehe oder auf dem HPs der Versender und auch in der elektronischen Bucht gucke, finde ich immer noch FHs, die ich haben möchte...
Die Philosophie von Armin find ich gut:
Flügelfeder hat geschrieben:Der Trick scheint mir viel eher darin zu liegen, Dinge zu sammeln, die einem nicht nur einmalig und auf die gleiche Weise jene gesuchte momentane Zufriedenheit bescheren. Wenn es mir gelingt, einen Füllhalter zu finden, der mir nicht nur direkt nach dem Kauf Zufriedenheit schenkt, sondern mir immer wieder aufs neue Freude macht, wenn ich ihn hervorhole, damit schreibe oder einfach nur die makellose handwerkliche Präzision bzw. die optische Ästhetik der Form und der Materialien bestaune, dann habe ich eine Art 'grail pen' gefunden, den ich nutzen kann, um Momente der Freude und Zufriedenheit ganz bewusst zu steuern. Dennoch werde ich dadurch wohl nie zu andauernder Zufriedenheit und Freude gelangen, aber das ist auch gar nicht nötig.
Wenn es in meinem Besitz nun mehrere solcher Füller gibt, kann ich häufiger wechseln und das Hervorbringen solcher 'Glücksmomente' noch effizienter gestalten.
insbesondere in dem (von mir) hervorgehobenen Textteil.
Jegliche "Zufriedenheit" scheint illusionär, zumindest bis der - so Gerry - nächste "Dopamin-Stoß" ansteht. Die Erkenntnis, dass andauernde Zufriedenheit weder möglich noch realisierbar noch anstrebenswert (= Stillstand?) ist, hilft durchaus dabei, den "Frust" in Grenzen zu halten :D
Seit heute habe ich aber eine, meiner unmaßgeblichen Meinung nach, geniale Therapie entdeckt: ich lege die FH, die ich ganz besonders mag (Pelikan Souverän 800, Lamy 2000 und auch zwei prächtige Chinesen :oops: (keine Fakes) offen auf den Schreibtisch direkt vor meine Nase. Sobald ich dann auf die HPs der Versender bzw. in die Bucht schaue, signalisieren mir die Kerlchen vor meiner Nase, dass sie zumindest genauso gut und schön sind wie das neuerliche Objekt der Begierde, höchstwahrscheinlich aber sogar besser (funktionaler) und schöner :D
Ob sich diese Therapie auf Dauer bewährt und das chronische Leiden (auch wenn der Verstand die Realität sieht und akzeptiert, der Bauch, der immer nur sagt "will haben", leidet weiter) zumindest erträglich macht, werde ich bei gegebenem Anlass berichten...
Viele Grüße von Roswitha
Westfale
Beiträge: 91
Registriert: 24.04.2010 16:59

Re: Inventur - oder ist tatsächlich der Weg das Ziel?

Beitrag von Westfale »

Saarländerin hat geschrieben: Seit heute habe ich aber eine, meiner unmaßgeblichen Meinung nach, geniale Therapie entdeckt: ich lege die FH, die ich ganz besonders mag (Pelikan Souverän 800, Lamy 2000 und auch zwei prächtige Chinesen :oops: (keine Fakes) offen auf den Schreibtisch direkt vor meine Nase. Sobald ich dann auf die HPs der Versender bzw. in die Bucht schaue, signalisieren mir die Kerlchen vor meiner Nase, dass sie zumindest genauso gut und schön sind wie das neuerliche Objekt der Begierde, höchstwahrscheinlich aber sogar besser (funktionaler) und schöner :D
Hallo Roswitha,

hat bei mir nicht funktioniert. Meine "Alltime-favourites" sind MB 146, Lamy 2000, und Pelikan M605, die bei mir immer griffbereit liegen, oder mitgenommen werden.

Neulich habe ich einen Waterman Carene in der Hand gehabt, der für die Hälfte der UVP über den Ladentisch ging. Ich habe ihn liegenlassen, weil die o.g. für mich konkurrenzlos sind. Soweit hats also funktioniert.
Leider denke ich aber jetzt darüber nach, mir die o.g. noch in anderer Federstärke zu besorgen. Ich hätte z.B. gerne einen Lamy 2000 mit OB-Feder.

Das hat mit Vernunft natürlich nichts zu tun. Aber "Geldausgaben fürs Hobby" und "Vernunft" ist sowieso ein Antagonismus.

Zunächst sucht man ja immer nach rationalen Rechtfertigungen für seine Neuanschaffung.
Das hab ich mir mittlerweile abgewöhnt, und kaufe, was mir gefällt , wenn der Geldbeutel es zulässt.
Mir gefällt aber nicht mehr sehr viel.

Viele Grüsse

Harald
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